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Nach Taten in München und AschaffenburgSicherheit, aber menschlich

Sicherheitsthemen dominieren den Wahlkampf. Die vielbeschworene Wende in der Migrationspolitik dürfte nicht helfen – erfolgversprechend sind andere Ansätze.

München, 13. Februar: Polizisten an dem Ort, an dem ein Auto in eine Verdi-Demonstration fuhr. Zwei Menschen starben

Berlin taz | Deutschland hat ein Sicherheitsproblem. Mannheim, Solingen, Magdeburg, Aschaffenburg und nun München: Fünf Mal kam es im vergangenen Jahr zu Gewalttaten, die zwischen Terror und Amok rangieren. Vier der fünf Tatverdächtigen sind Geflüchtete. Der Wahlkampf dreht sich seitdem in großen Teilen darum, Asylsuchende fernzuhalten. Belege für einen Zusammenhang von Flucht, Gewalt und Kriminalität gibt es aber nicht. Was könnte Deutschland also wirklich sicherer machen? Die taz hat Ex­per­t*in­nen gefragt.

Psychologische Betreuung verbessern

Bei den Tatverdächtigen aus Magdeburg und Aschaffenburg gibt es Hinweise auf schwere psychische Erkrankungen. Auch zeigen Studien, dass Menschen, die wie der Tatverdächtige aus Aschaffenburg an paranoider Schizophrenie leiden, öfter gewalttätig werden als psychisch gesunde. Um zu helfen, muss die psychologische und psychiatrische Versorgung in Deutschland verbessert werden.

Das fordern auch 70 Psych­ia­te­r*in­nen in einem offenen Brief an CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Es fehle an Kontinuität, sagt der Initiator des Briefes Thomas Bock, Psychologe und Vorstand im Verein „irre menschlich“. „Wenn die psychiatrischen Hilfsangebote aber von immer neuen Kürzungen betroffen sind, entsteht eine unmögliche Situation.“ Bock betont gleichzeitig, dass psychisch Kranke genauso wenig pauschal zu Straftätern erklärt werden dürfen wie Menschen mit Migrationserfahrung. „Die Wahrscheinlichkeit, mit einer Psychose Opfer zu werden, ist ungleich größer, als Täter zu werden.“

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Für falsch hält Bock auch, Gesetze zu verschärfen, wie es die Ministerpräsidenten der Länder ankündigten. „Wenn jemand psychisch krank und selbst- oder fremdgefährdend ist, dann gibt es längst die rechtlichen Möglichkeiten, diese Person zwangseinzuweisen.“ Auch für den Täter von Aschaffenburg wäre das möglich gewesen. Er hatte zuvor mehrmals versucht, sich Hilfe zu holen, sei aber nach kurzer Zeit immer wieder aus Psychiatrien entlassen worden.

Lebensbedingungen von ­Geflüchteten verbessern

Im Moment übt das deutsche Asylsystem gewaltigen Druck auf die Menschen aus, die ohnehin oft schon traumatisiert sind. Bis zu 30 Prozent haben eine posttraumatische Belastungsstörung oder Depressionen. Das führt keinesfalls direkt zu Gewalt. Aber in Einzelfällen kann zusätzlicher Stress wohl die Chance erhöhen, dass jemand doch auffällig wird.

Eines der Kernprobleme ist die Unterbringung. David Schiefer vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) sagt: „Gemeinschaftsunterkünfte bedeuten für die Be­woh­ne­r*in­nen regelmäßig massiven Stress, der psychisch krank machen kann und die Menschen destabilisiert.“ Dagegen ließe sich angehen, indem Geflüchtete in Wohnungen untergebracht werden.

Auch die verbliebenen Arbeitsverbote für Geflüchtete sollten abgeschafft werden, um Integration zu fördern. Helfen könnte es zudem, Asylverfahren zu beschleunigen, denn jahrelanges Warten zermürbt.

Nötig sind auch mehr sozial­arbeiterische und psychologische Angebote. Die Ampel tat das Gegenteil. Asylsuchende erhalten inzwischen erst nach drei Jahren freien Zugang zum Gesundheitssystem über eine Notversorgung hinaus. Und die psychosozialen Zentren, die einspringen, bekamen zuletzt weniger Geld, 2025 droht eine weitere Kürzung um bis zu 50 Prozent.

Islamismus bekämpfen

Ein islamistisches Motiv spielte offenbar in Mannheim, Solingen und München eine Rolle, doch radikalisiert haben sich die Tatverdächtigen wohl erst nach der Einreise. Das zeigt, wie wichtig Präventionsarbeit in Deutschland ist. Dabei geht es nicht nur darum, zu verhindern, dass sich anfällige Menschen radikalisieren, sondern auch darum, Aus­stei­ge­r*in­nen zu helfen. „Wir sind nicht machtlos“, sagt Jamuna Oehlmann, Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft religiös begründeter Extremismus. Mithilfe von Beratungsangeboten gelinge es meist sehr gut, Radikalisierungsprozesse zu unterbrechen. Statistiken gibt es dazu aber nicht.

Schwierig wird es, wenn sich Personen unbemerkt von ihrem sozialen Umfeld radikalisieren und auch die Behörden es nicht mitbekommen – so wie wohl in München, Mannheim und Solingen geschehen. In solchen Fällen spielt das Internet oft eine wichtige Rolle.

Hier sieht Oehlmann eine große Lücke in Deutschland: „Die Politik hat gerade Tiktok lange als Plattform zum Singen und Tanzen verharmlost.“ Gegen die Islamisten dort brauche es „kreative Gegenangebote, die junge Menschen ansprechen, ihnen Orientierung bieten und extremistische Narrative entlarven“.

Sicherheitsbehörden an den richtigen Stellen stärken

Zuletzt haben die Behörden teils versagt: Mit dem Tatverdächtigen von Magdeburg beschäftigten sich die Behörden über 100 Mal, ausländische Geheimdienste wiesen mehrmals auf sein Gefahrenpotential hin. Der Tatverdächtige von Aschaffenburg war bereits mit einer Gewalttat aufgefallen. Und in München waren Polizisten sogar direkt vor Ort, ohne dass sie die Tat verhindern konnten.

Helfen könnte ein koordinierterer Umgang mit Daten: Die Infos, die verschiedene Ämter haben, müssen besser zusammengeführt werden. Ein erster Schritt wäre wohl schon, dass die Landesbehörden einheitliche Datenverarbeitungsprogramme nutzen. Der Kriminologe Manuel Heinemann spricht sich zudem für Gewaltschutzzentren aus, die eine niedrigschwellige Möglichkeit für die Bevölkerung bieten, auf Gefahrenquellen hinzuweisen.

Vincenz Leuschner, ebenfalls Kriminologe, schlägt vor, kontinuierliche Bedrohungsanalysen auszuweiten. „Man muss die Entwicklung potenziell gefährlicher Personen strukturierter bewerten“, sagt Leuschner. Bislang passiere das nur bei wenigen, als Gefährder eingestuften Personen mit islamistischem oder rechtsextremem Hintergrund. Das Verfahren könne auch auf Personen ausgeweitet werden, die nicht so klar einzuordnen sind.

Heikel ist die Frage nach mehr elektronischer Überwachung. Gelingt es deutschen Behörden, Anschläge zu verhindern, liegt das bislang fast immer daran, dass sie von US-Geheimdiensten gewarnt werden. Diese überwachen das Internet weiträumig. Die Idee, deutschen Behörden derartige Befugnisse zu geben, sieht Leuschner aber kritisch. Zu groß seien die Risiken für den Datenschutz, zu gering der Nutzen.

Die Debatte abkühlen und Vorfälle einordnen

Als 2019 eine Frau von ihrem deutschen Nachbarn in Lörrach erstochen wurde, verschwand die Nachricht schnell wieder aus den Schlagzeilen. Der tödliche Angriff eines 28-jährigen Asylsuchenden auf seine Freundin in Worms wurde dagegen hundertfach aufgegriffen.

Wie die Bevölkerung die Sicherheitslage wahrnehme, sei deshalb stark von der Berichterstattung abhängig, sagt der Medienwissenschaftler Thomas Hestermann. Den Redaktionen empfiehlt er mehr Achtsamkeit in der Gewaltberichterstattung. Es sei keine Relativierung, so Hestermann, „wenn Medien über Gewalt berichten, und dabei auch zeigen, wie sehr die eine Tat beleuchtet wird, während die andere im Dunkeln bleibt“.

Wie über Kriminalität, Amok und Terror berichtet, gesprochen und geschrieben wird, wirkt sich indirekt auch auf die Sicherheitslage aus. Psychiater:innen, Ex­tre­mis­mus­for­sche­r:in­nen und Si­cher­heits­ex­per­t:in­nen betonten gegenüber der taz, wie kontraproduktiv die derzeitige Debatte sei. So bedeuteten Abschiebungsforderungen für Asyl­suchende eine zusätzliche psychische Belastung. Anti-muslimischer Rassismus lieferte Islamisten neues Material für ihre Propaganda. Und psychisch Kranke suchten sich seltener Hilfe, wenn sie fürchten müssen, nur als Sicherheitsrisiko gesehen zu werden.

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41 Kommentare

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  • "Helfen könnte es zudem, Asylverfahren zu beschleunigen, denn jahrelanges Warten zermürbt." Ergebnisoffen?

  • Danke, endlich einmal eine fundierte Analyse von Fachleuten zum Thema. Die Migrationsfrage, wird sicherlich nach den Wahlen, auf der politischen



    Bühne wieder ins Nirwana versinken.



    Aber wie steht es da eigentlich mit der Psyche bei unseren politischen Akteuren auf der Weltbühne aus ? Also bei Trump, Putin, Macron und auch bei einigen unserer Politiker würde man sich doch- der Sicherheit wegen schon ein Gesundheitscheck wünschen. Also eine Neurologische Untersuchung und ein Gutachgen bei zwei unabhängigen Psychologen - alle 2 Jahre sollte, bei der Verantwortung von Politikern - verbindlich sein.



    Also bei Trump hätte es uns vielleicht vor einigem Bewahren können. Ist jetzt so mein nicht ganz objektiver Eindruck.

    • @Alex_der_Wunderer:

      Das Thema Migration ist doch seit vielen Jahren, seit 2015 durchgehend, ein Dauerbrenner.

      Im Nirwana wird da gar nichts verschwinden.

      Mit einer Partei, die inzwischen die zweitbeste Wählerzustimmung für sich verzeichnen kann und die kaum ein anderes Thema hat, und regelmäßigen Anschlägen ist diese Annahme wenig realistisch.

      Manchmal muss man ein Problem doch lösen und es nicht nur aussitzen.

  • "Die vielbeschworene Wende in der Migrationspolitik dürfte nicht helfen"



    Der Attentäter aus Villach wollte mit gefälschtem Pass nach Deutschland einreisen, wurde aber Dank Grenzkontrollen erwischt und zurückgeschickt. Das beweist glasklar, dass harte Grenzkontrollen sehr wohl einen bedeutenden Beitrag zur inneren Sicherheit leisten können.



    www.fr.de/panorama...d-zr-93579691.html

  • Passend dazu ein FAZ-Zitat:

    Die FAZ von letzter Woche zum Thema:

    "Über Jahre wurde Staat und Verwaltung eine unmögliche Integrationsaufgabe aufgebürdet, von einer Politik, die glaubt, man könne Missstände einfach beheben, indem man neue Ämter, Ansprüche und Aufgaben schafft. Für jeden Gefährder einen Bewacher? Für jeden Traumatisierten einen Betreuer? Für jeden Verwirrten einen Begleiter? Wie soll das gehen? Mit dem Zauberstab?"

    Zu spät, zu teuer, zu wenig Psychotherapeuten etc. etc. Hat nicht funktioniert und wird nicht funktionieren. Die 14- und 15-jährigen sind schon in den Startlöchern und planen ihre Attentate.

    www.faz.net/aktuel...uch-110253321.html

    • @shantivanille:

      Hier war es allerdings weniger die Politik als einige wenige Richter, vor allem auf europäischer Ebene, die immer neue Rechtsansprüche schaffen (deutsche Richter natürlich auch, aber Europa setzt hier erst mal die Maßstäbe).

    • @shantivanille:

      Ich verstehe Sie so, dass Sie offensichtlich jegliche Präventionsarbeit gegen wie auch immer motivierte Gewalt in die Tonne treten wollen … bringt ja eh nichts.



      Oder vielleicht bestenfalls für junge rechtsextremistische Gewalttäter oder gewalttätige Familienväter?



      Bei gefährdeten jungen männlichen Flüchtlingen wäre das dann schon vergebliche Liebesmühe, weil die können ja rigoros abgeschoben werden?

  • Psychologische Betreuung, Wohnungen, Sprachkurse…. Alles wohlfeile Forderungen.



    Aber: als Deutscher wartet man 6-12 Monate auf eine Therapie, ungleich schwerer ist es, einen mit Sprachkenntnissen in Farsi, arabisch etc. zu finden. Eine Wohnung in einer Großstadt zu finden ist schon für Gutverdiener schwer, für Asylbewerber ohne Arbeit aussichtslos, und da wo es Wohnungen gäbe wollen diese aber nicht hin. Und wenn 50% der Sprachkurse abgebrochen werden, darf man die Sinnhaftigkeit auch hinterfragen.



    Fakt ist: an vielen Stellen sind die Ressourcen knapp, und das wird sich so schnell nicht ändern. Dann muss man am Zustrom was ändern, wenn man die Betreuung traumatisierter Geflüchteter nicht verbessern kann…..

  • Neben der Sicherheit sind die Finanzen das wesentliche Problem beim Thema Migration. Wer soll den all die im Artikel genannten Maßnahmen beszahlen?

    Notwendig wäre ein Mittelweg. Ein zeitlich befristeter Migrationsdeckel der sich der Höhe nach nach den vorhandenen Kapazitäten der Infrastruktur richtet.

    • @DiMa:

      Z.b. den Soli wieder flächendeckend einführen.

  • Von den Vorschlägen, damit ich konkrete Empfehlung zur Umsetzung:

    - In welche Wohnungen sollen die Migranten ziehen und wer finanziert diese?



    - wo kommt das Bauland für diese Wohnungen her



    - wie viele Psychiater müssen denn noch ausgebildet werden und welche Sprachen müssen diese denn beherrschen?

    - aktuell befindet sich Deutschland in einer Rezession und Fachkräfte werden entlassen. Wo ist denn der Bedarf für sprachunkundige Flüchtlinge?

    In Bezug auf den Klimaschutz ist immer sehr viel von begrenzten Ressourcen die Rede, warum gilt das für die Migrationspolitik nicht?

  • @ Christian Deinhart >stimme Ihnen zu, was die Risikobewertung angeht und die Stigmatisierung. Dennoch kommen natürlich in Schubphasen sehr schlimme Dinge vor.



    Allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Gesetzgebung in D verhindert, die Patienten auch bei sehr schwerer Krankheitslage in einer Klinik zu halten. "Heilung"=Medikament, Absetzen > gehe zurück auf Start....

    Allgemein: Die Therapeuten suggerieren, man könnte dem abhelfen. Ich denke das es nicht so ist. Die Vermutung, dass es ursächlich die Krankheit ist, halte ich für eine schwierige These, wg der verbundenen Schuldfähigkeit!

    Wenn es sich um politische Taten handeln sollte!!, führt die Krankheitsvermutung zur Strafabmilderung. Darf man einen solchen Kranken dann früher entlassen oder in sein Land abschieben? Eigentlich müsste man ihn für immer wg. Allgemeingefährdung in einer Anstalt unterbringen?

    Wenn tatsächlich 30% der Flüchtlinge (3,3 Mio. Schutzsuchende > 0,9 Mio.) psychisch so belastet sind, dass sie ein Gefahrenpotenzial darstellen, müssen wir die Gefahrenerkennung verstärken. Dann müssen wir uns eintscheiden, wie wir vorgehen. Auch Inländer sind in 48 Stunden wieder draußen? Kapazitäten?

    • @Ansu:

      - Wer zahlt die Behandlung und Unterbringung ? Die Krankenkassen ?



      - Haben Kliniken für Psychiatrie nicht auch eine erfolgsabhängige Bewertungsgrundlage, ihrer Häuser zu erfüllen ?



      - Zudem unsere Gesetzgebung - bezüglich Unterbringungen in der Psychiatrie, genauste Regularien vorschreibt.



      Es besteht wirklich Handlungsbedarf, um unsere Sicherheit zu gewährleisten.

  • Ich halte es für keine gute Idee dass Deutschland sich weiterhin auf die US-Geheimdienste verlässt, damit die "Datenschutz-Weste" sauber bleibt.

  • Sind rechtsradikale Einzeltäter bzw. jeder Amokläufer nicht psychisch auffällig?

    • @Chris McZott:

      Der von Hanau war es auf jeden Fall. Der von München (vor wenigen Jahren) auch.

  • Hinsichtlich der medialen Darstellung sehe ich das genauso möchte aber anmerken, dass rechtsterroristische bzw. Nazi-Gewalt auch überproportional mehr Aufmerksamkeit seitens linker Medien erhält, als es statistisch notwendig wäre - siehe Berichterstattung Hanau vs. Berlin Breitscheidplatz und ähnliche.

    Was ist eigentlich gesellschaftlich relevanter, "Anti-muslimischer Rassismus" oder "Anti-ungläubiger-Rassismus" der Muslime ?

  • Was der Artikel propagiert, ist der übliche etaistische Ansatz. Der Staat muss halt "nur" seine Kapazitäten ausweiten, mehr Sprach- u. Integrationskurse, umfassende psychische Betreuung, Wohnungen u. Arbeitsplätze bereitstellen - und fertig ist die Laube. Den Optimismus, mit den genannten Mitteln sei es ein Klacks, auch Menschen mit völlig anderer Sozialisation mal so eben auf die Werteordnungen einer liberalen offenen Geselslchaft umzupolen, kann man natürlich teilen, wobei man ganz selbstverständlich davon ausgeht, dies entspreche völlig den Wünschen der Betroffenen. Mit Blick auf die hiesigen Erdo-Fans darf man da allerdings skeptisch sein.



    Was dabei völlig ignoriert wird, ist, dass Integration v.a. im gesellschaftlichen Alltag stattfindet. Musterbeispiel Cem Özedemir. Aufgewachsen in einer schwäbischen Umgebung, mit der Oma aus der Nachbarschaft, die sich um den Jungen kümmert. Blaupause vieler gelungener Integrationsgeschichten.



    Aber genau das funktioniert nicht mehr, wenn diese Nachbarschaft aufgrund der schieren Zahl der Migranten weggfällt, weil sich Zuwanderer räumlich, ethnisch, religiös in ihren eigenen Communities einrichten, wo sie dann oft nicht mehr erreichbar sind.

  • Wenn man von einer falschen Annahme ausgeht, laufen auch die Vorschläge zur Lösung nicht oft in eine zielführende Richtung. Deutschland hat kein Sicherheitsproblem, Deutschland hat ein Wahlkampf- und Rechtsruckproblem.

    • @TV:

      Demnach gibt es kein Problem mit rechtsradikaler Gewalt?

  • Danke für den Artikel und das man auch mal die psychologische Betreuung anspricht gerade bei Menschen die aus Kriegsgebieten kamen. Ich bin auch der Meinung das diese Maßnahmen viel effektiver wären und nicht wie die gerade mittlerweile auch bei den Parteien der Mitte angekommenen Verallgemeinerungen, Dämonisierungen und Hetze, welche im schlimmsten Fall auch noch zu Gewalttaten führen. Leider braucht man zumindest für einen Teil dieser Maßnahmen Geld, Personal und Zeit. Alles was Politiker nicht mögen, schon gar nicht im Wahlkampf. Tatsache ist aber, das viele Experten genau diese Sachen bereits seit Jahren sagen und das selbst schon lange vor der Flüchtlingswelle 2015. Ich habe bereits im Rahmen meines Studium 2004 ein Praktikum bei einer Organisation gemacht, die Migranten betreut und ihnen bei der Integration hilft und da wurden ähnliche Sachen angesprochen. Aber es ist eben immer einfach Menschen die keine Stimme haben die Schuld für das eigenen pol. Versagen zu geben. Geld wäre auch in diesem Land da, der Bund der Steuerzahler zeigt jedes Jahr in seinem Schwarzbuch wo die Verschwendung statfindet- nicht bei Migranten.

  • Die meisten der Vorschläge sind vielversprechend. Leider nicht in einem Land umzusetzen, welches nicht einmal den Schienenverkehr unter Kontrolle bringt.

    Realität heißt die Dinge zu sehen wie sie sind. Und dazu gehört auch, dass Deutschland derzeit überfordert ist beim Thema Migration und zwar von A bis Z.

    Beginnt bei den Verfahren, Unterbringung, Betreuung und reicht bis zur Abschiebung. Daran wird sich kurzfristig auch nichts ändern.

    Es ist daher an der Zeit darüber nachzudenken, ob es nicht für alle Beteiligten der bessere Weg ist, weniger Menschen aufzunehmen und diese dafür besser unterzubringen, zu betreuen und einzugliedern, anstatt eine Vielzahl von Menschen weitgehend sich selbst zu überlassen und ihnen dann bei negativem Bescheid noch eine Duldung einzuräumen.

    Dazu gehört auch, Menschen die kein Aufenthaltsrecht mehr haben konsequent abzuschieben, um Platz zu machen für die Menschen die wirklich schutzbedürftig sind.

    Zur Erinnerung, die Anerkennungsquote für Asyl lag hierzulande 2024 bei 44,4% inkl. subsidärer Schutz. Die Anzahl der Erstanträge betrug 229.751. Die Anzahl der Duldungen beträgt 178.500.

    Quelle Bundeszentrale für politische Bildung/BAMF

    • @Sam Spade:

      > Und dazu gehört auch, dass Deutschland derzeit überfordert ist beim Thema Migration und zwar von A bis Z.

      Kann ich leider nur unterschreiben. Die leicht hysterische Sicherheitsdebatte lenkt davon ab, dass diese Straftaten Symptom systemischen Versagens sind.

      > Es ist daher an der Zeit darüber nachzudenken, ob es nicht für alle Beteiligten der bessere Weg ist, weniger Menschen aufzunehmen und diese dafür besser unterzubringen, zu betreuen und einzugliedern,

      Hat die deutsche Gesellschaft diesen Punkt nicht vor 10 Jahre verpasst? Mittlerweile sehe ich die Positionen auf beiden Seiten so verhärtet, dass ich nicht an eine Verständigung glaube. Die Vorschläge die Sie machen, sind für die Grünen und Die Linke völlig inakzeptabel.



      Ich fürchte, dass die Mehrheitsverhältnisse nach der Wahl nur ein Weiter-So ermöglichen. Bis dann nach der darauf folgenden Wahl ein Ergebnis kommt, dass fast niemand will.

    • @Sam Spade:

      Ist das wirklich zielführend die Abschiebung nach Begangen einer Straftat?

      Einmal folgende Gedanken hierzu: Die Taliban wollen helfen, dass Abschiebungen in ihr Land schneller verlaufen.



      Unschuldige Menschen, die vor dem Terror geflohen sind, werden generalverdächtigt und abgeschoben, und müssen in ihrer Heimat wegen Hochverrats noch mehr Terror erleiden.



      Der Täter, der für mehr Spaltung und mehr Abschiebung gesorgt hat, wird dagegen gefeiert, weil er indirekt Hochverräter zurückgeschickt hat.

      Denke doch mal, was die Opfer dazu sagen sollen, wenn ein Straftäter, der abgeschoben wird, drüben als Held gefeiert wird. Anstatt 15 Jahre bis lebenslänglich in Deutschland zu versauern. Weil gerade letzteres ist hilfreich, um nicht von Terroristen am Nasenring durch die Manege gezogen zu werden. Abschiebung ist bei Straftaten daher inkonsequent.

      • @Troll Eulenspiegel:

        Natürlich nach Absitzen der Tat! Das ist die "Schuld" die eine Täter gegenüber den Deutschen abzahlen muss. Alles andere ergibt keinen Sinn.

  • >Die vielbeschworene Wende in der Migrationspolitik dürfte nicht helfen – erfolgversprechend sind andere Ansätze.

    Wenn es nur darum ginge, ob das eine Mittel nicht oder das andere doch hilft, könnte man so argumentieren. Dann wäre es nämlich wirklich eine Frage, über die man, keine Parteien mehr kennend, rein objektiv entscheiden könnte.

    Denn es gäbe dann ja gar keine verschiedenen Ansichten darüber, ob vielleicht doch das andere Mittel besser ist als das eine.

    Dann müsste man aber auch keine Wahl durchführen wie jetzt am Sonntag, in der eben auch Leute gewählt werden können, die es subjektiv anders sehen als man selbst.

  • Die US-Geheimdienste warnen uns vor den meisten Anschlagsplänen dank ihrer weitreichenden Befugnisse - aber für Deutschland ist das nicht gewünscht u.a. wegen Datenschutz.

    Das ist nicht akzeptabel, dass wir die schmutzige Arbeit auf diese Weise auslagern. Und auch eine schlechte Idee, sich so abhängig von einem unberechenbaren Partner zu machen.

  • Leider ist dieser Artikel ein Hohn für alle Betroffenen, die sich um psychiatrische / psychotherapeutische Behandlung bemühen. Es gab schon seit langer Zeit nicht genügend Plätze und auch nicht Wohnungen. Wenn nun noch die nötigen Dolmetscher hinzugezählt werden, so ist es ein Luftschloss. Der Attentäter von Hanau war übrigens auch psychisch schwer belastet. Warum wird dies nicht hervorgehoben ?

  • Was der Artikel nicht beantwortet, ist die Frage, ob es sinnvoll ist, weitere Menschen in ein nicht funktionierendes System zu holen.

    Die psychologische und psychiatrische Versorgung ist bereits schlecht.

    Über den Wohnungsmarkt brauche ich nichts zu sagen. Die Unterbringung von Flüchtlingen wird deshalb nicht besser werden.

    Die Beiträge von Neonazis auf Tiktok kriegt bereits niemand eingefangen.

    Islamistischen Beiträge in z. B. Urdu werden mit Sicherheit keine leichtere Aufgabe sein.

    Jeden, der kommt, in ein Deradikalisierungsprogramm zu stecken, kann es auch nicht sein.

    Insgesamt macht mir der Artikel Angst.

    Er dokumentiert ungewollt, wie aussichtslos die Situation im Grunde ist.

    Es ist nicht nur ein Versagen der Politik, sondern der Gesellschaft.

    Auch der Zivilgesellschaft.

  • 1. Wo gibt es denn Hinweise auf eine schwere psychische Erkrankung des Tatverdächtigen von München? Bisher hieß es in der Berichterstattung, dass davon nichts bekannt sei.



    2. Warum wird im Artikel nicht Hanau erwähnt? Der Täter dort hatte auch paranoide Schizophrenie (de.wikipedia.org/w...onelle_Beurteilung ). Hätte man die 9 Tötungen und den nachfolgenden Suizid des Täters nicht durch bessere psychologische und psychiatrische Versorgung vermeiden können?

  • Auch psychiatrische Behandlung muss man sich leisten können. Wir warten jetzt schon ewig weil es nur begrenzt Therapeuten gibt. Die geneigte Autorin darf gerne erklären woher die zusätzlichem kommen sollen.

    Nebenbei -sie KOSTEN denn es handelt sich nicht um Wertschöpfung.

    Der Rest de Artikels liest sich als wären alle Schuld nur nicht die Attentäter

    • @hkj2314:

      Aufgabe des Staates ist eben auch die Daseinsvorsorge, die kostet Geld, die positiven Effekte sind i.d.R. nicht sofort messbar, sondern erst nach Jahren - daran, dass mehr SuS Schulabschlüsse schaffen, es weniger Kriminalität, mehr Produktivität, weniger psychische Erkrankungen usw. gibt.

      Derzeit arbeitet der Staat daran, das Problem zu verschärfen statt es zu lösen: Massive Kürzungen beim BAMF für Integrationskurse und flankierende Maßnahmen, Kürzungen bei Migrationsberatungsstellen und Psychosozialen Zentren.



      Psycholog*innen und Sozialarbeiter*innen, die diese Arbeit machen und machen wollen, die gibt es.



      Und das ist ja nur der explizite Migra-Bereich. Hinzu kommt "der Rest" sozialer Arbeit von der Schule bis zur Arbeitsmarktpolitik.

    • @hkj2314:

      Die Wertschöpfung geschieht in Form von Menschenleben. Auch darin, daß Menschen denen geholfen wird viel eher bereit sind der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Einen Job zu lernen, hier zu arbeiten und Steuern zu zahlen. Asylsuchende dürfen jedoch bis zu drei Jahren nicht arbeiten und müssen in Sammelunterkünften hausen.

    • @hkj2314:

      >Auch psychiatrische Behandlung muss man sich leisten können.<

      Weitere Fragen:



      Wie hoch ist die Erfolgsquote bei psychiatrische Behandlungen? um die 25%?



      Sind religiöse oder politische Überzeugungstäter überhaupt behandelbar?



      Darf man sie überhaupt behandeln oder verstößt man damit nicht gegen die Religionsfreiheit?

    • @hkj2314:

      Ok, dann zeigen wir alle mit dem Finger auf den Attentäter. Und dann?



      Es geht hier darum, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie Menschen nicht zu Tätern werden, da bringen persönliche Schuldzuweisungen nunmal überhaupt nichts.

      • @naja123:

        Es bringt aber auch nichts, wenn wir so tun, als ob es diese Täter nicht gäbe? Die Täter sind nun mal grundsätzlich schuld. Und der Versuch, sie als "grundsätzlich schuldunfähig" zu deklarieren, wäre auch ein grober Fehler!

        Und noch weniger bringt es, die hiesige Gesllschaft ständig quasi "in Haftung" dafür zu nehmen, dass Menschen mit verständlichen psychischen Grundlasten aus Kriesengebieten hier Schutz finden und bei Abweisung völlig eskalieren!

        Wer mit einem psyisch Kranken schon mal zu tun hatte, weiß, dass man sehr, sehr viel Geduld braucht, um die Person überhaupt zu irgendeiner Behandlung zu bringen. Man darf nicht so tun, als ob diese Mesnchen auf die Behandlung warten. Sie sind in ihrem System ja OK mit sich?!



        Wie kompliziert sich das dann noch unter Berücksichtigung einer ganz neuen Kultur, Ablehnung Asyl und Abkoppelung von der Familie darstellt, möchte ich mir garnicht vorstellen...

        Ggf. könnte ein größeres Engagement der eigenen Landsmannschaften mehr helfen, dass sich die Menschen nicht so hilflos fühlen und auch bei der Erkennung von Radikalisierungen? Quasi Patenschaften?

  • Es gibt in Deutschland Millionen von Menschen, die unter Schizophrenie oder PTBS leiden und die nicht behandelt werden. Wäre dies die Ursache für Anschläge, wären man in Deutschland wirklich nicht mehr sicher. Es gibt auch Millionen von Menschen, die in prekären Verhältnissen leben und trotzdem keine Anschläge verüben. Das Täter solcher Attentate häufig Flüchtlinge sind, führt also zu der Annahme, dass Psyche und Lebensverhältnisse nicht der ausschlaggebende Punkt sind

    • @Christian Deinhart:

      Die meisten Menschen mit genannten Krankheiten haben ein soziales Umfeld und eine Wohnung und wohnen nicht in Sammelunterkünften ohne Privatsphäre. Steht aber im Artikel. Es steht auch explizit im Artikel, daß genannte Erkrankungen nicht automatisch zu Gewlatverhalten führen. Das tun aber sie aber in Verbindung mit zunehmendem Stress, wie in den beschriebenen Situationen.

      • @torrez:

        Schön wäre es, wenn wir die Fluchtursachen benennen> z.B. Taliban oder Regime Syrien = Unterdrückung etc.!

        Mir erscheint die helfende Hand als Ursache übergewichtet!

        Ich kann es wirklich nicht beurteilen, wie viele Menschen nicht asylberechtigt sind.



        Aber wenn es so ist, dass auch viele Menschen mit einem Kredit auf der Schulter losgeschickt werden (>junge Männer), um der Familie dauerhaft zu helfen, wie groß wiegt dann die Enttäuschung, wenn die Ablehnugn kommt? Welchen Druck verursacht das? Misserfolg...

        Die Frage wäre ja, warum diese Menschen nicht über Arbeitsmigrationsprogramme kommen können? Die Unterstützung der Familie (soweit es darum gehen würde) wäre ja wesentlich besser und früher möglich? Stressig genug....

        Und dann gibt es mit Sicherheit auch "Schutzsuchende", die hier von Flüchtlingen erkannt, die Peiniger im Heimatland sind. Auch hier sollten wir uns bemühen, besser zu werden. Sprich, ggf. politische Täter und die Hinweise von Schutzsuchenden auf sie, deutlich konsequenter zu verfolgen! Da gab es ja schon einige Hinweise, dass es nicht passiert!

      • @torrez:

        Dafür hätte ich gerne mal einen Beleg, dass die meisten Menschen davon ein soziales Umfeld haben, denn das wird mit Krankheiten wie PTBS oder Schizophrenie erschreckend schnell ziemlich klein bis nicht existent. Knapp 2,5 Mio Menschen in Deutschland leiden unter PTBS oder Schizophrenie und wenn nur 10% davon kein intaktes soziales Umfeld haben, wären diese Krankheiten als Ursache für Anschläge ein erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit, sind sie aber nicht. Als jemand, der täglich mit psychisch kranken Menschen arbeitet, kann ich diese Ausrede, die einer Stigmatisierung psychisch kranker Menschen gleichkommt, auch nicht mehr hören

        • @Christian Deinhart:

          Ich hätte gerne einen Beleg für die 2,5 Mio. Das wären 3 Prozent der Bevölkerung. Das kommt mir sehr hoch vor. Und kann man PTBS und Schizophrenie tatsäächlich in einen Topf werfen?