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Blick in den After: die „Judensau“ an der Stadtkirche von Wittenberg Foto: Steve Bauernschmidt/imago

Prozess gegen Judenhass-Symbol an KircheSauerei am Gotteshaus

In der Lutherstadt Wittenberg hängt ein antisemitisches Relief an der Stadtkirche. Michael Düllmann will, dass es verschwindet.

Dominik Baur
Von Dominik Baur und Klaus Hillenbrand aus Bonn/wittenberg/münchen

Es ist hie zu Wittenberg an unserer Pfarrkirchen eine Sau in Stein gehauen; da liegen junge Ferkel und Juden unter, die saugen; hinter der Sau steht ein Rabbin, der hebt der Sau das rechte Bein empor, und mit seiner linken Hand zieht er den Pirzel über sich, bückt und guckt mit großem Fleiß der Sau unter dem Pirzel in den Talmud hinein, als wollt er etwas Scharfs und Sonderlichs lesen und ersehen.“ – Martin Luther

Michael Düllmann, ein hagerer Mann von 76 Jahren, sitzt behaglich in seinem Sessel im Wohnzimmer seiner Bonner Wohnung. Pflanzen und Kakteen lassen den Raum ergrünen, Grafiken hängen an den Wänden und Bücher stehen in den Regalen an den Wänden. Es könnte hier sehr gemütlich sein.

Düllmann will aber nicht gemütlich sein. Er ist zornig, und der Zorn bricht sich in langen Reden Bahn. Was den Mann mit den schneeweißen Haaren so aufregt: ein steinernes Relief, gut 700 Jahre alt. Es ist das von Martin Luther beschriebene Schwein mit den Juden. Es hängt immer noch da. Für diese Art von Schmähwerk, das die religiöse Minderheit verspottet und ihren Glauben verhöhnt, hat sich seit dem Mittelalter ein Begriff eingebürgert: „Judensau“. Düllmann sagt über Wittenberg: „Der Antisemitismus hängt mit der ‚Judensau‘ über dieser Stadt.“

Das Schwein, Symbol für den Judenhass

Im Mittelalter fand dieser Begriff als besonders übles Schimpfwort Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch. Martin Luther sprach von den Juden als „aller Bosheit voll, voll Geizes, Neides, Hasses untereinander, voll Hochmut, Wucher, Stolz Fluchen wider uns Heiden“.

Auf Luther wiederum berief sich im ersten Nürnberger Kriegsverbrecherprozess Stürmer-Herausgeber Julius Streicher. 1998 trieben Neonazis ein Schwein über den Berliner Alexanderplatz, auf das sie einen Davidstern gemalt und den Namen des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, geschrieben hatten. Immer wieder werden Gedenkstätten, jüdische Friedhöfe, aber auch Moscheen mit Schweineköpfen geschändet. Und erst am Sonntag wurde bekannt, dass ein jüdisches Mitglied der Fahrbereitschaft des Bundeskanzleramts als „Judensau“ beschimpft worden ist.

Geht es nach Michael Düllmann, dann hat dieses Relief als Symbol des Antisemitismus die längste Zeit an der südlichen Chorfassade der Stadtkirche zu Wittenberg gehangen. Düllmann, selbst Jude, hat die Stadtkirche auf Entfernung des Reliefs verklagt, weil es eine Beleidigung für Juden darstelle. Den ersten Prozess hat er verloren, aber das ficht ihn nicht an. Am Dienstag will das Oberlandesgericht in Naumburg in der Berufung darüber verhandeln, was aus der „Judensau“ wird.

Schön restauriertes Schmähwerk des Mittelalters

Düllmann sagt: „Solange die ‚Judensau‘ an der Kirche hängt, solange das von der Stadt unterstützt wird, ist die Kirche antisemitisch belastet.“ Nein, zu Staub zermalmen will Düllmann die „Judensau“ deshalb nicht. Das Relief gehöre nicht in die Öffentlichkeit, sondern in ein Museum, wo sein Kontext erklärt werden könne, meint er.

Steht man vor der Stadtkirche in Wittenberg, übrigens einem Unesco-Weltkulturerbe, in dem einst Luther predigte, muss man den Hals ein wenig recken, um sie in gut vier Meter Höhe zu entdecken: die „Judensau“. Sie ist seit den 1980er Jahren schön restauriert, die Zitzen der Sau sind gut zu erkennen, die Juden mit ihren mittelalterlichen spitzen Hüten, die damals jüdische Männer zur diskriminierenden Kennzeichnung tragen mussten, darum herum, der Rabbiner; darüber prangt seit 1570 ein hebräischer Spruch: „Rabini Schem HaMphoras“ steht für den unaussprechlichen Namen Gottes. Was nichts anderes bedeutet als: Der jüdische Gott ist ein Schwein.

Nun ist es nicht so, als seien die Vertreter der Stadtkirche besonders stolz auf ihre „Judensau“. Ganz im Gegenteil. Sie selbst schreiben von einer „Schmähplastik“, einem „Schandmal“ und „gräulicher Judenverspottung“. Nur sieht Pfarrer Johannes Block deshalb noch keinen Grund, das Relief abzunehmen. Vielmehr habe man mit einem Gedenkstein seit 1988 deutlich gemacht, was davon zu halten ist. Und dann gebe es ja noch eine Stele mit erklärender Inschrift und eine Zeder als Symbol für den Frieden.

Michael Düllmann protestiert in Wittenberg am Reformationstag 2019 Foto: Peter Endig/dpa/picture alliance

Und in der Tat: Um ein Kreuzzeichen steht im Pflaster unter der „Judensau“ geschrieben, „Gottes eigentlicher Name“ sei „in sechs Millionen Juden unter dem Kreuzeszeichen“ gestorben.

Es sind Worte, die Düllmann erst recht auf die Palme bringen. „Wieso unter einem Kreuzeszeichen? Wieso soll der Name Gottes gestorben sein? Das ist Quatsch hoch zehn“, erregt er sich und spricht von einer „Fälschung der Schoah-Geschichte“. Und die Zeder sei übrigens mitnichten ein Symbol Israels, sondern des Libanon.

Zweieinhalb Jahre ist es her, da begann der Konflikt Düllmann contra Stadtkirche. Damals las er einen Zeitungsartikel über die Wittenberger „Judensau“. Und beschloss, etwas zu tun. Aber nur wegen dieses Zeitungsartikels ist es nicht zum Prozess Düllmann gegen die Stadtkirche gekommen.

Ja, bestätigt Düllmann, sein Kampf habe eine gewisse Vorgeschichte. Früher einmal habe er mit Vornamen Dietrich geheißen und er sei evangelisch getauft. Nach dem Abitur begann er, Evangelische Theologie zu studieren.

Düllmann und die Kirche: „Wir liegen über Kreuz“

Auf dem runden Tisch im Wohnzimmer liegt ein Berg Papiere, und Düllmann zieht einige Blätter heraus. Ein Text aus dem Spiegel aus dem Jahr 1968 berichtet von einem jungen Studenten, der sich in eine Wolfenbütteler Kirche einschließen lässt, um mit einer Axt auf seine Art und Weise gegen die „Pseudo-Christen“ zu protestieren. Düllmann zerschlägt aus Protest gegen Kriegsverherrlichung vier Ehrentafeln, eine mit der Aufschrift „Für Deutschlands Heil sind gefallen …“ Heute sagt er dazu: „Die Kirche hat sich vom Obrigkeitsstaat missbrauchen lassen.“

Antisemitismus über der Stadt? Marktplatz und Stadtkirche von Wittenberg Foto: Michael Szönyi/imagebroker/imago

Es bleibt nicht bei dieser Aktion. Düllmann versucht, die Berliner Mauer einzuschlagen (und scheitert an Westberliner Polizisten), er nimmt an Ostermärschen teil und landet 1990 wegen der Blockade eines Standorts von atomaren Mittelstreckenraketen für mehrere Monate in Haft. Neuerdings macht er bei Fridays for Future mit. Mit der evangelischen Kirche habe ihn schon in den 1960er Jahren immer weniger verbunden, sein Theologiestudium bricht er ab.

Anfang der 1970er Jahre geht Düllmann in ein israelisches Kibbuz. Eigentlich sollten es nur ein paar Monate sein, am Ende werden es mehrere Jahre. „Israel hat mich sehr berührt“, sagt er. Düllmann beginnt darüber nachzudenken, zum Judentum zu konvertieren – ein kompliziertes und langwieriges Verfahren, das sich über Jahre hinzieht. „Ich identifizierte mich mit einem Volk, das vernichtet werden sollte.“ Seit Ende der 1970er Jahre trägt er den Namen Michael Ben Abraham und ist Mitglied einer jüdischen Gemeinde. Seine Aufmüpfigkeit behält er.

„Ich habe mich schon immer aufregen können – für sozial Benachteiligte, aber auch politisch“, sagt Düllmann. Und er fügt einen Satz hinzu, den man ihm, dem bald 77-Jährigen, nun wirklich nicht abnehmen will: „Ich führe ein ziemlich ruhiges Leben.“

Nun also die „Judensau“ von Wittenberg. Die Beziehungen des Bonners zur evangelischen Kirche sind wohl das, was man in Scheidungsverfahren „irreparabel zerrüttet“ nennt. „Wir liegen über Kreuz“, sagt Düllmann. Doch er ist nicht der Einzige, der in schon gesetzterem Alter gegen das antisemitische Symbol angeht, das nicht nur die Stadtkirche zu Wittenberg verunziert, sondern immer noch an und in vielen anderen christlichen Gotteshäusern in Deutschland prangt.

Ich hüte mich vor Fanatismus. Ich habe alle Aktionen rational begonnen und beendet. Glauben und Vernunft gehören zusammen!

Michael Düllmann, Kläger gegen die „Judensau“ von Wittenberg

Der Protest vor dem Kölner Dom

Ein Hinterhof im Münchner Stadtteil Maxvorstadt. In einer Baracke hat Wolfram Kastner sein Atelier und hält dem Besucher gleich mal eine Flasche Wein hin. Nicht zum Trinken, mehr zum Gruseln. Das Etikett ziert das Konterfei Adolf Hitlers, dazu der Schriftzug „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“. Den Wein habe ihm ein Bekannter aus Italien mitgebracht. „Gibt’s auch mit Mussolini. Der Hammer.“ Den könne man dort ohne Probleme kaufen. „Das ist schon ein merkwürdiger Umgang mit Geschichte.“ Und der Umgang mit Geschichte, das ist etwas, was den Aktionskünstler schon seit Langem sehr stark beschäftigt.

So kam auch er auf die „Judensau“. 2002 war das. Kein Mensch beschäftigte sich damals mit dem Thema. Aber als die Melanchthon-Akademie in Köln eine Tagung zum Thema „Religion und Gewalt“ plante, fragte man ihn, ob er nicht eine Idee habe, wie man das Thema künstlerisch aufgreifen könne. Irgendwo hatte Kastner mal von einer „Judensau“ im Chorgestühl des Kölner Doms gehört, und schon war die Idee geboren. Kurz da­rauf steht Kastner mit zwei Vertretern der Akademie auf der Domplatte – um den Hals ein Schild, auf dem „Judensau“ geschrieben steht.

Die Dombaumeisterin lässt umgehend den Dom zusperren und ruft die Polizei. „Das war mir natürlich ganz willkommen“, erzählt Kastner, „weil alle Besuchergruppen nun auf der Dom­platte vor verschlossenen Türen standen und wir somit ins Gespräch gekommen sind.“ Mit Faltblättern informieren Kastner und seine Mitstreiter über das antijüdische Hohnbild. Die Polizei hat an der Aktion nichts auszusetzen, und so entspinnt sich vor dem Dom eine rege Debatte über die „Judensau“ im Kölner Dom.

Eine Debatte, die bis heute anhält und die in Gang gebracht zu haben Kastner mit einigem Recht für sich in Anspruch nehmen kann. Kastner, mittlerweile ein Mann von 72 Jahren, ausgestattet mit Schiebermütze, gelbem Schal und einem leicht ironischen Lächeln, sitzt im Nebenraum seines Ateliers mitten zwischen seinen Kunstwerken. Gleich neben ihm ein Gemälde gewordenes Zitat von Hannah Arendt: „Niemand hat das Recht zu gehorchen.“

Es folgten in den kommenden Jahren weitere Aktionen, etwa in Nürnberg, Regensburg oder Brandenburg sowie eine umfangreiche Website: Auf www.christliche-sauerei.de hat Kastner allerhand Informationen über die „Judensäue“ zusammengetragen. Von 30 solchen Skulpturen weiß man derzeit. Ein paar davon sind erst bekannt geworden, weil sich nach seinen Aktionen Leute bei Kastner meldeten und ihm von weiteren Hohnbildern berichteten, die sie entdeckt hatten. So kamen beispielsweise auch Bützow, Calbe und Zerbst auf die Liste.

Die seltsamen Argumente der Verteidiger

In den jeweiligen Kirchengemeinden und in den mitunter zuständigen staatlichen Stellen wie der bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung ist der Widerwille groß, sich mit dem Thema zu befassen. So gibt es im ehemaligen Dom von ­Zerbst in Sachsen-Anhalt eine besonders gut sichtbare „Judensau“. Auf Augenhöhe. Kastner regte eine Kommentierung an. Die evangelische Kirche antwortete: Nein, das wolle man nicht. Das Relief kenne sowieso niemand und man habe Angst, Neonazis darauf aufmerksam zu machen. Auch befürchte man Vandalismus, und dabei sei doch der Großteil des Doms im Krieg ohnehin schon zerstört worden. Und in Bayreuth, berichtet Kastner, sei ein örtlicher Priester als Taliban beschimpft worden – als er sich für die Entfernung einer „Judensau“ ausgesprochen habe.

Als positive Ausnahme kann das westfälische Lemgo gelten. Auch dort befindet sich – im Kircheninneren – eine Saufigur. Doch dort hat der Kirchenvorstand bereits in den Achtzigern, ohne Anstoß von außen, eine Tafel anbringen lassen, die nicht nur den Hintergrund der obszönen Darstellung erklärt, sondern auch ohne Umschweife klarmacht: „Unser Verhältnis zum jüdischen Volk steht nach wie vor im Schatten der jahrhundertealten judenfeindlichen Haltung sowie der Judenverfolgung und des Mordes an Juden in den Jahren 1933 bis 1945 in Deutschland und in den okkupierten Gebieten.“ Christen hätten sich dieser Schuld zu stellen, die Darstellung solle dazu anleiten, den Dialog zwischen Juden und Christen zu suchen.

Doch wirklich entfernt wurde in Deutschland wohl nur ein einziges Mal eine der antisemtischen Saufiguren. Das war 1945 im bayerischen Kelheim. Nur trug dafür nicht ein Deutscher die Verantwortung, sondern ein US-Offizier.

Kurz hinter der deutschen Grenze hingegen sind Reliefs dieser Art durchaus schon entfernt worden, auch mit dem Segen der Kirche. In Salzburg befand ein Bischof schon im 18. Jahrundert, so eine Darstellung könne man jüdischen Mitbürgern nicht zumuten, und in Basel und Wiener Neustadt landeten die antisemitischen Schmähwerke im Museum.

In Cadolzburg, Regensburg und Bad Wimpfen gibt es mittlerweile Informationstafeln, manche Kirchengemeinden haben Faltblätter drucken lassen. Insofern ist die Debatte nicht ohne Folgen geblieben. Doch die Texte sind im besten Fall halbherzig. In Regensburg etwa fehlt jede Distanzierung, jedes Bedauern. „Die Skulptur als steinernes Zeugnis einer vergangenen Epoche muss im Zusammenhang mit ihrer Zeit gesehen werden“, steht dort. „Sie ist in ihrem antijüdischen Aussagegehalt für den heutigen Betrachter befremdlich.“ Es klingt fast schon wie eine Rechtfertigung. Jetzt soll die Tafel überarbeitet werden.

Erklären oder ins Museum sperren?

Kastner plädiert dafür, die Skulpturen, die sich im Außenraum befinden, abzunehmen und ins Innere der Kirchen zu verfrachten. Dort seien dann Tafeln anzubringen, die über die Geschichte der „Judensäue“ informieren und auf denen man sich von jeder Form des Antisemitismus und Rassismus differenziert. „Wenn es deutschen Christen, Kunsthistorikern und Dombaumeistern so wichtig ist, sich mit dieser Geschichte auseinanderzusetzen, sollen sie das gerne tun; aber im öffentlichen Raum haben diese diffamierenden Skulpturen nach wie vor ihre beleidigende Botschaft.“

Michael Düllmann in Bonn genügt das nicht. Er verlangt, dass die antisemitischen Schmähungen in jedem Fall in Museen kommen. Er hält auch nichts davon, das Wittenberger Relief in ein Denkmal zu integrieren, so wie es jüngst der mitteldeutsche Landesbischof Friedrich Kramer angeregt hat. Düllmann sagt: „Ein Denkmal mit ‚Judensau‘ ist kein Schoah-Denkmal, sondern ein ‚Judensau‘-Denkmal.“

Dank Düllmanns und Kastners Energie ist so einiges in Bewegung gekommen. Nicht nur Kramer spricht sich inzwischen dafür aus, die „Judensau“ in Wittenberg von der Stadtkirche abzuhängen. Irmgard Schwaetzer, Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, ist derselben Meinung. „Das ist eklig, das will ich nicht haben, das muss weg“, erklärte Klaus Holz, Generalsekretär der Evangelischen Akademien. Und Felix Klein, der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, sagt: „Meiner Einschätzung nach gehört die ‚Judensau‘ ins Museum.“

Ja, er habe „Wichtiges bewirkt, nämlich die öffentliche Debatte“, bestätigt Michael Düllmann. Sollte das Gericht in Naumburg seine Klage auf Abnahme der „Judensau“ wegen Beleidigung ablehnen, dann will der Bonner Jude trotzdem weitermachen: „Ich gehe bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.“

Seine Kontrahenten sollten gewarnt sein. Düllmann sagt: „Ich hüte mich vor Fanatismus. Ich habe alle Aktionen rational begonnen und beendet. Glauben und Vernunft gehören zusammen!“

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70 Kommentare

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  • leider gab es vor 700 Jahren kein Facebook, denn dann wäre diese Schweinerei in den Wogen der Geschichte längst untergegangen. Auch unser guter Martin Luther müsste sich ein paar weniger Zitaten stellen.

    Sollte man auf die aktuellen Schwierigkeiten von Frau Kühnast verweisen, die manches grobe Wort als Meinungsäußerung hinnehmen muss?

    Ich hoffe, dass die deutsche Rechtssprechung noch die Kurve kriegt und die Kirche gewahr wird, dass Hetze auf einem Relief eher schwerer wiegt als ein anonymer Erguss auf einer Internetseite.

  • www.christliche-sauerei.de“

    Was verspricht sich der Herr von solchen generell Religionen verächtlich machenden Domain-Namen?

    Solche Auftritte zeigen eine generelle antireligiöse Haltung, die sich nicht sonderlich von der antisemitischen „Judensau“ Verwendung unterscheidet.

    • @Rudolf Fissner:

      Es gibt ja zumindest einen triftigen Unterschied. Die Seite zeigt Beispiele aus der Geschichte der christlichen Kirchen, die Judensau ist nichts anderes als Hetze, Entwürdigung und ein Ausdruck von rassistischem Hass und Verachtung.



      Ansonsten natürlich fast das Gleiche.

      • @Hampelstielz:

        Kastner ( de.wikipedia.org/w...Wolfram_P._Kastner ) gehört dem wissenschaftlichen Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung an ( de.wikipedia.org/w...ano-Bruno-Stiftung ).



        Und die hat eine klare antireligiöse Mission. Sie ist gar nach einem erklärten Antisemiten benannt. taz.de/Giordano-Br...mitismus/!5075498/

        • @Rudolf Fissner:

          Die Aufklärung hatte auch eine eher antireligiöse Haltung oder "Mission", wie du es ausdrückst. Neben allen anderen Religionen kann man auch die jüdische Religion als Schwachsinn verwerfen. Ein Antisemit ist man deshalb noch lange nicht.

          • @Hampelstielz:

            Herr Kastner ist nicht nur im Beirat einer Organisation, die sich nach einem Antisemiten benennt, diese Organisation hat sich (taz, siehe link zuvor) "schon früher Antisemitismusvorwürfe eingehandelt, weil sich Juden in ihren Publikationen in „Stürmer“-Manier dargestellt sahen."

            Was soll das mit Aufklärung zu tun haben? Religionskritik bzw. "Aufklärung "muss nicht in Antisemitismus münden.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Das Geld für meinen diesjährigen Bermudaurlaub kann ich mir offenbar sparen.

    Hier haben wir das offenbar ganz umsonst. Schreiben und verschwinden. Wohlan.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @76530 (Profil gelöscht):

      Das grenzt schon an einer ... Offenbarung.

  • Wir sammeln jetzt den ganzen Haß und die ganze Hetze die die diversen Religionen jeweils über die anderen verbreiten und dann verbieten wir sie alle.

    • @Werner S:

      Sie vergessen das ganze rechte (Adolf) und linke (Josef Wassilionowitsch) Atheisten Gedöns. Womit man zu dem Punkt kommt, doch gleich die ganze Menschheit zu verbieten.

      Aber? Wie will man sich selber verbieten? Das funktioniert schon nicht mit der Schokolade im Kühlschrank.

      Welche Maßnahmen haben Sie da so im Sinn als Friend of Verbieting?

      • @Rudolf Fissner:

        Schokolade im Kühlschrank?



        Wer macht denn sowas !

    • @Werner S:

      Wir sammeln jetzt den ganzen Haß und die ganze Hetze die die diversen atheistischen Weltschauungen jeweils über andere verbreiten und dann verbieten wir sie alle.

      • @Hans aus Jena:

        Sobald ihr euch einigt welches der richtige Gott ist, bin ich dabei.

        Besser gar kein Gott als einen eifersüchtigen. 5 Mose 6:15.

        Ist Gott eigentlich eine Frau?

        • @Werner S:

          a) Gar kein Gott hat im 20 Jhd. auch nicht funktioniert, Hetze und Mord gab es in atheistischen Staaten trotzdem.



          b) möglich, da hat jeder sein eigenes Bild. Deswegen ist es ja so problematisch mit dem "richtigen" Gott.

        • @Werner S:

          Gott*in

        • @Werner S:

          Gott*in

        • @Werner S:

          Dann ist doch seit "Dogma" abschließend geklärt.

  • Leider verdeckt die Überschrift den unteren Teil des Relief-Photos.

    Ist es bezeichnend, dass hier ausgerechnet ein Konvertit seine Empörung über seine früheren Glaubensgenossen gerichtlich ausbreiten will?

    • @meerwind7:

      Wollt‘s nicht auf‘s Tapet bringen - aber:

      Konvertit - “… „Ich gehe bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.“



      Seine Kontrahenten sollten gewarnt sein. Düllmann sagt: „Ich hüte mich vor Fanatismus. Ich habe alle Aktionen rational begonnen und beendet. Glauben und Vernunft gehören zusammen!“ - “ Fin - Ach.

      kurz - endgültig da - mußte ich denn doch auch a weng schmunzeln. Gelle.



      &



      Die Autoren? ~•~ bemüht. Mit Verlaub.

      • @Lowandorder:

        &!Däh&Zisch - Mailtütenfrisch -

        “ "Glauben und Vernunft gehören zusammen!“ ... Sach mal: "Sie schließen sich nicht aus." Einer meiner Lieblingssätze: "Ich glaube zu wissen.







        Den Satz „Ich glaube zu wissen.“, hielt ich so lange für widersinnig, bis mir klar wurde, dass mein „Wissen“ größtenteils „Glaube“ ist. Ich glaube das, was mir als Wissen vermittelt wird (Schule, Medien, Fachliteratur usw.), wenn es „schlüssig“ erscheint. Und wenn Berichte, Thesen und/oder Theorien mit Fakten ausreichend bis überwältigend belegt sind. Jaja. Menschen konnten anfangs, nachdem sie die Bäume verlassen hatten, ja vieles nicht erklären und haben darum die Götter erfunden, die angeblich alles bewirken. Und dann kamen einige daher und wollten die Existenz der Götter beweisen. So entstand Wissenschaft.“

        kurz&knapp - Wer mal Descartes - dünnes Teilchen - Coitus - ergo sum - ;)



        Sich spaßeshalber hat zu Gemüt geführt.



        Wird sich schmunzelnd der Kotaue - um unter der Radarkeule zu bleiben!



        Erinnern. Nur - Dialektik der Aufklärung - hin oder her!



        Seine Blasphemien & solche - zu finden.



        Fiel den Ratze(Vor&Nach)Gängern. Gelle



        Nie schwer.

        • @Lowandorder:

          Die Ausslassungen über Coitus, Kotau und Blasphemie unterschreibe ich mit Schmunzeln.



          Ratzefatze brauchen wir dazu nicht

  • Mit Verlaub - neige ja sehr dem Uhlenspeigelschen Ansatz zu doch doch!



    &



    Wenn ich lese -



    “… muss man den Hals ein wenig recken, um sie in gut vier (!) Meter Höhe zu entdecken: die „Judensau“. Sie ist seit den 1980er Jahren schön restauriert,…“

    Dann erinnert mich Ersteres - sorry - aber doch sehr an den steinalten Witz:



    “Nein. Nein. Junger Mann. Sie müssen erst den Küchenstuhl auf den Tisch &



    Dann durchs Oberlicht. Schauens.. Da!!“



    &



    Das Zweite - an typisch Deutsche - Restorierungs&pc-ler Wut. Nix einfach -



    Rotten lassen. Gellewelle&Wollnichwoll.

    unterm—— dieser — öh feine Herr -



    “Außer Thesen nix gewesen“ (R.G) - Dieser Bauernverräter & Fürstenbüttel.



    Geht mir - mit Verlaub - sowas vom am Arsch vorbei. Wie die ebenfalls lang & schmutzig - antisemtisch ausgewiesene



    Alleinseeligmachende & all die anderen.



    Abgefeimten amtlich dreistberechnend - Nasse-Besen-Schwinger •

    So geht das

  • "„Ein Denkmal mit ‚Judensau‘ ist kein Schoah-Denkmal, sondern ein ‚Judensau‘-Denkmal.“" - ein Denkmal, das die tiefsitzenden Einstellungen thematisiert, die zur Shoah führten, ist doch eine gute Sache.



    "1998 trieben Neonazis ein Schwein über den Berliner Alexanderplatz, auf das sie einen Davidstern gemalt und den Namen des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, geschrieben hatten. Immer wieder werden Gedenkstätten, jüdische Friedhöfe, aber auch Moscheen mit Schweineköpfen geschändet." - Denkt irgendjemand, dass so etwas nach der Entfernung der Skulptur nicht mehr passiert? Wenn es doch bloß so einfach wäre!



    "„Solange die ‚Judensau‘ an der Kirche hängt, solange das von der Stadt unterstützt wird, ist die Kirche antisemitisch belastet.“" - aber das ist sie als Gebäude und als Institution ohnehin.

    Kommt mir alles nicht recht durchdacht vor. Den Vorschlag, die Skulpturen ins Innere der Kirchen zu holen, um sie dort besser kommentieren zu können, finde ich überlegenswert. Am niedrigschwelligsten ist aber der Zugang, wenn sie an Ort und Stelle bleiben und historisch-politisch pointiert eingeordnet werden. Sie ins Museum zu stecken hieße, sie quasi komplett aus dem Blick zu nehmen - da müssen wir uns nichts vormachen.

    Im übrigen finde ich, dass man sich den biographischen Teil des Artikels hätte sparen können. Das ist doch für die Debatte komplett unwichtig.

  • Schön wäre, wenn es nicht wieder nur um Symbolpolitik ginge, je nach Gutdünken und Machtlevel. Denn hier geht es um grundsätzliche Fragen.

    Eine davon ist: Wird Antisemitismus konsistent und konsequent bekämpft, auch durch die Geschichte hindurch? Wenn ja, sind nicht nur Reliefs fällig, sondern jede Menge historische Texte und Autoren und als Sahnehäubchen Luther als Stifter der evangelischen Kirche. Das wird spannend, da gibts sicher wortreiche Erklärungen, warum Luther kein Antisemit war blabla. Ich vermute eher, alles bleibt wie gehabt, Normen, Gesetze und Wertesysteme gelten nur für die Masse und wie es den Herrschenden beliebt - die evangelische Kirche gehört (noch) zu den Herrschenden. Und die katholische Kirche würde auch nicht gut wegkommen dabei. Die Antisemitismuskeule funktioniert super - nur nicht bei solide etablierten Machtzentren.

    Die zweite: Das Prinzip Korrektur der Historie aufgrund des aktuellen Wertesystems kann natürlich nicht nur Antisemitismus zum Inhalt haben. Werte, die heute vertreten werden und früher nicht galten, werden auf alles frühere angewendet? Na denn, Sexismus würde mir gleich einfallen. Da wird nicht viel übrig bleiben in der Vergangenheit.

    Räumen wir basierend auf heutigen Moralvorstellungen die Geschichte auf? Oder lassen wir sie in Ruhe und ertragen die Abweichungen?

    Es gab bereits Bestrebungen, alte Kinderbücher umzuschreiben, so weit hergeholt ist das nicht.

    Also wenn schon, dann konsistent und nicht beliebig, um die Herrschaft von irgendwelchen Machtzentren zu sichern. Oder wir kommen zu der Erkenntnis, dass wir Menschen und Vorgänge aus vergangenen Zeiten nicht nach heutigen Maßstäben be- und verurteilen können.

  • Diese judenfeindlichen Relikte sollten verschwinden - am besten für immer.

    Bibel, Koran und Tanach sollten m.Meinung nach auch auf menschenfeindliche Stellen überprüft und dementssprechend zensiert werden.

    No Religion no cry in that case!

  • Mit dem antisemitischen Unrat, den Bruder Dr. Martin Luther, seines Zeichens Professor der Universität zu Wittenberg, mit seinem Tafel Spruch an der Stadtkirchen Skulptur von der Judensau in sog einfacher Sprache, dem Volk aufs Maul geschaut verbreitet, heute sagt man populistisch, emotional aufgeladen, offenbart sich der Mechanismen des Antisemitismus exemplarisch.







    •Im vorliegenden Fall, dass allgemein bis dato hingenommen geltend gebilligte Bauernpraxis der Sodomie in einer antisemitischen Metapher Martin Luthers in sog einfacher Sprache übergangslos als Sünde zu verkünden, mit Stigmatisierung angeblichen Judens, der angeblich nur noch solches tut, als unverzeihliche Sünde öffentlich sichtbar an den Pranger zu stellen.







    •Bruder Martin Luther adaptiert im nicht von ihm implizierten Sinne







    •„Es ist hie zu Wittenberg und andernorts Usus, da liegen junge Ferkel und der Knecht unter, die saugen; hinter der Sau steht ein Bauer der hebt der Sau das rechte Bein empor, und mit seiner linken Hand zieht er den Pirzel über sich, bückt und guckt mit großem Fleiß der Sau unter dem Pirzel in den Arsch hinein, als wollt er etwas Scharfs und Sonderlichs lesen geil ersehen, ob die Sau gesund sei zu fremden Zweck der Sodomie.

    Liebe Brüder im Glauben der Reformation, lasst ab vom Verlangen nach dieser lässlichen Sünde, die euch in der Gnade Gottes so dann, so ihr dieses als Sünde in Demut wahrnehmt, vergeben sein wird“

  • Herr Düllmanns Vita und Engagement sind mir äußerst sympathisch, auch ist seine Argumentation absolut nachvollziehbar.



    Trotzdem finde ich, dass dieses Teil hängenbleiben soll, wo es ist. Ein Schandmal traditionellen christlichen antijudaismus. Denn ´ins Museum´ heist ´Aus den Augen, aus dem Sinn´. Ebenso wie die gerade modernen Geschichtsradiergummis in Form imitierter Stadtschlösser, Kirchen oder evtl. Synagogen, die so tun, als wäre nichts passiert, fördert das Beseitigen unerfreulicher Kunstwerke die Wahrnehmung der NS Zeit als etwas, dass urplötzlich wie eine Psychose über Deutschland kam, statt das Resultat Jahrhunderte langer Disklriminierung zu sein. All die, die von ´christlich-jüdischem Abendland´ schwadronieren sei dieses Machwerk angeraten, um den tatsächlichen Mainstream aufzuzeigen und nicht bloß die Fälle, wo das Abendland mal ein, zwei Generationen lang nicht mit raubmörderischer Absicht vor der Tür stand. Herr Düllmann hat recht-die Erläuterungen sind unmöglich, aber statt alles weg, gehört hin: Seht her, hier wurde dies gepredigt, was in Auschwitz sein Höhepunkt, aber bis heute kein Ende hatte.

  • Am Bamberger Dom, am Freiburger Dom, auch in Erfurt und Worms, am Straßburger Münster, an der Liebfrauen-Basilika Trier (unmittelbar rechts vor dem heutigen Eingang) sind antisemitische Darstellungen zu sehen, die meistens nicht mehr als solche verstanden sind, und zwar, eine Frau, die über den Augen eine Binde trägt (= die Synagoge v. s. die Ecclesia), als Illustration für die Blindheit des Judentums gegenüber Jesus als dem „Messias“. Daneben sind oft weitere Attribute wie eine gebrochene Torarolle oder ein Ziegenkopf, oder die Frau/Synagog wird in Begleitung vom Teufel abgebildet.



    Diese Bilder zu entfernen wäre eine schlimme Verletzung gegen der Gesamtheit dieser Gebäude und eine leichte Methode, um die antisemistische Vergangenheit der Kirche zu verschleiern.

  • Sooo schlecht ist das gar nicht. Die Kirche war immer Hassprediger Nr1, hat immer alles mitgemacht, wenn nicht initiiert und heute spielt sie wieder Weltenretter und Volkserzieher.

    Da ist ein kleiner Hinweis auf ihr altes Geschäftmodell Judenverfolgung mehr als angebracht. Die Tafel sollten sie aber nicht aufstellen, besser wäre das durch die jüdische Gemeinde, würde ich sagen.

  • nur weil was alt ist muss es nicht gut sein, weg mit der Sau würde ich sagen

    • @Opossum:

      Also sollte man vielleicht auch die ganze menge Wernerkapellen und Wernerkirchen im Rheinland vernichten, da dieser Heiliger/Märtyrer, dessen Tod Juden angelastet wurde und so zu einer blutigen Judenverfolgung am Mittelrhein führte, einem sehr reinen Fall christlicher antisemitischer Sage entspricht (Ritualmord- und Hostienfrevellegende). Der "Gute Winzerknabe Werner" ist schon unauffällig aus dem Heiligenverzeichnis gestrichen worden. Die wichtigste und schönste Wernerkapelle (in Bachachach) ist eine mit Mühe erhaltene Ruine, vielleicht DIE gotische Ruine. Man könnte sie beseitigen. Bildersturm ist so einfach.



      Na ja, ohne sie wäre leider Heinrich Heines Novelle Der Rabbi von Bacherach nicht so sinnvoll ...

      (Bibliothek der verbotenen Bücher, herausgegeben und eingeleitet von Heinz-Joachim Fischer, Marixverlag, Wiesbaden 2010)

    • @Opossum:

      Auschwitz abreißen?

      • @El-ahrairah:

        Nein, das sind doch zwei vollständig verschiedene Dinge. Die Reste des Konzentrationslagers Ausschwitz erinnern am Ort des Geschehens an den Holocaust, sie sind ein Mahnmal, das nichts anderes zum Thema hat. Das KZ war antisemitisch, das Gedenken an die Shoah an diesem Ort ist es nicht.



        Die Kirche in Wittenberg hingegen ist ein altehrwürdiges Wahrzeichen der Stadt und der protestantischen Kirche. Wenn die Sau bleibt, dann schmücken sich die Stadt Wittenberg und die protestantische Kirche weiterhin mit einem antisemitischen Bild, das dazu gemacht und geeignet ist, jüdische Menschen zu beleidigen und zu erniedrigen. Das ist wie mig den Hakenkreuzen auf Glocken - sowas kann ins Museum, ist aber nicht geeignet, den öffentlichen Raum zu schmücken.

        • @Kolyma:

          Nein, das sind zwei Dinge, die unbedingt zusammengehören! Die Stimmen, die Auschwitz leugnen oder relativieren, werden schon wieder lauter. Gern wird auch so getan, als ob die versuchte Ausrottung der Juden der finstere Plan einiger Weniger gewesen wäre. Um zu verstehen, warum es möglich wurde, Nachbarn, Kollegen, Bekannte zu denunzieren oder zumindest schweigend ihre Deportation in Kauf zu nehmen, brauchen wir auch genau diese Alltagszeugnisse. Hoch oben fest eingemauert in der Wittenberger Kirchenwand, mitten in der Stadt, mitten unter den Bürgern - das war der Alltags-Antisemitismus der frühen Neuzeit. Heute sind es eben bildhafte Wortschöpfungen wie "Kopftuchmädchen" oder "Messermänner", die verhöhnen, herabsetzen, erniedrigen und entwürdigen sollen. Wäre es nicht angebracht, Leuten wie Höcke, Gauland und Weidel mal die Bürowände mit Wandpostern dieser Tafel zu dekorieren? Oder sie mal zum Rhetorikkurs nach Wittenberg zu "entführen"?



          Im Museum würde die Tafel noch näher, noch genauer zu betrachten sein - und könnte auch leicht mal "verschwinden". In Wittenberg in der Kirchenfassade ist sie von unten nicht so genau zu entziffern - nur wenn man die Bedeutung kennt, sieht man sie auch. Also lasst sie dort hängen oder hängt meinetwegen was davor.

  • Ab sofort werden dann NaziGraffiti nicht mehr entfernt sondern erklärende Tafeln angebracht oder in einen erläuternden Kontext gestellt, dass man das so nicht schreiben darf in der heutigen Zeit.



    Liebe Leute, ein Kompass der die falsche Richtung zeigt wird entfernt. Eigentlich ganz einfach.

    • @Tom Farmer:

      Dann also auch plattmachen: ehem. Nürnberger Reichsparteitagsgelände, ehem. Gauforum in Weimar, Wolfsburg, Berliner Olympiastadion, ehem. KZ, die ehem. Raketenversuchsanstalt in Peenemünde oder auch die Reste der Sperr- und Wachanlagen an der ehem. innerdeutschen Grenze, das Stasi-Areal in der Normannenstrasse in Berlin, die KGB-Gefängnisse - fast alles äusserst unbequeme Denkmale. Es wäre so einfach, die eigene Geschichte zu bereinigen... Die würden dann auch nicht mehr so stören, wenn wir Deutschen uns mit 'ner Glücksträne im Auge gegenseitig auf die Schultern klopfen: vor unseren gern hergezeigten Glanzkulissen in Neuschwanstein, Rothenburg, dem Münchner Hofbräuhaus, der Dresdner Barock-Wollust, der Berliner Museumsinsel, dem Bauhaus in Dessau, dem Frankfurter Neuen Römer und wie sie alle heissen. Ja, eigentlich ganz einfach.

  • Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - fragt sich -

    Kirchenschweine

    taz.de/Prozess-geg...n-Kirche/!5654859/



    Könnte man nicht "Stolperschweine" draus machen? So in der Art wie de.wikipedia.org/wiki/Stolpersteine

    • @Lowandorder:

      &!Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - holpert -

      “Gestolpert... Wenn ich Begrifffe "erfinde", die mir so zufliegen, werde ich zukünftig doch Internet-Suchmaschinen dazu bemühen.



      Es ist nicht alles schön, was sich da unter "Stolperschweine" findet.“

      kurz&gau op platt - “Lütt beeten bitoo!



      Säh de Amm. Dor har dat Kinn oppen. -



      Henkel sheeten!“ - 😱 -

    • @Lowandorder:

      Vielleicht fehlt mir da etwas der Humor, aber die Stolpersteine, die an die Menschen erinnern sollen, die während dem 3. Reich Leid, Vertreibung und Tod erfahren haben und Ihre "Stolperschweine" haben wohl unterschiedliche Intentionen.

      Und wenn wir für christlichen Antisemitismus Schilder aufstellen wollen, stehen bald neh ganze Menge neuer Schilder in Deutschland.

      Die evangelische Kirche hat das christliche Verhalten mal so zusammengefasst.

      "Und als endlich der radikale, rassisch begründete Antisemitismus von innen unser Volk und unsere Gemeinden zersetzte und sie von außen in seine brutale Gewalt zwang, war die Kraft des Widerstandes nicht vorhanden, weil die Erkenntnis über Israel und die Liebe zu ihm in den Gemeinden verdrängt und erloschen war. In christlichen Kreisen entzog man sich der Verantwortung und rechtfertigte sich dafür mit dem über Israel verhängten Fluch. Man wollte die Fortdauer der Verheißung über Israel nicht mehr glauben, verkündigen und im Verhalten zu den Juden erweisen. Damit haben wir Christen die Hand geboten zu all dem Unrecht und dem Leid, das unter uns an Israel geschah.



      Indem Gottes Wort uns solches lehrt, erkennen wir mit Scham und Trauer, wie sehr wir uns an Israel verfehlt haben und wieviel wir ihm schuldig geblieben sind. Wir haben es unterlassen, als Kirche das rettende Zeugnis für Israel zu sein."

      www.denkendorfer-k...zur_Judenfrage.pdf

      • @Sven Günther:

        "In christlichen Kreisen entzog man sich der Verantwortung und rechtfertigte sich dafür mit dem über Israel verhängten Fluch. Man wollte die Fortdauer der Verheißung über Israel nicht mehr glauben, verkündigen und im Verhalten zu den Juden erweisen."

        Man muss auch nicht so einen Unsinn glauben, um Antisemitismus zu bekämpfen. Man muss nicht das eine religiöse Hirngespinst durch ein anderes ersetzen. Die Einsicht, dass Juden ganz normale Menschen sind, ist ausreichend, um jeder Form von Antisemitismus die Grundlage zu entziehen.

        • @Thomas Friedrich:

          "Die Einsicht, dass Juden ganz normale Menschen sind, ist ausreichend, um jeder Form von Antisemitismus die Grundlage zu entziehen."

          Das wäre sicher das Beste. Nun hat das menschliche Zusammenleben der letzten paar Tausend Jahre gezeigt, dass die Gleichung, egal wie ein Mensch aussieht, an was er glaubt oder was er für Präferenzen hat, alle Menschen sind gleich viel Wert, von einer wechselnden mittleren Prozentzahl nicht geteilt wird.

          Darum ist es meiner Meinung immer essentiell, sich auch mit Meiungen, die man nicht teilt oder ablehnt, auseinanderzusetzen.

      • @Sven Günther:

        Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - weist hin:

        “zu Sven Günther: Die Grenzwertigkeit meiner Wortschöpfung war mir bewusst. Ich stoppe vor jedem Stolperstein von Gunter Demnig und stelle mir eine Analogie vor. Vielleicht ist wirklich Entfernen der Reliefs und Anbringen einer Infotafel eine Lösung, und es wäre hilfreich, wen der Text auf dieser Tafel den Sinn wiedergbt, den der Denkendorfer Kreis zum Ausdruck gebracht hat. Solche Tafeln müssen wohl aus widerstandsfähigem Material sein wie die Stolpersteine.“

        • 0G
          08439 (Profil gelöscht)
          @Lowandorder:

          Ich finde die Idee gut und denke gerade daran, wie man sie umsetzen könnte, nämlich dass man das Schwein in Wittenberg von seinem jetzigem Ort entfernt und vor den Eingang in den Boden einlässt, von einer Glasplatte bedeckt, sodass ein jeder, der die Kirche betritt, darüber hinwegschreiten muss. Das wäre in meinen Augen ein angemessener Akt der Buße und es bliebe in dauernder Erinnerung und diente zur Mahnung an jene, die sich mahnen lassen.

      • @Sven Günther:

        Wenn ich's auch nicht so seh:

        Der Bote - hört‘s & gibt es weiter.

    • 0G
      08439 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      Stolperschweine! Herrlich!

  • Schwierig... Das Entfernen könnte man durchaus auch als Leugnen oder zumindest als Verdrängen deuten...



    Viel hilfreicher wäre es, wenn sich die protestantischen Kirchen in Deutschland endlich insgesamt von Luther distanzieren würden. Schließlich ist sein Antisemitismus beileibe nicht das einzige Kritikwürdige an ihm...

    • @boidsen:

      Luther hat die Gewissensfreiheit und die demokratische Kirchenverfassung gebracht.

      • @El-ahrairah:

        Sorry, aber Geschichte: Setzen, Sechs!



        Gewissensfreiheit und Demokratie sind in Athen 2000 Jahre vor Luther erfunden und 500 Jahre danach von einem gewissen Jesus aus Nazareth in die Welt des Glaubens eingeführt worden.

    • @boidsen:

      Es gibt mWn keine Belege für den Antisemitismus Martin Luthers, seine Äußerungen in späten Jahren gegen das Judentum richten sich nicht gegen die Menschengruppe der Juden, sondern gegen die Religionsgemeinschaft. Das wäre dann Antijudaismus und etwas anderes als der Antisemitismus der Nazis. Nett ist das zweifelsohne auch nicht, aber er landet da eher zwischen diversen Zeitgenossen die gegen die ein oder andere Religion (u.a. auch gegen das Christentum) nachtreten.

      Ansonsten gibt es mMn zwei unterschiedliche Argumentationen die beide ihre Berechtigung haben. Die einen wollen es entfernen weil solche Werke bei uns keine Bühne mehr haben sollen, andere wollen sie - wie geschehen - kommentiert erhalten um klar zu machen auf was für einem Holzweg man einmal unterwegs war.

      Ich für meinen Teil kann der letzten Variante mehr abgewinnen, da sie ein wirksames Mittel gegen Hochmut ist. Man muss im Einzelnen aber abwägen ob das Werk den Betroffenen gegenüber zugemutet werden kann. Wenn zwischen diesen beiden Positionen sachlich gestritten wird finde ich das ausgesprochen förderlich für unsere Streitkultur.

      • @Questor:

        "kommentiert erhalten um klar zu machen auf was für einem Holzweg man einmal unterwegs war."

        Ja, das war schon ein Holzweg, der in den Holocaust mündete.

        Aber, es ist eine vertrackte Sache mit diesem Antisemitismus. Neulich habe ich einen Text gelesen, da hat jemand die These aufgestellt, Hitler wäre Antisemit gewesen. Erst Luther und dann das.

        Verrückt, oder?

      • @Questor:

        Das ist nachweislich FALSCH! Luther hat wiederholt die Juden angegriffen und nicht "nur" ihre Religion. Er hat im Gegenteil so gut wie gar nicht theologisch gegen sie argumentiert, sondern gegen die jüdischen Menschen gehetzt. Luther ist sozusagen die Erbsünde der deutschen Reformation, was sich bis in die heutige Zeit auswirkt.

      • @Questor:

        "Er beschrieb zunächst den „Hochmut“ der gegenwärtigen Juden (...) Schon in die Anfangsteile ließ er laufend damalige Stereotype einfließen: Juden seien blutdürstig, rachsüchtig, das geldgierigste Volk, leibhaftige Teufel, verstockt. Ihre „verdammten Rabbiner“ verführten die christliche Jugend wider besseres Wissen, sich vom wahren Glauben abzuwenden. Mehrmals unterstellte Luther den Juden die Bereitschaft, Brunnen zu vergiften und Kinder wie Simon von Trient zu rauben und zu zerstückeln."

        de.wikipedia.org/w...Cgen_(Januar_1543)

        • 0G
          08439 (Profil gelöscht)
          @Thomas Friedrich:

          Luther war ein Kind seiner Zeit. Ihn mit heutigen Maßstäben zu messen, verbietet sich. Ich finde es viel wichtiger darauf hinzuweisen, dass er - wie Marx schrieb - an die Stelle der Knechtschaft aus Devotion die Knechtschaft aus Überzeugung gesetzt und damit dem Geist des Kapitalismus (mit) aus der Flasche geholfen hat.

    • 0G
      08439 (Profil gelöscht)
      @boidsen:

      Da hamse Recht, aber Luther ist ja sowas wie der Religionsstifter der Protestanten. Das dürfte insofern schwierig werden.

      • @08439 (Profil gelöscht):

        Das meinen doch bloß die deutschen Protestanten bzw. auch nur ein Teil von denen. Es gab viele Reformatoren um diese Zeit. Luther ist nur einer davon - und weder der Erste, noch der theologisch Bedeutenste und ganz bestimmt nicht der Verehrungswürdigste!