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Verhinderte StraßenumbenennungLieber Hindenburg als Sophie Scholl

In Northeim wollten SPD und Grüne die Hindenburgstraße in Sophie-Scholl-Straße umbenennen. CDU, FDP, AfD und eine Wählerliste machten da nicht mit.

Konnten gut miteinander: Hitler und Hindenburg, hier im „Reichsehrenmal“ am 27. August 1933 Foto: dpa

Göttingen taz | Im südniedersächsischen Northeim gibt es eine Hindenburgstraße. Zeitgleich mit dem Adolf-Hitler-Wall und der Göringstraße bekam die frühere Bergstraße ihren Namen im April 1933, kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Während Hitler und Göring kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges als Namensgeber dran glauben mussten, blieb Hindenburg unangetastet.

Doch nun, nach 88 Jahren, sei es allerhöchste Zeit für einen neuen Namen, befanden SPD und Grüne im Northeimer Stadtrat. Die Hindenburgstraße solle künftig Sophie-Scholl-Straße heißen, forderten die Parteien in einem Antrag, die Umbenennung solle zum 100. Geburtstag der Widerstandskämpferin erfolgen. Doch der rot-grüne Vorstoß scheiterte im Kommunalparlament. CDU, FDP, AfD und die Freie Unabhängige Liste (FUL) lehnten den Antrag für ein Umbenennungsverfahren am 25. Februar mit 19 gegen 15 rot-rot-grüne Stimmen ab.

Paul Ludwig Hans Anton von Beneckendorff und von Hindenburg, dem 1933 gemeinsam mit Hitler und Göring auch die Ehrenbürgerwürde der Stadt Northeim verliehen worden war, verdiene keine Ehrung, so der Grünen-Ratsherr Hans Harer, der den Antrag initiiert und bei der Einbringung in den Stadtrat am 25. Februar begründet hat. In den beiden letzten Jahren des ersten Weltkriegs hatte Hindenburg als Chef der Obersten Heeresleitung quasi diktatorisch die Regierungsgewalt ausgeübt. Im Herbst 1918 erklärte er, dass der Krieg nicht mehr zu gewinnen sei.

Vor dem Untersuchungsausschuss der Weimarer Nationalversammlung verbreitete er 1919 gleichwohl die so genannte Dolchstoßlegende, wonach das Heer „im Felde unbesiegt“ von den Novemberrevolutionären und Politikern durch einen Waffenstillstand „von hinten erdolcht“ worden sei. Mit dieser Behauptung trug er in der Folge wesentlich zum Legitimationsverlust und zur Destabilisierung der Weimarer Republik bei.

Im Übrigen, gab die CDU zu bedenken, müsse im Fall einer Umbenennung der Straße die Frage der Kostenübernahme für die Anwohner geklärt werden

Als Reichspräsident ernannte Hindenburg am 30. Januar 1933 Hitler zum Reichskanzler. Damit sowie durch die Dolchstoßlegende trug er wesentlich zum Untergang der Weimarer Republik und zum Entstehen der totalitären NS-Diktatur bei. Hindenburg starb im August 1934 im Alter von 86 Jahren.

Die Northeimer CDU-Fraktion brachte zur betreffenden Ratssitzung einen Gegenantrag ein. Demnach sollten die Bürger bei einer Befragung mit der Kommunalwahl im September entscheiden, ob die Straße umbenannt werden solle.

Inhaltlich wandten sich die Christdemokraten gegen eine Umbenennung. Zwar könne die Rolle Hindenburgs bei der Machtübernahme Hitlers „als mitentscheidend angesehen“ werden, auch „legitimieren wir damit keinesfalls die Handlungen von 1933, noch heißen wir sie gut“. Aber: „Ob es uns gefällt oder nicht, Paul von Hindenburg war Teil der deutschen Geschichte“: „Löschen wir nun diesen Namen aus dem Stadtbild, so löschen wir Teile unserer Erinnerungskultur aus, die uns anhält, uns mit dem Thema im Alltag auseinanderzusetzen.“

Im Übrigen, gab die CDU zu bedenken, müsse im Fall einer Umbenennung der Straße die Frage der Kostenübernahme für die Anwohner geklärt werden. Das gelte „insbesondere natürlich für die ansässigen Arztpraxen“. In der Hindenburgstraße wären 94 Haushalte und drei Praxen betroffen. Tatsächlich entstehen für eine Ummeldung im Bürgerbüro keine Kosten. Ausgaben für neue Visitenkarten etwa können Ärzte von der Steuer absetzen.

In der Ratssitzung wurde zunächst über den rot-grünen Antrag abgestimmt. Nach der Ablehnung zog die CDU ihren Antrag zurück. Eine Bürgerbefragung wird es also nicht geben. „Gegen unseren Antrag haben sich alle ohne Ausnahme rechts von der SPD versammelt“, sagte Grünen-Ratsherr Harer der taz.

Inhaltlich sei nicht darüber diskutiert worden: „Man faselte von der Entsorgung der Geschichte, verwies auf den Bürgerwillen und zog dann die Forderung nach der Befragung aller Bürger zurück.“ Unterm Strich habe der Rat am 25. Februar mit Mehrheit einen Ehrungsbeschluss des NS-Stadtrats vom April 1933 bestätigt, dass Hindenburgs Verhalten mit der Machtübertragung an Hitler im Zusammenhang gestanden habe.

Aus Sicht von Harer eifern die Northeimer Christdemokraten ihren Parteifreunden in Hannover nach. Auch dort hat sich die CDU lange gegen die Umbenennung der Hindenburgstraße gewehrt. SPD, Grüne und Linke konnten aber durchsetzen, dass die Straße dort künftig Loebensteinstraße heißt. Die neue Namensgeberin Lotte-Lore Loebenstein lebte als Kind mit ihrer jüdischen Familie in der Straße und wurde 1943 von Nationalsozialisten in einem Konzen­trationslager ermordet.

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45 Kommentare

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  • Dass wir überhaupt diskutieren ob Hindenburgstraßen (insbesondere jene, die durch die NS umbenannt (!) wurden) legitim sind!

    Weg mit der Huldigung dieses Kriegstreibers, Monarchisten und Steigbügelhalter Hitlers!

    Die Umbenennung in Hannover ist m.E. gut und konsequent. Jedes einzelne Opfer ist Teil der Geschichte Deutschlands und soll und darf solchermaßen gewürdigt werden.

    Ansonsten könnte mensch ja auch mal Erich Mühsam, Ren Marut oder ähnliche "politische Figuren" würdigen...

    • @Horstl Fambacher:

      Mühsam? Wegen dessen Teilnahme an der gescheiterten "Diktatur des Proletariats" Namens "Münchner Räterepublik". Dem Miterfinder des Begriffs "Lügenpresse" ( de.wikipedia.org/w...publik#cite_ref-28 ). Leuten, dessen politischer Zweig bei späteren freien Wahlen als Kleinstpartei vom Wähler disqualifiziert wurden?

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Kompromissvorschlag: wenn schon deutschnational oder Widerstandskämpferin dann doch Tusneldastraße.

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Seit wann waren die Cherusker deutsch??

  • "CDU, FDP, AfD und die Freie Unabhängige Liste (FUL) lehnten den Antrag für ein Umbenennungsverfahren am 25. Februar mit 19 gegen 15 rot-rot-grüne Stimmen ab."



    Na, Mensch, vorgebliche Demokrat*innen zeigen wie wenig demokratisch sie sind, indem sie mit Hindenburg an einer reaktionären Figur festhalten, die den Nazis mit an die Macht verhalf. Für Nationalist*innen ist es wohl unangenehm, wenn Kritik an der Nation über den Nazismus hinaus ginge. Womöglich würde dann auch das Verhalten bürgerlicher Repräsentant*innen und Parteien in die Kritik geraten (Reichskonkordat, Stimmung für das Ermächtigungsgesetz usw.) und mit den Vorläufer*innen Bezüge zu CDU und FDP.

    • @Uranus:

      OK

      • @Work_Life_Balance:

        Nun müssen sich die FDP und CDU ja nicht mit der AFD im Vorfelde abgestimmt haben. Ein schlechtes Bild wirft es dennoch auf beide Parteien, so sie offenbar mit der AFD zusammen die Position teilen, an Hindenburg festzuhalten. Kein Vorwand für den Erhalt scheint der CDU zu billig zu sein - Mehrkosten, die tatsächlich nicht entstünden. Eigentlich sollte mensch meinen, dass sie doch vor Scham im Boden versinken müssten. Ich schätze, ihr Deutschnationalismus hindert sie daran.



        Noch eine Anekdote:



        U.a. in Berlin hat es diverse Umbenennungen vormaliger ostdeutscher Straßen nach der Deutschen Einheit gegeben, wenn es um Kommunist*innen ging. Offenbar konnte da eifrig umbenannt werden. Bezüglich Stalinist*innen u.ä. kann ich das auch gut nachvollziehen. Dass aber Hindenburg, Militaristen, Kolonialisten & CO hingegen bleiben sollen (und es in Berlin ja auch noch zuhauf gibt), hat dann schon ein Geschmäckle ...

        • 4G
          4813 (Profil gelöscht)
          @Uranus:

          Das müssen sie uns Ostdeutschen schon überlassen, ob wir die verhassten Kommunisten noch als Straßennamensgeber haben möchten.

          • @4813 (Profil gelöscht):

            Hat sie heute der Größenwahn wieder wachgeküsst?



            Was gibt Ihnen das Recht, für alle Ostdeutschen zu sprechen?

        • @Uranus:

          Das gilt aber auch nur in Berlin.

          In den ostdeutschen Flächenländern wimmelt es noch von Ernst-Thälmann- und Wilhelm-Pieck-Straßen.

  • Ich denke, Sie sollten selbst die Zeilen des Vorposters noch einmal genau studieren.



    Und zu den Fakten: Man konnte damals eben nicht (wie heute) zum Kanzler gewählt werden, man wurde ernannt - oder eben nicht. Das war kein formaler Akt, wie Sie schreiben.



    Kurz: Sie haben den grundlegenden Unterschied zwischen Weimar und Bonn nicht verstanden oder wissentlich falsch dargestellt.

  • 0G
    01022 (Profil gelöscht)

    Sebastian Haffner: Zur Zeitgeschichte -36 Essays, "...mit der Naivität, die seine [Brünings] Memoiren durchweg auszeichnet, die entscheidende Unterredung mit Schleicher wieder, in der dieser ihm kurz nach Ostern 1929 in seiner Wohnung am Matthäikirchplatz in Berlin beim Frühstück eröffnete, daß der Reichspräsident (Hindenburg) »die Dinge vor seinem Tode in Ordnung bringen«, »das Parlament im gegebenen Augenblick für eine Zeit nach Hause schicken und in dieser Zeit mit Hilfe des Artikels 48 die Sache in Ordnung bringen« wolle, und dass er, Brüning, als das Werkzeug dazu ausersehen sei. »Brüning: ›Wie lange schätzen Sie die für die Reform notwendige Zeit ein? Schleicher: ›Na, in sechs Monaten muß man das schaffen.‹« Das war Brünings Kontrakt, und er hat ihn nicht gehalten. Im Frühjahr 1932 regierte er nicht mehr sechs Monate, sondern zwei Jahre, und immer noch war die Republik nicht formell abgeschafft, das Parlament nicht nach Hause geschickt, »die Sache nicht in Ordnung gebracht«; und inzwischen wurde Hindenburg immer älter, und jeden Tag konnte er sterben. Was Wunder also, daß Brünings Auftraggeber ungeduldig wurden, daß sie mit ihrem Angestellten nicht mehr zufrieden waren, von »Brüning Cunctator« sprachen und sich nach einem schneidigeren und und draufgängerischen Staatsstreichkanzler umsahen, den sie dann in Papen – auch einem rechten Zentrumsmann – zu finden glaubten; der Kavallerist löste den MGSchützen ab, die Methode wurde forscher, aber das Ziel blieb das alte. Dieses Ziel war natürlich nicht die Diktatur Hitlers. Hitler war zwar in den Augen der Hindenburg-Schleicher-Kamarilla durchaus ebenfalls ein möglicher Brüning, er durfte durchaus auch »im gegebenen Augenblick« Reichskanzler werden (was kam es auf ein paar Juden an) aber daß er dann seine Auftraggeber total an die Wand spielen und »im gegebenen Augenblick« umbringen lassen würde, war natürlich nicht vorgesehen.

  • Die ganze Angelegenheit ist ja - wie so oft im Leben - sehr vielschichtig und kompliziert.



    Man sollte sich nicht nur auf geschichtliche Einordnungen kaprizieren; insbesondere im historischen Kontext landet man schnell sonstwo.

    Was aber zumindest in meinen Augen extrem interessant ist, ist die hier vorgelebte Demokratie.



    Da wird also von zwei Parteien ein Antrag eingebracht, eine Straße umzubenennen, weil der Namensträger diese Ehre nicht verdiene.



    Dass ein Staßenname auch durchaus keine Ehrung, sondern eine Erinnerung oder Mahnung darstellen kann, sei da nur am Rande vermerkt ("Straße des 17. Juni", schon mal gehört?).



    Dieser Antrag wird im demokratischen Prozess abgelehnt, ein - durchaus konstruktiver - Gegenantrag daraufhin zurückgezogen.



    Was tut der grüne Antragsteller? Die demokratischen Widerparts ("alle rechts der SPD", was diese verbal in die rechte Ecke drückt) diffamieren ("faseln"). Nice.



    Nicht dass CDU & Co. wirklich überzeugend argumentiert hätten. Aber in einer Demokratie ist es durchaus legitim, über die Wichtigkeit und Bedeutung von Dingen unterschiedlicher Ansicht zu sein.

    Was sagt die SPD eigentlich dazu?

    Wenn man zu dieser Geschichte eine Bürgerbefragung wollte, kann man sie ja selber initiieren. Oder man kann sich darauf verlassen, dass man die Wahrheit für sich gepachtet hat.

    Demokratie ist eine Kunst, die nicht jedem gegeben ist, scheint mir.

    • @Encantado:

      Die Aufständischen des 17. Juni 1953 werden mit dem Straßennamen durchaus geehrt. Mahnung und Erinnerung beziehen sich auf das diktatorische DDR-Regime, das mit dem gescheiterten Aufstand beseitigt werden sollte.



      Straßennamen, die mahnen sollen. wie schlimm der Namensgeber war, gibt es meines Wissens nicht. Dann hätte man auch die "Klement Gottwald Straßen" oder "Adolf Hitler Straßen" lassen können.



      Warum sollte ausgerechnet Hindenburg die Ausnahme sein? Weil er zwar schlimme Wirkungen, als Konservativer aber vermeintlich gute Absichten hatte?

      • @Joba:

        "Die Aufständischen des 17. Juni 1953 werden mit dem Straßennamen durchaus geehrt. Mahnung und Erinnerung beziehen sich auf das diktatorische DDR-Regime, das mit dem gescheiterten Aufstand beseitigt werden sollte."

        Genau. Und deswegen ist der Straßenname auch ambivalent - wie das Leben selbst. Sonst hieße sie nämlich "Straße der Aufständischen des 17. Juni". Tut sie aber nicht. Und das ist gut so.

        "Warum sollte ausgerechnet Hindenburg die Ausnahme sein?"

        In der ursprünglichen Intention war er's vermutlich nicht. Aber warum diese Interpretation den Rechten überlassen? Warum nicht offen über historische Dinge und Personen sprechen? Warum unangenehme Dinge totschweigen und verbannen?



        Unangenehmes verschwindet nicht, nur weil man nicht mehr drüber redet.

    • @Encantado:

      "Demokratie ist eine Kunst, die nicht jedem gegeben ist, scheint mir."

      Ja. Und das traf besonders auf Herrn Hindenburg zu :-)

  • Schade, ja bitter und peinlich, dass diese Umbenennung mit den genannten Fraktionen nicht möglich ist.



    Schade auch, dass R2GOpp nichts besseres als "Sophie Scholl" eingefallen ist. Eine durchaus bereits überrepräsentierte Person.



    Das dient doch auch nur dem billigen Entschuldungs- und Entschuldigungsnarrativ: "Wir wären doch umgebracht worden - schon fürs Zettelchen kleben!"



    Es gäbe 1000 andere Möglichkeiten. Irgendein SPD-Abgeordneter aus der Region mit anschließendem KZ-aufenthalt z.B. ...



    Oder auch Walter-Rathenau-Str. - als Kompromiss, quasi, und gleichzeitig als nachträglicher doppelter Sieg über die Umbenennung durch die Nazionalsozialisten.



    Notlösung am Ende: Bergstraße.

  • Hindenburg war sicher Teil der deutschen Geschichte und ich bin auch dafür, Architektur, Straßennamen und anderes zu erhalten, auch wenn wir uns damit heute nicht identifizieren können. Das gilt zumindest für übergreifende Kategorien, nicht unbedingt für jedes einzelne Gebäude, jeden einzelnen Straßennamen. Die Städte und Dörfer sind keine Museen, in denen Geschichte konserviert werden muss. Die Vielgestaltigkeit der Geschichte und der Kultur darf sich aber gern darin widerspiegeln, woraus folgt, dass Umbenennungen von Straßen von Zeit zu Zeit fast unumgänglich sind. Wenn man sich die Straßennamen von Northeim anschaut, findet man viele preußische Bezugspunkte (Friedrich-, Wilhelm-, Freiher-vom-Stein-, Sedan-, Hindenburgstraße), da würde es nicht schaden, einige dieser Namen umzuwidmen und so auch andere Aspekte der Geschichte ebenfalls miteinzubeziehen. Das Preußische könnte dann immer noch erhalten bleiben.



    Weiter unten wies Dima zurecht auf die Sohnreystraße hin. Die scheint auch mir erinnerungspolitisch ein größeres Problem zu sein.

  • Warum die Hindenburgstraße nicht einfach in Badstraße umbenennen? Da sind die Mieten billig.

  • Eigentlich sollte man Sophie Scholl als deutsche nationale Heldin ehren. Wer sich ihre Gesinnung, Motivation und ihre aufrechte Haltung gegenüber dem Widerling Freisler bis zum Schafott betrachtet, der kann nicht anders als ihr großen Respekt zu bezeugen.

    Hindenburg war in der wahrscheinlich doch nötigen 'Kunst' ausgebildet, wie man Soldaten andere Soldaten killen lassen kann. * Das hat er ab 1914 auch getan und gehörte zu denen, die eine immer weitere Kriegsführung veranlassten. Als 'Belohnung' wurde er von Militaristen zum Reichspräsidenten gemacht. Es stimmt, dass er den einfachen Soldaten Hitler nicht fähig für ein Amt als als Kanzler hielt. Aber er beschäftigte sich entweder nicht genug mit dessen verbrecherischem Charakter oder er war nicht fähig, die Konsequenzen seiner Entscheidung zu überblicken.

    Also möchte ich bezweifeln, ob man Hindenburg überhaupt ehren sollte.

    *(Glücklicherweise erwies sich die militärische Stärke der Alliierten am Ende doch größer als die der Nazis. Falls nicht, gäbe es bestimmt keine TAZ!)

  • "Konnten gut miteinander: Hitler und Hindenburg" ...



    Ganz ehrlich, wie kommen Sie darauf?



    Hindenburg musste als Reichspräsident als Amtshandlung wider Willens 1933 den von ihn genannten "



    österreichischen Gefreiten" zum Kanzler ernennen, aus Überzeugung tat er dies sicherlich nicht. Würde heute ein AFD-Politiker zum Kanzler gewählt (Gott bewahre) wäre dies dann auch der formelle Akt, der dann in Form der ofiziellen Ernennung erfolgt.

    Demnach, man kann von Hindenburg halten was man will. Aber wen es um das Prinzip geht, dann müsste auch der Kaiser-Wilhelm-Ring u.v.a. umbenannt werden, wenn wir nationalistisch ausgerichtete, und Menschen in Kriege schickende Herrscher aus dem Stadtbild verbannen wollen.

    • 9G
      95309 (Profil gelöscht)
      @KnallImAll:

      "dann müsste auch der Kaiser-Wilhelm-Ring u.v.a. umbenannt werden"

      Genau. Das wäre angemessen. Ich empfehle Robert Massie, die Schalen des Zorns. Dreadnought im Original,

    • @KnallImAll:

      Naja... Der hatte aber schon deutlich mitzuverantworten, dass die Machtergreifung funktioniert hat...

      Allerdings, dass muss man dabei sagen, wollte er wohl zumindest zu Anfang, dass sich die Nazis in der Regierung selbst entzaubern, deswegen hatte er Hitler ja von Papen als Vize-Kanzler beiseite gestellt.



      Ein überzeugter Nazi war er also wohl nicht; - Aber ein Anhänger des alten Monarchistischrn Systems...

    • @KnallImAll:

      Lesen Sie doch bitte noch mal nach, welche Vollmachten der Reichspräsident hatte und besonders, welch Rolle Hindenburg und seine Umgebung beim Zustandekommen von Hitlers Koalitionsregierung gespielt haben.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Ja, ich kenne die Vollmachten, ich kenne auch die damalige Situation, und warum und wie (leider) gehandelt wurde. Hindenburg ist auch im Ansatz nicht so ehrwürdig wie Sophie Scholl.

        Hier geht es aber um den bewusst falsch genutzten Wortlaut des Authors, dass Hitler und Hindenburg "es gut miteinander konnten".

        • @KnallImAll:

          "Ja, ich kenne die Vollmachten..."

          Warum dann der sachlich völlig falsche Vergleich mit den Vollmachten der Bundespräsidenten?

          Hindenburg und seine Umgebung haben sich 1933 bewusst entschieden, eine Regierung ins Amt zu heben, die die Republik endgültig zerstören sollte. Das entsprach seiner innersten Überzeugung. Er hätte zwar gern jemanden anders an der Spitze gesehen, aber das ändert am Zweck nichts. Deshalb gehört sein Name nicht auf ein Straßenschild in einer deutschen Republik.

          Übrigens konnten Hitler und Hindenburg in Potsdam dann ganz gut miteinander...

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Lesen Sie meine Zeilen, da ist von mir kein Vergleich im Satz angedeutet, so wie sie es verstehen (wollen). Und dass Sie felsenfest weiter persönlich behaupten, dass die beiden es gut miteinander konnten, ist dann Ihre Meinung, aber kein geschichtlicher Fakt. Ebenso der Wortlaut, dass er eine Regierung "zerstören" wollte.

            Selbst wenn unehrwürdige Geschichte nicht mehr auf die Straße gehört, so sollte man sich ihrer dennoch bewusst sein.

            • @KnallImAll:

              "Würde heute ein AFD-Politiker zum Kanzler gewählt (Gott bewahre) wäre dies dann auch der formelle Akt, der dann in Form der ofiziellen Ernennung erfolgt."

  • Hindenburg war ein wichtiger Politiker. Er kann nichts dafür, dass die Nazis ihn für sich eingenommen haben.

    Weshalb ändert Northeim nicht einfach die Sohnreystraße entsprechend ab? Sohnrey war ohne Zweifel der Ideologie der Nazis verpflichtet und die nach ihm benannte Straße liegt nur vier Straßen weiter.

  • Na ja. Um Kontinuität zu wahren, braucht es halt eine Hindenburgstraße. Er ist ein Anknüpfungspunkt zum Wilhelminischen Kaiserreich...

  • 9G
    95309 (Profil gelöscht)

    „Ob es uns gefällt oder nicht, Paul von Hindenburg war Teil der deutschen Geschichte“



    Hitler auch.

    Hindenburgstrassen trifft man überall. Mir unverständlich wie man den Totengräber der Weimarer Republik so ehren kann.

    • @95309 (Profil gelöscht):

      Da machen Sie es sich aber einfach.



      Der Totengräber der Weimarer Republik war das Volk an sich.

      Die NS kamen nicht via Putsch an die Macht, sie wurden gewählt --- vom Volk. Das ist das Problem, was man sich immer wieder vor Augen halten und demnach heute vermeiden sollte.



      Es waren nicht nur einzelne Schuld, es waren alle die, welche die NS wählten (das waren eine Menge!) und später die vielen Weiteren, die sich zudem haben mitreißen ließen –– leider auch in Teilen heute noch.

      • @KnallImAll:

        Da machen Sie es sich aber auch einfach. ;-) Dass "das Volk" im Sinne der Gesellschaft an sich Totengräber gewesen wäre, stimmt nun einmal nicht - außer Sie operierten anhand des rechten "Volks"-Verständnisses wie das der AFD. Wie Sie es weiter unten schrieben, waren die Totengräber, die die Nazis und Verbündete wählten und später unterstützten. Mindestens diejenigen, die für Kommunist*innen und Sozialdemokrat*innen stimmten, aber auch Anarchist*innen waren gegen Nazismus. Große Teile der Eliten waren andererseits bekanntermaßen gegen die Republik, wie Hindenburg auch. Der Oberbefehlshaber, der die Schuld an der Niederlage, u.a. den Sozis zuschob (Dolchstoßlegende) ...

      • @KnallImAll:

        Einfach machen sie es sich aber auch: Die NSDAP hatte im November 1932 keine parlamentarische Mehrheit, auch nicht mit ihrem späteren 'Koalitionspartner' DNVP zusammen. Hitler konnte nur Reichskanzler werden, weil ihn Hindenburg dazu ernannte. Diese Ernennung war eine Entscheidung Hindenburgs und von dieser Verantwortung können weder Sie noch seine Fans bei der Northeimer CDU ihn freisprechen.

      • @KnallImAll:

        "Die NS kamen nicht via Putsch an die Macht, sie wurden gewählt"

        Der Satz ist so nicht korrekt.



        Viele Menschen wählten die NSDAP. Wenn Sie aber sagen wollen, dass die NSDAP ja nicht durch Putsch an die Macht kam, sondern ... anders, dann muss ihr Satz lauten:



        Die NS kamen nicht via Putsch an die Macht, Hitler wurde von Hindenburg ernannt.

        Sie geben sonst das alte (rechtskonservartive) bundesdeutsche Narrativ wieder - das Volk war's. Darum dürfe man dem Volk nicht zuviel Macht geben.



        Tatsächlich waren es die alten antidemokratischen Eliten, die (Rüstungs)-Industrie und Hindenburg.



        Die NSDAP hatte nie eine asolute Mehrheit - sie war allerdings stärkste Fraktion.



        Dass (sehr) viele mitschuldig waren am Aufstieg der Nazis und sich noch mehr (als es keine Wahlen mehr gab) haben mitreißen lassen, wie sie schreiben, widerspricht meinem Einwand nicht.

        • @MontNimba:

          Jedoch auch für eine stärkste Fraktion im Parlament bedarf es Wähler – aber ... ich bin vollkommen bei Ihnen und wollte sicherlich kein Narrativ bedienen.

          • @KnallImAll:

            Danke für Ihre Klarstellung an dieser Stelle!



            Das sehe ich eben erst, sonst hätte ich oben anders geantwortet (etwas selbe Zeit, 18:26).

    • @95309 (Profil gelöscht):

      Der Hauptgrund war wohl, dass er der "Held von Tannenberg" war.



      Es ging insofern also vielleicht meistens vor allem um die Ehrung als General, denke ich.

      Und Moltke oder Blücher Straßen gibt es auch zu Genüge; Vergleichbares auch in Frankreich oder England.

  • Schade, dass man in Northeim nicht den Konsens gesucht hat und eine neue Straße nach Sophie Scholl benannt hat.

    Es ist ja nun nicht so, dass CDU und FDP grundsätzlich was gegen Sophie Scholl hätten.

    • @rero:

      Können Sie das belegen?

      • @Kaboom:

        Ist jetzt einfach das erste Beispiel, das bein Googeln rauskommt:

        Der Gemeinderat Stutensee beschließt einstimmig, eine Straße nach Sophie Scholl zu benennen:



        www.meinstutensee....ach-sophie-scholl/

        Der Gemeinderat besteht auch aus CDU- und FDP-Mitgliedern:



        www.stutensee.de/u...litik/gemeinderat/

        Ratsherr Schmidt-Berg, ein CDUler, schlägt vor, eine Straße nach Hans Scholl zu benennen, weil die benachbarte bereits nach Sophie Scholl benannt ist:



        ris.westerstede.de...20.asp?TOLFDNR=313

        Es gibt noch weitere.



        Übrigens gibt es laut Wikipedia mehr als 600 Straßen, die nach Sophie Scholl benannt sind.



        Angeblich einer der verbreitesten Straßennamen.

  • Tolles CDU Argument, dass Hindenburg ein Teil unserer Geschichte ist.



    Stimmt, aber Hitler und Göring sind es auch.

    • @Senza Parole:

      Kennen Sie das Wort "Differenzieren"?



      Konservativismus ist nicht automatisch nationalsozialismus.

      • @KnallImAll:

        Hier hat niemand behauptet, dass Konservativismus = Nationalsozialismus ist. Nur, dass "Teil unserer Geschichte" zu sein keine ausreichende Begründung ist, um eine Straßenbenennung zu rechtfertigen. Bei der allseits bekannten deutschen Geschichte ist diese Begründung nahezu absurd.

    • @Senza Parole:

      Deshalb gibt es die Position, dass die Massenmörder_innen rausgesammelt werden.



      Die Hitlers, die Görings, die Hänge-Peterse.

      Ambivalente Personen bleiben, um Geschichtsklitterung zu vermeiden.

      Ansonsten sollte man Straßen besser Nummern geben.