piwik no script img

Auslieferung nach UngarnBeigeschmack von Feindstrafrecht

Timm Kühn
Kommentar von Timm Kühn

Der Krimi um die Auslieferung von Maja T. zeigt, welche Prioritäten der deutsche Staat bei der Strafverfolgung setzt. Gegen Linke zeigt er Härte.

Karlsruhe muss einschreiten: Fassade des Bundesverfassungsgerichts Foto: Uli Deck/dpa

M an muss sich den Kontext vor Augen führen: Im Herbst könnte in Deutschland eine rechtsextreme Partei in manchen Bundesländern stärkste Kraft werden. Die politische Debatte scheint sich nur noch um Abschiebungen zu drehen. Die radikale Linke ist zerstritten und gesellschaftlich isoliert wie lange nicht mehr. Und trotzdem scheint es für den deutschen Staat nichts Wichtigeres zu geben, als militante An­ti­fa­schis­t:in­nen zu verfolgen und möglichst hart zu bestrafen. Dafür sind Behörden offenbar sogar bereit, sie dahin auszuliefern, wo noch härter durchgegriffen werden kann.

Der Fall Maja T. verdeutlicht das. Am Donnerstagnachmittag hat das Berliner Kammergericht der Auslieferung von Maja T. nach Ungarn stattgegeben. Maja T., ein:e non-binäre:r An­ti­fa­schis­t:in aus Thüringen, soll im Februar 2023 an Angriffen auf Rechtsextreme in Budapest während des neonazistischen „Tag der Ehre“ beteiligt gewesen sein. Ungarn, ein autoritär geführtes Land mit teils queerfeindlicher Gesetzgebung, hatte darauf die Auslieferung beantragt.

Die Erklärung des Gerichts, dass man auf die Garantien der Orbán-Justiz schon vertrauen könne, sind hanebüchen. Denn schon in den deutschen Behören gelten für An­ti­fa­schis­t:in­nen offenbar längst andere Regeln, die immer mehr den Beigeschmack von Feindstrafrecht erhalten. Davon zeugt zum Beispiel, dass das Landeskriminalamt laut Anwalt Sven Richwin noch in der Nacht zu Freitag mit der Überstellung von Maja T. nach Ungarn begann. Der Verdacht liegt nahe, dass so Tatsachen geschaffen werden sollten, bevor die Anwälte Rechtsmittel einlegen konnten.

Kein faires Verfahren zu erwarten

Auf deren Antrag griff das Bundesverfassungsgericht schließlich ein. Es stellte am Freitagmorgen um 10:50 Uhr per Beschluss klar, dass Maja T. nicht nach Ungarn ausgeliefert werden darf, bis das höchste Gericht über die Beschwerde der Anwälte entschieden hat. Doch da war es schon zu spät. In einer Mitteilung schreibt das Bundesverfassungsgericht, es sei am Freitag gegen Mittag darüber informiert worden, dass Maja T. bereits um 10 Uhr morgens den ungarischen Behörden übergeben worden sei. Das Gericht wies die Generalstaatsanwaltschaft zwar auch an, T. notfalls nach Deutschland zurückzuholen. Inwiefern das realistisch ist, ist aber unklar.

Wenn schon Deutschland so mit An­ti­fa­schis­t:in­nen umspringt – wie kann dann behauptet werden, dass ausgerechnet in Ungarn, wo Orbán die Unabhängigkeit der Justiz untergräbt, ein faires Verfahren möglich ist? Selbst die Rechtsaußen-Regierung Italiens hatte immer wieder gegen die Haftbedingungen für italienische An­ti­fa­schis­t:in­nen in Ungarn protestiert. Für Maja T. als non-binäre Person ist die Bedrohungslage eine doppelte: Immer wieder kritisieren Menschenrechts-NGOs die Haftbedingungen für queere Menschen in Ungarn deutlich.

Der Krimi um die Auslieferung von Maja T. zeigt erneut, welche Prioritäten der deutsche Staat bei der Strafverfolgung setzt. Die liegen klar links – und nicht etwa bei den Neonazis, die tatsächlich die freiheitlich-demokratische Grundordnung bedrohen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Timm Kühn
Redakteur
Schreibt seit 2020 für die taz über soziale Bewegungen, Arbeitskämpfe, Kapitalismus und mehr.
Mehr zum Thema

44 Kommentare

 / 
  • Käptn Blaubär , Moderator*in

    Vielen Dank für Eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

  • Ich halte nicht viel von Gewalt gegen Faschisten, aber ein Recht auf Verteidigung und Selbstverteidigunge steht doch in der Verfassung.

    Und Ungarn ist auf keinen Fall ein normaler demokratischer Rechtsstaat, die Regierung dort hat Koalitionen mit einer rechtsextremen Partei gehabt.

    Es ist mehr als wahrscheinlich, dass M. dort zu einer überzogenen Strafe verurteilt wird und eine Resozialisierung auf Dauer stark erschwert wird.

    Natürlich muss es Strafen für Menschen geben, die mit Gewalt Politik machen, aber so?



    Und wie viele Vorstrafen hat sie denn?

    In Deutschland würde die Gesamtsituation des Menschen auch betrachtet werden, in Ungarn?

    Das bezweifele ich.



    Und dann muss ich zumindest dem Tenor zustimmen: Weil die Geheimdienste und die Justiz wenig Kooperation von der linken Szene erhalten, gehen sie die viel härter an, als die rechte Szene, die umfassend kooperiert, wo das Anwerben von Spitzeln leicht geht, aber die Gewalttätigkeit dadurch seit 1990 nicht abnimmt. Mir scheint das eine Reaktion auf diesen Zusammenhang zu sein, dass man die linken hart anfässt, weil diese Szene nicht einfach zu durchdringen ist.

  • 6G
    608196 (Profil gelöscht)

    Das Vorgehen gegen linke Aktivisten und NGO's mit linker Agenda wie Bürgerrechte, Umwelt- sowie Klimaschutz etc lässt die Schlussfolgerung zu, dass die SPD und die Grünen ihre einstige politische Basis verlassen haben.



    Fie Sozialen sind nicht meht sozial und die Grünen sind nicht mehr alternativ.



    Im Gegenteil.



    Als Verwalter des neoliberalen Erbes der seit Jahrzehnten Bundespolitik dominierenden Union, haben sich beide Regierungsparteien als in der Gestaltung einer für Alle lebenswerten Zukunft als überraschend hilflos, uninspiriert und hörig gegenüber dem politischen System exponiert, dass ausnahmslos alle Krisen und Katastrophen, denen wir uns als Weltbevölkerung derzeit ausgesetzt sehen, zu verantworten hat.



    Und dort liegt wohl der Kern des Problems.



    Politisch Verantwortung für die Gestaltung der Zukunft zu übernehmen, hiesse eine schonungslose Analyse der bisherigen Politik und deren Abhängigkeitsverhältnis zu Finanzindustrie und Welthandel zu vollziehen.



    Das scheint angesichts der alles überlagernden Agenda des Machterhaltes der Parteien und deren Verstrickung in dieses dysfunktionsle System unmöglich.



    Und deshalb werden linke, Misstände exponierende, Aktivisten bekämpft.

    • @608196 (Profil gelöscht):

      Wollen Sie wirklich die "Abhängigkeit vom Welthandel"?



      Sind Sie denn bereit, zur Substistenzwirtschft zurückzukehren, Kartoffeln und Karotten anzupflanzen und auf Orangen und Bananen zu verzichten?



      Und selbst wenn ja - machen Sie das mal Ihren Mitbürgerinnen und Mitbürgern klar...

  • Es ist fast wohltuend, dass dasselbe moralinsaure Opfergehabe und die Mär von der politisch getriebenen Feindjustiz nahezu wortgleich von linken Beschuldigten wie von gewissen Rechtsauslegern kommt. Das spricht dafür, dass das System noch im großen und ganzen funktioniert.

    Macht Euch nichts vor, liebe Linke: Wer sich zusammenrottet, um politische Gegner zu verfolgen und dabei Menschen absichtlich übelst misshandelt, ist nicht schutzwürdiger als z. B. ein rechter Funktionär, der es beim Surfen entlang der Schwelle zur Volksverhetzung dann doch mal zu weit getrieben hat. Und nach der Tat über die Grenze zu verschwinden, funktioniert in der EU eben auch nicht so gut wie in den Rebellenstories, von denen gewisse Meinungsträger vielleicht zuviele gelesen haben.

    Das gesagt, finde ich die eilige Umsetzung der Auslieferung auch befremdlich. Wenn der Beschuldigten der Gang zum Bundesverfassungsgericht verwehrt wird (und dieses hilflos zusehen muss, wie seine Prüfungskompetenz ausgehebelt wird), setzt das kein gutes Beispiel.

    • @Normalo:

      Da kann ich nur zustimmen!

    • @Normalo:

      So so, dass System funktioniert also? Wie viele Haftbefehle gegen Neonazis sind offen? Ihr Kommentar ist der des typischen Steigbügelhalters, der sich mit dem Rechten Gschwerl arrangiert und hinterher von nichts gewusst haben will. Ist Ihnen überhaupt klar, wer da von wem "geehrt" wird?

      • @sedeum:

        Von Ehrungen habe ich nicht geschrieben. Falls Sie damit diesen "Tag der Ehre" meinen - ja, ist mir klar. Nur ist das für die Frage, wie die Strafjustiz zu reagieren hat, wenn ein Trüppchen selbsterklärter Vollstrecker gemeinschaftlich andere Leute überfällt und grün und blau schlägt und tritt, im Wesentlichen irrelevant. Das ist ja mein Problem mit solchen pauschalen Beschwerden; Unterschwellig wird kommuniziert, dass die Justiz doch bitteschön den Zweck anerkennen müsse, der die Mittel heiligt. Darf sie nicht, denn das tut er nicht.

      • @sedeum:

        Wie viele Haftbefehle gegen Neonazis sind offen?

        Das ist nicht ganz die richtige Frage. Interessant ist die "Erledigungsquote", d.h. welcher Anteil der am Beginn einer Periode vorliegenden Haftbefehle vollzogen, gegen Geldstrafe (es sind ja viele Propagandadelikte, oft von Menschen ohne Vorstrafen dabei) aufgehoben wurden usw.



        Dieser Anteil liegt bei PMK-links bei etwas über, bei PMK-rechts bei etwas unter 50%. Es gibt also einen Unterschied im "Fahndungsdruck" oder wie man es nennen will, aber dieser ist nicht groß genug, um gesichert als statistisch relevant gelten zu können.



        Im vorliegenden Fall ist es ja auch nicht die Staatsanwaltschaft oder das Gericht, das Befremden auslöst, sondern die blitzartige Umsetzung durch die Berliner Exekutive... jene, die sonst für alles eine Ewigkeit braucht, bevor sie es schlecht oder falsch macht, hat es hier im Handumdrehen vermasselt. Das ist die Sauerei.

    • @Normalo:

      …erleichternd - daß wenigstens Sie am Schluß die normale Kurve: - Rechtsstaat geht vor Räuberhöhle - kriegen.

      kurz - Begann mir schon echt nen Kopp zu machen! Woll

      un Scheunen Sündach ook

  • Diejenigen, die hier gerade Majas Auslieferung rechtfertigen, sollten sich vor Augen führen, dass hier Verstöße gegen die europäische Menschenrechtskonvention wahrscheinlich sind, wie das Ilaria Salis schon öffentlich machte sowie dass die EU Gelder zurückhält, weil der ungarische Rechtsstaat ausgehöhlt wurde.



    Da kann man schon für ne Auslieferung sein, wenn einem Menschenrechte egal sind.

    www.bbc.com/news/world-europe-68143705

    • @Piratenpunk:

      Ich bin auch nicht dafür, nach Ungarn auszuliefern. Wem aber Recht generell nicht egal ist, der zieht auch nicht los, um im Ausland irgendwem die Knochen zu brechen, nur um dann im Ernstfall den Schutz des ja so verhassten Staates zu suchen. Mein Mitleid für Polit-Hooligans jeglicher Coleur hält sich arg in Grenzen.

  • ,,Gegen Linke zeigt er (der Staat) Härte."

    Generell kann ich dazu wenig sagen, aber in diesem konkreten Fall ist mein Eindruck:

    ,,Gegen Rechte und Rechtsextremismus haben der deutsche Staat und die EU zu wenig einzuwenden, wenn es um Ungarn geht."

    Es regt keinen auf, was in Ungarn passiert, bis auf Menschen wie Maja T., dabei ist in Ungarn Horthy mittelerweile nicht nur rehabilitiert sondern er dient auch der Identitätskonstitution.



    Beispiel dafür sind nicht nur gewaltverherrlichende Nazi-Aufmärsche, mit denen V. Orban kein Problem hat, im Gegenteil, sondern auch von der EU genehmigte Konzepte zur Kulturhauptstadt-Auswahl Veszprém 2023:

    In Veszprém wurde im letzten Jahr die Statuen von ,,Staatsgründer König Stephan und Königin Gisela" gehuldigt, mit Flyern und Führungen.



    Dabei fiel unter den Tisch, dass diese Statuen 1937/1938 unter Horthy angefertigt und aufgestellt wurden, in der dunkelsten Zeit Ungarns was die Kollaboration mit Nazi-Deutschland und den Antisemitismus betrifft.

    Man pilgert nach Veszprém und versichert sich seiner Identität, die nur auf Abgrenzung nach außen beruht: Stephan I. war vor allem brutaler Christianisierung verpflichtet, gegen die ,,Heiden".

  • Warum sollte man militante Linke verschonen? Der Staat greift bei allen politisch Radikalen durch.

  • Es gibt innerhalb der EU Verträge. Die hat auch Deutschland und alle EU Staaten unterzeichnet. Dazu gehört auch ein Auslieferungsabkomen, das EU Bürger zu Gerichtsverhandlungen überstellt werden können. Eventuelle Haftstrafen können dann Verurteilte in Deutschland verbüßen. An diese Vereinbarungen und Gesetze sind Richter gebunden. Und das Bundesverfassungsgericht entscheidet noch ob diese Auslieferung rechtmäßig ist.

    Das macht man mit anderen, Zb. Allgemeinkriminellen genauso. Mit "Links" oder "Rechts" hat das nichts zu tun. Da gibt es keine Unterschiede im Gesetz.



    se-legal.de/rechts...sgeliefert-werden/

    Voraussetzung für die Auslieferung eines deutschen Staatsangehörigen an einen EU-Mitgliedstaat ist, dass dieser den Verfolgten auf dessen Wunsch zur Vollstreckung zurück nach Deutschland überstellt.

    • @Martin Sauer:

      Das Problem ist nur, dass die Auslieferung längst vollzogen ist. Davon, dass das BVerfG im nachhinein ggf. feststellt, dass die Auslieferung unrechtmäßig war, hat Maja nullkommagarnix, während they in einem ungarischen Folterknast auf den Beginn eines Schauprozesses wartet.

  • Mir sind die heutigen “Kollegen“ des renommierten Kammergerichts ein Rätsel.



    Die vorläufige Stopp-Entscheidung Karlsruhes ist doch keine Überraschung - sondern erwartbar. Nicht nur zu Auslieferungen zB an Marokko hat das Gericht vs subobtimales Bundesverwaltungsgericht belastbare!!! Zusagen gefordert! Newahr.



    Und wg Haftbedingungen Standards Art 1 & 2 GG Bulgarien “gesenkt“!



    Und weil grad dabei - en passant Italien too!!!*

    unterm——*



    Auf den Schaum eines VGH-Präsi “wie kommt Karlsruhe dazu…“



    Richter Maidowski “Weil wir das können!“ - 🙀🥳🧐 -

    kurz - Spannend - Vollstreckung? - wird die Umsetzung!



    Normal Schonn •

    • @Lowandorder:

      Btw “…es gibt noch ein Kammergericht in Berlin…“ - 🙀🥳🧐 -

      Friedrich der Große hatte nämlich überhaupt kein Problem mit der Mühle. Er empfand diese sogar als Bereicherung seiner Sommerresidenz, da sie den angestrebten ländlichen Charakter seines Weinbergschlosses unterstrich. Nein, es war vielmehr der Müller selbst, der ein Problem hatte - nämlich mit den Bauarbeiten für das Schloss, welche mit der Pflanzung hoher Bäume und Mauern einhergingen. Er beklagte sich mittels einer Bittschrift, welcher der König sichtete und mit folgendem Kommentar an die Kriegs- und Domänenkammer zur Klärung übersandte :“... welchergestalt der Wind Müller Johann Wilhelm Grävenitz zu Potsdam sich beklaget, dass seine Wind Mühle, nachdem unser dortiges Lustschloss gantz nahe an derselben erbauet, der Weinberg mit hohen Mauern umgeben und hohe Bäume gepflanzet wurden, aus Mangel des Windes stille stehen müsste, gleichwohl aber die jährliche Pacht von ihm bezahlt werden muss”

      riedrich II. erwies sich in der Folge tatsächlich als gerechter und großzügiger König. Der Bau von Schloss Sanssouci beeinträchtigte tatsächlich die Funktion der Bockwindmühle und somit ließ der König dem Müller in Babelsberg zum Au

      • @Lowandorder:

        zum Ausgleich eine neue Mühle erbauen. 1753 verkaufte Müller Grävenitz seine Sanssouci-Mühle mit Gewinn weiter und war somit sogar doppelter Gewinner in diesem „Streit“.



        www.hotel-luisenpl...ller-von-sanssouci

        kurz - Nicht nur zur Erheiterung & Entspannung - leichter Hand kannste daran ne ganze Vorlesungsreihe - ImSchG - UmweltR etc dran aufhängen!



        Btw - der Schweinemästerfall war eulich was später.



        & seine Folgen



        www.bundestag.de/r...enbereich-data.pdf

    • @Lowandorder:

      Das ist schon normal.

      Die Auslieferung deutscher Staatsangehöriger an EU-Mitgliedstaaten richtet sich nach § 80 IRG.

      Voraussetzung für die Auslieferung eines deutschen Staatsangehörigen an einen EU-Mitgliedstaat ist, dass dieser den Verfolgten auf dessen Wunsch zur Vollstreckung zurück nach Deutschland überstellt. Auf Wunsch des Betroffenen findet also ausschließlich die Verhandlung und die Urteilsverkündung im EU-Ausland statt. Die Strafe kann anschließend in Deutschland verbüßt werden.

      Weiterhin sollte ein „maßgeblicher Bezug zum ersuchenden Mitgliedstaat“ bestehen. Dieser liegt insbesondere vor, wenn die in Rede stehende Tathandlung auf dem Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates stattgefunden hat oder der Taterfolg dort eingetreten ist

      • @Martin Sauer:

        Shure. But. Helfe gern.

        Dann erst - beginnt das Nachdenken Prüfen etc anhand höherrangigem Recht



        Und da hapert es scheint’s nach Auffassung von Karlsruhe! Gell.



        Auf nichts anderes habe auch ich mir erlaubt hinzuweisen! Woll

  • Vielleicht ist der Richter ja so [1] einer. Erschütternd.

    [1] taz.de/Rechte-Rich...schaften/!6020161/

    • @tomás zerolo:

      Behaupten sie gerne dinge, die sie nicht belegen koennen?



      Oder ist ihre meinung doch eher nur ein bauchgefuehl?

  • Das der Staat die Priorität bei der Strafverfolgung links setzt halte ich für eine "gefühlte Wahrheit". Schaut man auf die Zahlen ergibt sich in der Strafverfolgung ein anderes Bild. Sowohl bei der Anzahl der Vereinsverbote, der Beobachtungsfälle beim Verfassungsschutz als auch bei der Anzahl der Ermittlungsverfahren dominiert eindeutig rechts, gefolgt vom Islamismus und Rocker- Bandenkriminalität. Links folgt unter ferner liefen (u.a. 1 Vereinsverbot).

    Das schließt natürlich nicht aus, dass die regionalen Gerichtsbarkeiten teilweise andere Prioritäten setzen wie im Artikel beschriebenen Fall. Eine Verallgemeinerung oder ein Trend lässt sich daraus aber nicht ableiten.

    • @Sam Spade:

      Ach ja? Wirklich? Wieso laufen dann um die 450 rechtslastige Verbrecher herum, deren man angeblich und trotz Haftbefehl nicht habhaft werden kann? Wieso werden Klimademonstrant*innen hart bestraft und Naziaufmärsche in uniformähnlicher Aufmachung nicht geahndet - obwohl Verbote bestehen? Wieso wird die Klimabewegung als "Klima-RAF" verunglimpft und die fast als Geiselnahme zu bezeichnenden Blockaden eines Ministers, vieler (vor allem GRÜNER) Veranstaltungen durch rechtslastige Protesteure, die Sperrung und willkürliche Beschädigung von Autobahnen durch wildgewordene Traktorfahrer findet kaum oder gar keine Strafverfolgung????

      • @Perkele:

        Traktorfahrer und Klimakleber lassen sich keinem Spektrum zuordnen. Die offenen Haftbefehle schon. Das sie erlassen wurden zeigt ja schonmal das Ermittlungen stattgefunden haben und nicht "weggeschaut" wurde.

        Die von ihnen genannten Aufmärsche in "Uniform" sind mir zu verallgemeinert geschildert. Da bräuchte es schon Fakten. Die mir bekannten zu Himmelfahrt in Sachsen wurden alle von der Polizei auf verfassungsfeindliche Kennzeichen überprüft und ggf aufgelöst.

        Für eine objektive Sicht sind die Berichte und Statistiken des BKA oder des Verfassungsschutzes hilfreich. Über die Seite des BMI können auch die Vereinsverbote im Detail eingesehen werden.

        Ist vielleicht ganz dienlich Fakten hinzuziehen um seinen eigenen Standpunkt zu überprüfen.

      • @Perkele:

        Er hat schon recht. Es ist ganz bestimmt nicht alles gut, bei der Verfolgung von Rechtsextremisten. Aber gerade in den letzten Jahren wurden etliche rechte Vereine verboten. Combat 18, Nordadler, Hammerskins, Artgemeinschaft, Revolution Chemnitz, Gruppe Freital, etc. Da wurde auch einige Leute zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Wie auch Franco A im Zuge der Nordkreuzermittlungen. Gegen die Reichsbürgerszene wird intensiv ermittelt. Und aktuell läuft ein Prozess gegen die Reuss-Gruppe.



        Es ist also klar falsch, zu behaupten, der Staat würde rechts prinzipiell wegsehen und nur Linke verfolgen. Und den (durchaus bescheuerten) Zusammenhang von Klimabewegung und RAF hat zu allererst mal Blitzbirne Tadzio Müller in einem Spiegelinterview geprägt.

  • Allein der Gedanke,



    dass ich einen links Denkenden,



    an Orban ausliefern könnt',



    der macht mich fassungslos.



    usw.

    • @LeKikerikrit:

      Dann sollen bitte Linke keine Straftaten im Ausland begehen. Ein Straftatbestand ist und bleibt ein Straftatbestand, dazu gehört auch Gewalt. Laut Ihrer Logik dürften auch Linke nicht an andere (!) EU-Länder ausgeliefert werden, wenn sie zum Beispiel ein Auto geklaut hätten und im Prozess des Diebstahls jemanden überfahren haben? Seltsames Rechts-Verständnis.

    • @LeKikerikrit:

      Vielleicht sollte man damit anfangen, nicht ausgerechnet vor Orbans Tür dessen Landsleute brutal zu vermöbeln, weil man sich einbildet, sie seien Nazis und hätten daher nur eingeschränkt zu achtende Menschenrechte.

  • Die taz sollte aber, bei aller Kritik, nicht vergessen, warum eine Auslieferung erfolgte. Es war ein europäischer Haftbefehl, weil Personen in Ungarn angegriffen und teils schwer verletzt wurden. Es würde mir z.B. noch nicht einmal im Traum einfallen, nach Ungarn zu fahren um dort Personen anzugreifen.

  • Zufällig habe ich vorhin noch mal den Bericht zur Nordkreuz-Recherche der TAZ aus 2023 gelesen - dieser Fall hier passt in das Gesamtbild.

  • Frage: Die schweren Gewalttaten selbst, die ihr zu Last gelegt werden, werden nicht bestritten? Geht es hier ausschliesslich um die Auslieferung?

  • Ich kann dieses „mimimi“ nicht mehr hören respektive lesen. Wenn die Strafverfolgung gegen andere gerichtet ist, kann es gar nicht hart genug sein. Geht es aber um die eigene Sache handelt die ach so böse Justiz soooo überzogen; alles unfair.

    Wer beschuldigt ist, Straftaten begangen zu haben, muss sich dem Verfahren stellen. Alle Rechtswege dürfen begangen werden. Dann aber irgendwann - Ende - müssen die Entscheidungen der Gerichte auch einfach akzeptiert werden - ob es gefällt oder nicht, ob es ins Bild passt oder nicht.

    Ganz einfacher Tipp, Ermittlungen und mögliche Strafverfolgung und ggf. Strafen zu vermeiden: Einfach mal an die Regeln halten. Klingt kompliziert, ist es aber nicht.

    • @Regenschauer:

      Nun ist der Skandal in diesem Fall, dass eben nicht alle Rechtswege begangen werden dürften. Der Rechtsanwalt hat Beschwerde beim BVerfG gegen die Entscheidung eingelegt und die zuständige Polizei ist so schnell wie möglich zur Tat gestritten und die Auslieferung vollzogen ohne auch nur EINEN Tag abzuwarten, damit das BVerfG über eine eventuelle aufschiebende Wirkung der Beschwerde zu entscheiden. Wenn sich schon hier im Verfahren zur Entscheidung über die Auslieferung nicht an rechtsstaatliche Prinzipien gehalten wird, dann darf das umso mehr für den Prozess in Ungarn angenommen werden.

    • @Regenschauer:

      Muss man sich einem Strafverfahren stellen, das wahrscheinlich nicht fair sein wird, mit unmenschlichen Haftbedingungen in einer illiberalen Demokratie, das die eigene Existenz nicht anerkennt?



      Die italienischen Behörden, die ganz bestimmt kein Teil der radikalen Linken sind, haben diese Frage übrigens mit einem "nein" beantwortet und selbst die dortige Regierung gegen die Haftbedingungen protestiert.

      Was Maja zu befürchten hat, können Sie ja hier nachlesen:



      www.bbc.com/news/world-europe-68143705

      • @Piratenpunk:

        Dann überlege ich es mir vorher vielleicht zweimal, ob und wenn ja, in welchem Land ich Straftaten begehe.



        Ich kann doch nicht davon ausgehen, dass meine Tat schon ungesühnt bleiben wird.

    • @Regenschauer:

      ... dem ist nichts hinzuzufügen ...

  • Es wird falsch kontextuiert. Auf Grund von EU-Verträgen ist Deutschland zur Auslieferung verpflichtet. Nur in absoluten Ausnahmefällen unterbleibt diese Auslieferung. Diese hat das Gericht geprüft und für nicht erfüllt erkannt.

    Das hat nichts mit rechts oder links zu tun. Das BVerfG wird die Sache überprüfen. Egal, wie die Entscheidung am Ende ausfällt, der Rechtsstaat funktioniert.

    • @DiMa:

      Die ständigen Whatabouttisms, die nicht einmal Beispiele nennen, und die Vergleicherei zwischen rechter und linker Gefahr erwecken den Eindruck, dass der Autor letztlich aus dem Gefühl heraus schreibt, dass linke politische Gewalttaten eigentlich besonders "schonend" verfolgt werden sollten. Insbesondere so eine ungekürzte Anwendung des rechtsstaatlichen Arsenals verstößt wohl gegen eine unterschwellig angenommene, universellen Pflicht zur Solidarität mit aktiven "Antifaschisten" (bei Menschen, die in der Lage sind, anderen Menschen das Recht auf körperliche Unversehrtheit wegen Zugehörigkeit zu einer verhassten Gruppe abzuerkennen, würde ich den Begriff ohne Anführungszeichen für falsch verwendet halten). Der Kommentar verschweigt ja auch dezent, dass die Opfer der verfolgten Straftaten nicht einmal rechte Teilnehmer dieses "Tag der Ehre" waren.

    • @DiMa:

      Lol. Deutsche ans Ausland auszuliefern zur Strafverfolgung ist die absolute Ausnahme. Siemens, Korruption. Griechenland.

    • @DiMa:

      Ach ja? Funktioniert der Rechtsstaat, wenn die Behörden Fakten schaffen, bevor Rechtsmittel eingelegt werden können?



      Maja ist bereits in Ungarn, dessen EU Gelder aufgrund der dortigen Aushöhlung des Rechtsstaats zurückgehalten werden. Ich denke nicht, dass die ungarischen Behörden da besonders kooperativ sein werden, wenn es darum geht, Maja zurückzubringen.

  • Wer eine Straftat begeht, muss eben mit den Konsequenzen rechnen.



    Wir reden hier nicht über einen Kaugummiklau, sondern schwere Körperverletzung.



    Ich finde Ungarn hat das Recht die Täter selbst in einem Verfahren verurteilen oder nicht.



    Mein Mitleid hält sich hier in Grenzen

    • @Hennes:

      Es geht aber eben nicht nur um ein eigenes Verfahren Ungarns, sondern eins bei dem die Chancen auf rechtsstaatswidrigen Prozess inklusive Menschenrechtsverletzungen besonders hoch ist. Wer sich wider besseres Wissen an dessen Umsetzbarkeit beteiligt, entzieht sich seiner Verantwortung. Rechtsstaatlichkeit bedeutet eben nicht nur dass Straftaten Konsequenzen bedeuten, sondern dass diese nicht von Willkür, Vorurteilen und politischen Ansichten abhängig sind.