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Corona-Umgang in Dresden und ErfurtSächsisches Lippenbekenntnis

Sarah Ulrich
Kommentar von Sarah Ulrich

Der Umgang des Dresdener Ministerpräsidenten Kretschmer mit Corona macht fassungslos: Entweder ist er unglaublich naiv oder komplett inkompetent.

In der Kritik: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer Foto: Sebastian Kahnert/dpa

D ie Coronalage in Sachsen ist dramatisch. Seit Wochen ist das medizinische Personal in dem Bundesland mit den höchsten Infektionszahlen an der Belastungsgrenze. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) reagierte darauf bislang vor allem damit, Stollen an Klinikpersonal zu verteilen.

Am Samstag sagte er dann, ihm sei die Dramatik der Lage erst am 11. Dezember bewusst geworden: „Mir war nicht klar, dass das Personal in Aue schon seit sechs Wochen vor meinem Besuch am Limit arbeitete“, so Ministerpräsident Kretschmer. „Ich hätte mir gewünscht, dass ich früher gewarnt worden wäre.“

Wer die sächsischen Entwicklungen verfolgt hat, kann darüber nur fassungslos den Kopf schütteln. Kretschmers vermeintliche Erklärung ist eine billige Ausrede, mit der er jede Verantwortung von sich weist. Wer in den vergangenen Monaten eine Zeitung aufgeschlagen hat, wusste: In Sachsen brennt die Luft. Vom deutschen Bergamo war die Rede, davon, dass sehr viele Menschen sterben. Zu dem Zeitpunkt, als Kretschmer das Klinikum in Aue besuchte, war die 7-Tage-Inzidenz im Erzgebirgskreis schon bei über 400 Fällen und die Bundeswehr im Einsatz, um das medizinische Personal zu unterstützen.

Entweder ist der sächsische Ministerpräsident unglaublich naiv oder aber völlig unfähig, ein Bundesland durch eine Krise zu steuern. Seine Aussage, es wäre besser gewesen, das Land deutlich früher herunterzufahren, ist mehr Lippenbekenntnis als Schuldeingeständnis.

Das geht anders: Nur zwei Tage zuvor hatte der linke Ministerpräsident von Thüringen, Bodo Ramelow, in einem Interview eingestanden, mit seiner Coronapolitik einen Fehler gemacht zu ­haben. Statt die Schuld dafür jedoch anderen zu geben, sagte dieser deutlich: „Die Kanzlerin hatte recht, und ich hatte unrecht.“ Einzugestehen, dass man Fehler gemacht hat, und die Verantwortung dafür selbst zu über­nehmen, tut Ministerpräsidenten gut. So zu tun jedoch, als hätte man das Unglück nicht kommen sehen, ist unglaubwürdig. Und ein Affront gegen all diejenigen, die seit Wochen nach Hilfe rufen.

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Sarah Ulrich
Freie Reporterin
Sarah Ulrich arbeitet als freie Reporterin vor allem zu den Schwerpunkten Machtkritik und -missbrauch, Rechte Gewalt, Soziale Bewegungen und Feminismus.
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22 Kommentare

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  • Um mal dran zur erinnern: Herr Kretschmer *wurde* gewarnt, und zwar sogar von der Bundeskanzlerin persönlich.

  • Naja, die MPs müssen ja auch an ihre Bürger denken und können nicht immer intelligent handeln.

    • @Kappert Joachim:

      „Alles verstehen, heißt alles verzeihen.“ (Oma)

  • Unfähiger Totalversager? Egal, Hauptsache weit genug rechts...

    • @GvG:

      Bei der beschönigenden Pandemiepolitik und den logisch folgenden, vorhergesagten, sogar mit Modellen prognostizierten vielen Toten finde ich es nicht angemessen, sich auf Hanlons Razor zu berufen und im Zweigfel Inkompetenz gutzuschreiben.

      Schließlich kann ich mich ja auch, wenn ich einen LKW zurück setze, und dabei ein kleines Kind überrolle, nicht darauf berufen, dass ich nicht geguckt habe.

      • @jox:

        Sie haben schon recht. War ja auch mehr ironisch gemeint...



        Ich halte ihn zwar wirklich für ziemlich unfähig, aber in diesem Fall kommt noch ein gehöriges Maß an Feigheit dazu, um sich vor der Verantwortung zu drücken.

        • @GvG:

          Ganz ehrlich, wenn ich mir die Sächsische CDU anschaue, ist Kretzschmer wirklich das beste was wir hier kriegen können. Ich bin kein Fan, aber ohne ihn wäre die CDU umgefallen und hätte mit der AFD koaliert, jedenfalls meiner Ansicht nach.

  • "Das geht anders: Nur zwei Tage zuvor hatte der linke Ministerpräsident von Thüringen, Bodo Ramelow, in einem Interview eingestanden, mit seiner Coronapolitik einen Fehler gemacht zu ­haben."

    "Einen Fehler"?!



    Das ist ein Euphemismus.

    Noch am 15.10.2020 behauptete Ramelow noch n einem Interview in der taz, dass gar keine Viren da seien:



    "Und wenn keine Viren da sind, wieso soll ich dann eine Maßnahme aufrechterhalten, die keine Wirkung hat? Wir sind doch nicht im Showgeschäft." taz.de/Bodo-Ramelo...nagipfel/!5721456/

    Und die Zahlen in Thüringen (Inzidenzzahl 316), die genauso horrend sind wie in Sachsen (Inzidenzzahl 360), zeigen auf, wohin das geführt hat. Seine jetzigen Lippenbekenntnisse sind keine effektiven Maßnahmen und Grund zu Lobhudeleien.

    • @Rudolf Fissner:

      Na kommt drauf an, welchen Maßstab Sie anlegen. Wie zu sehen, ist einen Fehler einzugestehen mehr als andere zu Stande bringen. Das Niveau ist eben nciht sehr hoch;)



      Und Fehler trifft es schon, oder meinen Sie, dass er entgegen eines besseren Wissens handelte?

      • @BluesBrothers:

        Sie halten die zweithöchste Inzidenzzahl in DE von Thüringen nur für "Fehler eingestehen"?



        Was für eine Art von Washing ist das denn?

        "... oder meinen Sie, dass er entgegen eines besseren Wissens handelte?"

        Wer wie Ramelow populistisch rauslaberte, dass "keine Viren Da sind" der weiß es als MP natürlich besser. Er ist schlicht nur den Coronaleugnern hinterhergestiefelt. In Thüringen sind ja dieses Jahr ch Wahlen.

  • „Die Kanzlerin hatte recht, und ich hatte unrecht.“ Einzugestehen, dass man Fehler gemacht hat, und die Verantwortung dafür selbst zu über­nehmen, tut Ministerpräsidenten gut.

    Sorry, auch Ramelow, hat versagt, Die Lage wider aller Daten geleugnet, Kuschelkurs gefahren, von Lockerungen geschwafelt wo alle Indikatoren nach oben schossen.

    Verantwortung dafür zu über­nehmen sieht anders aus als das offensichtliche aus zu sprechen.

  • "unglaublich naiv oder komplett inkompetent"

    nicht "oder"... UND!

  • Ramelow hat wenigstens zugegeben, dass er Unrecht hatte. Aber dennoch sind nun ein paar Menschen verstorben, die noch leben könnten. Die mit sehr einfachen Mitteln hätten gerettet werden können. Das kann Ramelow nicht von sich waschen und die anderen Ministerpräsiden*innen auch nicht. Keine Info verschickt, nix war im Briefkasten, in all den Monaten. Aber nun werden sie überquellen von Wahlkampfflyern....

  • ich weiss gar nicht, warum das hier für aufregung sorgt... schliesslich ist das auch eine möglichkeit, rechtsextremismus einzudämmen, wenn man in sachsen das virus wüten lässt...

    zu zynisch? sorry...

    • @Gnarv:

      Das ist nicht zynisch, sondern dumm. Wenns nur rechtsextreme Corona-Verweigerer und Querulanten treffen würde, dann würd ich ja irgendwo bei so einem Spruch noch mitgehen.



      Aber wie in allen anderen Bundesländern auch, triffts am Ende die Alten, die Schwachen, die Kranken. Und das völlig unabhängig von der politischen Einstellung. Auch in Sachsen hält sich der Großteil der Bevölkerung an die Regeln.

  • @realdonaldkretschmer...

  • > Wer in den vergangenen Monaten eine Zeitung aufgeschlagen hat, wusste: In Sachsen brennt die Luft.

    Die scheinen keine Zeitung mehr zu lesen, das ist offenbar uncool - und undigital. Twitter, fb, Instagram, Snapchat, WosDepp sind heute angesagt. Es lebe die Blase!

  • Kretschmer ist einfach ein Schönwetterpolitiker. Er fühlt sich einem Unsinn verpflichtet, den er wahrscheinlich Normalität nennt. Er ist einer, der die "normalen" Wünsche seiner "normalen" Wähler nach "Normalität" versteht und verteidigt, egal ob Flüchtlinge Asyl brauchen oder Alte und Kranke auf Solidarität beim Kampf gegen das Virus angewiesen sind.

  • Ich schließe mich dem Beitrag von -Die- bis - rufen- an.

    Das kommt nicht so oft vor.

    Herr Kretschmer erzeugt in meiner, subjektiven Meinung mit seiner staatstragenden, unechten Rhetorik immer für Faust in Tasche.

    Bei MP Kretschmer stellt sich für mich die Frage wenn die Pandemie eingedämmt sein sollte, geht es dann locker, flockig weiter?(Als MP!)

  • Der herr Kretschmer scheint sich die ganze zeit in einem seltsamen paralleluniversum bewegt zu haben wenn er die schreckliche realität der pandemie nicht gesehen haben will. Für corona-leugner hatte er jedenfalls ein offenes ohr und viel, viel zeit. Nicht nur auf der dresdner demonstration der corona-leugner am 16. mai. Dort zeigte er sich ohne maske und bewegte sich eine stunde in einem pulk von demoteilnehmern. Sogar für einen "runden tisch" fand er zeit. Sich öffentlichkeitswirksam mit bekannten corona-leugnern wie Bhakdi, Homburg und anderen zu treffen läßt sich mit naivität jedenfalls nicht wegerklären.

    Abschließend eine frage: wie viele der 4.121 sächsischen corona-toten geht auf das konto des herrn Kretschmer? Jeder einzelne mensch der infolge seiner politik unnötigerweise sterben mußte ist einer zuviel. Und ein grund ihn - juristisch und politisch - verantwortlich zu machen.

  • Immer Scheiße wenn man es rechten recht machen will, aus Angst das sie bei der nächsten Wahl ihr Kreuzchen bei der AFD machen. Dann muss man sich halt öffentlich zum Deppen machen um den Schein zu wahren, weil alles desaströs verläuft. Politisches Kalkül. Verzockt auf Kosten der Gesundheit der Bürger.

  • „Entweder ist der sächsische Ministerpräsident unglaublich naiv oder aber völlig unfähig, ein Bundesland durch eine Krise zu steuern.“

    Das eine schließt doch das andere nicht aus. Man kann auch Läuse und Flöhe gleichzeitig haben.