Pistorius’ Strukturreform der Bundeswehr: Zeitenwende für die Armee
Die Bundeswehrreform zementiert den Fokus auf die Landesverteidigung, dafür werden Milliarden aufgewendet. Es braucht aber vor allem Effizienz.
B oris Pistorius mag noch so oft die „Kriegstüchtigkeit“ beschwören. Am Ende wird der Verteidigungsminister daran gemessen werden, wie die Bundeswehr aufgestellt ist und wie gut sie mit den Zeitenwende-Milliarden umgeht. Deshalb hat er eine Strukturreform auf den Weg gebracht, die deswegen bemerkenswert ist, da mit ihr die Fixierung auf Auslandseinsätze organisatorisch an ihr Ende kommt.
Es ist bezeichnend, wenn Boris Pistorius sagt, er wolle die Bundeswehr so umbauen, dass sie für den Verteidigungsfall optimal aufgestellt ist. Das war sie also bisher nicht, darf man folgern. Das lag daran, dass die Bundeswehr sich auf Nation Building wie in Afghanistan und Mali konzentriert hatte, und das nicht mal mit Erfolg.
Beide Einsätze endeten eher unrühmlich: In Afghanistan ist der Staat kollabiert, als Nato und Bundeswehr nur einen Tag lang weg waren, in Mali wurde die Bundeswehr hinauskomplimentiert und durch russische Wagner-Söldner ersetzt. Das hat eine gewisse Ernüchterung erzeugt. Das Bedürfnis nach Wiederholung ist sogar unter denjenigen gering, die immer für diese Einsätze gestimmt haben. Was aber blieb, sind dysfunktionale Strukturen bei der Bundeswehr.
Die sind aber längst nicht das einzige Problem, das Pistorius zu lösen hat. Zwar rühmt er sich, das Tempo bei der Beschaffung erhöht zu haben. Die eigentliche Baustelle sind aber deren Kosten. Sie steigen und steigen, und trotzdem sind die gelieferten Waffensysteme oft mangel- und fehlerhaft.
Informationen unter Verschluss
Der Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr wird deswegen schon seit Jahren nicht mehr in Gänze veröffentlicht. Denn das würde „konkrete Rückschlüsse auf aktuelle Fähigkeiten der Bundeswehr“ zulassen, schreibt das Verteidigungsministerium dazu. Und die wären wohl nicht so schmeichelhaft.
Dabei ist es gar kein Geheimnis, wie viele Panzer und Kampfflugzeuge angeschafft wurden. Das lässt sich alles in Presse- und Parlamentsdokumenten nachvollziehen. Nur wie viele davon wirklich fahren und fliegen können, das wird geheim gehalten – aus Gründen. Als sie noch in der Opposition waren, hatten FDP und Grüne das scharf kritisiert. Aber auch die Ampel bleibt bei der Geheimhaltung.
Die spannende Frage lautet nun: Kann die Bundeswehr, können die Rüstungsfirmen effizienter werden, wenn die Verteidigungsausgaben Jahr für Jahr erhöht werden? Wenn es also nicht den geringsten Anreiz zum Sparen gibt? Den Beweis muss Boris Pistorius erst noch erbringen. Sonst könnte sich die Bundeswehr strukturell als Fass ohne Boden erweisen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin