AfD im Bundestag: Keine Schlüsselposition für die Feinde der Demokratie
Die AfD hat mehr Sitze und setzt weiter auf Hetze und Chaos. Der Bundestag und auch Julia Klöckner müssen entschlossen dagegenhalten.

D ie AfD hat in der konstituierenden Sitzung des Bundestags gezeigt, dass sie so weiterzumachen gedenkt wie bisher: mit Anträgen, die den Parlamentarismus chaotisieren sollen, mit aggressiven Zwischenrufen und hetzerischen Reden. Überraschend ist das nicht, schließlich ist das Ziel der extrem Rechten, den demokratischen Parlamentarismus von innen heraus zu zerstören.
Weil in der Bevölkerung der Zweifel an der Demokratie gewachsen und die AfD-Fraktion noch radikaler und zudem deutlich größer geworden ist, muss der Bundestag jetzt besonders überlegt auf diese Herausforderung reagieren, um das Parlament und dessen Würde zu schützen. Dabei kommt der Bundestagspräsidentin eine zentrale Rolle zu.
Ob die ehemalige CDU-Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner die Integrität und das Format dafür hat, kann man aus guten Gründen bezweifeln. Klöckner gilt als anfällig für Lobbyismus und Populismus, auch war ihr Umgang mit der AfD bislang nicht ganz klar. Im Wahlkampf postete sie einen Spruch, den viele als Anbiederung an AfD-Positionen verstanden. Als die Union in Sachen Migration mit den extrem Rechten im Bundestag eine Mehrheit suchte, war Klöckner dabei.
Und bei ihrer Nominierung bot sie an, vor der Wahl alle Fraktionen aufzusuchen, auch wenn es letztlich bei der AfD aus angeblichen Termingründen nicht dazu kam. Doch Klöckner ist eben auch bodenständig, robust und schlagfertig. In ihrer Rede versprach sie, das neue Amt „unaufgeregt und unverzagt“ auszuüben, das klingt nach einem sinnvollen Ansatz.
Und wer die Christdemokratin vor gut zwei Jahren auf dem CDU-Parteitag erlebt hat, wie sie gleichermaßen junge Frauen und alte Männer leidenschaftlich und gezielt zerlegte, die die Einführung der parteiinternen Frauen-Quote verhindern wollten, der kann zumindest die Hoffnung haben, dass sie es mit der AfD aufnehmen kann.
Auch Klöckner muss Kante zeigen
Die klare Abgrenzung zu den extrem Rechten muss sie, wie die Union überhaupt, jetzt aber erneut unter Beweis stellen. Dass Gerold Otten, der AfD-Kandidat für den Vizeposten, in drei Wahlgängen jeweils nur gut 30 Stimmen jenseits der eigenen Fraktion bekam und damit drei Mal klar durchfiel, ist zumindest ein gutes Zeichen. Aber kann man der zweitstärksten Fraktion im Bundestag diesen und andere Posten wirklich verweigern?
Man kann nicht nur, man muss sogar. Dass es rechtlich zulässig ist, hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich bestätigt: Es gibt kein Recht, gewählt zu werden, die Abgeordneten sind frei in ihrer Entscheidung. Bleibt die Frage, ob eine Verweigerung der Posten politisch wirklich sinnvoll ist. Und da gilt eben ganz grundsätzlich: Wer die Demokratie zersetzen will, den darf man nicht an deren Schlüsselpositionen lassen.
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