piwik no script img

Kommunalwahlen in NRWDen Ernst der Lage nicht begriffen

Pascal Beucker
Kommentar von Pascal Beucker

Die SPD hat ein historisch schlechtes Ergebnis eingefahren. Die Verantwortung dafür liegt nicht nur vor Ort.

Norbert-Walter Borjans spricht von einer Trendwende und die SPD befindet sich weiterhin in der Krise Foto: Jürgen Heinrich/imago

E s gibt Wahlergebnisse, die lassen sich nicht schönreden. Die SPD versucht es trotzdem. Die Partei hat bei den Kommunalwahlen an Rhein und Ruhr am Sonntag ein historisch schlechtes Ergebnis eingefahren. Trotzdem behauptet ihr Vorsitzender Norbert Walter-Borjans, eine „erkennbare Trendwende“ zu sehen – weil es bei der Europawahl im vergangenen Jahr ja noch schlechter aussah.

Ein ziemlich billiger Taschenspielertrick: Wenn die SPD einen Ausweg aus ihrer tiefen Krise finden will, sollte sie auf solche Selbstbetrügereien verzichten. Dass niemand aus der Führungsspitze bislang auch nur den Anschein erweckt, nach den tieferen Ursachen des Desasters zu suchen, lässt nichts Gutes erwarten.

Nordrhein-Westfalen war lange Zeit das Kraftzentrum der deutschen Sozialdemokratie. Das Ruhrgebiet galt als ihre uneinnehmbare Bastion; auch in den Großstädten im Rheinland war sie eine starke Macht. Davon ist kaum mehr etwas geblieben. Die SPD hat vielerorts abgewirtschaftet, wirkt leer und verbraucht.

Die Folge: Die CDU ist in weite Ferne davongeschwebt, und die Grünen haben einen grandiosen Wahlerfolg eingefahren – vor allem auf Kosten der SPD. Die Ökoliberalen, die bei der Landtagswahl 2017 noch mit der Fünfprozenthürde kämpften, bewegen sich nun auf Augenhöhe mit den Sozialdemokrat:innen.

Bei allen Besonderheiten von Kommunalwahlen werden die Ergebnisse vom Sonntag dramatische Auswirkungen auf Bundesebene haben. Denn der SPD ist ausgerechnet in ihrem Stammland die lokale Verankerung verlorengegangen, die sie braucht, um bei der kommenden Bundestagswahl ein respektables Ergebnis einzufahren.

Es ist noch nicht so lange her, da wäre es unvorstellbar gewesen, dass die SPD in Aachen, Paderborn oder Mülheim an der Ruhr nur auf dem dritten Platz rangiert. Nur um Haaresbreite blieb ihr dieses Schicksal in Köln erspart – bei großem Rückstand auf die Grünen. In Dortmund, Duisburg oder Oberhausen, wo sie über Jahrzehnte mit absoluten Mehrheiten regierte, kommt die Partei jetzt gerade mal auf knapp über 30 Prozent. In Essen, Bielefeld oder Wuppertal, der Heimat von Friedrich Engels und Johannes Rau, liegt sie sogar darunter. Und in Bonn, Düsseldorf oder Münster schafft die SPD nicht einmal mehr die 20-Prozent-Marke.

Für den Niedergang gibt es in jedem einzelnen Fall vor allem lokale Erklärungen. Aber der Gesamttrend ist zu eindeutig, um die Verantwortung alleine auf die kommunale Ebene zu schieben. Walter-Borjans, Saskia Esken und Kevin Kühnert sollten sich Gedanken darüber machen, ob es wirklich so eine kluge Idee war, Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten gekürt zu haben. Es wird eng für die SPD. Auch wenn sie den Ernst der Lage nicht zu begreifen scheint.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft. Sein neues Buch "Pazifismus - ein Irrweg?" ist gerade im Kohlhammer Verlag erschienen.
Mehr zum Thema

51 Kommentare

 / 
  • Die NRW-Kommunalwahl im größten Bundesland Deutschlands galt als Gradmesser für die bundespolitischen Tendenzen. Sie offenbarte eine allgemeine Proteststimmung: Eine breite Abkehr des Volkes von den bürgerlichen Parteien, hin zu einer links-alternativen Perspektive. So wurden CDU und SPD gerade im 'roten Ruhrgebiet' durch teils desaströse Wahlergebnisse, ja, auffällig. Wohingegen die alternativen Grünen ihr stärkstes Ergebnis einfuhren - die wahren Gewinner der Wahl! Können sie ohne die alten Volksparteien (auch im Bund) regieren? Wohl eher (noch) nicht. Unverkennbar bleibt indes: Die Masse der Bevölkerung sehnt sich nach Wechsel. Hin zu einer Einheit von Ökologie und Ökonomie, weg von maximalprofitablem Raubbau an den Ressourcen. Dafür steht die NRW-Kommunalwahl ...

  • Fühl' mich leer und verbraucht



    Alles tut weh



    Hab Flugzege in meinem Bauch

    Kann nichts mehr essen, kann dich nicht vergessen



    Aber auch das gelingt mir noch...

  • Kevin Kühnert übernehmen sie.

    • @Justin Teim:

      Der Todesengel der SPD.

  • zwischen einer nach links gerücken cdu und der linken ist kein platz für die spd zumindest nicht in größeren prozenten.den öko anstrich habne die grünen der industriearbeiter ist out auch aufgrund der spd......

  • "....Walter-Borjans, Saskia Esken und Kevin Kühnert sollten sich Gedanken darüber machen, ob es wirklich so eine kluge Idee war, Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten gekürt zu haben. …"

    Mag sein, daß das keine gute Idee war.



    Aber war es eine kluge Idee, Walter-Borjans und Saskia Esken zu Vorsitzenden zu machen und Kevin Kühnert den Kurs der Partei bestimmen zu lassen ? Für die Strategie waren bei der SPD mal Leute wie Ehmke, Bahr oder Wehner verantwortlich, vom Niveauverlust auf der Vorsitzendenposition seit Schumacher und Brand gar nicht mal zu reden.



    Keiner von denen hat je etwas von sich gegeben, das nicht auch von einem Grünen-Parteitag mit Applaus bedacht worden wäre.



    Wer soll denn überhaupt noch SPD wählen ?



    Wer auch nur auf die Idee kommt, daß die AfD mit ihrer Ausländer- und Identitätspolitik nicht ganz falsch liegt bekommt ja ganz deutlich zu verstehen, daß die SPD auf seine Stimme keinen Wert mehr legt.



    Und die peinliche Anbiederei an die Grünen bestätigt jeden potentiellen Grünen-Wähler darin, gleich das Original zu wählen.



    Ob die Herrschaften aufwachen, wenn sie irgendwann in Sachsen oder Thüringen an der 5-%-Hürde scheitern ?



    Wahrscheinlich nicht.

  • "Wenn die SPD einen Ausweg aus ihrer tiefen Krise finden will, sollte sie auf (solche) Selbstbetrügereien verzichten."

    Zustimmung. Das sollte als Erstes damit losgehen, dass man das blasse Rot im Logo durch ein kräftges Farblos ersetzt.

  • "Das was Sie hier gleich lesen ist eine Metapher"

    Der Mega Vampir der die Seele der SPD ausgesaugt hat, der beste Freund und der krasseste Lobbyist vom lupenreinen Demokraten und der beste Genosse der Bosse aller Zeiten, der alles tat zu seiner Zeit als Vampir Vater um im Anschluss bei Nord Stream sich den selbst zugeschacherten Job schmecken zu lassen, hat eine seelenlose Zombie SPD hinterlassen, die Folgen dessen sehen wir noch heute! Jetzt macht die SPD sogar noch einen Vampir-Helfer zum Kanzlerkandidaten, wenn das der beste Schachzug ist um vorzeitig begraben zu werden, dann ist das wohl so gewollt! Die Programmatik der SPD kommt der Hülle eines Untoten gleich! Das einzige was der SPD noch fehlt ist, das der Mega Vampir noch auf Wahlkampftour geht um die Menschen wieder daran zu erinnern, wer der SPD die Seele ausgesaugt hat! Neues Leben lässt sich der SPD nur einhauchen, wenn Sie mit einer neuen und ehrlichen programmatischen Seele wiedergeboren wird, dazu ist aber unbelastetes Blut erforderlich! Das wird aber solange nicht passieren, weil keiner seiner Vampirkinder den Schneid hat sich vom Mega Vampir und seine Taten die er der Seele der SPD und dem Wähler angetan hat zu distanzieren, der Mega Vampir wird heute von vielen, erst recht von der alten Vampirgarde immer noch zu einem Vampir Pop Star stilisiert und verklärt! Keinen in der seelenlosen SPD kommt es komisch vor, das das aussaugen der Wählerseele von damals, von denen heute beklatscht wird die einer anderen Vampirbrut angehören, und die SPD am liebsten mit einem Holzpflock im Herzen sehen würden! Damit die SPD wiedergeboren wird braucht Sie mit dem jetzigen Vampiren ein Wundermittel, viel Weihwasser in Form von einer neuen radikalen progressiven Programmatik, und sehr sehr viel beten für das fast unlösbare, erhalten von ideologiefreien nicht mehr unter dem Einfluss von Vampiren stehendes unverbrauchtem Personal!

  • ABGESANG ..."das sozialdemokratische jahrhundert ist zu ende", sagte uns ralf dahrendorf, als es noch kräfte der politischen analyse gab. sie hat kein programm, kein profil und kein personal. und mit den scholz und geisels als noske-imitat ist auch kein staat mehr zu machen: jedes hat seine zeit...

  • Die SPD hat keine gesellschaftspolitischen Visionen und Ziele für die Zukunft mehr, es fehlen die richtigen Personen Profile, das gilt für Kommunen, Länder Bund gleichermaßen.

  • Die einzige Möglichkeit, wie sich die SPD langfristig erhalten kann, besteht in einer Fusion mit den Grünen. Die regieren sowieso immer zusammen...Bündnis 2025 SPD/Grüne...ansonsten wird die SPD gegen die Grünen keine Schnitte haben. Die Glaubwürdigkeit ist längst verbrannt, der Zeitgeist ist Grün und Die Basisbewegungen sind eh eng vernetzt. Seit Jahren analysieren sich diverse Autoren über immer neue Tiefpunkte der Sozialdemokraten dumm und dämlich und merken dabei nicht, dass der Niedergang der SPD genauso unaufhaltsam ist wie der Aufstieg der Grünen! Es liegt weder an Posten noch an Positionen, es ist schlicht und ergreifend der Zeitgeist!

    • @Seitenwechsel:

      Mag ja sein, dass es am Zeitgeist liegt, aber an welchem denn? Der Zeitgeist, den Schröders SPD nach der Wahl aufgriff, war eine unreflektierte neoliberale Denke, die die Interessen „der Wirtschaft“ vorrangig vor den Interessen der Menschen sieht. Wer damals rot-grün gewählt hat, wollte vor allem den Dicken nach 16 Jahren nicht mehr sehen und konnte seine allabendlichen hohlen Worthülsen nicht länger ertragen.



      Die Grünen heute haben ja mit den Grünen damals nicht mehr allzuviel gemein. Sie sind inzwischen so eine Art CDU für junge Leute und Frauen geworden. Die SPD konnte ihre Erneuerung bislang immer sehr erfolgreich verhindern, indem sie ständig nur davon redete, aber im Kern alles schön beim Alten ließ. Sie ist heute im Grunde voll und ganz damit beschäftigt, die sozialen Schieflagen mehr schlecht als recht zu reparieren, die sie selbst in Regierungsverantwortung eingefädelt hat. Eine Neuauflage von Rot-Grün ist deshalb mit Sicherheit keine Perspektive - für niemanden.

      • @Rainer B.:

        Ich meine, dass das gros der Bevölkerung sich gar nicht dafür interessiert, wie die Grüne oder die Sozialdemokratische Politik konkret aussieht, sondern eher nach Gefühl entscheidet.

        Zurzeit steht der Klimawandel im Mittelpunkt des Interesses und da ist es einfach naheliegend, dass die Grünen davon profitieren. Viele wissen, dass es auch Greenwashing gibt oder dass die Sozialpolitik der Grünen verbesserungswürdig ist. Im Anbetracht des Klimawandels (Zeitgeist) wählen Sie aber trotzdem Grün.

        Ihre Analyse zur SPD mag zutreffend sein, aber selbst wenn sich die SPD dies zu Herzen nähme und verbessern würde wäre es nun zu spät. Zu lange und zu oft wurden SPD Wähler enttäuscht und belogen, die kommen nicht mehr zurück (mich eingeschlossen) Was die Richtige Perspektive wäre weiß ich nicht...

        Ich fände ja eine Minderheitsregierung mit Wechselnden Mehrheiten optimal, das belebt den Demokratischen Prozess. Warum müssen unbedingt immer eine oder mehrere Parteien alles durch entscheiden, besser wäre es in meinen Augen wenn das gesamte Parlament die Regierung darstellt und sich immer neue Mehrheiten bildeten. Diese Meinung ist aber nicht sonderlich populär...

        • @Seitenwechsel:

          Der Klimawandel ist eine Tatsache und nicht etwa ein Zeitgeist. Dagegen helfen auch keine wechselnden Mehrheiten.

          • @Rainer B.:

            Natürlich ist der Klimawandel Fakt, aber nicht erst seit gestern... erst seit ein paar Jahren dominiert er das Zeitgeschehen, obwohl es schon seit den 70ern erwiesen ist, dass die Erde sich erwärmt. Das meine Ich mit Zeitgeist...

            • @Seitenwechsel:

              Nicht der Klimawandel, sondern der Kapitalismus dominiert weiterhin das Zeitgeschehen. Übrigens ist das auch der Hauptgrund für den menschengemachten Klimawandel.

              • @Rainer B.:

                Doch, der Klimawandel dominiert den Zeitgeist....Übrigens möchten Sie wohl unbedingt das letzte Wort behalten, obwohl wir uns im Grunde einig sind.

  • Ich finde Pascal Beuckers Kommentar ein wenig überanalysiert. Ist es nicht Aufgabe von Parteivorsitzenden, Zuversicht zu verbreiten?

    Meiner Meinung nach liegt ein wichtiges Problem der SPD (und auch der Linken) darin, Politik für Menschen zu machen, die sich kaum für Politik interessieren: je weniger Wohlstand und Bildung desto weniger Wahlbeteiligung.

    Wird die SPD bei der Bundestagswahl 2021 über 10% kommen? Sie liegt in Umfragen bei 17%, und das Thema Wirecard klebt am sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten Scholz. Zu Beginn der ersten GroKo 2005 lag die SPD bei 34%.

    Wenn die Grünen (in Umfragen bei 19%) in einer neuen von CDU/CSU geführten Bundesregierung den Job der SPD als Juniorpartner übernehmen sollten, könnte die junge grüne Wählerschaft von „fridays for future“ sich von einer realpolitischen grünen Regierungspartei abwenden. Denn in der Opposition fallen Versprechnungen leichter als in der Regierung. Davon profitieren könnte „radikal:klima“ (r:k), eine neue Partei, die statt „green growth“ auf „no growth“ oder „degrowth“ setzt.

    Optimistisch zusammengefasst könnte es bestenfalls 2025 zu einer ersten grün-rot-roten Bundesregierung kommen. Dazu müssten in der öffentlichen Meinung die Themen Klima und Soziales weiter in den Vordergrund rücken. Und die Deutsche Mehrheit müsste dann nach 20 (!) Jahren CDU/CSU Lust auf einen Wechsel verspüren.

    • @Elmar:

      Sie plädieren für Optimismus auf Kosten der Realität? Will die SPD überleben, sollte sie dringen aufarbeiten, warum sie so viele Wählenden verloren hat.

    • @Elmar:

      Das Problem der SPD liegt immer noch darin, unter der Kanzlerschaft Schröders die Vermögenden und oberen Einkommensschichten entlastet und die mittleren und unteren Einkommensschichten belastet zu haben. Bis heute wurden diese sozialdemokratischen Zumutungen nicht rückgängig gemacht und die glaubwürdige Absicht dies zukünftig zu tun besteht auch nicht, da die SAP-Parteispitze sich davon nicht glaubhaft distanziert, noch konkrete Alternativen aufzeigt! Und das Problem liegt halt nun darin, dass dies auch sogar die Menschen mitbekommen haben, die sich wenig bzw. gar nicht für Politik interessieren, aber vor diesen unsozialdemokratischen Maßnahmen SPD gewählt haben oder sich nun immer mehr abwenden von dieser SPD!

      • @Jonas Corvin:

        könnte es nicht daran liegen das der alte industrie/berg arbeiter abgeschaft wird? medienschaffende wählen eher grün...... der wähleranteil nach berufsgruppe wird eher gleich bleiben und arbeiter wechseln eher zur afd als zur linken das sollte der spd zu denken geben.......

      • @Jonas Corvin:

        "Bis heute wurden diese Zumutungen nicht rückgängig gemacht" Wie sollte die SPD das als Juniorpartner der Union oder in der Opposition mache? Die letzten 15 Jahre waren unionsgeführt. Da hatte die SPD als reine Mehrheitsbeschafferin einen schweren Stand.

        Davon mal abgesehen, scheint der Wähler am rückgängig machen dieser Zumutungen wenig bis gar nicht interessiert zu sein. Andernfalls hätte die Oskar Lafontaine WASG Zulaufraten haben müssen ohne Ende. Stattdessen hatte sie häufig Probleme die 5 Prozenthürde zu überwinden.

        Wahrscheinlich gibt es derzeit keinen Bedarf an linker Politik. Der derzeitige Bundestag, wie auch fast alle Länderparlamente zeigen doch eindrucksvoll, dass es schwierig bis unmöglich ist eine linke Mehrheit zu finden. Und eine "linke" Mehrheit ist da auch schon unter großzügiger Wertung gemeint, dass die Grünen noch als linke Partei durchgeht.

        Schaut man sich deren Wähler an, kann man da nämlich schon sehr gut dran zweifeln.

        Zu einer echten Analyse der Situation gehört eigentlich sich mal die grundlegende, strategische Frage zu stellen, was für eine Partei man eigentlich sein will, linke Mitte oder links gerichtet. Bei zweiterem gehört es dann zur Wahrheit den Anspruch auf das Kanzleramt für mehrere Wahlperioden ruhen zu lassen und die Kür eines eigenen Kandidaten als lächerliche Folklore zu beerdigen.

        • @Kriebs:

          Die WASG wurde überwiegend nicht ernst genommen, war auch nur eine Legitimierungsshow für die Linkspartei. Die Linkspartei ist doch noch heute stigmatisiert als SED Nachfolgepartei und daher überwiegend keine Alternative für verärgerte SPD Wähler. Und auch als Juniorpartner können deutliche Akzente gesetzt werden und Alternativen aufgezeigt werden, wie dies künftig sozial besser gestaltet werden kann. Die SPD Parteispitze hat und hatte daran überhaupt kein Interesse, da dies alles Mitverantwortliche von Agenda 2010 sind.

      • @Jonas Corvin:

        Richtig. Der überlaufene oder streikende Wähler hat gute Gründe. Und Scholz als Spitzenkandidat auszusuchen (aus unergründlicher innerer Parteilogik ?) grenzt an Selbstvernichtungstrieb. Die Genossen haben seit Peer Steinbrück nichts gelernt.

        ("ein wichtiges Problem der SPD (und auch der Linken) darin, Politik für Menschen zu machen, die sich kaum für Politik interessieren: je weniger Wohlstand und Bildung desto weniger Wahlbeteiligung".)

        • @Eulenspiegel:

          Glauben Sie ernsthaft mit einem linkeren Kandidaten hätte die SPD eine Chance zu gewinnen?

          • @Kriebs:

            Die SPD verliert, die LINKE verliert ebenfalls. Dann zu glauben die SPD wäre erfolgreicher wenn sie nach links rückt ist wohl eher träumerei.



            Man muss sich damit abfinden: Für linke Politik gibt es in Deutschland (zurzeit) keine Mehrheiten

  • Ich denke, dass dieses machohafte Proletengehabe, was auch mit "Bätschi...in die Fresse" fortgeführt wurde, der SPD das Genick brechen könnte. Es haben eben heutzutage nicht mehr nur der hart arbeitende Herr des Hauses das Sagen, sondern auch die Gattin und Kinder. Und die haben oft andere Vorstellungen davon, wie Interessen durchgesetzt werden sollten, jedenfalls nicht mit "in die Fresse".

  • Die SPD hat keinen wirksamen Markenkern mehr, sie steht weder für soziale Gerechtigkeit, noch für konsequenten Wirtschaftsliberalismus, sie steht weder links, noch rechts, weder für Sozialismus, noch für Wirtschaft, das war zwar im Ansatz immer so, aber die Trendwende kam mit Gerd S. und der Agenda 2010, dies war der Anfang vom Ende. Die SPD hat seit einigen Jahren wieder mehr Energie, um sozialen Ausgleich herzustellen, aber das Land verfügt über mehrere Mio. arme Menschen, viele davon Kinder und Jugendliche, die im Jobcenter verwaltet werden. Auch sonst fällt es der SPD schwer, sich zu positionieren oder andere Themen anzugehen. Die SPD ist auch personell nicht gerade gut bestückt, der Jusos-Vorsitzender Kühnert ist der heimliche Star der Partei geworden. Altgediente und erfahrene Abgeordnete oder Mandatsträger wirken müde und verbraucht, langjährige Strippenzieher wie Kahrs zogen sich überraschend aus der Politik zurück. Scholz ist nun der Spitzenmann, er soll richten, was er eigentlich angerichtet hat und neue Ideen oder andere Konzepte hat er eigentlich nicht, er rechnet nur Koalitionen im stillen Kämmerlein durch. Ob das reicht? Ich glaube nicht, die SPD steht vor einem dauerhaften Abstieg und sie kann viele Dinge realistisch kaum noch einfordern, vielleicht klappt es noch mit einer Kanzlerschaft für vier, bewegte Jahre, danach dürfte die SPD nur noch den Außenminister stellen. Wenn überhaupt, ab und an einen Bürgermeister und Ministerpräsidenten.

    • @Andreas_2020:

      So sieht es aus und das zeigen auch die Umfragen. Die größte Wirtschaftskompetenz sehen die meisten Leute mit Abstand bei der Union. Und bei den zwei drängendsten aktuellen Fragen, nämlich der Migration und dem Klimaschutz sind die zwei Pole die Grünen und die AFD. Und beim Thema Sozialstaat hat die Linke am meisten zu bieten.

      Mir fällt kein einziges Thema ein, für das die SPD die Fackelträgerin wäre.

  • 0G
    04369 (Profil gelöscht)

    Stellen sie das Rauchen ein und bringen sie ihren Sitz in eine aufrechte Position, in Kürze beginnt der Sturzflug. Vielen Dank das sie mit uns geflogen sind, ihre Never Comeback Line SPD.

  • Ich habe noch das wirre Gebrabbel von Kevin Kühnert in den Ohren, wie er plötzlich Olaf Scholz als neuen Star am SPD Himmel verkaufen wollte. Und dennoch glaube ich nicht, dass der forlaufende Misserfolg der SPD wesentlich etwas mit dem Rechtskurs dieser Partei zu tun hat, denn das ist nicht Neues. Links blinken und rechts abbiegen hat Tradition bei der SPD. Siehe Kühnert.

    Wer wie ich die furchtbaren konservativen Zeiten der Sechsziger d.l.Jh. miterlebt hat, muss leider feststellen, dass zwar auf einer anderen Ebene diese engstirnige Bürgerlichkeit erneut wieder um sich greift.



    Die drei vorherrschenden Parteien, CDU, SPD und Grüne neigen immer mehr dazu, ihre teils ähnlichen Positionen quasi als alternativlos zu verstehen. Das erschwert bzw. erschlägt ganz wichtige Diskussionen wie beispielsweise intelligente Vorschläge zur Klimapolitik.



    Stattdessen verharrt das Land in Stagnation, weil allen Parteien der rote Faden fehlt. Von Visionen ganz zu schweigen. Vom allgemeinen Rechtsruck sind natürlich Linke besonders betroffen.

    Man kann das alles anders sehen. Ich nehme dieses Land allerdings als eine im Konservatismus schwer atmende und nach Luft ringende gespaltene Gesellschaft wahr. Es fehlen dem Land der Dichter und Denker moderne fortschrittlich agierende Intellektuelle, die den Mut haben, sich dem Mainstream zu widersetzen, sofern sie überhaupt noch Medien finden, die sie nicht nur als Alibi Linke zu Wort kommen lassen.

    • @Rolf B.:

      "Es fehlen dem Land der Dichter und Denker moderne fortschrittlich agierende Intellektuelle, die den Mut haben, sich dem Mainstream zu widersetzen,"

      das mit dem fehlen " fortschrittlich agierender Intellektueller "mag ja zutreffen -aber Ihr affirmativer bezug auf das "Land der Dichter und Denker" bleibt mir unverständlich-denn von diesen waren doch die allermeisten reaktionär.

    • @Rolf B.:

      " Es fehlen dem Land der Dichter und Denker moderne fortschrittlich agierende Intellektuelle, die den Mut haben, sich dem Mainstream zu widersetzen, sofern sie überhaupt noch Medien finden, die sie nicht nur als Alibi Linke zu Wort kommen lassen."

      Sie sind ja ein ganz schlauer. Nicht mal mehr die linken Parteien in DE sagen Ihnen zu. Dazu Mainstreammedien und Mainstreampartein rein gemixt. Warum nicht gleich mit dem Begriff "Lügenpresse" arbeiten. Oder passt ihnen "Systempresse" besser?

      Was bleibt bei Ihnen noch an Parteien übrig? Welche Fortschrittspartei hättens den gerne? de.wikipedia.org/w...Fortschrittspartei

    • @Rolf B.:

      ... Land der Richter und Henker ;-/

    • @Rolf B.:

      1.Land der Dichter und Denker -OK.



      Es könnten wieder mehr werden. Da meine ich jetzt nicht unbedingt RDV.!



      2.moderne fortschrittlich agierende...OK..

      Intellektuel



      de.wikipedia.org/wiki/Intellektueller

      kann muß aber nicht. Die berühmte Krankenschwester, Handwerker u.s.w.bringen das auch!

      • @Ringelnatz1:

        Handwerker oder KrankenpflegerInnen werden doch nur zur Kenntnis genommen, wenn man sie braucht. Und Intellektuelle, die sich kritisch mit unserer Gesellschaft, den Parteien und den Regierenden auseinander setzen, braucht hier offensichtlich niemand mehr. Ich denke da an Frankreich und beispielsweise an Didier Eribon, die sich zu Wort melden und die Gelbwesten unterstützen, während sie hier mit allen unsäglichen Vorurteilen verteufelt werden.

        • @Rolf B.:

          In Frankreich hat man aufgrund der von Revolution geprägten Geschichte ein anderes Verständnis von politischen Protesten als in Deutschland (unter vielen). Ähnlich wie man in GB mit einem Redeparlament gut leben kann, während dies zum deutschen Verständnis eines Arbeitsparlaments überhaupt nicht passt. Mit Intellektuellen hat das wenig zu tun.

          • @Devil's Advocate:

            Es ist doch nicht von der Hand zu weisen, dass es im Gegensatz zu Deutschland linke Intellektuelle gibt, die auch in der öffentlichen Diskussion eine Rolle spielen.

            Das war auch in Deutschland im letzten Jahrhundert zeitweise so. Begleitet von einer großen Protestwelle.

  • Ich denke schon, dass sich die SPD ihrer Situation bewusst ist. Sie ist halt programmatisch und personell hilflos. Etablierte Parteien können sich nicht von innen heraus reformieren. Dazu sind die internen Strukturen mit ihren persönlichen Abhängigkeiten, Traditionen und Verstrickungen sowie die Teilhabe an den Pfründen des Staates fürs individuelle und gemeinsame Wohlergehen viel zu wichtig. Solche Parteien verfallen einfach nach und nach, wenn sie für die wichtigsten gesellschaftlichen Probleme keine wirklich neue Antworten anzubieten haben. Außerdem müssten sie an neue Bewegungen angebunden sein. Nur da könnte neue Schubkraft herkommen. Das geht nicht. Dem steht entgegen, dass sie halt so sind, wie oben beschrieben.

    • @Andreas Baumgart:

      Ein scheinbar ziemlich lieblos zusammengewürfelter Beitrag. Welche etablierten Parteien sind denn in der Vergangenheit einfach nach und nach verfallen? Ich kenne keine.

  • ....Walter-Borjans, Saskia Esken und Kevin Kühnert sollten sich Gedanken darüber machen, ob es wirklich so eine kluge Idee war, Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten gekürt zu haben. ...



    Ich triffte von Erschütterung hin zum Zynismus. Man tut das gut!Kevin Kühnert war für mich bisher neutral, guter Rhetoriker. Ging so. Haben die SPD- Granden den jungen Mann eingekauft mit Zukunftspöstchen! Sein Schwenk zu Olaf Scholz läßt durch die Schnelligkeit eine gewisse Übelkeit zurück.



    Und dann natürlich die vorgef. Schubladenantworten.



    Aufwärtstrend



    Trendwende



    Die SPD fährt d. schlechteste KW-Ergebniss überhaupt ein und dann dieser zukunftsgewande, erfrischende Optimismus. Es geht voran nach unten!



    No-laf!

  • Ich sach's mal so: Die nordrhein-westfälischen Wähler konnten Olaf Scholz nicht zum Kanzlerkandidaten küren und sie konnten ihn auch nicht als Kanzlerkandidaten abwählen. Trotzdem - oder auch gerade deshalb - muss man Pascal Beucker zustimmen, dass es keine so kluge Idee war, Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten zu küren. Wer insgeheim gehofft hatte, ihn so schneller loswerden zu können, wird wohl schon recht bald eines Besseren belehrt werden.

  • Der Artikel beschwert sich, dass die SPD keine Ursachenforschung betreibt und empfiehlt dann, dass die Kandidatur von Scholz wohl der/ein Fehler ist. Ob das zusammenpasst? Will der Wähler erkennbar Kühnert und Esken pur?

    Ist ein Hauptproblem der SPD nicht eher, dass sie sich seit langem als DIE Partei für Migranten stark macht, aber in Marxloh gerade mal 16% wählen gehen? Von ihrer alten Klientel wählen die Betuchteren lieber Grüne, die anderen wahrscheinlich auch gar nicht oder CDU.

    Ist in dieser Lage Scholz das Problem?

  • Warum sollte Olaf Scholz der Grund sein, warum die SPD so abgestürzt ist? Wenn es einen Trend zu sozialistischer, sozialdemokratischer oder einfach linker Politik gäbe würde man doch erwarten, dass die Wähler zur Linken abwandern.

    Sie wandern aber nach ganz rechts außen und zur Öko FDP (formerly known as „Die Grünen“). Möglicherweise ist also der Linkskurs derzeit nicht mehrheitsfähig. Oder es liegt daran, dass die SPD seit Jahren jegliches Personal mit Charisma konsequent aussortiert. Bis auf Kevin Kühnert hat die derzeitige SPD-Spitze inkl. des pro forma Kanzlerkandidat das Charisma eines Kartoffelsacks.

    • @Kriebs:

      Im SPD Parteikader hadern halt viele immer noch mit Gerhard Schröder, Hartz 4, Agenda 2010, die Abspaltung der WASG/Linke, ... das ist ihr großes nie überwundenes Trauma. Das Thema interessiert aber nur noch 5% der Wähler, aber um die meinen die Parteilinken kämpfen zu müssen. Den Rest machen Union und Grüne unter sich aus.

  • Vielleicht liegt es auch weniger am Kanzler-Kandidaten, sondern mehr an den Leuten, die sich Gedanken machen sollen?

  • Wozu braucht man die SPD noch?

    Wem eine weltoffene und liberale Lebensweise samt Öko-Anstrich wichtig ist, wählt grün. Die Linke liefert in weiten Teilen schon das, was Walter-Borjans, Saskia Esken und Kevin Kühnert aus der SPD machen wollen. Eine konsequentere linke Partei.

    Was im Parteienspektrum fehlt ist etwas, was Wagenknecht vorgeschwebt hat: Eine linke Partei, die sich um die Probleme der kleinen Leute kümmert, in bestimmten Elementen aber rustikaler ist (weniger Gender/keine offenen Grenzen/usw).

    Damit könnte sich in NRW und woanders wieder stärker "lokal verankern".

    • @gyakusou:

      Was mit der populistischen "kleine Leute vs. gierige Politiker"-Strategie bei Wagenknecht und "Wer hat's erfunden"-Kipping draus geworden ist hat man ja gesehen. Die Wähler haben von der Linkspartei zur AfD rübergemacht!



      Eine solche Politik ist nur der Durchlauferhitzer für rechte "Volksgedöns vs. gierige Politiker"-Politik.

      • @Rudolf Fissner:

        Der klassische SPD-Wähler ist nicht der Arbeitslose und Abgehängte wie ihn die Linke und nun auch Kühnert & co bedient, sondern der Malocher. Der Arbeiter im Stahlwerk usw. Diese Leute sind wirtschaftspolitisch links ( wobei sie allerdings Faulheit verabscheuen) und gesellschaftspolitisch eher konservativ - heißt, die können mit Debatten aus dem Proseminar Gender Studies nicht viel anfangen.

        Für diese Leute hat die SPD heute absolut nichts zu bieten.

        Das hat mit kleine Leute versus Eliten nicht das geringste zu tun.

  • Bin mal gespannt wann die Basis es rafft: Werft endlich die alte Agenda Mischpoke raus!

  • Nein, die Vorsitzenden sind selbst das Problem. Wer wählt denn sowas?