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Hybris des Westens in AfghanistanNull moralische Lufthoheit

Thomas Ruttig
Kommentar von Thomas Ruttig

Der Westen hat sein Recht verspielt, sich über die Taliban zu erheben. Wiedergutmachung ist angesagt, nicht erneute Großspurigkeit.

Patrouille auf den Straßen Kabuls Foto: Xinhua

D ie Taliban beherrschen wieder Afghanistan – fast 25 Jahre, nachdem sie zum ersten Mal in Kabul einzogen und knapp 20 Jahre, nachdem sie infolge der Anschläge vom 11. September von der Macht vertrieben wurden. Es gibt nur sporadischen Widerstand, dafür aber eine allumfassende Angst bei jenen Afghan:innen, die für ein demokratisches Projekt die Hoffnung in den Westen gesetzt hatten.

Die Versprechen des Westens sind von Anfang an Lippenbekenntnisse gewesen. Die Hybris des Westens was so groß, dass die Möglichkeit einer Niederlage nie einkalkuliert wurde. Jetzt wird angesichts der desaströsen, weil höchst unvollständigen Evakuierung der afghanischen „Partner“ endgültig sichtbar, wie massiv das Scheitern des Westens ist – politisch und moralisch.

Jetzt läuft die Debatte, ob man mit den Taliban reden oder besser Druck ausüben, sie gar boykottieren und sanktionieren soll. Das wird oft von der noch offenen Antwort auf die Frage abhängig gemacht, ob das neue Regime in die repressiven Praktiken der ersten Taliban-Herrschaftszeit (1996–2001) zurückfallen wird oder gewisse, ebenfalls umstrittene Anzeichen von Mäßigung sich verfestigen werden.

Die Taliban haben in den letzten 25 Jahren vieles dafür getan, dass große Skepsis herrscht: Massaker, öffentliche Hinrichtungen, die fast totale Verbannung von Frauen aus dem öffentlichen Leben; später Anschläge mit einer hohen Zahl ziviler und anderer Opfer. Das setzte sich mit weiteren Gräueltaten während ihrer militärischen Offensive fort, an deren Ende die kampflose Übernahme der Hauptstadt Kabul stand.

Die neuen Massaker

Die inzwischen in Auflösung befindliche Afghanische Menschenrechtskommission (AIHRC) sowie Human Rights Watch (HRW) dokumentierten frühzeitig Talibanmassaker an gegnerischen Kombattanten, aber auch Unbeteiligten am 14. Juli in der Grenzstadt Spin Boldak bei Kandahar und bereits Anfang Juli im Distrikt Malestan, der von Angehörigen der Minderheit der schiitischen Hasara bewohnt wird.

Ebenfalls am 14. Juli veröffentlichte CNN ein Video, das zeigt, wie Taliban im Landesnorden afghanische Kommandosoldaten erschießen, die sich ihnen ergeben hatten. Jüngst legte die Talibanführung Frauen in Arbeit – mit Ausnahme jener im Gesundheitswesen – nahe, aus „Sicherheitsgründen“ bis auf Weiteres zu Hause zu bleiben. Wenn sich das verstetigt, wäre das ein Rückfall in böse alte Zeiten.

Die Regierungen des Westens aber sind längst nicht mehr in einer Position, sich über die Taliban zu erheben. Einige der am heftigsten kritisierten brutalsten Vorgehensweisen haben sich die Taliban von ihnen abgeschaut. Das reicht von der Doppelstrategie, gleichzeitig Krieg und Friedensgesprächen zu führen bis zu gezielten Tötungen ihrer vermeintlichen Feinde, etwa von Regierungsmitarbeitern.

Es war die ehemalige Außenministerin Hillary Clinton, die die US-Strategie des „fighting and talking“ zur gleichen Zeit entwickelte. Das „decapitating“ (die Enthauptung) der Talibanführung bis auf die Distriktebene durch Drohnenschläge und nächtliche Kommandounternehmen nach dem Prinzip „kill or capture“ wurde als Aufstandsbekämpfungskonzept des US-Militärs entwickelt.

Taliban übernehmen Nato-Jargon

Auch die Bundeswehr und der BND lieferten Ziele für die euphemistisch „Gemeinsame Prio­ritätswirkungsliste“ (JPEL) genannten Zielliste der Nato-Truppen zu. Die Taliban übernahmen auch den Nato-Jargon für zivile Opfer: „Kollateralschaden“. Zudem verhinderte der Westen systematisch, dass Kriegsverbrechen früherer Kriegsphasen aufgearbeitet wurden, da die mutmaßlich Verantwortlichen zu ihren Hauptverbündeten im Kampf gegen die Taliban gehörten. Doppelte Standards verspielen Glaubwürdigkeit.

In diesem Klima fallen auch ungeprüfte Berichte auf fruchtbaren Boden, etwa ein UN-Report, der an die Medien geleakt wurde und demzufolge die Taliban „die Jagd auf alle Kollaborateure des früheren Regimes intensivieren“ und sie schlimmstenfalls „hinrichten werden“. In der Tat gibt es Anzeichen dafür, dass der Taliban-Geheimdienst nach vorbereiteten Listen potenzielle Gegner einschüchtert; in einigen Fällen berichteten Angehörige von Verhaftungen.

Die norwegische Zeitung Morgenbladet hat jetzt recherchiert, dass der Bericht von einem Ein-Mann-Institut stammt, das selbst renommiertesten Afghanistan-Forschern des Landes bisher unbekannt war und dessen Leiter sich bisher vor allem mit Umweltforschung befasste. Sie fanden seine weitreichenden Schlussfolgerungen durch die bisherige Faktenlage nicht gedeckt. UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet bestritt, dass sie den Bericht als Quelle verwendet habe.

Kriegsverbrechen zuverlässig dokumentieren

In dieselbe Kategorie gehört ein Bericht von Amnesty International vom 19. August über ein Massaker im Juli, in dem nicht erwähnt wird, dass AIHRC und HRW bereits darüber berichteten. Schon 2015 hatte die Organisation, einst Goldstandard für die Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen, auf der Grundlage vermeintlicher Augenzeugenberichte behauptet, die Taliban hätten bei der Eroberung der Stadt Kundus im dortigen Wohnheim Studentinnen vergewaltigt, was sich später als komplett falsch erwies. Will man die Taliban zur Rechenschaft für Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen ziehen, müssen sie zuverlässig dokumentiert sein.

Im deutschen Fall entsteht der Eindruck, als ob die Bundesminister, die die Verantwortung für die letzte Episode des deutschen Anteils am Afghanistan-Desaster tragen, jetzt besonders forsch mit wohlfeilen Sanktionen, etwa dem Einfrieren von Entwicklungsgeldern, ihr eigenes Versagen zu kaschieren versuchen. Stattdessen sollten sie Kanäle zu den Taliban offen halten, um selbst kleinste Verbesserungen für die Millionen Menschen herauszuholen, die sie in Afghanistan zurücklassen. Wiedergutmachung ist angesagt, nicht erneute Großspurigkeit.

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Thomas Ruttig
Autor:in
Mitbegründer des unabhängigen Think Tanks Afghanistan Analysts Network Kabul/Berlin (https://www.afghanistan-analysts.org/en/). Abschluss als Diplom-Afghanist, Humboldt-Univ. Berlin 1985. Erster Afghanistan-Aufenthalt 1983/84, lebte und arbeitete seither insgesamt mehr als 13 Jahre dort, u.a. als Mitarbeiter der DDR-, der deutschen Botschaft, der UNO und als stellv. EU-Sondergesandter. Seit 2006 freischaffend. Bloggt auf: https://thruttig.wordpress.com zu Afghanistan und Asylfragen. Dort auch oft längere Fassungen der taz-Beiträge.
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33 Kommentare

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  • Aus einem anderen Artikel der taz:

    "„Wenn ihr garantiert, dass sie keine Teppiche knüpft, sondern stattdessen zur Schule geht, schicke ich euch monatlich hundert Euro.“ Die Eltern willigten ein, drei Jahre lang durfte Sharara lernen, weil Dostan das Geld schickte. Dann detonierte am 8. Mai dieses Jahres eine Bombe in der Schule. Sharara und etwa 30 andere Mädchen starben."

    ....das ist nur eines von vielen Beispielen, warum es keineswegs falsch ist, sich "über die Taliban zu erheben". Der "Westen" hat vielleicht viel falsch gemacht, aber bewusst Schulkinder zu ermorden, Bomben auf Marktplätzen zu zünden usw. - das gehört nicht ansatzweise zum Repertoire.

  • Neben dem, was Rolf B in seinem Kommentar durchgegeben hat - was alleine schon reicht:

    Hat eigentlich irgendjemand die Menschen in Afghanistan mal gefragt, ob sie die "Westlichen Werte" gebracht haben wollen?

    Nein? Warum nicht? Wäre doch der zivilisierte Ablauf unter Nationen, auf Augenhöhe.

    Und mit "Westliche Werte" meine ich jetzt nicht Drohnen, Bomben und brutale Besatzung, Kooperation mit korrupten Warlords, Installation von Marionettenregierungen, Vertuschen und Null Aufarbeitung der eigenen Kriegsverbrechen während der Besatzung und Belügen der Menschen im Westen, was Zweck und Stand der Mission betrifft. Und auch nicht, dass die Vorläufer der Taliban vom Westen in den 70ern in Afghanistan erst aufgebaut wurden.

    Der Westen/die NATO marschiert also einfach in ein Land ein (nach Instrumentalisierung der UNO, wieder mal), das keinen Krieg erklärt hat, nichts mit dem angeblichen Invasionsgrund zu tun hatte, außer dass sich dort eine zeitlang Terroristen aufhielten, die nicht ausgeliefert wurden. Und das rechtfertigt Invasion und 20 Jahre Besatzung? Erinnert an den Umgang mit Assange. Wer wagt, sich dem US-Imperium entgegenzustellen, wird vernichtet, in Zeitlupe, so dass sich die ganze Welt die Botschaft merkt. Ein Racheakt, pure Machtdemonstration. Dass hier das Exempel an der gesamten Bevölkerung Afghanistans statuiert wurde, who cares im Westen).

    Völlig überraschend kommt nun raus, dass der unnötige westliche Werteexport keiner war. Afghanistan war gut entwickelt, bis sich der Westen in den 70ern wieder reinhängte. Der korrupte letzte Chef der Marionettenregierung verkrümelt sich mit einem Hubschrauber voll Geld außer Landes. Die Armee, vom Westen jahrelang ausgebildet, führt den Kampf gegen 60K Talibans erst gar nicht.

    Jedenfalls kann der Westen jetzt befreit von dieser Bürde gen China weiterziehen und den Menschen dort die westlichen Werte reinballern. Die Vorbereitungen laufen. Wie wärs, Grüne, mit 2% BIP fürs Klima statt fürs Kriegspielen im Ausland?

    • @uvw:

      auch @T. Ruttig



      Die Voraussetzung eines moralischen oder Werteüberlegenheitsstandpunktes wird hier extrem überhöht und mit Hilfe der Häme karikiert.



      Als wenn es nicht auch positive Aspekte der zugegeben misslungenen Afghanistanbesetzung gibt.



      Ist Ihnen diese Ambiguität zu anstrengend?



      Für mich ist das



      das Kind mit dem Bade ausschütten.



      Die Gelegenheit, mal wieder alles abzufeuern, was man gegen falsche westliche Außenpolitik vorbringen kann.



      Was meinen Sie, wie die Mehrheit der Afghanen*innen sich entscheiden würden, wenn diese die Wahl hätten zwischen einer Besatzung durch den Westen oder regiert zu werden von den Taliban einschließlich der kommenden Konflikte mit IS und Al Qaida?



      Im Übrigen widerlegt der Ausgang des Krieges (wie auch in Syrien, Ostukraine etc...) die blauäugige Auffassung, dass Konflikte nicht militärisch gelöst werden können. Sie werden sogar (leider) regelmäßig militärisch gelöst, wenn eine kritische Problemmasse erreicht ist. Durch den Stärkeren. Zumindest so lange wir noch nicht in einer idealen Welt leben.



      Das haben die Grünen erfreulicherweise auch gelernt.

  • Die ganze Sache ist Desaster und schlimmer als Vietnam. Dass unsere unfähige Führung den Taliban 40.000 unserer Helfer überlassen hat werden die Taliban ausnutzen und uns zu damit erpressen.

  • Die US-Amerikaner welche eben den Hass auf die "Russen" geschürt haben, haben eben auch den Hass auf den Westen mit unbeabsichtigt geschürt. Der Westen hat durch Unterstützung der Mudschahedin das geschaffen was später zu den Taliban wurde.

  • Mal davon abgesehen, dass einige Parallelen nopch keine identische moralische Position machen (dei Kritik an den Taliban konzentriert sich ja hauptsächlich auf Dinge, die die Allierten NICHT machen würden):

    Wer legt eigentlich so einen wahnsinnigen Wert auf die moralische Lufthoheit?

    Es geht um die Frage unter welchen Umständen unser Land und andere mit den Taliban über die Zukunft reden und sie und die gebeutelte Bevälkerung Afghanistans dabei unterstützen können, ganz simple, moralisch unbedenkliche Probleme des Überlebens zu lösen. Dafür sollten wir uns lang machen, aber einfach nur die Erweitung des Leides zu unterstützen, kann keine Option sein.

    Moral ist nicht, was man an eingebildeter Besserwisserkompetenz reklamieren kann. Moral ist, wie man handelt - und zwar primär jetzt und hier.

  • Die Taliban erschrecken wohl deshalb den Westen so sehr, weil sie ihm so verblüffend ähnlich sind.

  • Soviel ich weiß, waren die Attentäter von vom 11.9. Saudis und keine Afghanen. Und soviel ich weiß, haben Afghanen zumindest bis zur Okkupation durch US bzw. Natotruppen keine Terroranschläge im Ausland verübt.



    Afghanistan war nicht mehr als ein "Truppenübungsplatz" der Natotruppen und -was die USA betrifft- auch ein Rachefeldzug für 11.9.. Also Krieg gegen das afghanische Volk.



    Ich stimme dem außenpolitischen Experten der damaligen Brandt-Regierung, Egon Bahr, ausdrücklich zu, dass man dem Unsinn nicht Glauben schenken darf, dass Militärinterventionen einem guten Zweck dienen würden.



    Die damalige rotgrüne Regierung hat Deutschland wieder zu einem Land gemacht, dass unbedingt zu kriegführenden Nationen gehören soll. Auch dann, wenn es völkerrechtswidrige Kriege sind. Dieser wieder erwachte Anspruch, fähig zu sein, Interessen militärisch durchzusetzen, hat leider dazu geführt, dass Deutschland zum außenpolitisch diplomatischen Zwerg geworden is. Bestens verkörpert durch Maas und A.K.K., beide sind geistige Zwerge. Und keine Besserung ist in Sicht, da auch den Grünen nichts Besseres einfällt als Rüstungsausgaben erhöhen zu wollen.



    Auch auf Kosten des Klimas.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Rolf B.:

      1 Ägypter, 1 Libanese, 2 aus den Emiraten, 15 aus Saudi-Arabien.

      Afghanistan war Rückzugsort für Terroristen die Usbekistan, Turkmenistan, Tajikistan sowie Russland angriffen, auch aus Xinjiang gab es hier Leute die in Afghanistan trainiert haben. Außerdem kollaborierten Teile der Taliban mit Schmugglern aus Balochistan und halfen denen gegen die iranische Armee und Polizei. Wo dann da im Einzelnen Afghanen beteiligt waren ist schwer auszumachen, aber Afghanistan war eine operative Basis des Terrorismus.

      Kriege gegen das afghanische Volk war unter den Taliban auch 24/7 365 Tage im Jahr, gibt da im Internet ne Menge Infos dazu wie die gewütet haben.

      Die meisten Militärinterventionen dienen keinem guten Zweck, das stimmt schon aber der einzige Weg eine Militärintervention zu beenden ist eine andere Militärintervention, die Taliban sind eine Militärintervention Pakistans die mit Gewalt ihr Weltbild Afghanistan aufgezwungen haben. Man muss Afghanistan unter Zahir Shah oder Daoud Khan nur mit heute vergleichen um zu sehen wieviel Schaden da Pakistan und Saudi-Arabien angerichtet haben.

      Es war ein völkerrechtswidriger Krieg im Kosovo und der hat den Krieg dort beendet, ist also durch Erfolg legitimiert.

      Deutschland wurde in den letzten 22 Jahren nicht nur diplomatisch ein Zwerg sondern auch militärisch, die Armee ist heute kaum einsatzbereit es mangelt an Ausrüstung und Soldaten.

      Die Probleme die sie hier beschreiben sind kein Ausdruck einer Militarisierung der Außenpolitik (die ist spätestens seit dem Libyenkrieg Rückläufig wenn es sie je gab) sonder eine Verzwergung jeder Außenpolitik außerhalb der Wirtschaftspolitik sei es Diplomatie, Geheimdienste oder Militär.

      • @83379 (Profil gelöscht):

        "...die Taliban sind eine Militärintervention Pakistans..."

        Was für ein Nonsens.

        • 8G
          83379 (Profil gelöscht)
          @warum_denkt_keiner_nach?:

          Pakistan hat die Taliban groß gemacht, es hat nicht die Kontrolle die Iran über Hezbollah hat, aber es toleriert Nachschubbasen der Taliban in Pakistan, außerdem unterstützt der ISI die Taliban regelmäßig und es fließen viele Gelder und Kämpfer aus Pakistan zu den Taliban. Ohne Pakistan hätten die Taliban Afghanistan nicht erobert.

          Pakistan will strategische Tiefe für den Fall einer indischen Invasion und außerdem einen Ort an dem es die Islamisten für seine Terrorkampagnen gegen Indien ausbilden kann, kann man alles nachlesen Ahmed Rashid, der beste Kenner der Region beschreibt das schön in seinen Büchern.

  • Dem Autor sei die 220-Minuten-Doku "Afghanistan, Das verwundete Land" 1 bis 4 auf ARTE empfohlen.

    Filmmaterial der letzten 60 Jahre, russischer Invasion und die Jagd westl. Mächte nach dem Terroristen Osama Bin Laden, ein Aufenthalt, der über 20 Jahre ging und sicherlich planlos war.

    Dennoch für viele Bewohner Afghanistans, so Berichte von älteren Zeitzeug*innen, die beste Zeit seit Mitte des vorigen Jahrhunderts.

    Symbolisch für die Taliban ist wohl eher das Bomben-Attentat auf eine Mädchenschule mit 60 toten Kindern.

    Tatsächlich sind die Taliban hier schon "humaner" geworden. In der Vergangenheit war es beliebter Mädchenschulen anzuzünden und die Türen von außen zu verriegeln.

    So geht Taliban. Abgesehen davon, dass die Hälfte des Landes, die Frauen, nicht als vollwertige Menschen behandelt werden. Details. sparen wir uns hier besser.

    Nun, den Taliban Entwicklungsgelder zahlen? Extrem fragwürdig, dass die bei der hungernden Bevölkerung ankommen.

    Die Taliban sind der größte Albtraum für Afghanistan.

    Dem Autor empfehle ich aus Der Freitag "Das Ende der Besatzung"

    www.freitag.de/aut...de-der-besatzung-1

    und aus der taz

    "Nicht alles war umsonst"



    taz.de/Afghanistan...-Westens/!5794791/

  • Es dürfte sehr wahrscheinlich sein, dass die USA - genau wie im Irak - keinerlei Plan, keinerlei Strategie hatte, was nach dem militärischen Sieg passieren sollte. Das Ganze verlief offenbar nach dem alten Politikprinzip der USA "Der Feind meines Feindes ist mein Freund". Und so verbündete man sich mit korrupten Familienclans und Warlords. Alles in allem eine peinliche Zurschaustellung von Dilettantismus und Unfähigkeit.

    • @Kaboom:

      Das nächste mal werden sie als Chefstratege aktiv, dann wird garantiert alles super.

    • @Kaboom:

      Das strategische Ziel von USA und NATO war die Beendigung der offenen Duldung von Al Quaeda-Aktivitäten in Afghanistan. Der Feind waren daher die Taliban in ihrer damaligen Machtfülle, die diese Duldung ermöglichte. Diese begrenzte Mission wurde - Stand jetzt sogar nachhaltig - erfüllt.

      Danach aber: Wie plant man das Unmögliche? Afghanistan zu befrieden und zu demokratisieren, ohne dass die Afghanen - insbesondere die Lenker ihrer Stammes-Machtstrukturen - das wirklich wollen, durfte man wohl schon damals als Illusion betrachten. Dass die Allierten es dennoch zumindest versucht haben, zu helfen und die Afghanen zu überzeugen, sollte man ihnen nicht per se als "Versagen" auslegen.

      Die Situation war, wie sie war. Das Bestmögliche daraus machen zu wollen, ist genausowenig dilettantisch, wie eine objektive Unfähigkewit, ein idealisiertes Ziel zu erreichen, vorwerfbar ist.

      Also: Geht es vielen Afghannen heute besser, als es ihnen ohne die westliche Intervention ginge. Antwort: Wahrscheinlich, aber nicht sicher. Geht es ihnen besser, als es ihnen gehen würde, wenn die USA und ihre Vebündeten nur ihre Sicherheitsbedürfnisse befriedigt und das Land entsprechend zerbombt hätten, OHNE sich um das Land zu kümmern? Antwort: sicher ja.

  • Das war klar, dass diese kulturrelativistische Moralisierung kommt.



    Die Taliban sind aus afghanischer Sicht eine Minderheit von 60.000 Kämpfern und werden von allen als Terroristen bezeichnet. es gibt keinen Grund sie nicht zu besiegen und zu entwaffnen.



    Das wurde nicht konsequent genug angestrebt.



    70% der Toten der letzten 20 Jahre gegen durch Bomben auf ihr Konto.



    Der Westen kann für die Ideologie aus Deoband rein gar nichts dafür.



    Die Soldaten standen überwiegend Wache und hatten kein Mittel gegen Selbstmordattentäter.



    Alles lebt in Angst und dadurch sind fremde Truppen im Nachteil.



    Schauen Sie sich auch die aktuellen Analysen auf jungle.world an.



    Die Petersberger Konferenz hatte die richtige Weichenstellung und Ahmad Shah Masoud war zurecht ein Nationalheld.



    Wer die Entgegensetzung Der Westen oder die Taliban mitmacht, betreibt das Rhetorikspiel der Antimodernen.

  • @FLY: Artikel tatsächlich gelesen?

  • Bei allen offensichtlichen Fehlern des Westens, bei allem Scheitern der Afghanistan Mission und bei aller -absolut berechtigter- Kritik an Interventionskriegen, Drohnenangriffen und sogenannten "Kollateralschäden".

    Keine moralische Differenzierung zu -defacto- Faschisten mehr zu machen, die nicht nur unerbittlich gegen feindliche Kämpfer vorgehen, sondern gegen Alles und Jeden, was nicht ihrem Steinzeit Weltbild entspricht, halte ich für unangemessen.

    Wer Bildung, Kunst, Musik verbietet, mit der Scharia richtet, wer Frauen aus dem öffentlichen Leben wegradiert, wer Terroranschläge und Massaker an Zivilisten begeht kann nicht als Verhandlungspartner auf Augenhöhe betrachtet werden.

    Hilfe und Unterstützung der Zivilbevölkerung, vor allem der Ortskräfte und ihrer Angehörigen, sowie politisch Verfolgten ist Verpflichtung des Westen.

    Aber nicht aus Wiedergutmachung oder aus Respekt vor -vermintlich gemäßtigten- Taliban, sondern aus der Verpflichtung gegenüber den eigenen Werten.

    • @Deep South:

      Ich frag mich bei solchen Meinungen immer, wo diese Kommentatoren denn die letzten Jahrzehnte hingeguckt haben. Wo ist denn Ihr Kommentar zu Saudi-Arabien? Und seinem Knochensägenprinz? Oder den Ländern, in denen auch die Scharia gilt? Wo ist denn da die "Verpflichtung gegenüber den eigenen Werten" geblieben?

      • @Yossarian:

        Und ich frag mich, wieso du dir ein Urteil über ein Thema bildest, ohne jemals eine Meinung von mir dazu gehört zu haben. Du hast mit Sicherheit noch nie einen Kommentar von mir zu den Herrscher der Saudis gelesen oder zu anderen Islamisten. Und schon mal gar keinen wohlwollenden.

        Für mich ist auch nicht jeder Verbündete des Westens ein Freund oder anderes Unrecht unbedeutend, nur weil ich Steinzeitislamisten wie die Taliban als das bezeichne, was sie sind. Wie kommst du auf den schrägen Trichter?

        Und wenn ich von Verpflichtung gegenüber den eigenen Werten spreche und gleichzeitig den Militäreinsatz kritisiere, hab ich eigentlich klar gemacht, dass ich nichts davon halte, Werte mit kriegerischen Mitteln zu exportieren.

        Hoffe, das war jetzt klar.

  • Die richtige Antwort auf diesen Kommentar ist hier

    taz.de/Plaedoyer-z...stkritik/!5794056/

    Alle anderen „Schuldzuweisungen“ sind nachrangig

  • Da haben sich die Amerikaner unerschrockene Krieger herangezüchtet und sind jetzt überrascht? Lasst die Afghanen in Ruhe, vielleicht können sie sich auch alleine einigen.

    • @Kappert Joachim:

      Hallo,



      es ist aber nicht so, dass die Afghanen "in Ruhe gelassen" werden. Der Nachbar Pakistan mischt - insbesondere bei der Unterstützung der Taliban, sowohl was Rückzugsgebiet, als auch militärische Ausstattung angeht, gehörig mit. Wo kommen denn die ganzen Kämpfer plötzlich her? Wenn Sie die Jahre über etwas aufmerksam gewesen wären, hätten Sie die Berichte über die Koranschulen und Ausbildungslager in Pakistan nicht übersehen und überhören können. Wo sonst noch Geld und Waffen herkamen - namentlich aus dem Mittleren Osten, den arabischen Staaten, das lässt sich nicht sicher nachvollziehen.



      Was meinen Sie mit "herangezüchtet"? Dass die US-Amerikaner vor Jahrzehnten die Gruppen von Afghanen, die sich gegen die Russen gewandt haben, unterstützten? Das sind nicht die, die immer wieder die afghanische Bevölkerung terrorisieren. Dass aus den USA Abnehmer für die Opiumproduzenten kommen? Auch in den USA kämpft man gegen kriminelle Banden! Die Tötung von Taliban-Führern, die ganze Dörfer, die sich gegen sie gestellt hatten ausradieren ließen?

  • Das Wort "Wiedergutmachung" taucht in der Überschrift und im letzten Satz aus. Aber was soll jetzt wieder gut gemacht werden? Das Desaster? Welches? Das man sich schneller zurückzog, als angedacht? Selbst wenn man das akzeptiert, besteht keine Gesamtschuld für Afghanistan.

    • RS
      Ria Sauter
      @fly:

      Das sehe ich auch so.

  • Also bei allen Defiziten, die "moralische Lufthoheit" (wenn es so etwas gibt) im Vergleich mit den Taliban sehe ich immer noch gegeben.

    Ich erinnere hier einfach mal an den Vorfall mit dem Tanklaster, bei dem die BW ja maßgeblich involviert war, wenngleich die Ausführung bei den Amerikanern lag. Wenn die Taliban irgendwann einmal eine ihrer Gräueltaten genauso öffentlich und selbstkritisch aufarbeiten wie Deutschland diesen Vorfall, dann und erst dann sind sie moralisch auf Augenhöhe. Im Moment denken sie noch nicht mal in derartigen Kategorien - nicht einmal ansatzweise, sondern sind in ihrer Scharia-Denkweise gefangen.

    Selbst innerhalb der westlichen Koalition könnte man mehr differenzieren. Es ist nicht "der Westen", der gezielte Tötungen und "decapitating" in Kommandoaktionen als angeblich legitimes Mittel anerkennt und praktiziert, sondern die Amerikaner.

    • @Winnetaz:

      "Wenn die Taliban irgendwann einmal eine ihrer Gräueltaten genauso öffentlich und selbstkritisch aufarbeiten wie Deutschland diesen Vorfall, dann und erst dann sind sie moralisch auf Augenhöhe."

      Der Verantwortliche wurde befördert!

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Allerdings bestand auch nie die Gefahr, dass die Bundeswehr einen Tanklaster in ein Dorf fährt und dort sprengt, um die Bevölkerung einzuschüchtern und viele zu töten. Diese Gefahr bestand bei den Taliban immer, sie haben nicht auf Zivilisten Rücksicht genommen, im Gegenteil.

        • @Dr. McSchreck:

          Nein Bundeswehr hat sich einen Laster klauen lassen und diesen dann in die Luft jagen lassen, als er nachweislich von Zivilisten umringt war. Für die Toten ist das kein Unterschied.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            das stimmt nicht. Überwiegend war er von Taliban umringt, ob es überhaupt Zivilisten im Umfeld gab, ist durchaus umstritten.

            www.tagesschau.de/...ff-kundus-101.html

            Unabhängig davon. Die Bundeswehr, der der Tankwagen geklaut wurde, hat diesen und andere eben nie als "rollende Bombe" eingesetzt. Und es gab begründeten Anlass zu fürchten, dass die Taliban es anders machen würden. Für mich ist das ein sehr großer Unterschied.

  • Schönreden von Massenmörderbanden ohne Überblick und Sinn für Verhältnismäßigkeiten. Nur weil westliche Politiker Fehler gemacht haben, müssen jetzt nicht massenmordende Feinde der Rechte von Frauen-, Homosexuellen- und Andersdenken, die Demokratie und Menschenrechte bekämpfen, bejubelt werden.

    • @dudeldudel:

      Danke! Ich war beim Lesen des Artikels fassungslos über die Ignoranz des Autors. Ist zwar nicht ganz wie Gleichsetzen Kaugummidieb mit Mörder, dennoch gleich bescheuert.