+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: UN: Nordgaza kurz vor Hungersnot

UN legen neue Daten zum Hunger in Gaza vor. Im Schifa-Spital sollen sich Hamas-Anführer verstecken. Netanjahu hält an Bodenoffensive in Rafah fest.

Ein Panzer vor einer Häuserlandschaft

Ein israelischer Panzer in Südgaza Foto: Ariel Schalit/ap

Hungersnot in Nordgaza stehe „unmittelbar bevor“, sagen die UN

Jeder zweite Bewohner im Gazastreifen befindet sich UN-Angaben zufolge in einer „katastrophalen Ernährungssituation“. Wenn keine Maßnahmen ergriffen werden, stehe eine Hungersnot in den nördlichen Bezirken „unmittelbar bevor“ und könnte „jederzeit zwischen Mitte März und Mai 2024 eintreten“, hieß es in der am Montag veröffentlichten IPC-Skala zum Hungermonitoring der UNO, die Hungersituationen je nach Schweregrad bewertet.

Laut der IPC-Skala sind derzeit etwa 1,1 Millionen Menschen im Gazastreifen aufgrund des Krieges zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas von einer „katastrophalen Ernährungssituation“ betroffen – die höchste Zahl, die je registriert worden sei. Die Menschen haben den Angaben zufolge ihre Nahrungsmittelvorräte aufgebraucht. Eine Hungersnot könnte demnach noch abgewendet werden, wenn Hilfsorganisationen uneingeschränkten Zugang in die betroffenen Gebiete erhielten.

Alles deute darauf hin, dass die Unterernährung und die Zahl der Todesfälle „stark zunehmen werden“. Es sei „nicht vertretbar“, auf eine nachträgliche Einstufung als Hungersnot zu warten, bevor gehandelt werde, hieß es in dem Bericht weiter.

Dass 50 Prozent der Bevölkerung betroffen sind, sei „beispiellos“, sagte Beth Bechdol, stellvertretende Direktorin der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO). Im Dezember hatten die FAO und das Welternährungsprogramm (WFP) eine Hungersnot bis Ende Mai im nördlichen Gazastreifen für „wahrscheinlich“ gehalten. Nun gehen sie davon aus, dass es „jederzeit“ zu einer Hungersnot kommen könne. (afp)

Al-Schifa-Spital in Gaza-Stadt gestürmt

Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben auf der Suche nach hochrangigen Hamas-Anführern das Al-Schifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt gestürmt. Die Soldaten würden einen „präzisen“ Einsatz ausführen, teilte die Armee am Montag mit. Auf sie sei geschossen worden, sie hätten das Feuer erwidert. Die radikalislamische Hamas erklärte, das israelische Militär habe das Krankenhausgebäude beschossen, ohne sich um Patienten, medizinisches Personal oder dort Schutz suchende Flüchtlinge zu kümmern. Nach Angaben der Gesundheitsbehörde im Gazastreifen ist ein Feuer ausgebrochen, der Rauch soll zum Ersticken von Frauen und Kindern geführt haben.

Das Al-Schifa-Krankenhaus ist eine der wenigen noch funktionierenden medizinischen Einrichtungen im Gazastreifen. Israel wirft der Hamas seit längerem vor, Krankenhäuser als Unterschlupf zu nutzen. Die islamistische Gruppierung bestreitet das. (rtr)

Netanjahu: Keine Offensive, solange Zivilisten festsitzen

Die israelische Armee wird nach den Worten von Regierungschef Benjamin Netanjahu ihre angekündigte Offensive in Rafah im Gazastreifen nicht starten, solange dort Zivilisten festsitzen. Dies sagte Netanjahu am Sonntag nach einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Das israelische Ziel sei weiter, „die verbleibenden Terroristen-Bataillone in Rafah zu eliminieren“, so Netanjahu. Dies werde Israel aber nicht tun, „während wir die Bevölkerung an Ort und Stelle festhalten“.

Netanjahu hatte am Freitag Pläne für eine Offensive in Rafah gebilligt. Beobachter warnen vor verheerenden Folgen eines solchen Angriffs für die Zivilbevölkerung. Auch die USA warnen vor einem Militäreinsatz in Rafah und pochen auf „glaubwürdige“ Vorschläge ihres Verbündeten Israel für den Schutz von Zivilisten in der Stadt. Der israelische Regierungschef machte deutlich, dass er trotz der internationalen Kritik und der Warnungen seiner Verbündeten an den Plänen für eine Bodenoffensive in Rafah festhalten werde. „Kein noch so großer internationaler Druck wird uns daran hindern, alle Kriegsziele zu erreichen“, sagte Netanjahu laut einem von seinem Büro veröffentlichten Video bei einer Kabinettssitzung. (afp)

Künftig nationaler Gedenktag in Israel am 7. Oktober

Die israelische Regierung hat die Schaffung eines nationalen Gedenktags zu dem beispiellosen Hamas-Angriff beschlossen. Das Kabinett habe einstimmig entschieden, das künftig alljährlich an die „Katastrophe“ erinnert werden solle, die Israel am 7. Oktober getroffen habe, erklärte das Büro von Netanjahu. (afp)

Unicef: Bisher 13.000 Kinder in Gaza getötet

Laut dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen sind bei der israelischen Offensive im Gazastreifen bislang mehr als 13.000 Kinder getötet worden. Tausende weitere seien verletzt worden. „Eine solche Todesrate bei Kindern haben wir in kaum einem anderen Konflikt auf der Welt gesehen“, sagt Unicef-Exekutivdirektorin Catherine Russell dem US-Sender CBS. (rtr)

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