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Klimaschutz in der LuftfahrtNur grünes Fliegen ist schöner

An diesem Montag startet die erste Produktion von CO2-neutralem Flugbenzin in Deutschland. Zurück geht die Anlage auf eine Klimaschutzorganisation.

Klimaneutral durch die Lüfte: Die Produktion des Flugzeug-Treibstoffs soll nun anlaufen Foto: dpa

Hallen, Rohre, Ventilatoren und Tanks vor sattgrünen Wiesen: Nach einer Hightechrevolution sieht es auf dem Gelände des Energiekonzerns EWE im Städtchen Werlte im Emsland nicht aus. Und doch blicken Flugindustrie und KlimaschützerInnen auf die Anlage. Am Montag kommt Bundesumweltministerin Svenja Schulze, Kanzlerin Angela Merkel schickt eine Videobotschaft. Werlte ist wichtig. Denn die unscheinbaren Tanks und Rohre produzieren eine große Hoffnung der Luftfahrt: den Traum vom grünen Fliegen.

Das Pilotprojekt heißt „FairFuel“: Zum ersten Mal wird in Deutschland Flugbenzin produziert, dass CO2-neutral ist und in der Praxis angewandt wird. Gebaut hat die Anlage kein Energiekonzern und keine Airline – sondern eine Klimaschutzorganisation: die gemeinnützige Atmosfair-Gesellschaft. Die bietet bisher einen CO2-Rechner für Flugreisen und Kompensationsprojekte für die CO2-Schulden durchs Fliegen.

Jetzt geht Atmosfair einen großen Schritt weiter: „Wir zeigen, dass CO2-neutrales Kerosin machbar ist, und wir sind dabei schneller als die großen Konzerne“, sagt Dietrich Brockhagen, der umtriebige Atmosfair-Geschäftsführer. Mit der gemeinnützigen Tochterfirma Solarbelt wollen die KlimaschützerInnen ihr FairFuel nicht nur in die Raffinerien und Turbinen bekommen, sondern auch den Großen der Branche „eine Messlatte vorgeben“, wie Brockhagen sagt. Der Anspruch: Wer als erster auf dem Markt ist, setzt Maßstäbe. Und die sollen so grün wie möglich sein, wenn jetzt gerade das Thema klimaneutrales Fliegen richtig abhebt.

Dabei nämlich droht nach Brockhagens Ansicht eine Menge Greenwashing. Weltweit werden hektisch Projekte geplant und gebaut, um das Fliegen von seinem Image als Klimakiller zu erlösen. Ölkonzerne wie Shell und Total preisen ihr „synthetisches Kerosin“, das Weltwirtschaftsforum und die EU-Kommission setzen auf die klimaneutrale Ersatzdroge „ReFuel“. „Viele dieser Lösungen verringern aber nur den CO2-Ausstoß“, kritisiert Brockhagen. „Nur wir bieten jetzt ein wirklich CO2-neutrales Kerosin.“

Technisch kein Hexenwerk

Technisch ist das innovativ, aber kein Hexenwerk: Ein Elektrolyseur trennt per Ökostrom Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff. Mit CO2 aus der Biogasanlage oder aus der Luft wird der Wasserstoff über einen Zwischenschritt zu Synthesegas und über das bewährte Fischer-Tropsch-Verfahren zu synthetischem Kraftstoff, „Syncrude“, umgewandelt. Eine Raffinerie macht Kerosin der Marke „Jet A1“ daraus. Das kostet bisher noch mehr als doppelt so viel wie normales Kerosin. Aber wer es kauft wie etwa die Lufthansa, kann damit werben, er fliege teilweise klimaneutral.

Dieses Etikett ist heiß begehrt: Wer behaupten kann, er fliege, ohne das Klima zu belasten, hat die Nase vorn. Weltweit ist der Flugverkehr für etwa zwei Prozent der Treibhausgase (etwa so viel wie Deutschland) und für etwa fünf Prozent des Klimawandels (durch Schadstoffe und Wolkenbildung) verantwortlich. Das Wachstum ist enorm und eine Alternative zum Kerosin technisch kaum möglich.

Seit 2016 hat sich die Luftfahrtbranche zu einem Klimaplan durchgerungen, ab 2020 soll der Luftverkehr nur noch klimaneutral wachsen. Dafür suchen die Airlines CO2-Zertifikate etwa aus Waldprojekten oder eben klimaneutrale Brennstoffe. Und es gibt Quoten: Ab 2026 muss dem deutschen Kerosin 0,5 Prozent synthetischer Kraftstoff beigefügt werden, 2030 sollen das schon 2 Prozent sein. Das braucht 2026 immerhin 50.000 Tonnen an synthetischen Kraftstoffen. Die es aber bisher auf dem Markt nicht gibt.

FairFuel soll da ein bisschen Abhilfe schaffen. Ein kleines bisschen: 350 Tonnen pro Jahr, knapp ein Prozent des Bedarfs, soll die Anlage liefern. Die Anlage in Werlte habe Atmosfair „ohne Kredite und ohne Subventionen“ gebaut, sagt Brockhagen, die Höhe der Investitionen will er nicht nennen. Nur soviel: „Das war teuer. Wir haben lange darauf gespart.“

Wichtig ist dem Geschäftsführer aber vor allem die Vorbildfunktion: Man habe sehr genau darauf geachtet, alle Komponenten des Projekts nachhaltig zu gestalten: CO2 aus Lebensmittelabfällen oder aus der Luft, nicht aus Kohle, Öl oder Zement. Der Ökostrom für den Elektrolyseur kommt von Windanlagen aus der Gegend ohne EEG-Förderung, die sonst abgeschaltet würden.

Lufthansa ist einer der ersten Kunden

„Zusätzlich bauen wir ein Zertifizierungssystem auf, mit dem die Kunden nachweisen können, wie viel CO2-neutrales Kerosin sie bezogen haben“, sagt Brockhagen. Mit FairFuel will er schaffen, was Atmosfair bereits bei der CO2-Kompensation gelungen ist: Als „Goldstandard“ ein Ökosiegel zu etablieren, mit dem sich die ganze Branche vergleichen muss.

Die Lufthansa ist einer der ersten Kunden. Bisher nutzt sie synthetische Treibstoffe aus biologischen Grundstoffen, die bei Umweltgruppen teils als problematisch gelten. „Nachhaltige Kraftstoffe sind zentral, um den CO2-Fußabdruck der Luftfahrt zu verringern“, sagt eine Lufthansa-Sprecherin, „die Zukunft sehen wir im synthetischen PtL-Kerosin“, wie es FairFuel bietet. „Wichtig ist, dass es in ausreichenden Mengen angeboten wird“, heißt es.

„Was Atmosfair da macht, ist ein guter Ansatz“, sagt Harry Lehmann, es sei schnell realisierbar und mache Druck auf andere. Lehmann hat lange im Umweltbundesamt zur Klimaneu­tralität geforscht, jetzt baut er in Cottbus für die bundeseigene GmbH Zukunft-Umwelt-Gesellschaft das „PtX Lab Lausitz“ auf. Mit dem Geld aus den Milliardentöpfen für den Braunkohleausstieg sollen hier die Treibstoffe der Zukunft auf den Markt gebracht werden.

Lehmann plant also etwas Ähnliches wie Atmosfair – eine Anlage für synthetische Kraftstoffe, nur deutlich größer. Er lobt den geplanten „Goldstandard für Zertifikate“: Damit nämlich könnte FairFuel auch etwa in Brasilien oder Nigeria entstehen, wie es Atmosfair plant, und von dort das Klima entlasten. „Der Atmosphäre ist es egal, wo die Treibhausgase eingespart werden.“

Nicht egal ist es aber für Atmosfair, dass auch das grünste Kerosin durch andere Schadstoffe und Wolkenbildung zum Klimawandel beiträgt. Kann man damit wirklich „sorgenfrei fliegen“?, fragen sich die Atmosfair-KlimaschützerInnen in einem internen Dokument. Ihre Antwort: „Grünes E-Kerosin ist ein wichtiger Einstieg in klimaschonendes Fliegen und kann richtig angewendet langfristig auch das klimaneutrale Fliegen bringen.“ Aber dann sagen sie, was sie schon bei ihren Kompensationsangeboten immer sagen – und was ihr eigenes Geschäftsmodell untergräbt: „So lange gilt: Weniger fliegen ist besser für das Klima.“

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39 Kommentare

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  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    "Second Meal" - Aufgewärmtes



    Warum wurde nicht als Grußbotschaft von Frau Dr. Merkel diese Rede wiederholt?



    www.bundesregierun...gela-merkel-794614



    Und es moderierte Mojib Latif. de.wikipedia.org/wiki/Mojib_Latif

  • "Ein Elektrolyseur trennt per Ökostrom Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff."

    Was soll dieses "Gepfrimmel"?

    Um Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zu trennen, wird sehr viel Strom gebraucht! Sollen etwa noch mehr Windkraftanlagen die Landschaft verschandeln und Vögel etc. erschlagen?

    Und URANUS zitiert: "...Und das womöglich auch aus Biomasse, also aus pestizid verseuchten Monokulturen. Macht ja nix, dass bereits im Vergleich zu 1982 75 Prozent weniger Insekten leben und weniger Vögel, Amphibien ".

    Es geht nicht anders als : Weniger tun, und zwar von allem! (Einzige Ausnahme: Ökologische Nahrungmittelerzeugung!)

    Und dazu passt: Deutlich mehr Jahresurlaub und wer Fernweh hat kann dann mit Fahrrad und/oder Zug sich die Welt anschauen bzw. für "Tapetenwechsel" sorgen.

    Photovoltaik ist seit den 1970er bekannt. Hätte mensch das seit dem konsequent weltweit ausgebaut, dann könnte mensch jetzt eventuell CO2 neutral fliegen ohne diese hässliche Nebenwirkungen.



    Aber Photovoltaik galt als zu "lahm", mensch wollte Kernkraft und Kohlekraft...

    Wer nicht begreift, dass "Weniger tun, und zwar von allem!" die einzige Lösung ist, wird bezüglich Zukunftsfähigkeit(!) für sich und (wohl auch) kollektiv scheitern!

    • @tsitra:

      Da sind wir offenbar einer Meinung. Eigentlich sollten diese Erkenntnisse von Allen vertreten werden, da es ja um Existenzerhaltung geht und die meisten sogar sagen würden, sie respektierten Tiere. Eigentlich müssten Alle also bereits aus Eigeninteresse Ökos sein. Leider beobachte ich, dass solche Position Ökos zugeschoben wird, anstatt sie für sich zu übernehmen, versuchen sie zu leben und sie politisch durchzusetzen. Das eigene schadhafte Verhalten wird verdrängt, relativiert und der Glauben in irgendwelche Technologien ist zu groß. Auch viele Akademiker*innen denken so (unreflektiert). Ein Mangel an Bildung, die Klima- und Tiermassensterbenproblematik und deren Ursachen zu erkennen, ist offenbar hierfür nicht unbedingt als Erklärung festzumachen. Es wird ein Lebensmodell gelebt und dieses ist eine Lüge - eine Lüge, die keine Lüge sein darf.

  • Die Technologien sind bekannt und müssen nur preiswerter durch größere Anlagen werden. Der „Doppelte“ Preis ist sicherlich sehr untertrieben. Aber sei es drum. Gesetzlich sich jährlich steigernde Beimischungsquoten sind der richtige Weg. Da spielen die Kosten zu Beginn kaum eine Rolle! Das Modell findet hoffentlich auch für Kraftstoffe im Straßenverkehr zukünftig Anwendung!

  • Der Anteil erneuerbarer Energien liegt in Deutschland in der Primärenergie bei nur 14 %. Das heißt, bisher basiert das meiste auf fossilen Energieträgern. Angesichts des geringen Anteils und der viel zu niedrigen Zubaurate von erneuerbaren Energieanlagen sollte klar sein, dass Energieverbrauch gesenkt werden muss und das betrifft In Folge auch die Anzahl der Flüge. Zudem braucht es neben Energie zur Herstellung von Syncrude Wasser. Etwa Süßwasser? Wenn dem so ist, darf dann ein weiteres Problem befürchtet werden? Dürre und Wasserknappheit hat es ja bereits zuletzt 2 Jahre hintereinander sogar hier in der (veraltet?!) als kühlgemäßigt bezeichneten Klimazone gegeben ...



    "Und es gibt Quoten: Ab 2026 muss dem deutschen Kerosin 0,5 Prozent synthetischer Kraftstoff beigefügt werden, 2030 sollen das schon 2 Prozent sein."



    Uiuiui, da hat sich die Luftfahrtbranche aber sehr viel vorgenommen! Ganze 0,5 Prozent! Und das womöglich auch aus Biomasse, also aus pestizid verseuchten Monokulturen. Macht ja nix, dass bereits im Vergleich zu 1982 75 Prozent weniger Insekten leben und weniger Vögel, Amphibien ... Es sollte einen Friedensnobelpreis für solche "Fortschritte" geben! ;-/

  • Ja warum denn nicht? Wenn es den Fluglärm beendet, soll's mir schon recht sein.

  • Wie lange wird es dauern, bis allein der CO2-Rucksack für die Errichtung der Anlagen ausgeglichen ist? Den Energieaufwand für die Infrastruktur zur Vermarktung (das gute Klimagewissen der Kundschaft) und für den Vertrieb mal außen vor gelassen. Um die Illusion vom "klimaneutralen Fliegen" aufrecht zu erhalten, genügt die Menge von 350 Tonnen sicherlich!



    Hoffentlich wurde die Anlage auf einer bereits vorher versiegelten Fläche (Industriebrache) errichtet, und nicht auf einer intakten CO2-Senke.

  • Ob der Ökostrom für den Elektrolyseur wirklich nur "von Windanlagen aus der Gegend ohne EEG-Förderung, die sonst abgeschaltet würden", kommt, und zwar auch nur zu diesen Abschaltzeiten, sollte mal genauer investigativ recherchiert werden. Andernfalls ginge der Windstrom ja für die Versorgung der normalen Stromverbraucher verloren, die stattdessen zusätzlich mit fossilen Energien beliefert würden.

    Handelt es sich etwa um WEA, die lediglich ihre Förderdauer nah EEG überschritten haben?

  • Die Technologie lässt sich anschliessend weltweit exportieren und kann sich dann schnell als Standard etablieren. Bei derzeitigem Investitionsvolumen tatsächlich bis 2035. Die USA sind für den Weltmarkt zu träge, dafür haben die Trumpjahre und Trumplobbies gesorgt. Allein China ist flexibel und innovativ genug um in diesem Wirtschaftsbereich mitzumischen. Mit dem Zusammenbruch der dt. Photovoltaikbranche ist leider die Akzeptanz für PV-Installation seinerzeit hierzulande gesunken.

  • Technische Frage:



    "Mit CO2 aus der Biogasanlage...." was ist da genau gemeint? Wo fällt in der Biogasanlage CO2 an? Oder wird das CH4 zerlegt. Dann würde aber doch der Wirkungsgrad des Gesamtprozesses sicherlich verschlechtert.....

    • @Heiner Petersen:

      Das Biogas wird ja üblicherweise verbrannt, es entsteht CO2. Einfacher wäre, man würde damit gleich künstliches Kerosin erzeugen.

      Mit CCS würde das CO2 der Biogasanlage in die Erde verfrachtet, man könnte es nicht zur Treibstoffherstellung nutzen.

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @Heiner Petersen:

      Bioenergie mit CO2-Abscheidung und -Speicherung (wikipedia)

      Mit CCS wäre das kein Problem.

      • @17900 (Profil gelöscht):

        Wenn man CSS nicht selbst als Problem sehen will, dann sicher.

    • @Heiner Petersen:

      Nur etwa 60% des Gasgemisches ist Methan. Ca. 35 % besteht es aus CO².

      • @zeroton :

        Danke!

    • @Heiner Petersen:

      Damit sind Maismonokulturen für die Biogasproduktion bzw. Energiepflanzen gemeint, die mittlerweile 15 % der Ackerflächen ausmachen.



      Zu Ende gedacht nennt sich das Artenschwund.

      • 9G
        95820 (Profil gelöscht)
        @Rudolf Fissner:

        www.bundesregierun...gela-merkel-794614



        In 2008 hieß es schon "Tank oder Teller". Jetzt siegt der Tank noch schneller.

      • @Rudolf Fissner:

        Hier nix mit zu Ende denken nötig - Prozessdenken reicht. Der Bakterien-Pups ist energetisch abgereichert, weil Restsauerstoff in der Anlage zu CO²- Bildung führt

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Wenn der letzte Trecker, der Nahrungsmittel produziert, mit grünem Treibstoff fährt, dann kann man grünes Flugbenzin herstellen. Bis dahin ist weniger besser.

  • "Ab 2026 muss dem deutschen Kerosin 0,5 Prozent synthetischer Kraftstoff beigefügt werden, 2030 sollen das schon 2 Prozent sein."

    Prima. Wenn man dann 2030 nur noch 2% der Flüge durchführt, wäre man bei den notwendigen 100% klimaneutralem Sprit. ;-)



    War da nicht was mit 1,5° Ziel?

  • Da Strom zur Produktion verwendet wird, muß realistischerweise der aktuelle Strommix zur Grundlage der CO₂-Kalkulation gemacht werden, selbst wenn zufälligerweise nur grüner Strom verwendet wird.

    Herr Pötter, wurde so kalkuliert? Es wurde mir aus diesem Artikel nicht klar. Danke im Voraus!

    • @Toto Barig:

      Steht doch im Artikel: Es wird Strom aus solchen Windanlagen verwendet die sonst wegen mangelnder EEG-Förderung abgeschaltet werden würden…

  • Siehe u.a. hierzu



    de.wikipedia.org/w...ritik_an_atmosfair

    Trickreich auch die beliebte Verwendung des Wortes "klimaneutral". Ist ja inzwischen fast alles.

    Hauptsache, es wird konsumiert, geflogen, gereist usw. Die nötige "Klimaneutralität" fürs gute Gewissen besorgen dann Organisationen wie atmosfair.

  • 0G
    06227 (Profil gelöscht)

    Erwähnenswert is natürlich, dass die Energiebilanz/der Wirkungsgrad der ganzen Geschichte mehr oder weniger Katastrophal sein wird (die gute, alte Entropie....). Da muss ein vielfaches der Energie aufgebracht werden als schließlich oben im Flugzeug nutzbar ist. Genau das gleiche gilt ja für die Wasserstoff-Technologie.



    Lobenswert natürlich dass die da erneuerbare nutzen wollen, aber allgemein sollte klar sein: wenn diese Technolgien immer mehr Energie brauchen als schließlich nutzbar, und das ganze soll wachsen, führt das zu einer unkontrollierbaren Aufwärtsspirale im Energiebedarf insgesamt. Und der Ausbau an Erneuerbaren (der ja an und für sich jede Menge Ressourcen schlingt) kommt jetzt schon nicht hinterher.

    Da hängt meines Erachtens viel an dem bequemen Zukunftsversprechen ''wir haben demnächst unendlich viel unendlich billige saubere Energie und alles wird gut'', was sich nicht wirklich in der Realität abbildet...

    • @06227 (Profil gelöscht):

      "Erwähnenswert ist natürlich, dass die Energiebilanz/der Wirkungsgrad der ganzen Geschichte mehr oder weniger Katastrophal sein wird"



      Ja. Allerdings haben E-Fuels den in grün sein wollenden Kreisen oft unschätzten Vorteil, dass sie lagerfähig sind. Und auf vorhandener Infrastruktur nicht nur gelagert, sondern auch transportiert und verwendet werden können.

    • @06227 (Profil gelöscht):

      Was ist denn Ihr Vorschlag zum klimaneutralen Fliegen, wenn nicht Wasserstoff basierte synfuels?

      • 0G
        06227 (Profil gelöscht)
        @ganzjahres Reichweite:

        naja ich halte das schon für nen vernünftigen Schritt in die richtige Richtung und nichts in meinem Kommentar impliziert irgendwie, dass ich 'gegen' derlei Technologien wäre. (sich mal so mit Aussagenlogik 101 auseindersetzen...)

        Sollte sich halt bewusst gemacht werden dass derlei Ansätze nicht zu einer Friede-Freude-Eierkuchen weltrettung bei konstantem Konsum reichen werden. Flugverkehr muss zusätzlich massiv zurückgehen. Der Billigtrip nach Malle ist kein Grunrecht.



        Wichtig die Dinge zusammen zu denken und nicht entweder/oder: stell dir vor es wird viel weniger geflogen und die Flüge die noch stattfinden sind -so gut es eben geht- 'klimaneutral'.

        • @06227 (Profil gelöscht):

          2) Ich denke, dass echte Nachhaltigkeit etwas mit der Änderung "unseres" (also die im "westlichen" Sinne industrialisierten und wohlhabenden Regionen der Welt) Lebensstils zu tun haben muss. Damit meine ich aber nicht ein "auf grün Bürsten" unseres jetzigen Lebensstils im Sinnen von E-Autos und "klimaneutralem Fliegen", sondern tatsächlich ein "weniger und langsamer" von allem. Es heißt, dass wir anfangen müssen Menschen und Dinge weniger zu bewegen. Es bedeutet Energie zu sparen und anders zu bauen. Es bedeutet aber in letzter Konsequenz aber auch etwas anderes zu "wollen". So lange Fortschritt und "ein gutes Leben" nur im technisch-materialistischen Sinne gedacht werden kann, wird leider nichts zu gewinnen sein. Das bedeutet allerdings nicht, dass es nicht Regionen der Welt geben könnte, die noch massiv an materiellem Lebensstandard gewinnen können, es bedeutet, dass wir die echte Frage stellen: Wie wollen wir leben? -- Da diese Frage aber als beantwortet gelten kann - die meisten Menschen wollen eben so leben und "glauben" deshalb auch sehr bereitwillig diese simplifizierenden Darstellungen prominenter Politiker und Intellektueller - sehe ich keine echte Chance die Nummer noch mal einzufangen... könnte es nicht doch gewinnbringend sein nochmal über die Art wie wir wirtschaften nach zu denken?

        • @06227 (Profil gelöscht):

          1) Flugverkehr muss zusätzlich massiv zurückgehen. Der Billigtrip nach Malle ist kein Grunrecht.

          Ja, das sehe ich genau so. Das Problem geht aber noch tiefer denke ich. Wenn wir wirklich ehrlich sind, steht hier nicht der Mallorca-Trip zur Debatte. Es stehen eher unser Lebensmodell, unser Fortschrittsbegriff und letzten Endes auch unser Begriff eines "guten Lebens" zur Disposition. Natürlich kann ich daneben liegen, weil ich mich technisch nicht genug auskenne, aber nach allem was ich überblicke, gibt die aktuelle Technik zwar rechnerisch in vielen Bereichen ein "klimaneutrales" Betreiben her. Die Mengen an Energie aber, die nötig sind, politische Schwierigkeiten und alleine schon die Rebound-Effekte durch vermehrten Einsatz von einfach allem eintreten werden, lassen eine "grüne Wende" einfach völlig unrealistisch anmuten (selbst wenn das CO2 Problem technisch zu meistern wäre - dann flöge der Menschheit eben ein anderer Teil der Biosphäre um die Ohren...).

          • @Ein Mensch.:

            " Der Billigtrip nach Malle ist kein Grunrecht."

            Wenn der BILLIGtrip nach Malle kein Grundrecht ist, dann doch sicherlich der Teuertripp? Ist für Sie Sie der Teuertrip weniger klimaschädlich?

            Ich befürchte, dass die Bepreisung klimaschädlichen Verhaltens in absehbarer Zeit eine noch krassere Spaltung der Gesellschaft bewirkt. Wohlhabende werden keinen Deut auf ihren Luxuskonsum verzichten. Mit Hilfe der Grünen wird es ein Greenwashing geben und Propagandabegriffe wie "ökosoziale Marktwirtschaft" wie der von Neoliberalen bevorzugte Begriff "soziale Marktwirtschaft" nur dazu dienen, Etikettenschwindel zu betreiben.

            • @Rolf B.:

              Mit der Spaltung der Gesellschaft haben sie sehr wahrscheinlich auch Recht - zynisch könnte man auch sagen der Kapitalismus würde sich mit einer echten CO2 Bepreisung tatsächlich "ehrlich" machen. Dann sähe man nämlich, dass viel von dem Lebensstandard den dieses Wirtschaftssystem hervorgebracht hat nur sehr künstlich für größere Bevölkerungsgruppen zugänglich gemacht werden konnte -- so wahnsinnig reich sind viele nämlich am Ende des Monats nicht, auch wenn sie sich heute einen -im Weltmaßstab- ausschweifenden Lebensstil "leisten" können... würden sich die wahren Kosten unseres Lebensstils wirklich in den Preisen widerspiegeln (dann sind noch keine fairen Löhne gezahlt...) - es könnten sich heute wie gestern ein paar Prozent sehr wohlhabender Menschen dieses Leben leisten. Ganz so wird es nicht kommen. Die Spaltung wird zunehmen, das denke ich auch, aber es wird ein paar Umverteilungsmechanismen brauchen und auch geben - sozusagen um die Dysfunktionalität des Ganzen zu erhalten! Grün ist daran wenig denke ich.

              • @Ein Mensch.:

                Es gäbe nur eine ernsthafte Konsequenz, um den Widerspruch Gerechtigkeit- Energiewende hinzubekommen: Ein gleiches CO²- Kontingent für jeden Menschen. Ist es verbraucht, geht es nur noch auf Sparflamme weiter. Ob es jemals umzusetzen wäre, überhaupt in welchem gesellschaftlichem Rahmen, wäre eine Aufgabe mit utopischem Beigeschmack. Ich wäre sofort dabei.

                • @zeroton :

                  Jein, würde ich sagen. Klar, als Gedankenexperiment funktioniert das - jeder Mensch hat ein Kontingent, fertig. Wenn man mal ganz grob nachdenkt wie dieses Kontingent berechnet werden könnte, sieht man die Probleme. Wenn ich mich z.B. auf den Datensatz des Erdüberlassungstags stütze, käme ich irgendwo beim Lebensstandard Indonesiens raus (die verbrauchen im Mittel etwa 1 Erde pro Jahr - Monatsdurchschnittseinkommen ~250€). Selbst wenn ich methodologische Schwierigkeiten und Effizienzgewinne durch Technologie annehme und diesen Standard "verdoppele", wäre der Lebensstandard der 2017 im Iran im Mittel gelebt wurde, für jeden Menschen drin. Wollen sie materiell leben, wie es der durchschnittliche Iraner tut? Wie will man das kontrollieren? Mit dieser "Vision" kann man doch nicht Politik machen, es gäbe nie Mehrheiten für eine solche Herangehensweise. Ich denke es ist wie bei allem in der Politik - es ist tatsächlich erst dann etwas umsetzbar, wenn die Akzeptanz bereits vorhanden ist. Und ich denke es ist in unserem derzeitigen Wirtschaftssystem, mit monetären Machtkonstellationen, Anreizmechanismen und auch der Logik unserer Lohnarbeitsgesellschaft nicht möglich diese Akzeptanz in ausreichender Größe zu schaffen. Wenn wir nicht darüber nachdenken wie wir anders leben und wirtschaften können, sind alle Initiativen zu grüner Energie etc. zwar weiterhin absolut unterstützenswert, aber wirklich in die richtige Richtung weisen sie nicht... Eine wünschenswerte Entwicklung wäre z.B., wenn ein gesellschaftliches Diskussions-Klima entstünde, in dem neue Formen des Zusammenlebens ernsthaft diskutiert werden könnten. Ein Klima, in dem nicht jeder sofort Diktatur versteht, wenn der Kapitalismus kritisiert wird, eines das unter Freiheit nicht vor allem wirtschaftliche Freiheit versteht und ein Klima in dem Fortschritt sich nicht notwendiger Weise am BIP bemessen lässt...

                  • @Ein Mensch.:

                    Klar, jeder Mensch könnte ja erst mal jeder Mensch in D bedeuten, dann dynamisch und Kopf-verträglich abwärts.

                • @zeroton :

                  *hinzubekommen*... äh aufzulösen

            • @Rolf B.:

              Nein, ich dachte das ginge auch dem was ich geschrieben habe hervor. Ich denke eher so: Wenn wir klimatisch etwas bewegen wollen, ist ein Lebensmodell, das "den schnellen Trip" nach Mallorca (das ist nur ein Symbol, es geht um den Anspruch des "alles" und des "jetzt") als "Normal" beinhaltet, einfach nicht drin. Für niemanden. Deshalb habe ich auch suggestiv gefragt ob es nicht doch sinnvoll sein könnte über neue Formen des Wirtschaftens und auch des Zusammenlebens nach zu denken...



              Das allerdings ist Träumerei - in der Realität ist es wahrscheinlich, dass es so ähnlich kommt, wie sie prognostizieren. Im Kapitalismus bedeutet Geld Macht und Geld macht nunmal gern Weltraumurlaub und lebt auch sonst gern auf großem Fuß (man kann auf der Kreuzfahrt auch eine Eisbären-Patenschaft übernehmen oder einfach tausende Bäume pflanzen lassen und sich so "grün" rechnen, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt...). Und die meisten anderen wollen das auch. Ob sie es erreichen können, ist etwas anderes, aber der "Spin" ist gesetzt! Und der Etikettenschwindel ist ein alter Hut - mittlerweile ist es ja schon fast so weit, dass alleine die Verwendung des Wortes "Kapitalismus" den betreffenden Diskutanten in den Augen anderer irgendwie "verdächtig" macht, alleine die Nennung des Wortes genügt um sich mit den mitgeführten Argumenten nicht mehr zu befassen zu müssen... es ist ein Elend!

          • @Ein Mensch.:

            "Der Billigtrip nach Malle ist kein Grunrecht."

            Die Argumentation gilt für praktisch alle Arten von Konsum. Sie eist richtig, aber hat auch eine Konsequenz:



            Entweder wir verbieten Konsum, das ist sehr unbeliebt.



            oder



            wir steuern über den Preis, das aber bedeutet eben, das es Menschen gibt die sich Konsum, also Klima schädigen, leisten können und andere die zu arm dafür sind.

            • @Paul Rabe:

              Es läuft doch jetzt schon mit der CO2 Steuer darauf hinaus, dass bestimmte Einkommens- und/oder Vermögensgruppen munter weiter so machen können mit hohem CO2 Ausstoß und andere den Gürtel enger schnallen müssen.

          • @Ein Mensch.:

            Vielen Dank, volle Zustimmung!