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Südafrikas Klage gegen Israel„Genozidale Absicht“

Mit der Anhörung der Anklage beginnt in Den Haag der Völkermord-Prozess gegen Israel. Premier Benjamin Netanjahu reagiert mit einer Klarstellung.

Südafrika spricht von einem „Apartheids-System“ in Gaza: Delegation am Donnerstag in Den Haag Foto: Patrick Post/ap/dpa

Den Haag/Tel Aviv taz | Zum Auftakt der Anhörung zur Völkermord-Klage gegen Israel hat die Republik Südafrika am Donnerstag vor dem Internationalen Gerichtshof die Begründung ihres Vorwurfs dargelegt. Die Grundlage dafür seien „angedrohte, angewendete, geduldete, unternommene sowie aktuell ausgeführte Handlungen von Regierung und Militär des Staates Israel gegen das palästinensische Volk in der Folge der Angriffe in Israel am 7. Oktober 2023“, heißt es in der Anklageschrift, die von Mitgliedern der südafrikanischen Delegation in Den Haag vorgestellt wurde.

Ziel Israels sei die Zerstörung eines substanziellen Teils der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen, wird in dem 84-seitigen Dokument ausgeführt. Für Vusi Madonsela, den Botschafter Pretorias in den Niederlanden, steht außer Frage, dass beim Vorgehen der israelischen Regierung und Militär „der Beweis für die genozidale Absicht überwältigend“ ist. Diese Absicht ist ein zentrales Kriterium der „Übereinkunft über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords“, die vor 72 Jahren in Kraft trat. Anhand dessen wird bewertet, ob Verbrechen gegen eine bestimmte Bevölkerungsgruppe tatsächlich deren Auslöschung zum Ziel haben.

Die südafrikanische Delegation, zu der am Donnerstag auch Justizminister Ronald Lamola zählte, sieht das als erwiesen an. Als Belege führt sie Zitate von Ministern und Mitgliedern der Knesset sowie des israelischen Militärs an, in denen wiederholt dazu aufgerufen worden sei, Gaza „auszulöschen“, zu „verbrennen“ oder „dem Erdboden gleichzumachen“. Und: dass es dort „keine Unschuldigen“ gebe. Letztere Aussage stammt von dem Likud-Abgeordneten Nissim Vaturi und sorgte im Vorfeld der Anklage international für Aufsehen. Bei mehreren Aussagen ist freilich umstritten, ob sich Bezeichnungen wie „Monster“ oder „menschliche Tiere“ nur auf die Hamas-Terroristen oder aber Be­woh­ne­r*in­nen des Gazastreifens im Allgemeinen beziehen.

De­mons­tran­t*in­nen mit Mandela-Konterfrei

Aus südafrikanischer Perspektive ist nicht nur die humanitäre Situation im Gazastreifen Teil einer entsprechenden Strategie seitens der israelischen Regierung. Vielmehr handele diese seit der Staatsgründung 1948 in genozidaler Absicht und habe die palästinensische Bevölkerung einem Apartheid-System unterworfen. Als dieser Vorwurf kurz nach Beginn der Anhörung am Donnerstagmorgen erstmals vorgetragen wurde, reagierten die Teil­neh­me­r*in­nen der pro-palästinensichen Demonstration vor dem Gerichtsgebäude mit lautem Jubel.

Insgesamt hatten sich etwa 1.500 Menschen mit zahlreichen palästinensischen Fahnen und Kufiyas versammelt, auch türkische Fahnen und eine mit Hammer und Sichel der tunesischen Arbeitspartei war zu sehen. Auf einer anderen befand sich das Konterfei Nelson Mandelas, daneben sein Zitat: „Wir wissen nur allzu gut, dass unsere Freiheit unvollständig ist ohne die Freiheit der Palästinenser*innen.“ Dass die Genozid-Anklage Israels ausgerechnet aus Südafrika kommt, geht unter anderem auf die Verbindungen zwischen Anti-Apartheid- und palästinensischen Befreiungsbewegungen zurück.

Die anhaltende Welle von Demonstrationen gegen den Gazakrieg sorgte auch dafür, dass in Den Haag, das als Hauptstadt des internationalen Rechts schon zahlreiche Kundgebungen vor Tribunalen erlebt hat, dieser Donnerstag ein besonderer Tag war. Schon kurz nach Sonnenaufgang zogen Menschen mit palästinensischen Fahnen in Richtung des Gerichtshofs durch die Straßen und skandierten „From the river to the sea, Palestine will be free“. Zu Beginn der Sitzung gab es eine kurze, angespannte Situation, als berittene Po­li­zis­t*in­nen manche Demonstrierende hinter die Absperrungen zurückdrängten.

Ein wenig später kam eine Gruppe von mehreren Hundert proisraelischen De­mons­tran­t*in­nen vor dem Gelände an. Viele von ihnen trugen Fotos entführter oder ermordeter Geiseln, deren Porträts auch auf einem Videobildschirm gezeigt wurden. Zu Bringt-sie-zurück-Rufen setzte sich der Zug in Bewegung, zu einer Kundgebung in der Innenstadt, wo der Vater einer entführten Geisel eine Ansprache halten sollte.

Israels Gewissheit hat Risse bekommen

Shay, ein junger Israeli, der in der Nähe von Amsterdam lebt, sagt, dass auch die Mutter eines Freundes seit dem 7. Oktober in der Gewalt der Hamas ist. „Es ist furchtbar, dass dieser Krieg schon mehr als 20.000 Menschenleben gekostet hat“, betont er. Wenn man aber mit Genozid argumentiere, müsse man auch sehen, dass auch die Hamas-Massaker diesen Charakter hätten.

Dabei verurteilt die Anklageschrift Südafrikas die Taten der Hamas deutlich. Zugleich könne kein bewaffneter Angriff auf das Territorium eines Staates das israelische Vorgehen seither rechtfertigen – „selbst nicht, wenn dieser Gräueltaten beinhaltet“. Darum fordert Südafrika vom Gerichtshof „vorläufige Maßnahmen“, die Israel dazu anhalten, die Kriegshandlungen schnellstmöglich einzustellen und alles in seiner Macht Stehende zu unternehmen um einen Völkermord zu verhindern. Israel weist den Vorwurf des Genozids zurück und beruft sich auf sein Recht der Selbstverteidigung.

Doch die Gewissheit, dass sich die Richter auf Israels Seite schlagen werden, hat im Land selbst Risse bekommen. Jeremy Sharon warnte etwa in der Times of Israel davor, das Verfahren auf die leichte Schulter zu nehmen. „Schon die Plausibilität eines Völkermordes reicht für den Beginn eines Verfahrens aus“, so der Journalist.

Netanjahu bezieht endlich Stellung

Auch in politischen Kreisen kommt langsam an, dass die Anklage Israels vor dem Internationalen Gerichtshof am ehesten ein Punktsieg für die Hamas ist. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu pochte am Mittwochabend noch einmal darauf, dass man nicht gegen die Palästinenser, sondern ausschließlich gegen die Hamas vorgehe.

„Wir tun dies in voller Übereinstimmung mit internationalem Recht, so der Premier. Auf der Plattform X (vormals Twitter) lehnte er zudem erstmals die Forderung einiger Regierungsmitglieder ab, die sich offen für eine Vertreibung der Palästinenser oder neue jüdische Siedlungen eingesetzt hatten. Unter anderem auf diese Äußerungen stützt sich die Klage Südafrikas.

Das Verfahren in Den Haag könnte Netanjahu nun veranlasst haben, gegen seine radikalen Koalitionspartner nach langem Schweigen Stellung zu beziehen. „Ich möchte absolut klarstellen: Israel hat nicht die Absicht, den Gazastreifen dauerhaft zu besetzen oder die Zivilbevölkerung zu vertreiben“, so sein Tweet. Auch Besucher in den Cafés von Tel Aviv verfolgen den ersten Tag der Anhörungen in Den Haag eher gelassen. „Wir sind es gewohnt, dass uns eine Allianz von Staaten das Selbstverteidigungsrecht absprechen will“, sagt der Ingenieur Itai Shabtai, der auf seinem Smartphone die Reden der südafrikanischen Rechtsanwälte hört.

Am Freitag soll die israelische Delegation in Den Haag zu Wort kommen.

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31 Kommentare

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  • Könnte Netanjahu den Satz "Ich möchte absolut klarstellen: Israel hat nicht die Absicht, den Gazastreifen dauerhaft zu besetzen oder die Zivilbevölkerung zu vertreiben" bitte auch noch für das Westjordanland wiederholen?

    Dort beobachten man nämlich das genaue Gegenteil und dass obwohl von dort keine Angriffe auf Israel gestartet wurden.

    • @Rudolf Fissner:

      Was das Westjordanland angeht, traue ich mir, im Gegensatz zu den derzeitigen Vorgängen in Gaza/Israel und dem 07.10.23, keine Meinung oder Einschätzung zu.

      Ich halte es für möglich, dass jüdische Bewohner ihre nicht-jüdischen Nachbarn angreifen, aber ebenso auch, dass sich nicht-jüdische Bewohner mit der palästinensischen/Hamas-Seite solidarisieren und ihrerseits ihre jüdischen Nachbarn bzw. Soldaten und Polizisten angreifen. Schilderungen gibt es aus beiden "Lagern", die ich aber noch nicht einordnen kann.

      Nach dem Krieg wird hoffentlich jeder Todesfall genauestens untersucht und die Täter, egal welcher Religion/Ethnie, vor Gericht gestellt.

      Grundsätzlich ist es ein unangenehmer Ausblick auf die Zukunft im Westjordanland.

      oct7map.com/women

    • @Rudolf Fissner:

      Gut wäre es, wenn Netanyahu DAS klarstellen würde. Allerdings ist das Thema “Westbanks” nicht Gegenstand der südafrikanischen Klage - dort geht es ausschließlich um das israelische Vorgehen in Gaza.



      Oder habe ich was falsch verstanden?

      • @Abdurchdiemitte:

        Gegennstand meines Beitrags ist die Glaubwürdigkeit der Aussage Netanjahus.

        Man erkennt Politik vor allem auch an den Taten. Er betreibt eine Politik des Hüh und Hotts den Palästinensern in den besetzten Gebieten gegenüber. Hier Versprechen dort aber knallharte Vertreibung, Annexions- und Siedlungspolitik.

        Und die fatale Konsequenz, die sich aus der Ungleichbehandlung der besetzten Gebiete in dem Satz ergibt, ist auch krass.

        Er sichert einseitig dem Gazastreifen Bestandsschutz zu und die Hamas kann das als Erfolg verbuchen während das friedliche Westjordanland weiterhin Annexionsplänen, Landraub und Vertreibung ausgesetzt ist. ( www.deutschlandfun...ordanland-100.html )

        • @Rudolf Fissner:

          Das Westjordanland ist friedlich? Seit wann?

        • @Rudolf Fissner:

          Die Frage, welche Rolle Netanyahu und seine Regierungskoalitionen zwischen 2009 und heute beim „Hochpäppeln“ der Hamas spielte, wird mit Sicherheit noch Gegenstand innenpolitischer Auseinandersetzungen in Israel werden, wenn der Pulverdampf des Gaza-Krieges erst einmal verzogen ist. Und auch für uns in Europa wird die Frage noch interessant hinsichtlich der Gelder, die aus der EU nach Gaza geflossen sind.



          Aber: wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen - das gilt insbesondere für die israelische Seite hinsichtlich des Vorwurfs der Terrorunterstützung durch Dritte. Denn Sie haben natürlich vollkommen recht mit Ihrer Darstellung des Zusammenhangs zwischen einer Politik der direkten oder indirekten Stärkung der Hamas in Gaza durch Israel selbst - das wird noch näher unter die Lupe zu nehmen sein - und dem restriktiven Besatzungsregime im Westjordanland.

  • Da die Richter/innen des IGH von der UN-Generalversammlung und UN-Sicherheitsrat ausgewählt werden, an deren Objektivität ich spätestens seit dem 07.10.23 Zweifel habe, gehe ich nicht davon aus, dass Israel einen fairen Prozess zu erwarten hat, sofern die Klage angenommen wird. (...)

    Der beigefügte Link wurde wegen expliziter Gewaltdarstellungen entfernt. Danke, die Moderation

    • @*Sabine*:

      @ Moderation: Vielen Dank für Ihren Hinweis, ich verstehe das und habe nicht ausreichend über den Link nachgedacht. Gut, dass Sie für mich und die anderen Kommentatoren mit aufpassen.

  • Was soll das Ganze? Weder wird sich Israel von einem Schuldspruch beeindrucken lassen, noch wird dies den Palästinensern nützen.

    Ich bestreite gar nicht das Recht der Palästinenser um das Land zu kämpfen. Ohne Terror. In Uniform. Aber es ist sinnlos. Sie haben keine Chance. Sie haben keine wirklichen Verbündeten. Es gibt keine Solidarität unter den Arabern.

    Ihre einzige Chance ist, die Realität zu akzeptieren, eine funktionierende Verwaltung aufzubauen, auf Terror und Krieg zu verzichten. Und sich dann in Israel Verbündete zu suchen. Da gibt es nämlich Leute, die durchaus in Frieden mit den Arabern leben wollen.

  • Klar wäre die unangenehme Frage zu klären, ob die Vernichtungs- und Verteibungsphantasien amtierender Regierungsmitglieder ausreichen um eine genozidale Absicht der Kriegführung zu beweisen, denn für die Festststellung von Genozid ist die Absicht wichtiger ausschlaggebend. Also werden die israelischen Soldaten unfreiwillig zu Mördern, weil Fascho-Minister braune Fantasien herumposaunen - ohne sofort und konsequent aus dem Amt gejagt worden zu sein, oder muss es mehr an Beweisen geben?



    Ich finde die Klage gut, nicht weil ich meine Israel würde sich verbrecherisch verhalten, sondern weil es tatsächlich Klärungsbedarf gibt - und zwar beim Kriegsvölkerrecht, das bisher Verhältnismäßígkeit nicht exakt festlegt.



    Es ginge darum festzustellen ob die westliche Strategie eigene Verluste unter allen Umständen zu vermeiden, inklusive massivster Kollateralschäden verhältnismäßig ist, wie sie Israel mit einem Verhältnis zwischen eigenen Toten Soldaten und toten Zivilisten (Gesamttote minus Israel. Angaben über tote Terroristen ) von ca 1: 100 und tote Zivilisten zu tote Terroristen von ca 4:1 verhältnismäßig ist und wie die prophylaktische Erschießung statt Befreiung von Geiseln beweist.



    Es wäre gut, legte das Gericht fest, ab wann man ein Kriegsverbrechen begeht, wenn man aus Eigenschutz statt selbst hinzugehen und den bewaffneten Feind direkt zu bekämpfen, erst mal alles platthaut.



    Hoffentlich klärt das Gericht also mehr als nur formale Spitzfindigkeiten.

    • @Euromeyer:

      Für eine "Absicht" eines Landes müssen aber nicht beliebige Soldaten, Zivilsten, Parlamentsmitglieder, Minister, etc. sprechen, Gültigkeit haben dabei einzig die Aussagen von:



      Regierungschef, Präsident, oder Außenminister.



      Ihre Zahlenangaben sind nicht haltbar, da es aus Gaza keine zuverlässigen Zahlen gibt.

    • @Euromeyer:

      “Ich finde die Klage gut, nicht weil ich meine Israel würde sich verbrecherisch verhalten, sondern weil es tatsächlich Klärungsbedarf gibt - und zwar beim Kriegsvölkerrecht, das bisher Verhältnismäßigkeit nicht exakt festlegt.”



      Danke, das scheint auch mir die Crux bei diesem Verfahren zu sein. Nun hat Südafrika jedoch den konkreten Genozid-Vorwurf in den (juristischen) Raum gestellt, nicht die Frage der Verhältnismäßigkeit bei kriegerischen Auseinandersetzungen. Auch nicht die der Verhältnismäßigkeit im Verteidigungsfall, worauf heute ja die israelische Seite mit Verweis auf den 7. Oktober abgehoben hat.



      Ich persönlich räume der Klageschrift sowieso keine großen Chancen ein, wenn sich die Richter in Den Haag nicht zu einem bloßen politischen Tribunal instrumentalisieren lassen wollen. Wird die Klage abgewiesen, wird Ihr Anliegen allerdings auch nicht geklärt werden können. Schade eigentlich.

  • Keine Überraschung.

    Südafrikas Regierung ist ganz offiziell prorussisch und antiisraelisch. Dem entsprechend handeln sie. Wenn Russland die Ukraine mit dem erklärten Ziel angreift, diese zu "entukrainisieren", interessiert das in Südafrika niemanden.

    Wenn Israel tatsächlich Völkermord im Sinn hätte, wären die Palästinenser in Gaza schon alle tot. Israel hätte nämlich die Mittel dazu...

    Andersherum leben Millionen von Israelis nur noch, weil die Hamas eben nicht die Mittel hat, ihre Vernichtungspläne umzusetzen.

  • Bei Genozid würde ich nicht mitziehen, aber dass dort schon lange ein Apartheitssystem herrscht und im jetzigen Konflikt massive Kriegsverbrechen begangen werden, ist ziemlich eindeutig. Der Terroranschlag der Hamas und dann das Flächenbombardement der Israelis ohne die unschuldige Zivilbevölkerung zu verschonen sind auf gleicher Höhe. Der Blutzoll durch die Bombardierung ist allerdings ungleich höher. Es handelt sich dabei um einen Akt der Rache. Man will den Palästinensern wehtun...allen...ungezielt...Hamas oder nicht, denn auch bei dem Anschlag der Hamas waren die Opfer nicht gezielt ausgewählt worden. Man begibt sich auf das gleiche Niveau, redet es sich aber als "Selbstverteidigung" schön. Selbstverteidigung endet wenn der Angriff endet und man sich nicht mehr verteidigen muss. Das ist eher ein Präventivschlag. Und selbst der muss angemessen und nicht eskalativ sein.



    All das Leid in der Region ist auf Israels Haltung zurückzuführen. Wären die gute Nachbarn und würden weder Land rauben, noch die Nachbarn ausbeuten und misshandeln, gäbe es kaum einen Konflikt. Rückgabe aller okkupierten Gebiete an Palästina und Gleichbehandlung der Nachbarn. Schon kann das klappen. Ist nach all dem Hass und Blut natürlich nicht mehr so einfach wie vor 70 Jahren...und schon gar nicht, weil die Hamas nun wieder Zehntausende rekrutiert, deren Familien von Israels Bomben zerfetzt wurden.

    • @Hefra1957:

      "All das Leid in der Region ist auf Israels Haltung zurückzuführen".

      Ist das nicht etwas einseitig?

      Es waren die Araber, die sofort nach der Propagierung des Staates Israel angegriffen haben, und auch in den Jahren danach gab es immer wieder Überfälle auf Israel. Der Krieg von 1967 war ein Präventivkrieg, daher ist auch die Besetzung der Westbank, des Golan und des Sinai aus militärischen Gründen verständlich. Wer weiß, was 1973 passiert wäre, wenn die ägyptischen Panzer an der alten Grenze vor 1967 aufmarschiert wären.

      Die Besiedelung der besetzten Gebiete ist aber unrechtmäßig und außerdem dumm, da sie den Israelhaß bei den Arabern am Köcheln hält.

      Aber für die schlechte Behandlung der Palästinenser ist auch deren Weigerung verantwortlich, Israels Existenz grundsätzlich anzuerkennen.

  • Man muss hier natürlich das Urteil abwarten; vorher kann man nur streiten.



    Aber dass Nethanjahu nun, am Tage des Prozessbeginns, plötzlich verlauten lässt, dass er nicht an eine Vertreibung der Palästinenser aus Gaza denkt, lässt einen an den berühmten Ausspruch denken: "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen."

  • Der Vorwurf eines Völkermords steht seit Oktober im Raum. Es ist gut, wenn diese Frage nun offiziell geklärt wird. Dabei soll gegenüber Israel - wie es sinngemäß auch Beispiele zur IHRA-Antisemitismus-Definition enthalten - der gleiche Maßstab angelegt werden wie bei allen anderen Ländern.

  • Eine Anklage wegen Genozid gegen Isreal wäre absurd. Überhaupt finde ich es bedenklich wie inflationär der Begriff inzwischen verwendet wird. Das führt zu einer Relativierung wirklicher Genozide.

    • @Alexander Schulz:

      Wow, wie viele Opfer müssen denn nach Ihrer Meinung sein, damit der Begriff nicht mehr „inflationär“ ist? 20.000? 50.000? 6 Millionen?

      • @Georg Weidekind:

        Naja ob ein Genozid vorliegt hängt nicht nur von der Anzahl der Opfer ab. Im 2. Weltkrieg sind auch 7.5 mio Deutsche gestorben, 2 mio davon Zivilisten. Dennoch würde das niemand als Völkermord bezeichnen, was auch richtig ist. Es hängt alles von der Intention ab. Ich bin zwar kein Experte, aber ich denke nicht das Israel die Absicht hat die palestinänsiche Bevölkerung auszulöschen. Die Dauerbesetzung des Westjordalandes inklusive "besiedelung", sowie das Beharren Israels ein mehrheitlich jüdischer Staat sein zu müssen ist tatsächlich kritisch zu sehen. Den Vorwurf der Apartheit kann ich daher teilweise nachvollziehen, von Völkermord ist das aber noch weit entfernt.

        • @mbo:

          Hier finden Sie eine Zusammenstellung von Stellungnahmen israelischer Politiker, Journalisten, Militärs und Intellektueller, die die Zerstörung des Gazastreifens, ethnische Säuberungen und die Ermordung palästinensischer Zivilisten fordern.

          www.trtworld.com/m...e-in-gaza-16537146

          Die Quelle ist die NGO „Law for Palestine“, die seit 2020 sowohl in Schweden als auch im Vereinigten Königreich registriert ist. Diese NGO ist beim "Ausschuss für die Ausübung der unveräußerlichen Rechte des palästinensischen Volkes" akkreditiert, der von der Generalversammlung der Vereinten Nationen gegründet wurde.

      • @Georg Weidekind:

        Südafrika begleicht damit alte, anscheinend nicht verwundene Rechnungen.

        Die ANC war schon immer eng mit der PLO verbandelt gewesen und Israel stand der damaligen Apartheids-Regierung nahe.



        Und die erstere Verbundenheit setzt sich anscheinend nahtlos fort, man hält über das Aussenministerium Kontakt zur Hamas-Führung und sichert, laut Aussage der Terrororganisation, Unterstützung zu um die „die zionistische Aggression gegen Gaza“ zu stoppen.

      • @Georg Weidekind:

        Nennen Sie mir doch bitte Mal einen größeren Krieg bei dem momentan der Begriff nicht benutzt wird?



        Das soll keinster Weise das Leid der Opfer mildern, aber wenig mehr Verhältnismäßigkeit wäre schon angebracht.

  • Ich bin gespannt, wie die israelische Regierung ihr Vorgehen rechtfertigen möchte. Denn "die haben angefangen" ist juristisch gesehen ein eher dünnes Argument.



    Auch wenn die Hamas selbst genozidial handelt, rechtfertigt das immernoch nicht das Vorgehen der israelischen Armee.

  • Hat Südafrika auch Russland verklagt, wegen des Krieges gegen die Ukraine? Nein? Ziemlich verlogen das Ganze!

    • @Stoffel:

      Man muss Augenmaß haben. Ohne natürlich zu vergessen, dass jeder Todesfall in einem Krieg ein unnötiger Tod ist.

      Nach Angaben des Büros der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) wurden zwischen dem 7. Oktober 2023 und dem 7. Januar 2024 mindestens 23.084 Palästinenser von der israelischen Armee getötet.

      Zusammenfassend haben wir in Gaza 7.694 Todesfälle pro Monat.

      Allerdings unterscheiden die UN-Zahlen für Gaza nicht zwischen zivilen und militärischen Opfern. Können wir glauben, dass alle palästinensischen Opfer Mitglieder der Hamas waren und dass kein einziger palästinensischer Zivilist getötet wurde?

      Die Antwort lautet nein: Laut einer Studie der renommierten israelischen Zeitung Haaretz sind 61 Prozent der Opfer israelischer Bombenanschläge in Gaza Zivilisten. Ich betone: Ich erfinde keine Zahlen. Die Quelle ist eine der besten israelischen Zeitungen.

      In diesem Fall haben wir einen monatlichen Durchschnitt von 4.694 zivilen Todesfällen pro Monat.

      Der Haaretz-Artikel ist durch eine Paywall geschützt. Ich sende Ihnen den Link zu einem Artikel der britischen Zeitung The Guardian, der darüber berichtet:

      www.theguardian.co...%20up%2061%25%20of ,Israel-Gaza%20war%20%7C%20The%20Guardian

      Und jetzt die Ukraine

      Nach Angaben der Menschenrechtsüberwachungsmission der Vereinten Nationen in der Ukraine (UNHRMMU) werden vom Beginn der russischen Invasion (24. Februar 2022) bis zum 21. November 2023 mindestens 10.000 Zivilisten auf beiden Seiten der Frontlinie sterben.

      Wenn wir diesen Zeitraum auf 21 Monate runden, haben wir in der Ukraine durchschnittlich 477 zivile Todesopfer pro Monat.

      Kurz gesagt, die gegen Zivilisten in Gaza entfesselte Gewalt ist viel tödlicher als das, was in der Ukraine geschieht.

      Und zum Schluss. Man sollte Begriffen wie „Vernichtungskrieg“ nicht bagatellisieren, und schon gar nicht in Deuts

    • @Stoffel:

      Wenn von möglichen Kriegsverbrechen "unserer" Freundesstaaten die Rede ist, dann wird Regierungssprecher Hebestreit immer ganz schmallippig.

      Anders sieht es bei "unseren" Nichtfreunden aus. Da sprudelt es nur so aus ihm.

      DAS sind die doppelten Maßstäbe.

      • @Uns Uwe:

        Leider muss ich Ihnen zustimmen. Aber viele Menschen sehen halt das was sie sehen möchten und nicht das was ist.

      • @Uns Uwe:

        Und solange Sie diese Kriegsverbrechen nicht gleichermaßen kritisieren, tun sie persönlich genau das gleiche...

    • 6G
      696439 (Profil gelöscht)
      @Stoffel:

      Südafrika ist nicht die Staatsanwaltschaft des Gerichtshofes und dafür verantwortlich jeden möglichen Genozid zur Anzeige zu bringen. Nichtsdestotrotz kann die Südafrikanische Regierung frei entscheiden diesen Schritt zu gehen oder nicht. Das es diesmal den Staat der Juden trifft mag irritierend sein, aber auch Israel hat keinen Persilschein.



      Übrigens laufen ja schon Ermittlungen gegen Russland wegen möglicher Kriegsverbrechen.

      • @696439 (Profil gelöscht):

        Es geht bei dieser bizarren, peinlichen Posse Südafrikas aber um GENOZID. Punkt! So absurd das auch immer ist.