Abschiebung nach Kabul: 28 Straftäter abgeschoben
Deutschland hat erstmals seit der Taliban-Machtübernahme Straftäter nach Afghanistan abgeschoben. Die Aktion sei von Kanzleramt und Innenbehörden vorbereitet worden.
Die Bundesregierung habe in den vergangenen Monaten „große Anstrengungen unternommen, um die Wiederaufnahme von Rückführungen in solchen Fällen zu erreichen und hat die hierfür zuständigen Länder zu diesem Zweck unterstützt“, erklärte Hebestreit. Zudem habe Deutschland „regionale Schlüsselpartner um Unterstützung gebeten, um die Rückführung zu ermöglichen“. Die Bundesregierung wolle auch künftig in diesem Rahmen Personen nach Afghanistan abschieben. „Das Sicherheitsinteresse Deutschlands überwiegt klar das Schutzinteresse von Straftätern und Gefährdern.“
Laut Spiegel startete ein Flugzeug mit 28 Straftätern an Bord am Morgen von Leipzig in Richtung Kabul. Unter Berufung auf Sicherheitskreise hieß es weiter, die Afghanen seien aus mehreren Bundesländern nach Leipzig gebracht worden.
Das von der SPD geführte Bundesinnenministerium hatte demnach die Federführung bei der Organisation. Jeder Abgeschobene habe vor dem Flug 1.000 Euro Handgeld erhalten, heißt es in dem Bericht. Ein Arzt sei mit an Bord. Innenministerin Nancy Faeser bestätigte auf der Plattform X die Zahl von 28 Straftätern.
Abschiebungen umstritten
„Unsere Sicherheit zählt, unser Rechtsstaat handelt“, erklärte die SPD-Politikerin. „Ich danke der Bundespolizei und den Ländern für die enge Zusammenarbeit.“ Die erste Abschiebung nach Afghanistan seit gut drei Jahren wurde laut Spiegel vom Kanzleramt und den Innenbehörden gut zwei Monate vorbereitet. Die Ausreisepflichtigen seien in der Nacht teils aus der Strafhaft nach Leipzig gebracht worden. Beteiligt gewesen seien Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Die Abschiebung von Straftätern nach Afghanistan ist umstritten, da in dem Land die radikal-islamischen Taliban herrschen. Kritiker halten Abschiebungen in das Land für nicht vereinbar mit dem Grundgesetz und dem Völkerrecht, denn in Afghanistan drohen Menschenrechtsverletzungen. Innenminister der Länder dringen dagegen auf die Abschiebung von Schwerkriminellen und islamistischen Gefährdern auch nach Afghanistan und Syrien.
Am Donnerstag hatte sich die Bundesregierung als Konsequenz aus dem Anschlag eines mutmaßlichen Islamisten und Asylbewerbers aus Syrien bei einem Stadtfest in Solingen auf ein Maßnahmenpaket für die Migrations- und Asylpolitik verständigt. Dabei geht es um das Waffenrecht, Sicherheitsbefugnisse, Abschiebungen und Prävention. Auch Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien sollen danach forciert werden. Über das Paket soll laut Innenministerin Faeser nun mit den Ländern und der Union als größter Oppositionsfraktion im Bundestag gesprochen werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken