Außenministerin Baerbock in Japan: Nur verbal klar gegen Atomwaffen
Annalena Baerbock fordert eine atomwaffenfreie Welt. Dass Deutschland gleichzeitig atomwaffenfähige Flugzeuge anschafft, ist für sie kein Widerspruch.
Am Vortag nach ihrem Besuch im Atombomben-Museum in Nagasaki schrieb sie ins Gästebuch, sie verlasse es „mit schwerem Herzen und zugleich bestärkt in unserem gemeinsamen Streben nach einer friedlicheren atomwaffenfreien Welt“. Und auch nach einem Gespräch mit einem Überlebenden des zweiten und bisher letzten Atombombenabwurfs hatte sie erklärt, Nagasaki und Hiroshima seien „ein Mahnmal dafür, dass wir alle gemeinsam arbeiten müssen an einer Welt ohne Atomwaffen“.
Dabei betonte die Außenministerin jeweils, dass Deutschland gerade an der Vertragsstaatenkonferenz zum Atomwaffenverbotsvertrag teilgenommen hat. Das hatten die Grünen im Koalitionsvertrag durchgesetzt. Doch zuletzt hatte es Zweifel gegeben, wie ernsthaft dieses Ziel verfolgt wird – denn statt der Ministerin oder der zuständigen Staatssekretärin nahm nur ein Unterabteilungsleiter an der Konferenz teil.
Mit ihrem wiederholten Bekenntnis zum weltweiten kompletten Atomwaffenverzicht hat Baerbock in Japan nun deutlich gemacht, dass sie von dieser Ur-Forderung der Grünen auch im neuen Amt nicht abrückt. Zugleich machte sie aber auch deutlich, dass sie es kurz- bis mittelfristig nicht für realistisch hält. Abrüstungsschritte seien „in der derzeitigen Weltlage alles andere als einfach“, sagte sie während ihrer Antrittsreise nach Japan. Im Gegenteil hätten „gerade in jüngster Zeit die Atomwaffen eher zu- als abgenommen“.
„Atomwaffen sind traurige Realität“
Und wirklich aktiv für die Abschaffung von Atomwaffen arbeiten darf Baerbock als Ministerin nicht – darauf drängt nicht nur die FDP, sondern das stünde auch im Widerspruch zu Nato-Vereinbarungen, denen zufolge Deutschland an der „nuklearen Teilhabe“ teilnimmt. An der Atomwaffenverbotskonferenz hat Deutschland darum auch nicht als Mitglied, sondern nur als Beobacher teilgenommen – wobei auch das für einen Nato-Staat schon als sehr weitreichender Schritt gesehen wird.
Doch praktische Konsequenzen hat diese Teilnahme zunächst nicht. Ganz im Gegensatz zu Baerbocks Erklärung sorgt Deutschland an anderer Stelle sogar dafür, dass es seine eigene Rolle bei der Atomwaffennutzung beibehält: Als Ersatz für die veralteten Tornados will Deutschland neue Kampfjets vom Typ F-35 anschaffen – und die sind explizit für nukleare Sprengköpfe ausgelegt.
Gemäß der Nato-Vereinbarung würde die Luftwaffe mit den Jets im Ernstfall die Atombomben einsetzen. Obwohl es mit dem F-18 oder dem Eurofighter Alternativen gäbe, die nicht ohne Weiteres atomwaffenfähig sind, wollen die Grünen dieser Anschaffung zustimmen. „Noch sind Atomwaffen leider eine traurige Realität auf dieser Welt“, sagt Baerbock zur Begründung. Deswegen sei im Koalitionsvertrag vereinbart worden, „dass Deutschland die Aufgaben, die es im Bündnis im Rahmen der nuklearen Teilhabe übernommen hat, selbstverständlich weiter leisten wird“.
Noch unklar ist hingegen, ob sich Deutschland an einem Projekt der Atomwaffenverbotskonferenz beteiligt, bei dem es keine bündnispolitischen Hinderungsgründe gibt: Einem Fonds zur Entschädigung von Atomwaffenopfern. Eine Entscheidung darüber ist dem Vernehmen nach noch nicht gefallen. Auch hier zeigt sich: Plädoyers zu halten ist deutlich leichter, als diese in der Praxis mit Leben zu füllen.
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