Koalitionsstreit über Energiepolitik: Klimapolitisch handlungsunfähig
Mit der Blockade-Partei FDP kann man nicht mehr rational argumentieren. Sie spielt Fachpolitik zu einem Kulturkampf hoch.
S o wird das garantiert nichts mit dem im Koalitionsvertrag angekündigten „Mehr Fortschritt wagen“ der Bundesregierung. Ob beim Austausch von Gas- und Ölheizungen, der Abkehr von Autos mit Verbrennermotor oder einem ehrgeizigen Energiespargesetz – die FDP blockiert zentrale, für die Zukunft wichtige Vorhaben der Bundesregierung und verhindert so eine erfolgreiche Klimaschutzpolitik. Die Liberalen schlagen mit großer Lust öffentlich Krawall – im Fall der auszutauschenden Gas- und Ölheizungen vorbeugend, denn ein Gesetzentwurf ist noch gar nicht fertig. Sie suchen nicht die Verständigung in der Koalition. Sie machen Stimmung, keine Politik.
Die Liberalen können kein einziges konstruktives Vorhaben vorweisen, mit dem sie ihre Anhänger:innen ernsthaft binden könnten. Neue Autobahnen schneller bauen zu wollen und neue Verbrennerautos mit angeblich klimaneutralen Kraftstoffen auch über 2035 hinaus zulassen zu wollen ist nicht in die Zukunft gerichtet. Das sind stellvertretende Abwehrkämpfe, mit denen sich die FDP gegen den Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft stemmt.
FDP-Chef Christian Lindner setzt auf eine Klientel, von der er glaubt, dass sie ein leidenschaftliches Verhältnis zu Verbrennerautos pflegt, Naturschutz für Firlefanz und alle Probleme mit Technik für lösbar hält – erst recht die Klimakrise. Erfolgreich ist das nicht. Mit ihrer Opposition-in-der-Regierung-Strategie verlieren die Liberalen Landtagswahl um Landtagswahl – unwillig oder unfähig, diesen Kamikaze-Kurs zu ändern.
Unsinniger Hype um E-Fuels
Für SPD und Grüne ist das fatal. Sie müssen damit rechnen, dass die FDP jeden noch so kleinen Schritt beim klimagerechten Umbau von Gesellschaft und Wirtschaft zu einem Kulturkampf hochspielt. Das macht die Ampelregierung auf Dauer klimapolitisch handlungsunfähig. Der Konflikt um die synthetischen Kraftstoffe, die E-Fuels, ist bezeichnend. Die Koalitionspartner und die EU-Kommission sind dem Wunsch der FDP nachgekommen, über Ausnahmen für die Zulassung von Verbrennerautos nachzudenken, die nur mit E-Fuels fahren. Obwohl das Unsinn ist.
Mit Strom gespeiste Autos fahren mit der gleichen Menge fünfmal so lange wie Pkws, die E-Fuels getankt haben. Einer derartigen Verschwendung den Weg bahnen zu wollen ist nicht egal. Denn auch in Zukunft wird saubere Energie knapp sein. Doch die FDP gibt sich mit dem gefundenen Kompromiss nicht zufrieden und droht das ganze Verbot platzen zu lassen. Das ist unangemessen. Dabei wäre viel gewonnen, wenn die SPD bei diesen Konflikten nach außen nicht so tun würde, als gingen sie solche Streitigkeiten nichts an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei