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Unfälle von Radfahrern durch FußgängerZusammenstoß an der Bordsteinkante

In Hamburg starben zwei Radfahrer nach Kollision mit Fußgängern. Nun gibt es eine Debatte über Verkehrsplanung und zeitgemäße Fuß- und Radwege.

Führt zu Konflikten: Fuß- und Radweg auf einer Fahrbahn, hier in Berlin-Mitte Foto: dpa / Jörg Carstensen

Hamburg taz | An der Meiendorfer Straße, Höhe „Netto“-Markt, sind auf den roten Radwegplatten noch Linien in gelber Sprühfarbe zu sehen, die an einen traurigen Unfall erinnern. Am Dienstag stieß hier in Hamburgs Stadtteil Rahlstedt aus ungeklärter Ursache ein 67-jähriger Radfahrer mit einem Fußgänger zusammen und wurde lebensgefährlich verletzt. Er starb noch am Abend im Krankenhaus. Die Polizei gab tags drauf eine Suchmeldung nach dem Fußgänger heraus, weil dieser vom Unfallort geflüchtet war; anders als sein Begleiter, der am Unfallort blieb.

Erst zwei Tage zuvor war am frühen Sonntagmorgen ein 64-jähriger Radfahrer auf der Reeperbahn mit einem Taxi kollidiert und ebenfalls so schwer verletzt worden, dass er später starb. Auch er fuhr ohne Helm. Auch ihn soll nach Angaben der Polizei zuvor ein Fußgänger touchiert haben, der über das Geländer des Mittelstreifens geklettert war und, ohne auf den Verkehr zu achten, die Fahrbahn überqueren wollte. Auch er entfernte sich zunächst vom Unfallort, meldete sich aber später­ bei der Polizei. Nach einer Blutprobe gebe es „Hinweise auf Konsum von Alkohol“, schreibt die Polizei. In beiden Fällen ermittelt der Unfalldienst wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung.

Diese Häufung führt in der Stadt zu Diskussionen. Im vergangenen Jahr kamen in Hamburg laut dem Hamburger Abendblatt 20 Menschen im Straßenverkehr ums Leben, darunter drei Radfahrer, drei LKW-Fahrer, zwei Motorradfahrer, zwei Autofahrer und zehn Fußgänger. Diese waren also am häufigsten Unfallopfer.

„Dass auch Fußgänger mal was falsch machen, ist klar“, sagt Sonja Tesch von „Fuss e.V.“, dem Fachverband für Fußverkehr. Es sei jedoch ein Dauerärgernis, dass sich Fußgänger und Radfahrer meist den Platz auf dem „Hochbord“ teilen müssen. „Deswegen sind wir grundsätzlich dafür, dass es getrennt wird und die Radwege auf die Fahrbahn verlegt werden.“ Ein Problem sei auch, dass die Radwege auf Kosten der Fußwege verbreitert wurden.

In beiden Fällen ermittelt der Unfalldienst wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung

Das ist auch in Meiendorf zu sehen. Am Unfallort war der Radweg 1,50 Meter breit, der Fußweg daneben zwei Meter. Ein paar Meter weiter stadteinwärts ist der Bordstein genauso breit, aber der Radweg etwas breiter und der Fußweg etwas schmaler. Der Landesbetrieb für Straßen hat die Meiendorfer Straße über Jahre in Abschnitten saniert, die letzten Arbeiten fanden laut Verkehrbehörde 2018 statt.

Wir zeigen Dirk Lau vom „Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club“ ein Foto der Unfallstelle. Der Weg sei zu schmal, sagt er. In der Tat. Laut den aktuellen Richtlinien für Straßenbau muss ein Fußweg für sich genommen mindestens 2,50 Meter breit sein und ein Radweg 1,85. An der Stelle in Meiendorf wäre es demnach an sich zu eng.

„Das ist Verkehrsplanung von gestern, weil man den Radverkehr von der Fahrbahn weghaben will“, sagt Lau. Er sei da mit dem Fußgängerverband einer Meinung. „Fußwege und Radwege auf einem Weg zu führen, führt zu Konflikten.“ Man müsse „andere Lösungen finden“, etwa den Radweg runter vom Bordstein auf die Fahrbahn verlegen und diese dann mit Tempo 30 beruhigen.

„Fehlverhalten von Menschen kann man nicht verhindern, aber man kann dafür sorgen, dass zu Fuß Gehende und Radfahrende mehr Platz haben“, sagt auch die Verkehrspolitikerin Heike Sudmann von der Linken. Sie moniert, dass es auf der Reeperbahn noch nicht mal einen Radweg oder einen Fahrradstreifen gibt. Gemeinsame Fuß- und Radwege seien wegen der verschiedenen Geschwindigkeiten schwierig. „Ich schaffe auf dem Rad 15 bis 20 Kilometer die Stunde, zu Fuß nur fünf bis sieben“, sagt Sudmann.

„Man muss hier die Vorschriften ändern“, sagt Tesch von Fuß e.V.. Sie ärgere, dass in Hamburg immer noch Radwege auf dem Gehweg gebaut werden. Gefragt, ob das stimmt, sagt Verkehrsbehördensprecher Dennis Heinert, „grundsätzlich“ werde bei Umplanungen versucht, Rad- und Fußverkehr zu trennen. Aufgrund örtlicher Gegebenheiten sei das aber nicht immer möglich. „In Einzelfällen“ würden deshalb weiter gemeinsame Geh- und Radwege geplant.

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19 Kommentare

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  • „Fehlverhalten von Menschen kann man nicht verhindern, aber man kann dafür sorgen, dass zu Fuß Gehende und Radfahrende mehr Platz haben“

    Natürlich brauchts an manchen Stellen mehr Platz. Aber warum man "menschliches Fehlverhalten" nicht verhindern oder minimieren können sollte, leuchtet mir nicht ein.

    Wenn Radfahrer in Unfälle mit Autofahrern verwickelt sind, wird oft und meist zu Recht auf die grundlegende Gefährlichkeit und die daraus resultierende Verantwortung der "Stärkeren" im Straßenverkehr hingewiesen. Der gleichen Verantwortung sollten sich auch Radfahrer gegenüber Fußgängern bewußt sein.

    Ich wohn an einer verkehrsberuhigten Fahhradstraße. Direkt an einer Uni. Der Autoverkehr ist hier so angenehm gering, wie an kaum einer anderen Straße im Viertel. Generell ist hier sehr viel Platz für alle.

    Und trotzdem fahren locker 50% der Radfahrer auf dem Fußweg. Oft mit Kopfhörern unterwegs, gern mit Händen in den Taschen. Das "Wegklingeln" von Fußgängern gehört zur täglichen Geräuschkulisse.

    Vor rund zwei Jahren ist so einer direkt in mich reingekracht, als ich die Haustür verlassen hab. Anschließend hat er noch gemeint mich beschmipfen zu müssen, weil ich nicht aufgepasst hätte.

    Am Ende sind alle Verkehrsteilnehmer gefragt, sich so zu verhalten, dass möglichst nichts passiert. Und das gilt natürlich auch für Radfahrer.

    • @Deep South:

      Da stimme ich zu. Ich fahre selbst überwiegend mit dem Rad und staune täglich: Stehe an einer roten Ampel und werde von 5 Radfahrer:innen und zwei Mädels auf einem E-Roller überholt. Halte an einer Bushaltestelle, um Fahrgäste aussteigen zu lassen, und zwei Radfahrer:innen zischen laut klingelnd an mir vorbei (Fahrgäste bleiben folgsam stehen und lassen sie durch). Überquere eine Straße an einer grünen Fußgänger/Radfahrer-Ampel und werde angeklingelt und beschimpft, als ich den Radweg gegenüber kreuze.

      Allerdings mache ich ähnliche Erfahrungen mit Fußgängern. Ich würde mir auch wünschen, dass alle Beteiligten die Regeln einhalten und mehr aufeinander achten würden. Mehr Platz, mehr Zeit und weniger digitaler und Werbungs-Bullshit wären aber vielleicht noch hilfreicher.

  • Bei zwei tragischen Unfällen, von Häufung zu sprechen, ist überzogen.



    Beide Unfälle hatten wohl mehr mit Unaufmerksamkeit auf beiden Seiten zu tun, als mit Verkehrsplanung.



    Mein Beileid den Angehörigen, die jetzt auch noch damit klarkommen müssen, dass die Unfälle von verschiedenen Interessengruppen und der Presse ausgeschlachtet werden.

  • Wie schnell darf ein Radfahrer auf einem kombinierten Fus- / Radweg fahren ?



    Na, wer weiß es ?



    Die StVO gibt Aufschluss.



    Da braucht man auch keine neuen Vorschriften.

    • @Bolzkopf:

      Bezüglich des Straßenverkehrs würde ich mir sehr wünschen, dass alle Teilnehmer wenigstens halbwegs die Regeln beachten würden. Aber es scheitert schon an der Unkenntnis! Die Verkehrssendung "Der 7. Sinn" wiederzubeleben wäre Teil des Wunsches ...

    • @Bolzkopf:

      Auch mit Schrittgeschwindigkeit auf geteilten Strecken - also ohne ausgewiesenen Radweg - besteht das grundsätzliche Problem, dass Menschen auf Fahrrädern einen Bremsweg haben, wohingegen Menschen zu Fuß gern mal plötzlich stehen bleiben, die Richtung ändern, auf ihr Telefon starren oder dergleichen. Es handelt sich eben um völlig unterschiedliche Fortbewegungsarten (natürlich vs. künstlich). Und auch wenn bei Schrittgeschwindigkeit im allgemeinen keine schweren Verletzungen zu erwarten sind (unglückliche Ausnahmen ausgenommen), dann nimmt diese Verkehrsplanung hierdurch doch zumindest blaue Flecke und bei älteren und ähnlich disponierten Menschen auch mal einen Knochenbruch in Kauf.

      • @Hannes Hegel:

        Viele Radfahrer können gar nicht Schrittgeschwindigkeit fahren denn sie verlieren zu schnell das Gleichgewicht.



        Aber davon ab:



        Bei Schrittgeschwindigkeit (also ca 6 km/h ) brauche ich kein Fahrrad mehr.



        Und das ist der Punkt: Es wird einfach so getan, als ob Kombiwege genau so gut sind wie Radwege.



        Denn in der Radwegestatistik werden die als ganz normale Radwege gezählt - und damit hübscht Grün sich dann wunderbar die Statistik auf.

        • @Bolzkopf:

          Das ist ja noch einmal ein anderer Punkt.

          Aber auf meinem täglichen Weg liegen eben vielleicht 200 m geteilter Weg. Da schließe ich ja nicht mein Fahrrad an und gehe zu Fuß weiter, sondern fahre vorsichtig und hoffe, dass es nicht zu solchen Zusammenstößen kommt.

          Übrigens: Mein mit Abstand schwerster Fahrradunfall war in genau so einer Situation bei quasi Stillstand - Fußgänger kreuzt plötzlich telefonierend ohne in meine Richtung zu sehen. Ich konnte mich dann zwischen ihm und mir entscheiden...

  • taz: „Deswegen sind wir grundsätzlich dafür, dass es getrennt wird und die Radwege auf die Fahrbahn verlegt werden.“ [Sonja Tesch - Fuss e.V.]

    Vollkommen richtig, denn dort sind die Radfahrer dichter an den großen LKWs und können dann auch schneller zu Brei gefahren werden. Wie wäre es denn, wenn man endlich einmal richtige und zeitgemäße Fuß- und Radwege fordert, die nicht einen Meter von den Autos und LKWs entfernt sind, sondern breite Wege für Fußgänger und Fahrradfahrer, wo auch Kinder ohne Gefahr herumtollen und Fahrrad fahren können?

    Aber das will die Politik ja nicht, denn dann müsste man irgendwann das Auto aus den Städten verbannen. Wie aber schon Jan Böhmermann in seiner TV-Sendung sagte: "Nach dem zweiten Weltkrieg wurden die zerstörten deutschen Städte wieder aufgebaut - allerdings nicht für die Menschen, sondern für die Autos, denn die Straßen wurden 'autogerecht' gemacht."

    ***Vier Räder, sie zu knechten! | ZDF Magazin Royale*** www.youtube.com/watch?v=ybTHWzmlw70

    • @Ricky-13:

      Gemeinsame Wege für Fußgänger und Radfahrer (falls Sie das meinen) bedeuten, dass Radfahrer weitgehend nur noch langsamer fahren können, als eigentlich möglich wäre. Das kann nicht Sinn der Sache sein, in einer Stadt, in der man eigentlich mit dem Fahrrad genau so schnell von A nach B kommt, wie mit dem Auto, wenn man eben nicht durch die Verkehrsführung ausgebremst wird. Es geht nicht nur darum, den Radverkehr möglichst sicher zu machen, sondern auch möglichst schnell

      • @Ruediger:

        "Gemeinsame Wege für Fußgänger und Radfahrer (falls Sie das meinen) ..."

        Nein, das meine ich nicht. Ich bin für getrennte Fuß- und Radwege, allerdings nicht auf Kosten der Gesundheit und dem Leben der Fahrradfahrer, die dicht neben LKWs auf einen nur mit Farbe abgetrennten Bereich fahren sollen. Die Straßen in den Städten werden für den motorisierten Verkehr immer breiter, aber die Bürgersteige inklusive den Fahrradwegen werden immer schmaler. Ich zitiere aber gerne noch einmal Jan Böhmermann: "Nach dem zweiten Weltkrieg wurden die zerstörten deutschen Städte wieder aufgebaut - allerdings nicht für die Menschen, sondern für die Autos, denn die Straßen wurden 'autogerecht' gemacht."

        • @Ricky-13:

          "Die Straßen in den Städten werden für den motorisierten Verkehr immer breiter, aber die Bürgersteige inklusive den Fahrradwegen werden immer schmaler."

          Können Sie Mal ein konkretes Beispiel dafür nennen, wo in Hamburg in den letzten 10 Jahren Rad- und Fußwege zugunsten von Autostraßen schmaler geworden sind?

          Es passiert viel zu wenig und viel zu langsam und es werden hier und da auch Radwege falsch gebaut, aber gab doch auch viele Verbesserungen (z. B. die kürzlich fertig gestellte Fahrradstraße nach Altona).

          • @Ruediger:

            Die "deutschen Städte wieder aufgebaut ... für die Autos":



            In West-Berlin musste sogar die Straßenbahn dran glauben, während sie im Osten ein sehr beliebtes und leistungsfähiges Verkehrsmittel bis heute bleiben durfte.

            LÖSUNG: Eine Autospur den Stadtbewohner:innen wieder zurückgeben, entweder eine Fahrspur oder den Parkstreifen - das wirkt Wunder!

            • @Rosmarin:

              Wem gehört die Fahrspur denn heute? Ist die exklusiv für Auswärtige?

              Generell stimme ich Ihnen aber zu. Es war ein großer Fehler die Straßenbahnen abzuschaffen, so auch in Hamburg geschehen.

  • "Es sei jedoch ein Dauerärgernis, dass sich Fußgänger und Radfahrer meist den Platz auf dem „Hochbord“ teilen müssen. „Deswegen sind wir grundsätzlich dafür, dass es getrennt wird und die Radwege auf die Fahrbahn verlegt werden.“

    Ich finde diese Aussage bedauerlich, denn sie ist keine echte Lösung, sondern nur die Fortsetzung einer Verkehrspolitik, die Konflikte zwischen Verkehrsteilnehmern stets auf Kosten der Sicherheitsinteressen von Radfahrern zu "lösen" versucht.

    Das Fußgänger und Radfahrer sich in die Quere kommen, liegt aber doch nunmal daran, daß Autos entschieden zuviel Platz einnehmen...und neuerdings auch noch immer dreister Geh- und Radwege blockieren.

    Dieser "Fisch" stinkt vom Kopf her. Autos müssen weitgehend raus aus den Städten, denn sie sind der Grund für so ziemlich alle Konflikte. auch zwischen Fußgängern und Radfahrern...

    -> AUTOS RAUS..!!!!

  • Die Lösung ist hier so einfach: Tempo 30 überall und Kopfsteinpflaster-Straßen asphaltieren, dann braucht man keine Radwege mehr und alle erwachsenen und jugendlichen Radfahrer können auf der Straße fahren.

    • @Ruediger:

      In Großstädten ist das eine Illusion.

      Im Berufsverkehr fahren dort die Autos sowieso oft nicht schneller.

      Spaß macht Radfahren deshalb dort trotzdem nicht.

      Fahren Sie einfach mal wieder Rad in einer Großstadt Ihrer Wahl.

      • @rero:

        Ich fahre in Hamburg täglich Fahrrad, so weit es geht auf der Straße. Es geht nicht um Spaß machen, sondern um schnell vorwärts kommen. An großen Straßen kann es tatsächlich nervig sein, da bräuchte es manchmal tatsächlich Radspuren, um am Stau vorbei ziehen zu können, aber bitte links der Rechtsabbiegerspuren. Ansonsten wären oft Nebenstraßen eine gute Möglichkeit, aber da ist noch zu viel Kopfsteinpflaster.

        • @Ruediger:

          Aus meinen Erfahrungen aus Berlin heraus würde ich sagen, Tempo 30 ist auf Hauptstraßen quasi egal.

          Viel nerviger ist Lieferverkehr, der in der 2. Spur hält, Rechtsabbieger, die sich vor einem reinquetschen etc.

          Nebenstraßen haben in Berlin meist rechts vor links. Da sehen Autofahrer einen nicht gut.



          Außerdem gehen sie selten längere Zeit parallel zu einer Hauptstraße. Die bringen es nur in seltenen Fällen.

          Was ich mir wünschen würde, wäre durchdachte Fahrradstreckenführung auf Nebenstraßen mit gutem Straßenbelag, möglichst wenig Ampeln und möglichst viel Vorfahrt.

          Die Fahrradalternative zur Hauptstraße sozusagen.

          In Ansätzen gibt es das. Wurde leider wohl nicht weiter verfolgt.

          Ich will gerne einräumen, dass Hamburg als Stadt anders strukturiert ist als Berlin.