Abaya-Verbot an französischen Schulen: Keine Bildung im Maxikleid
Frankreichs Verbot, mit einer Abaya in der Schule zu erscheinen, ist bitter für muslimische Schülerinnen. Internationaler Protest bleibt aus.
W ie in den meisten Ländern Europas hat auch in Frankreich erst kürzlich das neue Schuljahr begonnen. Allerdings war der Start nicht für alle Schülerinnen wie sonst. Insbesondere sind muslimische Schülerinnen von der neuen strikten Kleidervorschrift betroffen. Das Gesetz verbietet das Tragen einer sogenannten Abaya. Klingt sehr orientalisch, doch was ist diese Abaya?
Abaya steht im Arabischen für ein Kleid, um genauer zu sein für ein Maxikleid. Nicht mehr und nicht weniger. Ein typisches Maxikleid, wie es viele aus der aktuellen Sommer-Kollektion von H&M oder Zara kennen. Bildungsminister Gabriel Attal begründete das Verbot damit, dass die Religion der Schüler*innen nicht zu erkennen sein sollte, wenn sie das Klassenzimmer betreten. Das Tragen eines religiösen Symbols sei nicht vereinbar mit dem Laizismus.
Doch wie lässt sich die Religion einer Schülerin an einem Maxikleid feststellen? Die Ironie des Verbots: Bei der Abaya handelt es sich um kein religiöses Symbol, sondern um ein gängiges Kleidungsstück. Schon in der letzten Woche wurden zahlreiche muslimische Schülerinnen, die eine Abaya trugen, deshalb von der „Bekleidungspolizei“ der Schule verwiesen. Wie kann es so weit kommen, dass in einem zivilisierten europäischen Land Mädchen das Grundrecht auf Bildung verwehrt wird?
Derartige Bildungsverbotsszenarien für junge Frauen kennt man eher aus Afghanistan. Doch die Welt schweigt. Wo bleibt die Solidarität mit den jungen Musliminnen in Frankreich? Nachbarländer wie Deutschland und Menschenrechtsorganisationen äußern sich bisher nicht zu dem diskriminierenden Gesetz, das unmittelbar auf die muslimische Minderheit zugeschnitten ist. Systematisch ist es dem Bildungsminister gelungen, Musliminnen vom Bildungserwerb auszuschließen.
ist Medien- und Kommunikationswissenschaftlerin. Sie setzt sich ehrenamtlich für den interreligiösen Dialog ein und engagiert sich bei Antirassismuskampagnen. Als freie Journalistin beschäftigt sie sich mit den Themenschwerpunkten Medienkritik, Diskriminierung und Religion.
So werden Gesetze toleriert, die jungen Frauen vorschreiben, was sie (nicht) zu tragen haben. Gehen wir den Weg der Unterdrückung mit oder erheben wir unsere Stimmen gegen diese Art des Zwangs und Unterdrückung?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was