Ai Weiwei über die Deutschen: Autoritär-faschistoider Charakter
Die Deutschen sind autoritär, gehorsam, ungehemmt und ohne jegliche Integrität. So fasst es der Künstler Ai Weiwei zusammen – und er hat Recht.
Wäre Deutschland ein Tier, dann ein Schäferhund mit Aszendent in Schlange und Mond in Wolf. „Schade“, denken Sie an dieser Stelle vielleicht, „jetzt wird’s esoterisch“, aber bleiben Sie bitte dran, ich kann es erklären. Der Charakter der Deutschen lässt sich als wachsam, autoritär, gehorsam, ungehemmt, grob und ohne jegliche Integrität beobachten.
Diese für Sie vielleicht als Beleidigung empfundene Beschreibung ist nicht von mir, auch wenn ich dem zustimme, sondern das Erleben der Künstlers Ai Weiwei. So erzählte er es in einem Interview der britischen Zeitung dem Guardian. Der chinesische Künstler hat seine Wahlheimat Berlin für das britische Cambridge verlassen. Nicht, weil es dort keinen Rassismus gibt, sondern weil die britischen Rassist*innen immerhin höflich sind.
Wer als nicht-weiße Person schon mal eine längere Zeit in anderen überwiegend weißen europäischen Ländern verbracht hat, kann es vielleicht nachvollziehen. Der Rassismus erscheint an deutschen Standards gemessen etwas subtiler, respektvoller, fast schon zärtlich, liebevoll. Deutsche sind wie Zahnpasta: extra white. Im internationalen Vergleich weißer Menschen sind Deutsche die unerträglichsten.
Auch im Jahr 2020 hallt das Echo des Nationalsozialismus nach. Oder etwas weniger poetisch ausgedrückt: Deutsche sind immer noch (und teilweise auch schon wieder) auf ihrem Nazi-Mindset hängengeblieben. Das Wording mag sich verändert haben, doch der autoritär-faschistoide Charakter bleibt erhalten, so auch Ai Weiweis Beobachtung.
Es geht nicht nur um den weiterhin bestehenden Nazi-Paragraphen 219a. Die braune Suppe brodelt tiefer. Die weiße bürgerliche Mitte mag sich nicht mehr als arisch beschreiben, doch ihre Selbstbezeichnung „biodeutsch“, die selbst in seriösen Medien als neutrale demografische Eigenschaft auftaucht, ist nur ein Synonym für diesen Begriff. Die Blut-und-Boden-Logik ist nie verschwunden. Deswegen der Unterschied zwischen Deutschen und Passdeutschen – jene, die für immer Ausländer und somit eher Last als Bereicherung bleiben werden. Viel zu retten gab es ohnehin nicht, aber Deutschland schafft es immer wieder, das letzte bisschen seines Rufs zu ruinieren. Einfach absurd, dass Deutsche sich für überlegen halten.
In Berlin wurde Ai Weiwei laut seiner Erzählung schon zwei Mal aus dem Taxi geworfen, weil er ein Fenster geöffnet oder mit seiner Mutter telefoniert hat – während andere auf der Rückbank auch mal vögeln oder koksen. Auf den Sitzen deutscher Autos bringt es dir nichts, berühmt, begabt oder reich zu sein. Egal, wie krass du bist, hier bist du in erster Linie irgend so ein Ausländer.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Krieg in der Ukraine
Russland droht mit „schärfsten Reaktionen“
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Israelis wandern nach Italien aus
Das Tal, wo Frieden wohnt