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Ungleichheit im BildungssystemIllusion Chancengleichheit

Gastkommentar von Laura Regina Beische

Der Begriff Klassismus findet zu wenig Beachtung. Veränderung setzt das Sichtbarmachen von Diskriminierung voraus.

Im Hörsaal starten nicht alle mit den gleichen Ausgangsvoraussetzungen Foto: Sarbach/ap

004: Ich sitze mit meiner Freundin in einem Park neben der Gesamtschule. Wieder einmal unterrichtsfrei. Ich befinde mich im zweiten Halbjahr der 8. Klasse und kenne Physik, Biologie und Geschichte nur aus Dokumentationen aus dem Fernsehen. Es herrscht Leh­rer*in­nen­mangel. Es werden kaum Klassenarbeiten geschrieben. Wo kein Wissen vermittelt wird, kann auch keines geprüft werden. Wir werden hauptsächlich stillgehalten.

Trotz dieser Bedingungen war es Glück, dass ich hier war. Ich konnte in der Grundschule der Schulempfehlung für eine Sonderschule knapp entkommen. Mit viel Hoffnung begann mein Weg auf der Gesamtschule. Am Ende der Schulzeit hatte ich immerhin gelernt, wie Hartz-IV-Anträge ausgefüllt werden, und von der Hoffnung war kaum noch etwas zu spüren.

Laura Regina Beische

ist 1990 im Ruhrgebiet geboren und begann 2014 nach einer Ausbildung zur Friseurin ein Studium der Biologie. Heute arbeitet sie im Zoologischen Institut Köln und ist aktiv im antiklassistischen Referat fakE sowie in den Vereinen zum Abbau von Bildungsbarrieren und Kölner Erwerbslose in Aktion (KEAs).

2014: Über den zweiten Bildungsweg bekomme ich doch noch die Qualifikation, ein Studium der Biologie zu beginnen. Schnell wird klar, dass der Unterschied zu der Schulbildung der anderen Kom­mi­li­to­n*in­nen größer ist, als ich vorher dachte. Die Folge ist wieder Frust. Während ich in der Vergangenheit den Frust immer teilen konnte, bin ich diesmal damit allein.

2019 stoße ich auf den Begriff Klassismus. Nun kann ich das, was ich erlebt und beobachtet habe, greifen. Klassismus, die Diskriminierung aufgrund der Klassenherkunft oder der Klassenzugehörigkeit. Nur wenigen ist dies an der Universität bewusst, obgleich viele ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Deshalb gründete ich mit anderen Studierenden ein Referat für antiklassistisches Empowerment an der Universität zu Köln (fakE).

Es ist wichtig, eine reale Ungleichheit im Bildungssystem sichtbar zu machen und zu skandalisieren. Gleichzeitig wollen wir betroffenen Personen den Zugang zu Bildung ermöglichen. Uns geht es nicht darum, Betroffene mit Hochschulabschluss als Erfolgsgeschichten vorzuführen, denn weder leben wir in einem System, wo Chancengleichheit existiert, noch bedeutet heute ein Hochschulabschluss automatisch materielle Sicherheit.

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29 Kommentare

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  • Die Kommentare unter diesem Artikel gehen einfach gar nicht!

    Entweder wird Gehässigkeit geäußert in Form von "Toll, dass die Autorin es auch gecheckt hat, hinter welchem Mond lebt die denn?" und "dünnes Gelaber" - hallo?

    Es ist ein verdammt wichtiger Beitrag, denn nein, es wird nicht durchgängig und ununterbrochen von KLASSE gesprochen, sondern überwiegend von von Milieus und Schichten,



    Ich verstehe die Hatecomments nicht. Ja, mag sein, dass hinter dem Thema Klassismus mehr steht als es hier im Artikel steht, gut. Aber vielleicht fangt ihr mal an einen Artikel zu lesen, der nicht aus der Perspektive geschrieben ist, wie ihr ihn gern hättet, sondern lasst euch auf Erzählungen ein, die abseits von eurer Bubble liegen.

    Schön, dass sich hier klassistische Kommentare und vermutlich linkes, abgehobenes Spektrum treffen, die sich ja so gut mit dem Thema auskennen.



    Danke nicht für euren Input und Sinnstiftung. Lasst euren Hate doch einfach mal stecken. Das nervt mich echt so an. Wenn euch ein Artikel nicht informativ befriedigt und nicht die nächste Erkenntnis bringt, dann bitte verschont interessierte Leser*innen mit eurer Arroganz ganz genau zu wissen was abgeht und wie es zu ändern geht. Bitte, danke, tschau.

    @ Reiner Wadel



    @ Anna Schneider



    @ Normalo



    @ Brobdignag



    @ Ingo Bernable



    @ Dima



    @ Rolf B.

  • Eltern, die ihren Kindern vorlesen, mit ihnen diskutieren, sprechen, etwas unternehmen usw. kann man nicht kaufen.

    Viele Kinder haben bereits vor Schulbeginn einen so geringen Wortschatz, dass der Unterschied zu Kindern mit großem Wortschatz oft Jahre ausmacht und es schwierig wird das über das ganze Schulleben wieder einzuholen.

    Der Artikel ist mir bzgl. der persönlichen Problembeschreibung zu mager. Zu wenig werden äußere Umstände beschrieben. Zu plötzlich taucht gottgleich der Begriff Klassismus auf ...

  • "Deshalb gründete ich mit anderen Studierenden ein Referat für antiklassistisches Empowerment an der Universität zu Köln (fakE)."



    Ganz große Nummer, das Referat "fakE" zu nennen.



    Die Frau hat Humor!

  • Andreas Kemper , Autor*in ,

    Bitte nehmt doch die Bildungsstudien zur Kenntnis, wenn euch eigene Erfahrungen von Klassismus fehlen. Oder zumindest Wikipedia. Ich habe mir dort die Finger wund geschrieben, damit die empirisch sehr gut erhobene und dokumentierte Diskriminierung endlich bekannt wird.

  • Seit 100 Jahren wird über "Klasse" diskutiert und der Autorin fällt es 2019 auf. Daraus kann man jetzt durchaus auch Rückschlüsse auf die Autorin ziehen.

    • @Anna Schneider:

      Genauer: Seit 170 Jahren!

      • @Reiner Wadel:

        Danke :)

  • In der DDR wurde das Problem sehr elegant gelöst: nur Arbeiterkinder durften studieren, oder man musste Mitglied in der FDJ sein - wie Angela Merkel zum Beispiel.

    • @Winnetaz:

      Besonders "elegant" finde ich das nicht. Oder wollen Sie, dass in Zukunft nur noch Mitglieder der Jungen Union studieren dürfen?

  • Man mag von der Diskussion um Klassismus halten, was man will, aber ich kann im Beispiel des Artikels keinen finden. Wenn das Bildungssystem nach Begabung und Leistungsfähigkeit ausliest, ist das kein Klassismus, solange nicht auch der soziale Hintergrund eine Rolle spielt. Von dem spricht die Autorin gerade nicht.

    Ein Beispiel für echten Klassismus im Bildungssystem: In den USA wurde lange Zeit im verbalen Teil des zentralen Tests für die Uni-Eignung, des SAT, sehr viel Wert auf die Beherrschung eines (ab)gehobenen, mit vielsilbigen Latinismen gespickten Wortschatzes gelegt. Die abgefragten Bildungsbürger-Vokabeln galten und gelten nicht mal als Bestandteil eines "guten" Schriftenglisch und führen bei readability-Beurteilungen von Texten regelmäßig zu Abzügen. ABER wer aus einem bildungsnahen Haushalt kam, wo so hochgestochen geredet wurde, der hatte es deutlich leichter zu punkten. (Der heutige Test geht anders vor - soweit ich beurteilen kann, egalitärer).

    Dass andererseits hierzulande die Ausbildung leistungsbasiert diskriminiert, ist aus meiner Sicht per se kein Fall von Klassismus. Die Frage ist halt, ob per se jeder Mensch für jede Ausbildung (bzw. die mit ihr auszuübenden Berufe) so geeignet ist, dass die Gesellschaft ihm auf Teufel komm raus darin ein befriedigendes Plätzchen zu schaffen hat. Natürlich ist es frustrierend für Manche, wenn die Uni nur sehr begrenzt auf die teils gravierenden Unterschiede eingeht, die die einheitlich klingende Hürde "Hochschulreife" verdeckt. Aber das Anspruchsniveau auf den kleinsten vertretenen Nenner herunterzuschrauben, ist für die, die viel mehr könnten, nicht weniger frustrierend.

    Man kann es nicht Allen Recht machen. Und dass man es daraufhin eher den besser Geeigneten Recht macht, ist mehr Staatsräson als Diskriminierung.

  • "Der Begriff Klassismus findet zu wenig Beachtung."



    DER Witz war gut. Ich lese in den letzten Monaten nichts anderes mehr in den Feuilletons als das Wort "Klassismus".

  • "Es ist wichtig, eine reale Ungleichheit im Bildungssystem sichtbar zu machen und zu skandalisieren."



    Die Bildung wird zu einem guten Teil durch das Elternhaus und Freunde vermittelt und zum anderen Teil durch die Schule.



    Am Elternanteil kann der Staat und die Gesellschaft nichts ändern. Wenn in einer Familie Schweigen herrscht und Sprache nur über das Fernsehen rüberkommt, dann schafft das ein Defizit im Intellekt Heranwachsender, welcher nur teilweise schulisch kompensiert werden kann. So jemand wird das fast immer als ein Minus auf seinem Wissenskonto haben und Ungleichheit erfahren.



    Die schulische Erziehung jedoch ist eine andere Sache. Lehrermangel ist eine Folge des staatlichen Versagens. Ich verstehe es einfach nicht wie unsere Verantwortlichen damit umgehen. Die Heranwachsenden sind die nächsten Stützbalken unserer Gesellschaft und müssen eines Tages die jetzigen ersetzen wenn diese alt und morsch geworden sind. Ein jeder der schon mal einen Cremona Plan berechnet hat, weiß um die Funktion dieser Stützbalken und dass die zu tragende Last von deren Stärke abhängt. Jedenfalls gehört Bildung ebenfalls zur Infrastruktur einer Gesellschaft und ist wichtiger als der politische Schutz von Boni's und Renditen einer parasitären Oberschicht.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    " Schnell wird klar, dass der Unterschied zu der Schulbildung der anderen Kom­mi­li­to­n*in­nen größer ist, als ich vorher dachte. "

    Das kann man so nicht verallgemeinern. Ich habe Studies erlebt mit regulärem Abi, die eigentlich an der Uni nichts zu suchen hatten.



    Die 2.Bildungsweg-Absolventen haben i.d.R. eine viel stärkere Motivation.



    Es kommt auch auf das Studienfach an.



    Das mit dem Klassismus wäre zu beweisen. Wenn ich Sohn oder Tochter eines Professors (Naturwissenschaft) wäre, hätte ich bereits vor dem Studium natürlich schon eine ganze Menge mitbekommen. Manche fühlen sich im Beruf Sohn allerdings schon ganz wohl.



    Haut rein und vergesst nicht, Sprachen zu lernen! Fließend Englisch ist absolut notwendig. Französisch, Italienisch, Spanisch - eine Sprache solltet ihr zusätzlich können. WICHTIG!!!



    Das kann man auch bei einem halb-ganzjährigen Aufenthalt im Ausland lernen. Jobben in Australien?



    Es spielt keine Rolle, ob ihr euer Diplom mit 28 oder 32 bekommt.



    Der möglichst frühe Abschluss ist angelsächsischer Quatsch.

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Das ist doch eine individuelle Entscheidung. Natürlich macht es für viele Sinn, lieber früher abzuschließen, als die 3. Fremdsprache zu lernen. Ich habe in einem internationalen Großkonzern ca. 60% Deutsch (Standort ist in Deutschland), 40% Englisch und 0% andere Sprachen, obwohl ich Französich und Spanisch kann.

  • Schulbildung unterscheidet sich bereits sehr erheblich nach Bundesland. Wer jemals mit einem Grundschüler z.B. von Hessen nach Bayern umgesiedelt ist wird wissen, wovon ich rede.



    Insofern ist der hier beklagte "Klassismus" (grauenhafte Wortschöpfung übrigens) höchstens Teil des Problems. Dass Kinder aus sog. "bildungsfernen Schichten" (noch so ein Wortmonstrum) selbst eher selten akademisches Niveau erreichen, ist einerseits richtig. Andererseits aber ganz sicher nicht ausschließlich auf ungleiche Behandlung in der Schule zurückzuführen - Sozialisation im heimischen Umfeld und der peer group dürften auch eine ganz erhebliche Rolle spielen.



    Um's zusammenzufassen: "Klassismus" verortet das Problem in die falsche Ecke. Wenn diese Mechanismen in Bildungseinrichtungen ablaufen, sind die Fehler schon längst gemacht.

  • Dass die soziale Milieuzugehörigkeit größtenteils vererbt wird und die Karriere- und Aufstiegschancen bei Weitem nicht so gleichmäßig verteilt sind wie von den Apologet*innen der Chancengerechtigkeit gemeinhin behauptet ist ja durch etliche Studien und Statistiken seit Jahren belegt. Demgegenüber bleiben die klassistischen Wirkzusammenhänge in der hier berichteten Erfolgsgeschichte von der Sonderschulempfehlung zur studierten Biologin leider reichlich unterbelichtet. Böswillig interpretiert ließe sie sich gar als Beleg des Gegenteils lesen. Aber selbst wer die Perspektive teilt kann allenfalls darüber spekulieren ob der Lehrer*innenmangel durch die Klientel der Schule determiniert und im benachbarten Villenviertel nicht existent war, ob die Sonderschulempfehlung weniger dem Leistungsniveau als der sozialen Herkunft geschuldet war oder ob das beobachtete Gefühl gegenüber den Kommiliton*innen in der Vorbildung zurückzuliegen ein valider Indikator zur Diagnose struktureller Defizite im Bildungssystem ist oder auch ganz andere Ursachen haben kann. Wer als Akademiker*in den Vorwurf klassistischer Diskriminierung erhebt sollte diesen schon etwas stärker substantiieren können als lediglich mit einigen vagen Vermutungen.

    • @Ingo Bernable:

      Was gibt es da zu substanziieren?



      Die Wunden dieses bemühten, aber in großen Teilen desaströsen Bildungs- und Mediensystems sind derart offensichtlich, eklatant und tiefgreifend, dagegen ist selbst langfristig kein Kraut gewachsen. Die Leistung der Autorin, in diesen maroden Systemen einen Weg gegen alle überflüssige und lächerliche Eitelkeit gefunden zu haben, könnte vorbildlich genant werden.

      • @Jürgen Zoschke:

        Das Bildungssystem ist marode, gleichzeitig ist ein marodes Bildungssystem nicht notwendigerweise klassistisch. Vermutlich ist das zwar der Fall, aber diese Zusammenhänge sauber herauszuarbeiten gelingt dem Artikel eben leider nicht.

    • @Ingo Bernable:

      Auf den Schlips getreten. Es darf nicht geben was nicht sein soll. Ihre Relativierungen langweilen. Belegen Sie doch bitte erstmal das es den Klassismus nicht gibt.



      Wird Ihnen nicht gelingen. Alle Zahlen und Erhebungen sprechen gegen Sie. Also lassen Sie besser das billige Ablenkungsmanöver.

      • @fmraaynk:

        "Belegen Sie doch bitte erstmal das es den Klassismus nicht gibt."



        Die Lesekompetenz ist heute ja auch nicht mehr das was sie mal war. Diesen Punkt habe ich ja nicht im Geringsten angezweifelt. Lesen sie doch den ersten Satz meines obigen Kommentars noch einmal. Alles was ich kritisiere ist die dünne Argumentation des Artikels. Korrelation ist noch keine Kausalität.

  • Im zweiten Halbjahr der achten Klasse ist es halt etwas spät, sich über die eigenen Ziele und den Bildungsweg Gedanken zu machen. Dies wäre spätestens Anfang der vierten Klasse notwendig gewesen. Diese Chance hat jedes Kind in Deutschland. Wenn man diese Chance im Alter von zehn Jahren verpasst muss man sich später auch nicht über einen angeblichen Klassismus beschweren.

    • @DiMa:

      1. gehässig



      2. Bestätigung des Klassismus: Es zeichnet Kinder aus gebildeten Elterhäusern aus, dass die Eltern wissen wie die Kinder Status erlangen und sich dafür einsetzen. Außerdem ist ihre Behauptung mit dem was 10-jährige wissen sollten/würden/müssten absurd! Hier zurück zu den Eltern: diese trimmen dieKinder zu Leistung und - wichtiger - strategischen Entscheidungen - zum passenden Zeitpunkt.

      Ist zwar ein alter Hut, aber bei ihrem Vorurteil könnte etwas Bourdieu vielleicht etwas aushelfen.

      • @JK83:

        Das Kernproblem ist doch, dass es Eltern gibt, die Ihren Kindern die notwendigen Befähigungen nicht mit auf dem Weg geben.

        Das vollkommen marode und verkorkste Bildungssystem ist nicht geeignet und in der Lage, darauf entsprechend zu reagieren. Es herrscht inzwischen in großen Teilen eine Mangelverwaltung (Erfolgsmeldung einer Klassenlehrerin einer dritten Klasse: Inzwischen beherrschen alle Kinder den sicheren Umgang mit der Schere!).

        Klar, dass sich die Menschen dann andere Wege suchen, ihre Kinder entsprechend zu bilden.

        Hier braucht es drei ganz wichtige Schritte: Verlagerung der Bildungskompetenz auf den Bund, eine bessere finanzielle Ausstattung und eine Verhinderung des Zuzuges von Armut.

        Für Bourdieu (?) hat es bei mir nie gereicht. Als Arbeiterkind war ich stets damit beschäftigt, genau das zu lernen, was für eine ökonomisch ausreichende Kariere notwendig ist.

        • @DiMa:

          @dima

          Aus ihren Zeilen entnehme ich Wissen "von der Front" und ich respektiere diesen Zugang.

          Die gebildeten Eltern bringen ihren Kindern das Schereschneiden bei und noch viel mehr Dinge, besonders solche die nicht in erster Linie mit schulischem Wissen zu tun haben.

          Ich denke wenn sie sich meine vorherige und ihre letzte Antwort ansehen, dass wir in der Frage gleich liegen, aber wenn sie jetzt die Perspektive des Kindes einnehmen, dann sehen sie, dass das Kind der wenig gebildeten Eltern wenig Chancen hat eine tolle Karriere (oder auch nur eine "mittelmäßige") hinzulegen und dafür kann 1 das Kind Nichts und 2 ging es seinen Eltern in der Vergangenheit ja schon genauso!

          Das ist (nur ein) Teil des Problems der Fortpflanzung der Ungleichheit. Aber ein wichtiger Teil.

          Was Bourdieu angeht: Aus meiner Sicht eine der Lektüren, die die Augen wirklich weit öffnen. Das Problem ist, dass dann die Freiheit des Individuums sehr fragwürdig wird, falls seine Theorien und Analysen ungefähr zutreffen.

  • "2019 stoße ich auf den Begriff Klassismus. Nun kann ich das, was ich erlebt und beobachtet habe, greifen."

    Auweia. Wer in einer Klassengesellschaft lebt und nicht begreift, welche sozialen Ungerechtigkeiten diese Gesellschaft produziert, den Begriff Klassengesellschaft aber nicht näher analysiert und stattdessen auf die Schmalspurbahn Identitätspolitik aufspringt, wird wahrscheinlich nur etwas als greifbar empfinden. So ignoriert man den Pfad der Erkenntnisse zugunsten einer unpolitischen Individualisierung gesellschaftlicher Zustände.

    • @Rolf B.:

      Diese Vorstellung, dass es hier nur um Identitätspolitik geht ist so voll mit Denk- und Wahrnehmungsfehlern, dass ich nicht mal wüsste, was ich dazu sagen soll.

      • @Bim:

        " .... dass ich nicht mal wüsste, was ich dazu sagen soll."

        Das haben Sie ja nun hinreichend bewiesen.

    • @Rolf B.:

      Sehr schöner Kommentar! Ich habe mir auch gedacht, dass es schon sehr traurig ist wenn man in einer Klassengesellschaft wie unserer lebt und trotzdem nichts davon weiß. In meinem Leben wurde viel darüber geredet, dass die da oben, oder die mit viel Geld und 2 fetten Autos bessere Chancen etc. haben. Aber anscheinend verschweigen oder ignorieren viele diese Zustände.

      • @curiouscat:

        Naja, üblicherweise wird halt überall gesagt, dass Arme selbst schuld sind an ihrer Armut. Da kommt die Funktion von Klassismus ins Spiel. Echt schade, dass viele Linke sich in so ne Antihaltung reingesteigert haben, dass sie irrational auf das Thema Klassismus reagieren.