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Hartz IV Beziehende und die Wahl„Wir werden nicht gesehen“

446 Euro hat Manuela Ammler pro Monat zum Leben. Dass sich durch die Wahl etwas ändert für Hartz-IV-Betroffene, hofft sie längst nicht mehr.

Wegen fehlendem Geld erlebt sie entwürdigende Situationen: Manuela Ammler, hier beim Spaziergang Foto: Jörg Wimalasena

Ostfriesland taz | Manuela Ammler kramt ihre Krankenversichertenkarte hervor. Fünf Jahre ist das Foto darauf alt. Es zeigt eine Frau mit vollen dunklen Haaren und fast jugendlichem Gesicht. Heute sind ihre Haare grau geworden, unter ihren Augen zeichnen sich dunkle Schatten ab. Sie habe Krankheit, Armut und Obdachlosigkeit erlebt, sagt Ammler. „Die vergangenen Jahre haben mich an meine Grenze gebracht.“

Ammler, 56 Jahre alt, ist Hartz-IV-Empfängerin. Wenn man ihre Wohnung betritt, fallen als Erstes die vielen Leitz-Ordner auf. Sie füllen ganze Regalbretter, liegen auf dem Fußboden verteilt. In den Ordnern sind Bescheide vom Jobcenter, Mietnachweise, ihre Kommunikation mit den Anwälten. Drei bis vier Stunden pro Tag verbringe sie damit, Nachweise zu erbringen und Widersprüche einzureichen, sagt Ammler. Aktuell geht es um die Übernahme der Heizkosten – da bleibe wenig Zeit für anderes.

Dabei lebt Manuela Ammler eigentlich idyllisch. In dem kleinen ostfriesischen Ort, der seit Kurzem ihr Zuhause ist, geht sie oft mit dem Hund spazieren, in Parks, an Kanälen und Enten­teichen entlang. Doch richtig genießen kann sie diese Spaziergänge nicht. Immer wieder kommt das Thema Hartz IV hoch.

Seit Jahrzehnten ist sie auf Sozialhilfe angewiesen. Das Schlimmste daran sei die Resignation: Die Frau, die fast hinter den Leitz-Ordnern auf ihrem Küchentisch verschwindet, glaubt nicht mehr, dass sich jemals etwas an ihrer Si­tua­tion verändern wird. Schon gar nicht durch die bevorstehende Bundestagswahl. „Wir werden nicht gesehen“, sagt sie.

Arme wählen seltener

Mit diesem Gefühl ist sie nicht allein. Eine 2019 im Raum Stuttgart durchgeführte Befragung unter 70 Langzeitarbeitslosen hat ergeben, dass arme Menschen weniger häufig wählen als finanziell besser gestellte. „Die Politiker scheren sich einen Dreck um uns“, brachte ein Teilnehmer seine Enttäuschung auf den Punkt.

Politikwissenschaftler Armin Schäfer forscht bereits seit Jahren zum Zusammenhang zwischen Wahlbeteiligung und so­zia­lem Status. Auch er beobachtet, dass Arbeitslose und Geringverdiener viel seltener wählen gehen als jene am anderen Ende des Spektrums. Gleiches gilt für Menschen mit schlechterer Bildung oder in Berufen mit niedrigerem sozialen Status. 2017 wählten in wohlhabenden Wohngegenden fast 90 Prozent der Wahlberechtigten, „aber in armen Gegenden oft nicht einmal die Hälfte“, so Schäfer.

Das ist ein Problem. Denn aktuell gibt es knapp 3,9 Millionen Hartz-IV-Empfänger in Deutschland, von denen – Stand 2019 – mehr als 60 Prozent die deutsche Staatsbürgerschaft und damit das Wahlrecht haben. Doch viele geben ihre Stimme nicht ab. Ammler geht zwar wählen – „sonst darf man sich anschließend nicht beschweren“–, aber auch sie erhofft sich nichts von der Wahl. Nicht mal während Corona habe es ausreichende Hilfen gegeben. Und warum sollte das nach der Wahl anders sein?

Wenig Hilfe während der Pandemie

Für Ammler waren die Hamsterkäufe während der Pandemie besonders schlimm. Während der ersten Welle stiegen die Preise für Toilettenpapier auf bis zu 5 Euro, günstige Eigenmarken waren ausverkauft. Was für die meisten höchstens ärgerlich war, wurde für sie existenzgefährdend. 446 Euro Regelsatz im Monat mussten reichen. Um über die Runden zu kommen, sparte sie an allem. Für ihren Hund kaufte sie nur noch günstig angefangene Futterpackungen bei Ebay. Der Coronabonus von 150 Euro ging für die Begleichung von Versicherungsgebühren drauf. Ansonsten habe es – abgesehen von den kostenlosen Masken – wenig Hilfe für Menschen wie sie gegeben, sagt Ammler. Und auch die 3 Euro Regelsatzerhöhung im nächsten Jahr versprechen wenig Linderung.

Manuela Ammlers Weg in die Sozialhilfe begann, als sie schwanger wurde und ihr Studium aus finanziellen Gründen abbrechen musste. Es folgten Fortbildungen, Umschulungen und etliche Jobs, in denen sie nie richtig Fuß fassen konnte. Nachdem ihr Sohn ausgezogen war, habe sie sich um ihre kranken Eltern kümmern müssen, erzählt sie – dann wurde sie selbst krank.

Seit einigen Jahren ist sie schwerbehindert und hat mehrere Autoimmunkrankheiten, war zeitweise in Chemotherapie. Wegen verspäteter Mietzahlungen verlor sie im vergangenen Dezember ihre Wohnung. Nach langer Suche fand sie eine neue Bleibe in Ostfriesland. Hier lebt Ammler, die eigentlich anders heißt, zurückgezogen mit ihrem Hund.

Die Frau am Küchentisch hat mit dem Jobcenter abgeschlossen. Die Mit­ar­bei­te­r hätten sie von einer sinnlosen Maßnahme in die nächste geschickt, erzählt sie. Als sie ihre kranken Eltern betreute, ihnen auch nachts die Windeln wechselte, habe man ihr nicht geglaubt, dass sie währenddessen keiner weiteren Arbeit nachgehen kann. „Sie können doch Nachtschichten machen“, habe man gesagt. Ständig sei da dieses Misstrauen gewesen. Helfen würden eher karitative Einrichtungen. 2019 zum Beispiel, als sich das Jobcenter monatelang weigerte, ihren Antrag anzuerkennen, sei sie nur dank des Berliner Vereins „Sanktionsfrei“ über die Runden gekommen.

Von „Schmarotzern“ und „Parasiten“

Der Hass auf die Arbeitslosen kam mit der Agenda 2010. Die Bild wetterte 2003 gegen „Florida-Rolf“, der es sich vermeintlich mit Arbeitslosengeld in den USA gutgehen ließ. Arbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) sprach in einer Veröffentlichung von „Parasiten“. In Talkshows stellte man Arbeitslose als faule Asoziale dar. „Man wollte uns nicht mehr als Teil der Gesellschaft sehen“, sagt Ammler. Kümmerten sich vorher noch Sozialhelfer individuell um Hilfsbedürftige, scherte man danach alle mit sinnlosen Maßnahmen und Vermittlungen in unterfordernde Jobs über einen Kamm. Interessiert habe das kaum jemanden. „Wir haben keine Kaufkraft, keine Lobby“, resümiert Ammler.

„Der Bundestag repräsentiert nicht alle Gruppen gleich gut“, sagt Politikwissenschaftler Schäfer. Die politischen Präferenzen von Leuten, denen es gutgehe, würden viel häufiger in Politik umgesetzt als die von Menschen, denen es insgesamt schlechter gehe. Was nicht ohne Folgen bleibt: „Die Wahrnehmung, nicht repräsentiert zu sein, verringert die Bereitschaft zu wählen“, so Schäfer.

Zumindest Die Linke kämpft seit Jahren öffentlich gegen Hartz IV an. Selbst die Grünen, die das System während der Regierungszeit Gerhard Schröders mitverabschiedeten, werben nun für Reformen. Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock wirbt offensiv für eine Kindergrundsicherung, die vor allem Kindern in Hartz-IV-Haushalten zugute käme. Selbst die SPD, die das Thema lange totschwieg, bekundet jetzt vorsichtig Reformwillen. Glaubt Manuela Ammler den Wahlversprechen?

Plädoyer für bedingungsloses Grundeinkommen

Der Kindergrundsicherung der Grünen könne sie durchaus etwas abgewinnen, sagt sie und erzählt von den Entbehrungen ihres Sohns, der als Jugendlicher nicht einmal mit auf die Konfirmationsfahrt fahren konnte. Die 80 Euro Teilnahmegebühr hatte Ammler damals nicht. Teilüberweisungen habe die Kirche nicht zugelassen. „Man muss eben Prioritäten setzen“, habe man ihr gesagt. Dass die Grünen ihre Vorschläge durchsetzen werden, glaubt sie aber nicht. „Die haben das Ganze doch mitinitiiert.“ Und jetzt wolle jeder irgendwie Hartz IV verbessern, doch Priorität habe das Thema nicht.

Auf dem Spaziergang durch den pittoresken Ort mit seinen vielen Kanälen zeigt Ammler ihr neues Zuhause. Den Steg am Kanal, an dem ihr Hund oft ins Wasser springt. Der Picknicktisch, bei dem sie auf Spaziergängen oft Pause macht. In ihrer neuen, nicht selbst gewählten Heimat kennt sie kaum jemanden. Freunde und Verwandten leben mehrere Autostunden entfernt.

Ein Auto hat sie nicht. Der Bus in den nächstgrößeren Ort kommt nur einmal pro Stunde. Für Ammler ist die Einsamkeit dennoch okay. „Wenn man gesehen hat, wie die Menschen sind, bleibt man lieber allein.“ Die Menschen, damit meint sie die Mit­ar­bei­te­r im Jobcenter, die Einblick haben in die intimsten Lebensbereiche ihrer „Kunden“, die „den Daumen heben oder senken“ bei vielem, was das Schicksal derer betrifft, die in ihren Machtbereich geraten. Ammler hält das System für nicht reformierbar. „Man sollte die Jobcenter und Arbeitsämter einfach abschaffen“, sagt sie. Stattdessen plädiert sie für ein bedingungsloses Grundeinkommen.

Von einer kleinen Holzbrücke schaut Ammler auf die Enten im Teich. „Am liebsten würde ich irgendwo auf einem Hof wohnen, in einem Wohnprojekt, wo sich jeder einbringen kann mit seinen Fähigkeiten.“ Sie wirkt nicht, als ob sie daran glaubt, dass dieser Traum noch wahr werden kann. „Das Traurige ist“, sagt sie leise, „ich hätte etwas beitragen können zu dieser Gesellschaft. Aber ich habe das Gefühl, das ist gar nicht gewollt.“

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110 Kommentare

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  • "Woran entscheidet sich, wer sozial aufsteigt und wer nicht? "

    An einem selbst.

    • @Stinky Turner:

      Na da gibt es doch noch wesentlich mehr Faktoren.



      Warum haben Kinder sozial schwacher Eltern es schwerer als Akademikerkinder? Sie bekommen oft kein Rüstzeug mit. Diese Kinder können einem leidtun.



      Zudem gibt es ja auch noch Vitamin B.

    • @Stinky Turner:

      Das war einmal. Seit der Spülmaschine ist der einfache Weg zum Millionär für die Unterschicht leider verbaut.

  • Es läuft in unserem Land sicher einiges schief, keine Frage. Und das Frau Ammler heute krank ist, ist bitter. Aber es geht hier nicht um zu niedrige Renten, sondern um das Thema staatliche Alimentation. Warum hat Frau Ammler denn nie einen Pfennig in die Sozialkassen eingezahlt als sie jung und gesund war? Dann würde sie heute vielleicht Anspruch auf höhere Leistungen haben. "Manuela Ammlers Weg in die Sozialhilfe begann, als sie schwanger wurde und ihr Studium aus finanziellen Gründen abbrechen musste. Es folgten Fortbildungen, Umschulungen und etliche Jobs, in denen sie nie richtig Fuß fassen konnte." Das klingt für mich nicht nach besonders viel Fleiß und Eigeninitiative.



    Was soll hier Lösung sein? Immer höhere Transferleistungen zu Lasten anderer? Sorry, aber es muss noch so etwas wie ein Lohnabstandsgebot geben. Viele Menschen gehen fleißig arbeiten und bekommen kaum mehr als diejenigen, die es sich dauerhaft auf der Hartz4-Hängematte bequem machen. Dann darf man sich am Ende nicht beschweren.

    • @Micha K.:

      Sobald man arbeitet, zahlt man in die Sozialkassen ein, Leistungen regeln sich leider nach den aneinanderfolgenden Jahren von Arbeitstätigkeit, die dann eventuell unterbrochen sind, wenn man den Job wechselt. Zudem wird die Pflege Angehöriger finanziell immer noch nicht genug (vor allem finanziell) anerkannt.



      Ich finde es erschreckend wie wenig Soldiraität in diesem Kommentar, aber auch in den anderen Kommentaren mitschwingt.



      Für mich klingt es das eher nach "Jetzt fühle ich mich nicht genug wertgeschätzt" wo ich doch , wie es hier formuliert ist, so fleißig arbeiten gehe.



      Man darf Schicksale nicht gegeneinander aussspielen (Geringerverdiener) vs "HArtz4-Hängematte" (auch diese Bezeichnung ist aus meiner Persepektive äußerst herabwürdigend unf verallgemeinernd), sondern sollte dafür plädieren, dass sowohl Geringerverdiener besserer Arbeitsrecht, Tarifvereingarungen und auch Arbeitsschutz bekommen, als auch endlich das bedingungslose Grundeinkommen einführen.

    • @Micha K.:

      Vielen Dank für Ihren Kommentar.Ich kann nur mit Ihnen übereinstimmen.

  • Ich lebe von 860 Euro Grundsicherung, wegen einer Erkrankung Frührentner. 460 Euro Miete, 50 Euro Strom, 50 Euro Gas, 40 Euro Internet und 10 Euro Handy gehen davon ab. Bleiben mir je nach Monat 250-260 Euro zum leben. Davon soll ich noch Geld einsparen, falls einmal meine Waschmaschine o.ä. defekt ist, damit ich mir was neues kaufen kann.



    Jeff Bezos verdient in der Sekunde 4000 Euro an Zinsen.

    • @Souljacker:

      "Jeff Bezos verdient in der Sekunde 4000 Euro an Zinsen."

      Herr Bezos bietet auch etwas an.



      Ob das wirklich 4000 Euro in der Sekunde wert ist, soll dahingestellt sein, der Erfolg gibt ihm jedoch recht.

  • Ich glaube, Hartz-IV kann so nicht beibehalten werden. Es sollte aber nicht einfach auf Bürgergeld umgetauft werden und es sollte schon einen 2. Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik geben. Einfach nur Geld auszahlen, ist m.M. keine gute Lösung.



    Aber die innere Frustration und die Konflikte - das alles ist bitte für Menschen, die in diese Falle gehen. Allzugroß ist mein Optmismus nicht, dass Hartz-IV komplett überwunden wird, aber es gibt ein paar Anzeichen dafür, dass SPD, Linke, Grüne, FDP und sogar ein wenig die CDU/CSU merken, dass diese Politik, diese Struktur mehr Probleme schafft, als sie löst.



    Gerade die 1,5 Mio. Kinder und Jugendlichen, die in dieser Miesere aufwachsen, sind extrem unangenehm. Diese Jugendlichen können sich nicht mal durch Ferienjobs was dazuveridenen. Bis vor einiger Zeit konnte die gesamte Bedarfsgemeinschaft sanktioniert werden. Es gab und gibt viele Menschen, die seelisch kaputt gehen, weil sie in diesem System sind und weil sie nicht rauskommen. Bei einer sehr hohen Arbeitslosigkeit ist der Arbeitsmarkt oft nicht gut, gerade für Menschen, die eine Weile draußen sind.



    Die bisherigen Maßnahmen sind gerade wegen Hartz-IV oft mies gewesen. Langsam sickert diese Erkenntnis durch, aber es bedürfte noch ein wenig mehr. Der Mindestlohn von €12 muss kommen, aber es müsste auch andere Streikmöglichkeiten geben, solange ganze Branchen es schaffen, Arbeitnehmer um ihre Rechte zu bringen, stimmt das Kräfteverhältnis nicht. Streik- und Arbeitsgesetze müssten auch verändert werden.



    Ob es Sinn macht, dass €450-Jobs in dieser Menge erlaubt sind? Auch hier kann man ein Fragezeichen setzen. Die €450 auf €500 oder €550 zu erhöhen, wäre auch kontraproduktiv. Kurioserweise sind Fachkräfte gesucht, aber aus dem Pool Hartz-IV fischen die Firmen sie eher selten raus, das liegt an diesem Image und an den vielen Hürden, dem Zwang und der Degradierung, die mit diesem System kommt. Es muss verschwinden, möglichst bald.

    • @Andreas_2020:

      "einen 2. Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik geben. Einfach nur Geld auszahlen, ist m.M. keine gute Lösung. "



      Wir haben einen 2. Arbeitsmarkt.



      Wie 1€-Jobber, hier erhält der AG noch zusätzlich pro Kandidat und Monat ca 300,-€ hinzu. Glauben Sie tatsächlich, dass aus diesen Arbeitsgelegenheiten sozialversicherungspflichtige Jobs entstehen?



      Es ist eine gigantische Sozialindustrie aufgebaut worden. entstanden

  • Was wäre, wenn es nie Sozialleistungen gegeben hätte?

    Die meisten Erfinder wären verhungert, beziehungsweise hätten "arbeiten" müssen. Die ganze moderne Technik würde es damit nicht geben. Die wirklichen technischen Errungenschaften stammten nicht von Sesselwärmern an den Hochschulen, sondern von Menschen, die ihr Leben dafür opferten. Das sollte bedenken, wer pauschal über Sozialleistungen schimpft.

    Ein gerechter Mindestlohn müsste, wenn man die Evolutionstheorie zugrunde legt, ein jährlich frei Verfügbares Einkommen von momentan 50000€ für eine ungelernte Hilfskraft sein. Davon sind wir Lichtjahre entfernt! Alles darunter ist Sklavenarbeit.

  • Ihre Schilderungen von einem Aufwachsen unter den Bedingungen der Arbeitslosigkeit u. der Grundsicherung H4 sind unmissverständlich.



    Sie belegen, notwendig immer noch einmal mehr, dass das Unsichtbar bleiben von Arbeitslosen nicht auf einen Mangel an "Sehkraft" der pol. Akteure u.Teilen der Gesellschaft beruht, sondern auf bewusster Ignoranz. Die allerdings zirkulär selbstverstärkend zu fortschreitender Bewusstlosigkeit in Bezug auf die soz. Problemlage führt.



    Wahrnehmung kann auch abtrainiert werden. Ist dann Kompetenz in Bezug auf ein Problem gefragt, steht Kompetenz nicht mehr zur Verfügung. Sage so: Wir werden das ja nach der Wahl bei neuer Regierung sehen.

    Ihre Schilderung "Amt u. Nicht-Schulbesuch" ist entlarvend.

    Ich suche nach wie vor nach Quellen, die dieses Geschehen durch wenigstens Indizien in Bezug auf das Handeln der da zuständigen "Instanzen" (Jobcenter, Jugendberufsagenturen und weitere) weiter belegen. Denn nach meiner Kenntnis sind das keine Einzelfälle. Im Übrigen hat die Aktivistin Inge Hannemann als ehml. Jobcentermitarbeiterin auf diese Vorgänge deutlich aufmerksam gemacht u. blieb bei Regierungs-Politik, BA usw. ungehört.

    Weil ich deshalb Ihren Kommentar für so wichtig halte, habe ich ihn in einem Artikel der Taz zu Bildungsfragen zitiert unter "@TUFF". Anonymität ist da ja gewahrt. O. k.?

    Link: *Bildungsaufstieg und Lehrer:innen: Stress in der Schule. Woran entscheidet sich, wer sozial aufsteigt und wer nicht? Engagierte und fördernde Lehrkräfte machen zweifellos einen Unterschied. Aber reicht das?*



    taz.de/Bildungsauf...rerinnen/!5798325/

    Man muss sich vor Augen führen: Wie kann das bis heute so sein, dass sich Bildungschance - Bildungschancenlosigkeit noch darüber entscheidet, an welches "Personal" Kinder im Guten wie im Schlechten geraten können. Mal ist es die Willkür des Zufalls, mal ist es absichtlich ausgeübte Willkür - und alle tun, als hätten sie es nicht gesehen.

    • @Moon:

      Ergänzung:

      Mein Versehen - Beitrag wendet sich als

      Antwort an Kommentar @TUFF

  • Das Schlimme ist, das dieses "Nicht-gesehen-Werden" ja nicht nur Menschen betrifft, die (unverschuldet) in H4 gelandet sind, sondern auch unzählige andere Menschen, die Hilfsbedürftig sind.



    Das fängt bei Altersrentner*innen an, deren Mini-Rente nicht zum Leben ausreicht (obwohl sie ihr Leben lang geschuftet haben) und geht hin zu Menschen, die auf Grund von Behinderungen nicht (mehr) arbeiten können oder die Erwerbsunfähig sind.



    Auch diese Menschen haben kaum eine wirklich starke Lobby und wirklich KEINE der Parteien hat diese auf dem Schirm.



    Ich bin selbst auf Grund einer Krankheit erwerbsunfähig voll berentet mit einer Rente von großartigen, runden 380 €.



    Anspruch auf Grundsicherung habe ich nicht, weil die Rente befristet ist. Hätte ich meinen Mann nicht, der auch krank ist, aber aktuell noch ALG bezieht...



    Würde ich mir vermutlich langsam Gedanken über ein "sozialverträgliches Frühableben" machen.



    Letztlich wird einem eh das Gefühl gegeben, weder etwas wert, noch für irgendetwas gut zu sein, sondern ausschließlich eine Belastung darzustellen.

    • @Yelvah:

      Heißt das, du bekommst gar keine Unterstützung über die Rente hinaus? Du solltest nämlich Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach



      SBG XII haben. Diese Unterstützung bekommen auch Menschen mit befristeter EM-Rente (das Existenzminimum muss schließlich abgedeckt sein).

  • Willkommen um neoliberalen Kapitalismus. Immer lesenswert sind die empirisch gut unterfütterten Arbeiten von Loic Waquant, u.a. Die Bestrafung der Armen.

  • Eines der ganz großen Probleme jeder H4-Reform ist der immer größer werdende Niedriglohnsektor in Deutschland. H4 lässt sich nicht ohne den Niedriglohnsektor reformieren und an dem hängt die Wirtschaft, den hat die CDU so wunderbar ausgearbeitet, dass man nur schwerlich und nur mit sehr langwierigem Prozess dagegen wieder ankommt.



    Insbesondere für Familien niedriger Einkommen lohnt sich die Arbeit kaum noch, sofern nicht beide Elternteile Vollzeit beschäftigt sind. Selbst mit einem Mindestlohn von 12€ liegt man bei einem Bruttoeinkommen von 2000€ für eine vierköpfige Familie weit unter H4-Satz (rechnet man Miete usw mit ein).

    Dort wo aber die Arbeit so wenig einbringt, kann die Sozialhilfe nicht endlos erhöht werden.

    Am Ende ist das Problem bei H4 nicht die Höhe des Satzes (als ehemalige H4-Enpfängerin weiß ich, dass man damit eigentlich schon gut über die Runden kommt), sondern die Rahmenbedingungen. Die unwürdige Behandlung seitens des Jobcenters (je nach Sachbearbeiter, auf den man trifft) und das vollständige offenbaren der eigenen Situation gegenüber demselbigen.

    In Deutschland ist Armut ein größer werdenden Problem. H4 trägt daran Mitschuld, mehr aber noch die prekär Beschäftigten in allen möglichen Bereichen. Lohn anheben, dann kann auch der H4-Satz angehoben werden

  • Hartz-4 hat eine wichtige Funktion in unserer Gesellschaft: Es ist das Schreckgespenst, vor dem sich der "brave Bürger" fürchten muß. Die drohende Gefahr, dorthin verbannt zu werden, ist ein Kontrollinstrument, das bei vielen Leuten unterbewußt stark wirkt - auch wenn die meisten es nicht zugeben wollen. Das macht es auch so schwer, Menschen für die Probleme von Hartz-4 Empfängern oder verarmten Rentern zu sensibilisieren - es wurde hier ein richtiger Pariah Status aufgebaut, und sogar so etwas wie "Ansteckungsgefahr" für sozialen Abstieg propagiert wenn man sich damit beschäftigt oder umgibt (siehe viele Coaching Videos und Ratgeber, die Status davon abhängig machen, welchen Status das eigene Umfeld hat).

    Der Freie Markt könnte hier tatsächlich regulierend wirken, aber den gibt es nicht; einzelne Akteure sorgen massiv dafür, daß die Regeln des Marktes unfrei sind und sie so ihre Position und Wirkkraft behalten. Anders sind völlig lächerliche Subventionsmodelle, Steuervorteile und ähnliches nicht zu sehen (siehe unter anderem "Rettung" der Automobilindustrie, Kohleausstiegklauseln, Bankenrettung, ...)

    • @NoPanic:

      Dem gibt es nichts hinzuzfügen, ausser dass es nichts hinzuzufügen gibt. Was hiermit getan sei.

  • Oh ja. An die Hartz-IV Zeit erinnere ich mich gut. Neben dem einzelnen und einzigen Teller voll trockener Nudeln am Tag gab es manchmal Babybrei als Nachtisch. Aber nur in guten Monaten, wenn Mama nicht wieder zum Arzt musste. Öffis sind echt viel zu teuer und bei uns auf dem Land gibt es auch nur noch einen Allgemeinmediziner. Das Wartezimmer ist immer voll belegt. Vier Kilometer mit einem verletzten Fuß zu laufen, um Hilfe zu bekommen war echt mies und in der Zeit, in der Mama und ich weg waren, waren meine beiden Geschwister die ganze Zeit allein. Da waren die beiden 10 (und Autist) und 6. Das Amt hat auch ständig versucht uns Kinder von der Schule "abzuwerben", damit wir arbeiten gehen. Irgendwie haben wir's geschafft uns durchzusetzen und weiter zur Schule gehen zu können. Meiner Schwester haben sie damals sogar gesagt, dass es dumm wäre weiter zu machen, da sie "ja nur auf eine Realsschule+ geht und es eh nicht weiter bringen wird".



    Was dazuverdienen hat sich kaum gelohnt, da nur 100€ erlaubt waren. Alles darüber wäre eh auf den Bedarf des gesamten Haushaltes angerechnet worden. Auch gibt es auf unserem Kaff kaum Möglichkeiten als Schüler zu arbeiten.



    Aber Hauptsache noch vor der Eltern-Unterhalts-Reform versuchen, das wenige Geld, dass wir uns irgendwie erarbeitet haben, wieder abknöpfen wollen. Die haben das selbst bei unserem autistischen Bruder versucht, der selber Grundsicherung erhält!

  • 3G
    33583 (Profil gelöscht)

    *** ACHTUNG HIER HANDELT ES SICH UM EINE PERSÖNLICHE MEINUNG, KEINER SOLLTE SICH DADURCH ANGEGRIFFEN ODER VERLETZT FÜHLEN ***

    Ich finde es generell schwierig über eine ganze "Gesellschaftsschicht" zu Urteilen. Das Schicksal der Dame ist natürlich belastend und lässt mich nicht kalt. Vorallem die Aussage einer sichtlich mitgenommenen Persönlichkeit.

    -"Ich hätte etwas beitrage können in dieser Gesellschaft. Aber ich habe das Gefühl, das ist gar nicht gewollt"-

    hat mich doch sehr nachdenklich gestimmt, genauso nachdenklich stimmen mich einige Kommentare die eben sehr pauschalisierend Aussagen treffen. Es müsste einfach mit dem Thema neu umgegangen werden und eine Reform ist mit Sicherheit längst überfällig, aber sicher nicht mit einem Bedinungslosen Grundeinkommen oder dem Robin-Hood Prinzip. Leistung will bezahlt werden, keiner der arbeiten geht möchte leben wie ein Hartz-4-Empfänger, weil dieser eine eben was für seinen Unterhalt unternimmt. Mal ehrlich, mir geht es Finanziell zwar gut aber ich hab einige Freunde die in meinem Alter um die 1200€ netto im Monat haben.



    Wenn die die Miete gezahlt haben und den Stom (evtl. noch ein kleines Auto welches schon sher Sicherheitsbedenklich ist) bleibt denen oftmal nicht der Regelsatz eines Hartz-IV-Empfängers. Aber genau diese Menschen arbeiten jeden Tag, stehen auf und fahren zu arbeit, weil sie genau wissen dass es eben nicht besser wird wenn man nichts macht und sich verkricht.



    Es wäre viel wichtiger den Menschen die Langzeitarbeitslosigkeit erlebt haben oder noch drin Stecken andere Türen zu öffnen, dass Sie sich mit in der Gesellschaft wiederfinden und integrieren und agieren können, durch schaffen neuer (evtl.Staatlicher Abreitsplätze) und natürlich nehm ich da die Leute raus die gesundheitlich bedingt nicht arbeiten gehen können. (nach Ärztlichen Test etc.) die sollten tatsächlich kein Leben auf den Abstellgleis führen müssen, für alle Verweigerer sag ich nur

    - Das Glück liegt bei den tüchtigen und fleißigen-

    • @33583 (Profil gelöscht):

      "- Das Glück liegt bei den tüchtigen und fleißigen-"

      Exakt.

    • @33583 (Profil gelöscht):

      "Aber genau diese Menschen arbeiten jeden Tag, stehen auf und fahren zu arbeit, weil sie genau wissen dass es eben nicht besser wird wenn man nichts macht und sich verkricht."

      Das klingt nach soviel Glück, dass man es gar nicht fassen kann. Am besten lesen Sie den Artikel noch ein paar Mal, bis Sie ihn verstanden haben. Bei manchen dauerts hält länger.

    • @33583 (Profil gelöscht):

      Das ist auch nicht persönlich gemeint. Allerdings glaube ich, dass Ihre Lebenssituation Lichtjahre von der entfernt ist um die eshier in dem Artikel geht.



      In einem Leben sind viele Menschen die von Hartz4 leben mussten/müssen. Es gibt nicht einen Verweigere.



      Allerdings ist es sehr seltsam, dass es Leute gibt die für weniger als, so wie Sie es darstellen, täglich arbeiten gehen. Das ist Ausbeute, das sollte man sich nicht gefallen lassen. Sitzt man einmal in der Niedriglohnfalle wird es auch nicht besser, selbst wenn man tüchtig und fleißig ist. (Vom Tellerwäscher zum Millionär, überspitzt gesagt, ist in diesem Land längst ein Mythos.)



      Das Glück liegt mit nichten bei den Fleißigen und Tüchtigen, Glück haben diejenigen denen der Teufel auf den ohnehin schon großen Haufen....



      Wenn Arbeit sich lohnen soll, dann doch bitte schön weit über dem Hartz4 Satz und nicht darunter.

  • Dass sich keine Partei für die Belange von H4 Empfängern einsetze, kann man nicht stehen lassen. Die Linke setzt sich durchaus ein. Wenn alle wahlberechtigten H4-Empfänger die Linke gewählt hätten, hätte es vielleicht sogar für R2G und damit für eine grds Reform des ALG2 gereicht. Resignation ist ein schlechter Ratgeber.

    • @hannsha:

      Nach Rot-Grün (die Hartz Iv geschaffen haben) gab es nur noch CDU geführte Regierungen. Bekannt ist das Merkel 16 Jahre regiert hat. Ab wann würden Sie resignieren oder aufgeben?



      Abgesehen davon das wer ständig Geldsorgen hat, sich um die Feinheiten der Politik einfach keine Gedanken mehr macht.

    • @hannsha:

      Ich stimme zwar grundsätzlich zu. Aber natürlich ist ein Satz wie "Resignation ist ein schlechter Ratgeber" oft leichter gesagt als getan.

      • @Malte Kuller:

        Das ist wohl wahr.

        Viele von denen, die seit Jahren von Hartz4 "leben", haben innerlich aufgegeben. Die Meinung "Ach, ist doch eh alles sinnlos" ist da weit verbreitet. Das kann man nun schlecht finden, aber es ist auch zu verstehen.

        PS:



        Und die Art & Weise, wie die Jobcenter mit den Leuten umgehen, verstärkt das ganze noch. Wer kenn nicht die "freundliche" Formulierung "Aufforderung zu bla bla bla". Nicht etwa Bitte, nein "Auforderung", also quasi eine Art Befehl, wo man nicht wert genug ist, dieses zu verweigern oder wenigtens zu diskutieren.

        PPS: Liebe SPD, ihr habt etwas gutzumachen..

  • Wenn der Kampf gegen das Jobcenter zur Arbeit wird. Würde ich mir lieber eine Arbeit suchen.



    Aber dazu sollte man nicht auf Land ziehen

    • @SUSANNE FRIEDLICH:

      Leider ist die Sache etwas komplizierter.



      Besonders Langzeitarbeitslose haben bestimmte Grundfähigkeiten nicht mehr oder verloren, die zur Vollzeitarbeit gehören. Zudem sind oft weitere Vermittlungshemmnisse vorhanden, wie Depressionen, Suchterkrankungen und Überschuldung.

    • @SUSANNE FRIEDLICH:

      Sehr leicht gemachte pauschalisierende Antwort! Glückwunsch - Sie haben das Problem nicht verstanden!

    • @SUSANNE FRIEDLICH:

      Wenn es denn einen Arbeitgeber gibt der einem über 50 und krank einen zu schaffenden Job gibt.

      Unter der Brücke in der Stadt ist wohl keine Alternative. Sozialwohnung in der Stadt? Wo? Im Norden auf dem Land gibt es tatsächlich durchaus bezahlbaren Wohnraum. Die Entscheidung aufs Land zu ziehen war wohl eher keine freiwillige, wie aus dem Artikel auch hervorgeht.

  • Es könnte so einfach sein:

    Hartz-4 und die "Jobcenter" - die in Wirklichkeit nichts Anderes sind, als Arbeitslosenverwahr- und verwaltungsstellen, abschaffen, stattdessen ein bedingungsloses Grundeinkommen - insgesamt dürfte das unterm Strich eine +-0 Rechnung sein.

    Und jetzt mal eine ganz, ganz steile These: Ich behaupte, dass viele (Langzeit-)arbeitslose recht schnell in Lohn und Brot wären, wenn sie ein selbstbestimmtes Leben führen könnten, ohne sich den repressiven "Maßnahmen" ihrer Fallmanager ausgeliefert zu fühlen, die ihren "Klienten" in aller Regel weder helfen eine neue Arbeit zu finden, noch sonst irgendetwas sinnvolles tun, außer vielleicht die obligatorischen "Gespräche" - inkl. der Kontrolle der "Zielvereinbarungen".

  • „ich hätte etwas beitragen können zu dieser Gesellschaft. Aber ich habe das Gefühl, das ist gar nicht gewollt.“

    Ohne das es wie ein Vorwurf wirken soll, möchte ich hier anmerken, daß in der Gastronomie oder bei Putz- und Pflegediensten derzeit wirklich viele Stellen nicht besetzt werden können.

    • @Paul Rabe:

      Och Mensch lest doch einfach mal und habt ein wenig Empathie.



      Die Dame ist über 50 und krank. Das heißt mit andern Worten nicht sehr leistungsfähig.



      Schon mal in der Gastronomie gearbeitet?



      Schon mal in der Pflege gearbeitet? Was das für ein Knochenjob ist muss man ja nicht widerholen.



      Putzdienst für jemanden der Behindert ist? Ich könnte ja lachen, wenn das nicht so traurig wäre.

    • @Paul Rabe:

      Wirkt aber wie ein Vorwurf. Wie soll jemand mit Schwerbehinderung in diesem Bereichen arbeiten? Mal davon abgesehen das man als Ungelernter dort wenig verdient. Der Steuerzahler muss mit Wohngeld und im Alter mit Grundsicherung einspringen. Außerdem sind das keine Jobs die man mit 56 noch macht. Körperlich belastend und schnell getaktet.

    • @Paul Rabe:

      Als Langzeitarbeitsloser steht man in der beruflichen Hierarchie am untersten Ende. Das bedeutet, man bekommt sehr schnell Probleme mit seinen Kollegen. Für viele Menschen ist es fast unmöglich, sich in solchen Berufen über Wasser zu halten. Mobbing ist dort Tagesgeschäft. Das zweite Problem ist, dass der größte Teil des Einkommens auf die Sozialhilfe angerechnet wird. Es fühlt sich sehr sehr schlimm an, wenn man fast für umsonst arbeiten geht. Aus diesem Grund gehen Hartz IV Empfänger ungern arbeiten. Ich bin entsetzt, dass Menschen die auf der Sonnenseite des Lebens leben, die Problematik nicht nachvollziehen können. Viele Arbeitslose haben aufgrund der Langzeitarbeitslosigkeit kein Durchsetzungsvermögen mehr. Sie können dann nicht mehr in den Arbeitsmarkt integriert werden.

      • @Fritz68 :

        Ich habe ernsthafte Probleme diesbzgl. Aussagen von Menschen, die nie in einer ähnlichen Situation gewesen sind, für voll zu nehmen.

        Denn behaupten "Ich würde auch vollzeit arbeiten, selbst wenn ich am Ende des Monats nur 150 Euro mehr hätte" lässt es sich sehr einfach.

        Ich bin aber überzeugt, dass es zumindest bei etlichen derer, die so etwas sagen, in der Praxis eine viel grössere Abwägung wäre, als sie dies behaupten.

        Das heisst aber natürlich im Gegenzug nicht - und es ist eigentlich absurd, dass dies überhaupt angemerkt werden muss -, dass die Lösung eine Senkung der Sozialleistungen sein kann (um die Differenz zwischen arbeitslos und berufstätig wieder zu vergrössern).

    • @Paul Rabe:

      Ich habe mir über dieses Thema (Arbeitslose einerseits und unbesetzte Arbeitsplätze andererseits) auch einige Gedanken gemacht in letzter Zeit.

      Und unter anderem bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Bedingungen in manchen Branchen tatsächlich so hart sind, dass ich jeden verstehen kann der dort nicht arbeiten will oder auch kann - sei es jetzt aus körperlichen oder psychischen Gründen.

      Und ehrlich gesagt halte ich es für sehr besorgniserregend, dass solche Bedingungen in einem entwickelten Land überhaupt regulär herrschen können.

      Und daran hat weiss Gott nicht der einzelne Schuld - sondern unsere Gesellschaft als ganzes.

      Wenn wir die Rahmenbedingungen ändern und bspw. eine Pflegekraft auch wieder unter, ich sage jetzt mal einfach "menschenwürdigen Bedingungen" arbeiten kann dann wird sich das Problem mit unbesetzten Stellen sicherlich deutlich entschärfen.

      Und auch die Tatsache dass einige (oder auch viele) Menschen sich nicht auf solche Jobs einlassen wollen oder können.

    • @Paul Rabe:

      Und, warum können sie nicht besetzt werden?

    • @Paul Rabe:

      Ist ja schön und gut, aber wie sieht das in ihrer Gegend aus? Gastronomie ist eine Fachqualifikation. ist leicht anderen "Vorschläge" zu machen, die dann nicht durchführbar sind. Die Frau ist 56 und schwerbehindert falls sie sich die Mühe gemacht haben den Bericht zu lesen.

      • @Martin_25:

        Schwerbehinderung heißt doch nicht automatisch "kann nicht mehr arbeiten".



        Dafür gibt es doch gerade die Einordnung in Grad der Behinderung.

        • @Chris64:

          @Chris64

          "Schwerbehinderung heißt doch nicht automatisch "kann nicht mehr arbeiten"."

          Wie asozial kann Deutschland noch werden. Bei Ihrem Kommentar ist mir wirklich schlecht geworden.

          • @Matthias Otto:

            Huch?! Meinen Sie etwa, Schwerbehinderung sei gleichbedeutend mit Erwerbsunfähigkeit? Wenn ja, dann lassen Sie sich von einem Schwerbehinderten sagen: Das ist Unfug.

            Ebenso falsch ist allerdings auch die Auffassung von Chris64, der Grad der Schwerbehinderung sei ein Grad der Erwerbsfähigkeit. Es gibt zahlreiche Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung von 100, die erwerbstätig sind - und zwar auf dem sog. Ersten Arbeitsmarkt.

        • @Chris64:

          Zu ihrer ersten Aussage stimme ich grundsätzlich zu. Allerdings wurde dieses Argument nur von ihnen in den Raum geworfen. Es ging meiner Interpretation nach um einerseits die benötigte Fachqualifikation und schweren bis "menschenunwürdigen" Arbeitsbedingungen, welche bei den "gutgemeinten" Vorschlägen unerwähnt blieben.

          • @Hanriette:

            sie hat angegeben jahrelang ihre Eltern gepflegt zu haben, also sollte sie in der Altenpflege zumindest eine Chance haben. Und auch dort gibt es Jobs, die körperlich etwas weniger anstrengend sind, und wenn sie Tee kocht und Essen austeilt, um die "richtigen" Fachkräfte zu entlasten.

            Warum sie nach dem wegen Schwangerschaft abgebrochenen Studium allerdings nicht gearbeitet hat, ist mir auch nicht so ganz klar

            Immerhin haben ihre Eltern offenbar in der Nähe gewohnt (sonst hätte sie diese nicht pflegen können) und "Zeit" für Umschulungen, Weiterbildungen etc. hatte sie ja auch. Ich kenne einige, die obwohl alleinerziehend Vollzeit gearbeitet haben...

            • @Thomas Franz:

              Ich verstehe nicht, worin der Zusammenhang zwischen meiner obigen Äußerung und ihrer Aussage steht. Im Text steht nirgendwo, dass die Betroffene Person nicht arbeiten kann(!), geschweige denn wird ihr eine Chance auf "Tee kochen und Essen austeilen" abgesprochen (wobei ich das aus der Ferne nicht beurteilen will und kann). Es geht vielmehr um die fehlende Chance auf "würdige" Arbeitsbedingungen und einen "ausreichenden" Lohn.

              Und für was wollen Sie mit ihrem Hinweis, dass die Bekanntschaft zu Alleinerziehenden in Vollzeitarbeit haben, argumentieren?

  • Die Denke, dass man Arbeitslose über Hartz IV in Billigstarbeit zwingen muss bei Strafandrohung mit Sanktionen, oder die Schmarotzer der Arbeitsverleiher unterstützt und Arbeitslosigkeit immer noch als Ursache von Faulheit interpretiert, zeigt eigentlich nur, dass unsere Gesellschaft moralisch völlig auf den Hund gekommen ist. Von Menschenwürde keine Spur.



    Wer Menschenwürde ernst nimmt, sollte immer daran denken, dass die Verursacher von Hartz IV die ehemalige rot-grüne Bundesregierung war. Und ich sehe schon eine Fortsetzung dieser asozialen Koalition, denn für Baerbock ist J. Fischer Vorbild und nicht abschreckendes Beispiel für eine charakterlose Figur.

    • @Rolf B.:

      Dazu kommt auch noch, dass die Sanktionen in der Sekunde, in der sie nicht mehr genug abschrecken, weil zum Beispiele andere (persönliche) Gründe für den Abbruch eines Bewerbungstrainings o.ä. geführt haben, nichts weiter als unnötige Drangsalierung ist.

      Denn was ist dadurch gewonnen, wenn bspw. eine 29jährige Frau 3 Monate lang auf 30% der Regelleistung verzichten muss und dadurch mitunter in ernsthafte Schwierigkeiten gerät, über die Runden zu kommen?

      Das ist eben das Paradoxe an den Sanktionen: Im Grunde können diese nicht tatsächlich angewendet werden.

    • @Rolf B.:

      Sie haben ganz recht. Es gibt genug Menschen in Vollzeitarbeit, die trotzdem Hartz4 beantragen müssen. Auch wenn das damals unter Rot/Grün anders angedacht war haben sie das auch in der GroKo nicht korrigiert, sondern die SPD hat vollkommen unzureichende Mindestlöhne eingeführt.

  • RS
    Ria Sauter

    Hartz IV ist schlimm. Schlimmet ist aber auch, daß zig Millionen Rentner:innen, die jahrzehntelang gearbeitet haben, von ihrer Rente sehr schlecht überleben können.



    Das ist ebenfalls ein Riesenskandal, der täglich präsent sein müßte.



    Das interessiert nicht, weder politisch noch medial.



    Das ist für sehr viele Menschen der Supergau.

    • @Ria Sauter:

      wenn jemand jahrzehnte lang in Vollzeit gearbeitet hat, bekommt er meist eine Rente deutlich über Hartz-IV-Niveau, es sei denn, er hat entweder wirklich extrem schlecht verdient oder keine / kaum Beiträge gezahlt (z.B. SV-freie Nachtschichtzuschläge) oder eben als Selbständiger nur Minimalbeitrag gezahlt

      • @Thomas Franz:

        Wenn man 40 Jahre in Vollzeit zum Mindestlohn arbeitet, bekommt man eine Rente, die allenfalls auf dem Grundsicherungsniveau liegt, eher nochdarunter. Rentenformel: Das Jahreseinkommen geteilt durch das Durchschnittseinkommen ergibt die Anzahl der Entgeltpunkte für ein Jahr. Alle während des Erwerbslebens erworbenen Entgeltpunkte werden zusammengezählt, und das Ergebnis wird multipliziert mit dem aktuellen Rentenwert. Das Resultat ist die monatliche Rente. Faustregel: Wer deutlich unterdurchschnittlich verdient, ist im Alter arm, auch bei jahrzehntelanger Vollzeitarbeit.

      • @Thomas Franz:

        Wäre mal interessant zu wissen wieviele Menschen jahrzehntelang im Niedriglohnsektor tätig waren. Das ist keine kleine Minderheit.

    • @Ria Sauter:

      Bitte die beiden Gruppen nicht gegeneinander ausspielen. Für beide müsste etwas getan werden.

      • @Martin_25:

        Ich schließe mich Frau Flieder und Ihnen an.

        Arm sind in dieser Gesellschaft so viele Menschen (gerade im Osten!, aber auch im Ruhrpott) und es macht den Eindruck, als wäre es egal. Nur wenn das "Menschenmaterial" zum Auspressen von Arbeitskraft nicht mehr ausreicht, schaut mal einer hin - aber nicht zum Helfen oder Lindern.... sondern zum maximal "Verwerten" der angeblich faulen Menschen.

        Die Medien haben Arme so maximal beschämt, dass kaum noch jemand überhaupt die Stimme erhebt von den Betroffenen.

        Und liebe TAZ! So froh ich bin, solch einen Artikel zu lesen, so wütend bin ich, dass es ERST JETZT ist.

  • @Thomas Rausch



    Die fehlen jeder Empathie gegenüber Hartz-IV--Empfängern bei manchen Kommentatoren ist wirklich zum Verzweifeln. Manche Menschen in dieser Gesellschaft sollte man in ein "Hartz-IV-Praktikum" schicken, damit sie einen Eindruck davon bekommen, wie Hartz-IV Menschen seelisch fertig macht. Es ist grade auch die psychische Dimension, die aus dem dauernden Drangsalieren von Transferempfängern resultiert, die die die Betroffenen so belastet.



    Vielen Dank an Herrn Wimalasena für den einfühlsamen Bercht.

  • SPD und Grüne hoffen auf die Vergesslichkeit der WählerInnen: Hartz IV war das zentrale Projekt der Regierung Schröder-Fischer. Sozialabbau, Auflösung der Tarifbindung, prekäre Arbeitsverhältnisse - Das Ergebnis bekommen die davon betroffenen Rentner zu spüren. Sie dürfen um ein paar Euro Stütze betteln - so domestiziert man Menschen und zerstört ihre Würde - ich weiß wovon ich schreibe...... Die Betroffenen erwarten zurecht keine Änderung, wie die kürzliche Anhebung der Sätze um 3 € - ausgeschrieben DREI EURO - zeigen. Und die Wette gilt, SPD und Grüne werden sich in Koalitionen mit der CDU und FDP rausreden, wie gehabt: Wir wollten ja, aber wir konnten nicht...usw usf. Aber die Jeunesse Doree des wohlsituierten Grün-Rot-Liberalen Mittelstands interessiert das nix - Hauptsache der Paketsklave bringt die Lieferung von Amazon und die Gorilla-Heloten schleppen die schweren Getränkekisten in die Eigentumswohnung im vierten Stock......

    • @Philippe Ressing:

      Komplett richtig. Bitte nicht vergessen, dass die Senkung der Sätze durch Reduktion de Bemessungsgrundlage von 20% Einkommen auf 15% Einkommen, und die Rechentricks zur weiteren Verringerung der Sätze von der CDU stammen. Auch die Verschärfungen bei den Sanktionen.

    • @Philippe Ressing:

      Wäre es denn besser der Paketbote sitzt arbeislos vor dem Fernseher ?



      Die Lohnhöhe mag zu niedrig erscheinen, aber zu deren Findung gibt es die Relation von Nachfrage und Angebot, die Nachfrage nach Paketboten steigt übrigens…

      • @Paul Rabe:

        "Wäre es denn besser der Paketbote sitzt arbeislos"



        Haben Sie Wallraff Undercover bei Amazon gesehen?



        Wenn nicht, dann machen Sie das.



        Dem Unterhofredakteur wurde ein Nettolohn von 1700€ versprochen, vertraglich vereinbart dann 11,-€/Std und schliesslich ausbezahlt 7,-€/Std, da bei zu langsamer Lieferung es Abzüge gibt. Zudem ein Knochenjob den der Journalist auch nicht lange durchgestanden hätte.



        Probieren Sie es doch aus, ich hoffe Sie sind jung und gesund.

      • @Paul Rabe:

        Solange sie für einen Hungerlohn arbeiten ja.

        Der Markt regelt es schon - richtig?

      • 9G
        97760 (Profil gelöscht)
        @Paul Rabe:

        Paul, ich gehe erst arbeiten, wenn öffentlichrechtliche Spitzengehälter, bei Sparkasse, Rundfunk, Beamte usw, von 25.000,- im Monat auf 4000,- /mtl. gesenkt werden.

      • @Paul Rabe:

        "mag zu niederig erscheinen"

        Wenn es nicht bei Vollzeitarbeit dazu führt, ohne Hartz4 verlässlich über die Runden zu kommen, und auch eine Rente oberhalb der Grundsicherung zu erarbeiten, dann erscheinen die Löhne nicht zu niedrig, sondern sie sind es!

      • @Paul Rabe:

        Ein zynischer Kommentar. Menschenwürde von Marktmechanismen abhängig zu machen.

        • @Rolf B.:

          Ich finde es ist unwürdig wenn ein Arbeitsloser sich von der Gesellschaft versorgen lassen muss.



          Ich hätte es immer alles eine Frage der Ehre und persönlichen Würde empfunden für mich selber zu sorgen.



          Wer körperlich in der Lage ist als Paketbote zu arbeiten für den ist es viel würdevoller damit auch eigenständig sein tägliches Brot zu verdienen, Als in Abhängigkeit von der Gesellschaft zu leben.

          Das Leben dass er damit in Deutschland führen kann ist auch von einem höheren, sachlichen, Wohlstand geprägt als die Mehrheit der Menschheit jeden Tag erfahren kann.



          Die Idee dass Wohlstand „relativ“ zu messen sei, diese Idee teile ich übrigens nicht

          • @Paul Rabe:

            Ich bitte vielmals um Verzeihung, aber: was für eine traurige und beschränkte Weltsicht tragen Sie denn da zur Schau?

            Diese Menschen sind Teil unserer Gesellschaft - und als solche sollen sie in unserer Gesellschaft auch unter entsprechend menschenwürdigen Bedingungen leben und arbeiten können.

            In vielen Jobs ist leider das ein oder andere, manchmal sogar beides, für die Arbeitnehmer nicht möglich.



            Von Arbeitslosen gar nicht zu reden.

            Und natürlich müssen wir dabei die Standards anlegen die bei uns in Deutschland gelten.

            Und glauben Sie mir: ich bin der letzte der das Ideal von persönlichem Einsatz für eine Sache, in diesem Fall einen Beruf, nicht zu schätzen weiss, aber wenn man in seinem Job permanent unter Druck gesetzt wird, eine durchschnittliche Leistung schon als bedenklich eingestuft wird, Standards gesetzt werden die vom Personal im Alltag schlicht und ergreifend nicht geleistet werden können, Löhne gezahlt werden die in der Praxis zum Leben nicht reichen - da läuft einfach was grundlegend verkehrt.

            Und leider ist das in nicht wenigen Branchen so. Hängt z.T. sicherlich auch vom Arbeitgeber ab, aber oft genug sind gesellschaftliche, politische Rahmenbedingungen daran Schuld.

            Und zu ihrem letzten Satz kann ich nur sagen: die Menschheit (wahlweise unsere Gesellschaft) hat sich als GANZES, NICHT als einzelne diesen Wohlstand erarbeitet, sie hat es deswegen auch als ganzes verdient daran - zumindest in einem die Menschenwürde erhaltenden Rahmen - teilzuhaben.

            Dazu gehören auch Dinge wie gesellschaftliche Teilhabe, sprich: es darf und soll sogar der gelegentliche Besuch eines Kinos, einer Bar oder eines Restaurants möglich sein.

            Danke fürs drüber nachdenken.

          • @Paul Rabe:

            Ich schlage vor, Sie machen mal so einen Job als Paketbot*in. Alternativ probieren Sie mal HartzIV aus und lassen sich sanktionieren ... Und dann berichten Sie mal, wie menschenwürdig das jeweils ist. OK?

            • @Uranus:

              Paul Rabe war wohl noch nie in dieser Situation. Ich liebe es ja, wenn von Menschen, die so etwas noch nie selbst erlebt haben, die besten Vorschläge und Meinungen zu Tage kommen. Ich bin fast schon amüsiert.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Das Schlimme an Hartz-IV ist, dass man dauernd dransaliert wird, obwohl es keine vernünftigen Jobs gibt.

    Was die Langzeitarbeitslosigkeit angeht, so will man das gar nicht verbessern, es sei denn man ist im Arbeitsministerium etwas beschränkt.



    Seit langem werden nur noch sog. Trainingsmaßnahmen für 1-2 Monate vergeben. Das ist rausgeschmissenes Geld, denn mit dieser zusätzlichen Qualifikation findet man keinen neuen Job.



    Das ist alles ziemlich dumm!

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Aber es gibt doch viele Jobs, ggf nur nicht dort wo man wohnt.



      Um die Würde zu behalten sich selber versorgen und ernähren zu können, sollte man da nicht auchmal den Ort wechseln ?

      • @Paul Rabe:

        Ich habe diesbzgl. in einem anderen Kommentar etwas geschrieben.

        Ich mag Ihnen hier nichts unterstellen (ich kenne Sie ja auch gar nicht) aber gefühlt kommen diese Einschätzungen zumeist von denen, bei denen sich die Abwägung zwischen arbeitslos auf der einen und einer Berufstätigkeit, die faktisch nur ein Minimum an finanzieller Verbesserung mit sich bringt, nicht.

        Ich unterstelle, dass viele derer, die vollmundig anderes behaupten, genauso diese Rechnung im Kopf anstellen würden, ob es sich tatsächlich lohnt, einen schlecht bezahlten Plackerjob anzunehmen.

        Das lässt sich nämlich immer sehr leicht erklären, solange es theoretisch ist.

        (Wie gesagt, das ist im Grunde nicht auf sie persönlich gemünzt, ihre individuelle Erwerbssituation ist mir schliesslich nicht bekannt)

      • @Paul Rabe:

        Zum Umziehen braucht man Geld. Viel Geld. Nicht nur für die Anfahrt und die Kaution, sondern auch für alle Papiere, die alle Vermieter:innen sehen wollen. Und dann stellen sie fest, dass man ein Risiko darstellt, weil die Zahlung der Miete nie ganz gesichert ist.

         

      • @Paul Rabe:

        Mall wieder tolle Vorschläge von jemandem, der keine Ahnung hat. Für Umzüge fühlt sich das Arbeitsamt nicht zuständig, und von den Sätzen kann man das nicht stemmen. Es gibt auch nicht "so viele Jobs", wenn man bedenkt, dass auf jeden Job 20 Bewerbungen kommen.

        Das war eine einfache Ausrede um die Schuld hartz4 Beziehern zuzuschieben.

        • @Martin_25:

          Es gibt viele Branchen die suchen Leute, such solche ohne brsondere Qualifikation, Paketdienste, Putzdienste, Wachdienste, Gastronomie, Verkauf, Bauhilfs-tätigkeiten etc.



          Alles Tätigkeit die man sehr schnell erlernen kann

          • @Paul Rabe:

            Ach hierfür benötigt man eine gewisse Qualifikation. Wir sind nicht in den USA, wo Wachdienste meist von ehemaligen Cops besetzt sind, die nicht mehr fähig sind auch nur einen Meter zu sprinten.



            Wie oft heißt es, Sie sind überqualifiziert?! Bewerbung auf eine 450,- EUR Stelle zum Regale einräumen. Nicht genommen, weil überqualifiziert. Was nichts anderes bedeutet wie, wir suchen jemand der hier nichts werden will, der schön still hält und ja die Klappe hält, wenn was nicht in Ordnung ist.

          • @Paul Rabe:

            Wie alt ist Ihre Mutter? Verlangen Sie von ihr, dass sie als Paketbotin, Putzfrau, Security, Kellnerin, Baustellenhilfe oder Erntehelferin arbeiten soll?



            Die Frau im Artikel ist 56. In dem Alter bekommt niemand einen Job, erst recht nicht mit Schwerbehinderung.

            • @Schnetzelschwester:

              Niemand kann oder soll einen Job machen, der nicht mit der gesundheitlichen Situation zusammen passt.



              Aber ich finde schon, daß, wenn die Gesundheit es zuläßt, es zumutbar ist solche Jobs zu machen, die andere Menschen mit ähnlichem Alter und körperlichen Zustand auch machen (und dafür auch Sozialabgaben zahlen)

          • @Paul Rabe:

            Das können Sie ja gerne mal machen. Einfach mal ihren bisherigen Job - ich nehme an, Sie haben einen - gegen eine Putztätigkeit eintauschen.

            • @Uranus:

              Ich beschäftige Putzkräfte. Wieso soll deren Leben "würdevoller" sein, wenn sie sich von anderen Menschen abhängig machen und statt zu arbeiten Sozialhilfe beziehen ?

              Ein Leben in "Würde" bedeutet doch vor allem auch die Gewissheit für sich selber zu sorgen, selber zu entscheiden und selber "auf eigenen Füßen zu stehen", oder ?

              Im übrigen ist es ein ehrenhafter und respektierter Beruf, was also soll daran falsch sein ?

              • @Paul Rabe:

                1) Gerade in einem Wirtschaftssystem, in dem Teilhabe über Geldtransfers funktioniert, muss sich Wertschätzung zwingend im Einkommen widerspiegeln.



                2) Niedrige Löhne sind Verhöhnung der Menschen und deren Lebenszeit, die sie für die unbequeme und teils eklige Arbeit aufbringen müssen. Damit Niedriglohnarbeitende, wie die Sie aufzählten, aktuell überhaupt ein Auskommen haben - also gerade so ihren Lebensunterhalt bestreiten können - müssen sie Vollzeit schuften.



                3) Wenn er denn so ehrenhaft und respektiert ist, warum machen Sie den Job denn nicht mal für eine Weile zum branchenüblichen Lohn?

              • @Paul Rabe:

                Abhängig sind sie auch von einem schlecht bezahlten Job. Was ist daran würdevoll? Und selber entscheidet man in so einer Situtaion sehr sehr wenig.

  • Was sind denn hier für Leute unterwegs mittlerweile? Von naiv bis wirtschaftsideologisch böswillig ...

    Bitte: die Frau hat mehrere Autoimmunkrankheiten, hat Chemotherapie hinter sich, wurde jahrzehntelang vom Jobcenter gegängelt... da irgendwas vom "Bäcker um die Ecke" zu schwafeln oder wie User "Thomas Rausch" von Flexibilität zu neoliberalisieren, ist, gelinde gesagt, mindestens naiv, und definitiv schwer zu verdauen!

    • @Lichtwolf:

      Richtig! nicht alles den Hartz4 Beziehern in die Schuhe schieben, aber selber ohne Mehrkosten ordern wollen.

  • Wer solange soviel Zeit investiert Knall das was diese Ordner zeigen, der hat so würde ich sagen diesen Weg gewählt. Ich finde es nicht zynisch zu sagen, vielleicht ist das eine Art Erfüllung, die mehr zu ihr passt als angestellt zu arbeiten. Was sie macht ist ja auch ein tun. Sollte vielleicht sagen, in meiner Situation ist das das, was ich auch will. Ich muss das machen und was anderes will ich auch nicht machen.

    • @Wolfgang Hanspach:

      Anders als angestellt kann man das aber in kleine Häppchen und zu Zeiten zu denen es einem vielleicht mal eine halbe Stunde gut geht erledigen.

    • @Wolfgang Hanspach:

      Es "passt" aber offensichtlich dann nicht, wenn die Frau darunter psychisch leidet.

  • Hartz IV = FORDERN UND Gewinne der Wirtschaft FÖRDERN.

    Das war/ist der wahre Grund, weshalb man die Hartz-Reformen damals unter Schröder (SPD) eingeführt hat. Menschen werden vom Arbeitsmarkt ausgestoßen und dann kommt die 'Bundesagentur für Arbeit' und presst die Menschen unter Androhung von Sanktionen in diesen "Arbeitsmarkt" - natürlich mit einem geringeren Lohn - wieder zurück. Lohndumping und die Ausweitung des Niedriglohnsektors wird seit Hartz IV erfolgreich in Deutschland betrieben, denn nur mit dem systematischen Ausbau des Niedriglohnsektors konnte/kann Deutschland weiterhin der Exportweltmeister von Europa bleiben - wenn auch auf Kosten von Millionen ALG II Beziehern und Niedriglohnempfängern. Die Hartz Reform gibt es seit 2003 und die Ausweitung des Niedriglohnsektors wird immer noch betrieben, damit die deutsche Wirtschaft innerhalb Europas ihre Stellung als Exportweltmeister halten kann; was die übrigen europäischen Länder natürlich wirtschaftlich extrem unter Druck setzt.

    Gefördert wurde mit Hartz IV nur die prekäre Beschäftigung samt Leiharbeit und Werkverträgen in Deutschland. Gefördert wurden Hungerlöhne und Armut. In Deutschland müssen jeden Monat 1,6 Millionen Menschen an einer Tafel anstehen um nicht zu hungern. Bei uns werden seit der Arbeitsmarktreform arme Menschen von einer "Behörde" wie Kinder bevormundet und ihnen wird trotz Art. 1 GG und Art. 20 Abs. 1 GG, das ohnehin schon lächerliche Existenzminimum oftmals auch noch entzogen, während es gleichzeitig in diesem Land Manager gibt, die Jahresgehälter beziehen wofür eine Krankenschwester zwischen 50 und 300 Jahre arbeiten müsste.







    Industrie 4.0 wird in den nächsten Jahren noch mehr Arbeitsplätze abbauen und die Armut vergrößern. Hartz IV braucht keine Reform. Hartz IV muss endlich weg und durch ein menschenwürdiges BGE ersetzt werden. Das BGE ermöglicht sicherlich kein Leben im Luxus, aber ein Leben in Würde, und dann wären die Sätze in Art. 1 GG endlich mal nicht nur 'hohle Worte'.

    • @Ricky-13:

      Danke! Dem kann ich nur zustimmen.

    • @Ricky-13:

      Vielen Dank für diesen guten Beitrag. die Lösung vieler Probleme in diesem Bereich ginge auch ohne BGE. Mit Mindestlöhnen, die ausreichen für ein normales Leben und Alterssicherung obrehalb der Grundsicherung. Durch allgemeinverbindliche gute Tarifverträge, statt des Tarifseinheitsgesetzes, durch Abschaffung von Minijobs ohne Sozialabgaben, ...

      • @Martin_25:

        Hm, irgendwie habe ich Zweifel, dass in dem geschilderten Fall höhere Mindestlöhne etwas an der Situation der Frau ändern würden / geändert hätten. Sie hat - aus welchen Gründen auch immer (krank waren den größten Teil ihres Lebens weder sie noch ihre Eltern) ja nicht gearbeitet...

  • 3G
    32533 (Profil gelöscht)

    Manches von dem, was Sie schreiben, ist richtig. Dennoch macht sich Unbehagen in mir breit.

    Ihr Post 'berührt' die entscheidende Frage nicht wirklich: sollte der Paradigmenwechsel, der in der Tat dringend notwendig ist, nicht im Ermessen jedes Einzelnen liegen? Oder möchten Sie das staatlich verordnet sehen?

    Als früherer HartzIVler (heute: von Rente plus Wohngeld lebend) kann ich bestätigen: nicht alles im Leben eines HartzIV-Empfängers ist schlecht. Doch deshalb wurde es nicht eingeführt.

    Es liegt also nicht an Hartz IV, sondern am jeweiligen Empfänger sowie dessen Bewusstsein und Verbindung zur Welt.

    Mich hat die Schilderung von Frau Ammler derart aufgewühlt, dass ich den Artikel erst im dritten Anlauf zu Ende lesen konnte.

    Auch das ist abseits des Üblichen. Leider. Mit mehr Mitgefühl in diesem Land gäbe es nicht solche Zustände, die Menschen zugemutet werden wie HartzIV-lern.

    Von daher ist die Kernfrage für mich auch nicht: Askese oder Überfluss? Sondern die nach Einflussmöglichkeiten auf die eigenen Lebensumstände.

    Wo haben die HartzIVler?

    • @32533 (Profil gelöscht):

      Ich würde meinen, dass es nicht verwunderlich ist, dass viele Menschen sich den gemachten Bedingungen anpassen. Diese sind wiederum Ausdruck des Systems Neoliberalismus/Kapitalismus. Konkurrenz, Auflösung sozialer Verantwortung zugunsten von Eigenverantwortung, Scheinherrschaft/-kontrolle des Individuums das allerdings dem Druck des Systems nachgeben muss und entlang seiner Logik arbeiten funktionieren muss - andauernde Selbstoptimierung bis hin zur Selbstausbeutung.



      Und klar, ist Ihre letzte Frage rhetorisch.

  • Mehr Geld für Langzeitarbeitslose wäre der größte Fehler den die Regierung machen kann - zusammen mit den Wohnkosten und der gratis erste Klasse Krankenversicherung sind die Leistungen hier bereits heute unglaublich hoch (Kaufkraftbereinigt verglichen mit dem europäischen Ausland). Wenn du einem Italiener von Hartz IV erzählst kann er es nicht glauben und sagt „aber wer ist da noch so blöd zu arbeiten?“.

    Noch fataler wäre die Abschaffung der Sanktionsmöglichkeit oder jeglicher Arbeitspflicht. Das führt zur Verelendung ganzer Generationen. Selbst in Skandinavien kann man es nicht glauben was die Linken Parteien da vor haben. Harte Sanktionen bei Nicht-Mitwirken sind dort die Regel.

    • @Wombat:

      Ist ja so einfach Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Was interessieren die Leistungen in italien bei den Kosten in D? Erst mal müssen die Einkommen der Arbeitenden saniert werden. Wenn die Vollzeit arbeitenden dank ausreichendem Mindestlohn (über 12€) endlich mal nicht mehr die ARGE verstopfen müssen, sonden wieder ihr leben gestalten können, gibt es viel mehr Zeit für Spezialpobleme. Natürlich bleibt es Ihnen unbenommen sich durch Ihren AG mit der peitsche zur Arbeit treiben lassen. Bei den meisten Hartz4 Empfängern ist das gar nicht nötig. Wenn man wegen einer Arbeitsstelle oder einer sinnvollen Schulung eingeladen wird, dannklappt das eher, als wenn es nur ein pro forma Termin ist, für in 1 h (selber so erlebt).

    • @Wombat:

      Ich weiß nicht wie es in Ihrer neoliberalen "Welt" ausschaut, aber in Skandinavien ist die Welt jedenfalls menschlicher als in Deutschland. So etwas wie Hartz IV mit seinem Zumutbarkeitsparagraphen (§ 10 SGB II), und das man die eigene Bevölkerung mit Sanktionen zu jeglicher Arbeit zwingen kann, würde man in Skandinavien niemals zulassen. Der schwedische Wohlfahrtsstaat (auch als „Folkhemmet“ bezeichnet) wurde als politisches Projekt ab den 1930er Jahren aufgebaut. Bei uns wurde der Sozialstaat mit der SPD unter Gerhard Schröder und seiner Agenda 2010 aber massiv abgebaut.

      Wer auch noch sehen und nachdenken kann, der weiß: Wenn es tatsächlich noch Jobs zu verteilen gäbe, von dem ein Mensch auch existieren kann, dann könnte der Staat sich doch eine Behörde wie die Bundesagentur für Arbeit/Jobcenter, mit 100.000 Mitarbeitern sparen. Die Arbeitsagenturen, die mit einem unglaublichen Bürokratismus und knapp 100.000 Mitarbeitern einen egozentrischen Aufwand betreiben, der in gar keinem Verhältnis zu den Vermittlungserfolgen steht, kostet dem Steuerzahler nämlich jährlich einige Milliarden Euro (JC-Gebäude, Löhne etc.). Mit dem Geld könnte man viele Schulen oder Universitäten sanieren, oder wenigstens endlich mal dafür sorgen, dass die Fenster in den Schulen sich 'öffnen' und auch wieder 'schließen' lassen.

      • @Ricky-13:

        Ich empfehle ihnen mal den Wikipedia Artikel zum Achso tollen Sozialstaat Schweden. Das wäre hier undenkbar was dort aus „Sozial“ gilt. Auch deren Hartz IV ist kaufkraftbereinigt deutlich weniger als hier. Noch lustiger ist Dänemark mit einer absoluten Mitwirkungspflicht und anderen Späßen wie keinerlei Kündigungsschutz usw…



        Am interessantesten empfand ich meinen Norwegen-Aufenthalt. Wer nicht arbeitet gilt schnell als komplett asozial - das Neoliberalste Land das ich kenne, aber die Linke träumen immer vom sozialen Paradies…

        • @Wombat:

          "Linke träumen immer vom sozialen Paradies"

          Die meisten Linken träumen nicht von einem "sozialen Paradies", sondern von sozialer Gerechtigkeit. Ob es auch sinnvoll ist, in einem hochmodernen Land wie Deutschland, dass immer mehr Arbeitsplätze mit Halbleitertechnologie, Regelungstechnik und demnächst mit Industrie 4.0 abbaut, weiterhin Menschen mit dem § 10 SGB II (Zumutbarkeitsparagraph) in jegliche Arbeit zu zwingen – nur damit die Arbeitslosenstatistik schöner ausschaut – darüber sollte man vielleicht auch mal nachdenken. Dass sich etwas ändern muss, bevor das "Fass der sozialen Ungerechtigkeit" uns allen um die Ohren fliegt, ist langsam auch einem der größten Kapitalisten dieser Welt klar geworden. Warren Buffett verschenkt nach und nach 99% seines Vermögens (86 Milliarden US-Dollar) an Stiftungen für wohltätige Zwecke. Dass die Armut immer mehr zunimmt und man da gegensteuern muss - auch weil Jobs in unserer hochtechnisierten Welt immer mehr abnehmen - hat Warren Buffet wohl am Ende seines Lebens endlich begriffen. Wie "Elend" aussieht, zeigt Skid Row, Downtown Los Angeles (USA). So sieht die hässliche Fratze des Kapitalismus nämlich wirklich aus und da steuern wir in Europa seit Jahren auch drauf zu, und das wird irgendwann auch in Schweden ankommen; ein Land das größer als Deutschland ist, aber nur 10 Millionen Einwohner hat und wohl leider auch schon in den neoliberalen Senftopf gefallen ist.

          ***Hell On Earth in Los Angeles | Skid Row*** www.youtube.com/watch?v=08GSVZPkaJw

          • @Ricky-13:

            Und sozial gerecht ist es sicherlich nicht jeden Monat Menschen ohne Gegenleistung Geld zu überweisen und sie so für immer über Generationen hinweg in Armut zu halten.

            Die skandinavischen Länder haben erkannt dass der Sozialstaat kurzfristig und dafür aber auf großzügig helfen muss, es aber auf jeden Fall verhindert werden muss dass Menschen sich darin einrichten. Auch dass ein starker Sozialstaat mit Einwanderung kaum zu vereinbaren ist, ist dort angekommen. Die Sozialdemokraten fahren dort weit rechtere Kurse als die AFD.

            • @Wombat:

              Sie lenken schön vom Kern ab und spielen Sozialbeitragszahler*innen gegen Erwerbslose aus - großes Kino!

  • Flexibilität ist gefragt!



    Das bezieht sich nicht auf die Arbeit sondern auf die ganze Gesellschaft. Arm oder Unterschicht ist nicht automatisch heute jener der nicht über Mittel verfügt, welche die Werbewirtschaft suggeriert das man sie haben müsse um als Mittelstand oder nicht arm zu gelten.



    Ein wesentlicher Maßstab, wer zur Unterschicht gehört und wer nicht, ist die Lebenserwartung und die Fähigkeit, flexibel auf Änderungen einer sich schnell wandelnden Zeit reagieren zu können. Die Definition, reich oder Teil der geachteten Gesellschaft zu sein, wir zunehmend zur Chimäre, wenn wir nicht nur die Umweltzerstörung betrachten, sondern das gesamte Leben. Was ist den wichtig im Leben? Der Konsum? Eher die Fähigkeit eine Lebensqualität zu entdecken abseits dem Suggerierten, irgendwas haben zu müssen. Wer asketisch lebt, lebt der nicht länger und eigentlich befreit von dem Konsumterror?



    Das was die Werbewirtschaft suggeriert, was Politiker fordern und was viele in der Gesellschaft meinen als faul oder minderwertig , das hat unsere Welt mittlerweile an den Rand des Abgrundes gebracht. Gewachsen ist weltweit nicht der Wohlstand, sondern die Angst.



    Die Evolution strebt nach Ausgleich. Sie greift den Gewinner einer evolutionären Entwicklung an. Der Mensch begegnet gemäß dieser Betrachtungsweise Pandemien seine Spezies dezimierenden Viren und Bakterien. Jüngst haben wir mit der aktuellen Pandemie das bitterlich erfahren müssen, wie die Natur, den Mensch als Gewinner der Evolution, angreift. Noch haben wir uns darüber erheben können, über diese Angriffe der Natur auf den " einzigen Gewinner" der Evolution gegenüber allen Mitlebewesen.



    Wir sind uns doch aber mehr und mehr bewußt das die Angriffe weiter gehen , unser Überleben als Spezies noch lange nicht sicher ist, Selbstvernichtung inclusive.



    Ist es möglich die Perspektive, weg von den üblichen Paradigmen, dahin zu lenken? Sieht es dann für den "Harzler" wirklich so schlecht aus, eben nicht die üblichen Muster zu leben?

    • @Thomas Rausch:

      Es gibt einen massiven Unterschied ob man sich freiwillig dafür entscheidet den Konsum einzuschränken auf ein Minimum oder ob es mir von außen aufgezwungen wird.



      ALG2-Bezug bedeutet das Sie in ihrer Entscheidungsfreiheit werden. Wie bespielsweise (Artikel) keine 80,-€ einfach mal so zusätzlich im Monat haben.



      Mit einen finanziellen Rückhalt, den jemand mit ALG2 im Allg. nicht hat, lebt es sich viel ruhiger und wesentlich gesünder .



      Wenn sie FREIWILLIG der ALG2 Askese nachgehen wollen, tun Sie sich keinen Zwang an. Wenn Sie das möchten, kann ich ihnen auch willkürliche Aufgaben zuschicken, wie das Jobcenter manchmal zu tun pflegen und Sie müssen über alles und jedes Rechenschaft ablegen.

    • @Thomas Rausch:

      Als ehemaliger Hass 4-Empfänger finde ich den Kommentar echt naiv.

      Warum sollten ausgerechnet arme Menschen die Schönheit der Askese für sich entdecken? Was interessiert das denn Leute, die keine Wohnung finden und in sinnlose Maßnahmen gezwungen werden?

      Geschwafel in bester FDP-Manier.

      Davon abgesehen:

      Der Frau "Ammler" wünsche ich alles Gute, ich kann die Einstellung, sich von dem ganzen Irrsinn zu isolieren, gut verstehen. Ich habe das Gleiche in den Menschen gesehen. Ich hoffe, bald gibt es wenigstens etwas mehr Geld und etwas weniger Sanktionen... auf mehr darf man wohl nicht hoffen.

      Großen Respekt dafür, daß Sie überhaupt für Ihre Rechte kämpfen!

  • Eine linke Regierung kann vieles für Langzeitarbeitslose verbessern. Deshalb sollte man am Sonntag sein Kreuz NICHT bei den Grünen, sondern bei der Linkspartei machen! Sonst wird man am Ende noch von der FDP, der selbsternannten "Partei der Besserverdiener" regiert.

    • @VanessaH:

      Sollte man nicht lieber arbeiten gehen? Ich meine okay, das mit ihren Eltern ist tragisch, aber beim Bäcker um die Ecke findet man immer was!

      • @Pilatus333:

        Sie haben es nicht ganz verstanden. Auch Sie könnte die Arbeitslosigkeit treffen. Ein solidarischer und respektvoller Umgang mit Arbeitslosen und Geringverdienende sollte selbstverständlich sein. Das Hartz IV System ist es nicht.



        Des Weiteren müssen viele mit Hartz IV aufstocken, um von ihrer Arbeit beim Bäcker um die Ecke leben zu können. Selbst dann müssen sie Stunden damit verbringen, um sich mit dem Jobcenter herumzuschlagen. Etwas läuft da ziemlich gewollt schief. Auch hängt das immer von den einzelnen Personen im Amt (ob es ihnen langweilig ist) ab und den Vorgesetzten (der z.B. vorschreibt abzulehnen, auch wenn es nicht rechtens ist, und/oder zu unterzustellen eine WG ist eine Bedarfsgemeinschaft. Gängige Methode des Jobcenter Kiel-Ost. So hält man Arbeitslose beschäftigt…. und erhält die Jobs im



        Jobcenter) Willkür ist einem System, dass auf Sanktionen und Unterstellungen basiert eben immanent.

      • @Pilatus333:

        "sollte man nicht lieber arbeiten gehen?"

        So war es sicher nicht gemeint, aber im Artikel geht es bei "man" um eine nicht mehr junge, schwerbehinderte Frau auf nem Dorf ohne Auto in Niedersachsen.

        Bitte auch nicht vergessen, dass es Regelungen zum Zuverdienst zu Hartz iv gibt. Den Lebensunterhalt komplett mit einem Teilzeit-Aushilfsjob verdienen ist auch nicht möglich, denn auch der Mindestlohn ist nicht hoch.

        Für ein würdiges Leben sollten "man" nicht jung, gesund, ohne Familie mit Herausforderungen, mit guter Ausbildung und mobil sein müssen. "Würdig" hat aber nicht nur mit zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln zu tun, sondern auch mit dem Umgang miteinander.

        Für Frau Ammler alles Gute!!

      • @Pilatus333:

        Klar, arbeiten ist super, aber bitte nur zu einem fairen Lohn und in einem Job, der die eigene Erwerbsbiografie, sofern noch vorhanden, nicht entwertet...Und es ist eben auch gerade auf dem Land nicht so, dass man beim Bäcker (sofern es diesen überhaupt noch gibt) um die Ecke was findet...Also, tut mir leid, diese Einstellung ist zwar grundsätzlich korrekt, aber ziemlich naiv, denn sie vergisst, dass es zwar viel Arbeit gibt, diese aber sehr oft nicht fair entlohnt wird...und das sollte man dann auch nicht unterstützen, wenn man selbst Arbeit sucht...

      • @Pilatus333:

        Sind Sie so naiv oder tun Sie nur so?



        Nein, Arbeit dindet man nicht einfach nur so! Es sind wesentlich mehr Leute arbeitslos als Stellen frei sind!



        Wie im Artikel schon gesagt: man könnte sehr viel zur Gesellschaft beitragen - man lässt das aber nicht zu! Das Gefühl ist unter Arbeitslosen sehr verbreitet. Auch beste Qualifikationen sind wertlos, wenn man erst einmal über 40 ist und dann arbeitslos wird...

      • @Pilatus333:

        Ich weiß nicht ob Sie einer Tätigkeit nachgehem um ihren Lebensunterhalt selber zu finanzieren.



        Ihr Vorschlag ist nur bedingt hilfreich.



        Diese Jobs sind leider oftmals so prekär, das am Ende weniger übrig bleibt als bei ALG2. OK sie haben nicht mehr diesen teilweise erniedrigenden Umgang mit den JCs.