+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Überlebende gelangen ins Freie

Bei dem Angriff auf ein Theater in Mariupol gab es offenbar keine Todesopfer. Die G7-Staaten fordern Russland auf, unverzüglich humanitäre Hilfe zu ermöglichen.

Ein Satellitenbild des Theaters von Montag, 14. März, zwei Tage vor dem Angriff Foto: dpa

G7-Gruppe an Russland: Unverzüglich humanitäre Hilfe ermöglichen

Die G7-Gruppe der führenden westlichen Industrienationen hat Russland aufgefordert, unverzüglich humanitäre Hilfe für Mariupol und andere belagerte ukrainische Städte zu ermöglichen. Die Belagerung und die Verweigerung humanitärer Hilfe seien nicht hinnehmbar, heißt es in einer am Donnerstag nach Beratungen der Gruppe von der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) verbreiteten Erklärung. Deutschland hat derzeit den Vorsitz der Gruppe der führenden westlichen Industrienationen. Neben Deutschland gehören den G7 auch Frankreich, Italien, Japan, Kanada, die USA und Großbritannien an. (afp)

Noch immer harren 350.000 Menschen in Mariupol aus

Im von russischen Truppen eingekesselten Mariupol harren nach Angaben des Stadtrates noch immer mehr als 350.000 Menschen aus. Bislang sei es rund 30.000 Zivilisten gelungen, die Hafenstadt im Südosten der Ukraine zu verlassen. Die Stadt wird immer wieder von russischen Truppen beschossen. In den Trümmern eines Theaters, in dem Hunderte Zivilisten vor russischen Luftangriffen Zuflucht gesucht hatten, suchten Rettungskräfte weiter nach Überlebenden, erklärt der Stadtrat. Es sei noch immer unmöglich zu sagen, wie viele Opfer es gegeben habe. Russland bestreitet, das Theater angegriffen zu haben. (rtr)

Bürgermeister von Merefa meldet 21 Tote nach Angriff auf Schule

Bei russischem Artilleriebeschuss einer Schule und eines Gemeindezentrums in der ukrainischen Stadt Merefa sind nach Angaben des Bürgermeisters 21 Menschen getötet worden. Der Angriff habe sich am Donnerstag kurz vor Tagesanbruch ereignet, sagte Bürgermeister Wenjamin Sitow. Merefa liegt nordöstlich der umkämpften Stadt Charkiw. Die Region wird seit Beginn des Krieges von den russischen Streitkräften unter Dauerbeschuss genommen. (ap)

Altkanzler Schröder nicht mehr Ehrenbürger von Hannover

Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder ist nicht länger Ehrenbürger der Stadt Hannover. Das hat die niedersächsische Landeshauptstadt am Donnerstag mitgeteilt. Die Verwaltung habe ein Schreiben von Schröder erhalten, in dem er erkläre, unwiderruflich auf die Ehrenbürgerwürde zu verzichten. Das zuvor angestoßene Verfahren zur Entziehung der Ehrenbürgerschaft sei damit beendet. Schröder selbst hatte den Brief bereits am Dienstag im Online-Netzwerk LinkedIn veröffentlicht.

Schröder gilt als langjähriger Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er ist zudem Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft. Infolge des Angriffs Russlands auf die Ukraine geriet der Altkanzler immer stärker in die Kritik. Zwar hatte er die Regierung in Moskau aufgefordert, den Krieg schnellstmöglich zu beenden. Von persönlichen Konsequenzen war aber nicht die Rede.

Vergangene Woche sprach Schröder in Moskau mit Putin. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, erklärte die Vermittlungsbemühungen des Altkanzlers jedoch für gescheitert. (dpa)

Abgeordnete: Offenbar keine Todesopfer in Theater in Mariupol

Nach dem russischen Luftangriff auf das Theater in der ukrainischen Hafenstadt haben Rettungsarbeiten begonnen. Erste Überlebende kommen ins Freie, wie unter anderem eine Ombudsfrau mitteilt.

Bei dem Angriff auf ein Theater in der belagerten Stadt Mariupol gab es offenbar keine Todesopfer. Wie die ukrainische Abgeordnete Lesja Wasylenko mitteilte, gab es aber Verletzte in dem Theater, in dem sich zwischen 1.000 und 1.500 Menschen aufgehalten hätten, als es von einem Luftangriff getroffen wurde. Sie bezeichnete den Angriff als absichtliche „Zerstörung einer Zuflucht“.

Die Oppositionsabgeordnete Wasylenko ist Teil einer Delegation, die das britische Parlament besucht. Sie gab an, dass lokale Beamte berichteten, 80 bis 90 Prozent aller Gebäude in Mariupol seien durch den russischen Angriff beschädigt worden.

Nach Angaben der ukrainischen Ombudsfrau Ludmyla Denisowa begann die Rettung von Zivilisten aus den Trümmern. „Das Gebäude hat dem Einschlag einer Hochleistungsbombe standgehalten und das Leben der Menschen geschützt, die sich im Luftschutzkeller versteckt hielten“, schrieb sie am Donnerstag bei Telegram. Sie und der ukrainische Parlamentsabgeordnete Sergij Taruta, der frühere Gouverneur der Region Donezk, zu der auch Mariupol gehört, erklärten, erste Überlebende seien ans Tageslicht gekommen. „Menschen kommen lebend raus“, teilte Taruta auf Facebook mit. Zahlen nannte er nicht. (dpa)

🐾 Chance auf Glaubwürdigkeit

Die Linkspartei sollte ihren Russland-Kitsch endgültig ablegen. So würde auch ihre Kritik am Westen überzeugender, meint Historiker Thorsten Holzhauser. Seinen Gastkommentar lesen Sie hier.

Ukraine beginnt Getreide-Frühjahrsaussaat

In einigen Teilen der Ukraine ist nach Angaben von Landwirtschaftsminister Taras Wysotskiyj mit der Getreide-Frühjahrsaussaat begonnen worden. Um eine großflächige Massenaussaat handelt es sich aber nach seine Worten nicht. Es sei noch nicht möglich zu sagen, wie viel Getreide letztlich ausgesät werde. Die Ukraine ist einer der größten Weizenexporteure der Welt. (rtr)

Scholz gibt Putin persönlich Schuld für getötete Russen

Bundeskanzler Olaf Scholz macht Russlands Präsidenten Wladimir Putin persönlich für den Tod vieler Russen in der Ukraine verantwortlich. „Uns berührt auch das Schicksal der vielen jungen Russen, die von ihrer Führung in einen sinnlosen Krieg gegen den eigenen Nachbarn geschickt werden“, sagt Scholz.

„Es ist wichtig, dass das Schicksal dieser jungen Menschen auch in Russland bekannt wird. Jeder in Russland muss wissen: Präsident Putin trägt für deren Tod oder Verwundung die alleinige Verantwortung.“ (rtr)

🐾 Kryptospenden an die Ukraine: „Das Geld ist sofort da“

Auch Kryptowährungen lassen sich an die ukrainische Regierung überweisen. Ökonom Philipp Sandner über die Chancen und Risiken dieser neuen Art des Spendens. Das Interview von taz-Redakteurin Klaudia Lagonzinski finden Sie hier.

Russland lehnt Anordnung des Internationalen Gerichtshofs ab

Russland hat mit Ablehnung auf die Anordnung des Internationalen Gerichtshofs der Vereinten Nationen reagiert, die militärische Gewalt in der Ukraine sofort zu beenden. „Wir können keine Rücksicht auf diese Entscheidung nehmen“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag der Agentur Interfax zufolge. „Am Internationalen Gerichtshof gibt es das Konzept des Einvernehmens zwischen den Parteien. Hier kann es keinerlei Einvernehmen geben.“

Die höchsten Richter der Vereinten Nationen hatten am Mittwoch, knapp drei Wochen nach Beginn der russischen Invasion in die Ukraine, angeordnet, dass Moskau die Gewalt beenden muss. Sie gaben damit einer Klage der Ukraine statt. Russland selbst blieb der Verlesung fern. Das Gericht in Den Haag besitzt keine Mittel, um einen unterlegenen Staat zu zwingen, ein Urteil umzusetzen. Es könnte den UN-Sicherheitsrat anrufen. Dort kann Russland jede Entscheidung per Veto blockieren. (dpa)

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag Foto: ap

Abgeordnete: Bereits 130 Menschen aus Mariupoler Theater gerettet

Aus dem bombardierten Theater in der ukrainischen Stadt Mariupol sind Aussagen einer Parlamentsabgeordneten zufolge bereits rund 130 Zivilisten gerettet worden. „Gute Nachrichten, die wir so dringend brauchen: Der Luftschutzkeller unter dem Theater von Mariupol hat standgehalten. Ungefähr 130 Menschen wurden bereits gerettet“, schrieb Olga Stefanyschyna am Donnerstag auf Facebook. Helfer seien damit beschäftigt, Trümmer zu entfernen und weitere Menschen zu befreien. „Es ist ein Wunder“, schrieb Stefanyschyna.

Zuvor hatte der ukrainische Abgeordnete Serhij Taruta erklärt, dass der Schutzraum der Zivilisten wider aller Befürchtungen nicht zerstört wurde. Das Gebäude war ukrainischen Angaben zufolge am Mittwoch angegriffen und weitgehend zerstört worden. Kiew und Moskau gaben sich gegenseitig die Schuld. Behördenangaben zufolge hatten zum Zeitpunkt des Angriffs mehr als 1.000 Menschen im Theater Schutz gesucht. (dpa)

Empörung über Ablehnung einer Debatte: „Würdelosester Moment“

Die Ampel-Koalition hat mit ihrer Ablehnung einer Debatte über den Ukrainekrieg nach der Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski im Bundestag für Empörung in der Opposition gesorgt. „Das war heute der würdeloseste Moment im Bundestag, den ich je erlebt habe“, schrieb der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen am Donnerstag auf Twitter. Der CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz nannte die Ablehnung „völlig unpassend“ und der frühere Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger „peinlich“.

Führende Politiker von SPD, Grünen und FDP verteidigten ihre Haltung. „Wir, die Ampel-Koalition, sind überzeugt, dass die Worte des ukrainischen Präsidenten für sich stehen. Sie haben es verdient, für sich wahrgenommen zu werden“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast.

Die Koalition von SPD, Grünen und FDP hatte nach der Videoansprache Selenskyjs eine Aussprache des Parlaments über den Ukrainekrieg in einer Abstimmung abgelehnt. Ein entsprechender Antrag der Union wurde nur von den Abgeordneten der Linken und der AfD unterstützt. Die drei Koalitionsfraktionen stimmten dagegen.

Die Union hatte eine 68-minütige Aussprache beantragt. Merz sagte zur Begründung, man wolle von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) drei Wochen nach dessen erster Regierungserklärung zum Krieg in der Ukraine wissen: „Wo stehen wir, haben wir das richtig gemacht, gibt es möglicherweise Entscheidungen, die nachkorrigiert werden müssen.“

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken, Jan Korte, nannte die Haltung der Koalition „absolut lächerlich“. An die Adresse von Bundeskanzler Olaf Scholz sagte er: „Sie müssen mal aufpassen, dass sie nicht nach 100 Tagen schon so arrogant sind wie andere nach 16 Jahren.“ Donnerstag war der 100. Tag der Amtszeit der Ampel-Regierung. (dpa)

Kreml-Sprecher Peskow: Stecken „enorme Energie“ in Verhandlungen

Russland steckt nach Angaben des Präsidialamts in Moskau enorme Energie in die Gespräche über ein eventuelles Friedensabkommen mit der Ukraine. Eine Vereinbarung mit „klaren Parametern“ könnte die russischen Militäroperation sehr schnell stoppen, sagt Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Aber man wisse, dass die Ukrainer Dinge in die Länge zögen. Ein Bericht der Financial Times über Fortschritte bei den Gesprächen sei nur teilweise korrekt, insgesamt sei er nicht wahr. Angesprochen auf den US-Präsidenten Joe Biden, der den russischen Präsidenten Wladimir Putin als Kriegsverbrecher bezeichnete, sagt Peskow, diese Äußerung sie inakzeptabel. Die USA hätten kein Recht, Russland zu belehren, nachdem sie selbst in so viele Konflikte verwickelt gewesen seien. (rtr)

Bahnverkehr in Polen unterbrochen

In weiten Teilen Polens ist der Bahnverkehr wegen eines Ausfalls des Verkehrsleitsystems unterbrochen. Folgen hat das auch für zahlreiche Flüchtlinge aus der Ukraine, von denen viele die polnische Bahn nutzen, um sich in Sicherheit zu bringen oder zu Freunden und Verwandten zu gelangen. Der Schienenverkehr ist nach Angaben des Bahnbetreibers PKP PLK nahezu im gesamten Land auf 820 Kilometern Strecke von dem Ausfall des Verkehrsleitsystems betroffen. Bahnarbeiter bemühten sich, so bald wie möglich den Normalbetrieb wieder herzustellen. (rtr)

Mehr als 50 Tote bei Angriffen auf Tschernihiw

Bei Angriffen auf die nordukrainische Stadt Tschernihiw sind nach Angaben örtlicher Behörden mehr als 50 Menschen an einem Tag ums Leben gekommen. „Allein in den letzten 24 Stunden sind 53 Leichen unserer Bürger, die vom russischen Aggressor ermordet wurden, in den Leichenhallen der Stadt eingetroffen“, teilte der Chef der Militärverwaltung des Gebiets, Wjatscheslaw Tschaus, am Donnerstag bei Telegram mit. Er machte Russland für Angriffe auf die zivile Infrastruktur verantwortlich. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig prüfen.

Die nahe der Grenzen zu Russland und Belarus gelegene Stadt Tschernihiw ist seit Kriegsbeginn Ziel russischer Angriffe. Die humanitäre Lage gilt als katastrophal, viele Gebäude sind zerstört.

Für (den heutigen) Donnerstag seien weitere Verhandlungen über einen möglichen Fluchtkorridor geplant, durch den Zivilisten die Stadt verlassen sollen. „Ich möchte die Kinder der Stadt nicht in den sicheren Tod schicken. Der Korridor findet nur dann statt, wenn wir uns geeinigt haben“, erklärte Tschaus. In der Stadt gebe es Probleme mit der Versorgung mit Strom, Wasser und Gas. Notfallteams würden stündlich versuchen, Löcher in den Energienetzen zu reparieren. (dpa)

Großbritannien: Russischer Vormarsch stockt

Das britische Verteidigungsministerium hat die russische Invasion in die Ukraine angesichts des heftigen ukrainischen Widerstands als „an allen Fronten weitgehend zum Stillstand gekommen“ bezeichnet. Die russischen Streitkräfte hätten in den vergangenen Tagen zu Lande, zu Wasser und in der Luft minimale Fortschritte gemacht und schwere Verluste erlitten.

In einem Nachrichten-Update in den sozialen Medien hieß es, der ukrainische Widerstand bleibe standhaft und gut koordiniert. Der größte Teil des ukrainischen Territoriums, einschließlich aller größeren Städte, bleibe in der Hand der Ukraine.

Zuvor hieß es aus dem britischen Verteidigungsministerium, Russland habe während seiner dreiwöchigen Invasion wahrscheinlich weit mehr Luftabwehrwaffen verbraucht als ursprünglich geplant und greife nun auf ältere, weniger präzise Waffen zurück, die eher zivile Opfer verursachen könnten. (afp)

🐾 Froh, einander zu haben

Die Hauptstadt der Ukraine wird bombardiert. Wer kann, steigt in den Zug und geht. Aber das ist nicht so einfach. Die Kolumne von Autor Alexander Babakow aus unserer Reihe “Krieg und Frieden“ finden Sie hier.

Selenski richtet sich an den Bundestag: „Bitte, helfen Sie uns“

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat in einer Videoansprache an die Bundestagsabgeordneten um mehr Hilfe für sein Land gebeten. Die Menschen in der Ukraine wollten frei leben und sich nicht einem anderen Land unterwerfen, sagte Selenski am Donnerstag laut Übersetzung in einer Videobotschaft an die Abgeordneten des Bundestags.

Es gehe darum, eine Mauer einzureißen und den Krieg zu stoppen, sagte er an die Adresse der deutschen Politik und an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gerichtet. „Sie befinden sich irgendwie wieder hinter der Mauer, nicht Berliner Mauer, aber mitten in Europa, wo es Freiheit gibt. Und diese Mauer ist stärker, mit jeder Bombe, die auf unseren Boden in der Ukraine fällt.“ Er sagte: „Lieber Herr Bundeskanzler Scholz, zerstören Sie die diese Mauer. Geben Sie Deutschland die Führungsrolle, die Deutschland verdient.“

In seinem Land seien nun Zivilisten und Soldaten wahllos Ziel russischer Angriffe. „Russland bombardiert unsere Städte und zerstört alles, was in der Ukraine da ist. Das sind Wohnhäuser, Krankenhäuser, Schulen, Kirchen, alles. Mit Raketen, mit Luftbomben, mit Artillerie. In drei Wochen sind sehr viele Ukrainer gestorben, Tausende. Die Besatzer haben 108 Kinder getötet, mitten in Europa, bei uns im Jahre 2022“, sagte Selenski. Und: „Wieder versucht man in Europa, das ganze Volk zu vernichten.“

Wie wird der Krieg in den Ländern der ehemaligen UDSSR wahrgenommen? Die taz glaubt daran, dass je­de:r das Recht auf diese Informationen hat. Damit möglichst viele Menschen von den Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine lesen können, veröffentlichen wir die Texte unserer Kolumne „Krieg und Frieden“ daher auf Deutsch und auch auf Russisch.

Die Bundestagsabgeordneten waren vor der Rede aufgestanden und begrüßten den auf einer Videoleinwand zugeschalteten Selenski mit Applaus. Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt drückte Entsetzen über den russischen Krieg gegen die Ukraine aus sicherte Kiew die Solidarität Deutschlands zu. „Wir sehen euch, wir sind in Gedanken bei euch und bei denen, die um euch trauern“, sagte die Grünen-Politikerin.

Die Parlamentssitzung hatte mit leichter Verspätung begonnen. Es habe technische Probleme gegeben, weil es in Kiew „einen Anschlag in unmittelbarer Nähe“ gab, sagte Göring-Eckardt. (dpa)

Ukrainischer Präsident Selenski spricht per Videoschalte vor dem Bundestag
Der ukrainische Präsident Selenski ist auf einer Videoleinwand im Bundestag zu sehen, die Mitglieder der Bundesregierung applaudieren

Wolodimir Selenski erhält erst Applaus der Regierung, anschließend übt er scharfe Kritik Foto: dpa

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski spricht am Donnerstag (9 Uhr) per Videoschalte vor dem Bundestag. Er wird sich zur Lage in seinem Land seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor drei Wochen äußern. Dabei dürfte Selenski auch Forderungen stellen, etwa nach weiteren Waffenlieferungen aus Deutschland.

Der ukrainische Präsident hatte sich in den vergangenen Tagen bereits an mehrere Parlamente in verschiedenen Ländern gewandt. So sprach er am Mittwoch vor dem US-Kongress. Dabei forderte er unter anderem die Schaffung einer Flugverbotszone über seinem Land. Selenski zeigte außerdem ein Video von der massiven Zerstörung durch die russischen Angriffe in der Ukraine. (afp)

Gazprom pumpt weiter Erdgas über Ukraine nach Europa

Trotz seines Kriegs gegen die Ukraine liefert Russland nach eigenen Angaben weiter Gas durch das Nachbarland nach Europa – allerdings etwas weniger als noch am Mittwoch. In Richtung Westen sollten an diesem Donnerstag 94,6 Millionen Kubikmeter gepumpt werden, wie der Staatskonzern Gazprom der Agentur Interfax zufolge mitteilte. Am Vortag waren es 95 Millionen Kubikmeter. Gazprom hatte zuletzt von einer steigenden Nachfrage nach Erdgas berichtet und etwa auf kühles Winterwetter in Europa verwiesen. Das Unternehmen betonte, alle Verträge würden erfüllt. Die russische Wirtschaft ist stark von Einnahmen durch Energielieferungen abhängig. (dpa)

🐾 Der Zorn des Kyrill

In Amsterdam lehnt sich eine orthodoxe Gemeinde gegen das Moskauer Patriarchat auf. Sie will Russlands Angriff auf die Ukraine nicht unterstützen. Den Bericht unseres Niederlande-Korrespondeten Tobias Müller lesen Sie hier.

Erschütterung über Angriff auf Theater in Mariupol

Russlands Krieg gegen die Ukraine trifft offenbar immer stärker die dortige Zivilbevölkerung. Der Stadtrat des belagerten Mariupol warf der russischen Armee vor, ein Theater der Stadt mit mehr als 1.000 Schutzsuchenden darin bombardiert zu haben. Auch wurden am Mittwoch Angriffe auf einen Flüchtlingskonvoi sowie auf Zivilisten in Tschernihiw und Kiew gemeldet. US-Präsident Joe Biden bezeichnete Kreml-Chef Wladimir Putin als „Kriegsverbrecher“.

Der Mariupoler Stadtrat erklärte im Messengerdienst Telegram, im Drama-Theater hätten „mehr als tausend Menschen Schutz gefunden“, bevor die russische Armee das Gebäude angegriffen habe. „Wir werden dies nie verzeihen“, hieß es weiter.

Bürgermeister Wadym Boitschenko sagte in einem Telegram-Video: „Das einzige Wort, das beschreibt, was heute geschehen ist, ist Genozid“. Das Verbrechen sei unfassbar, „wir wollen unsere Augen schließen und den Alptraum vergessen, der heute geschehen ist“.

Wieviele Menschen verletzt wurden oder starben, war unklar. Staatschef Wolodimir Selenski vermutete „hunderte“ Opfer. Der Eingang des Schutzraums in dem Theater wurde laut Mariupoler Stadtverwaltung „durch Trümmer blockiert“. Ein von den Behörden veröffentlichtes Foto zeigte offenbar, dass der mittlere Teil des Theaters völlig zerstört war und dichter Rauch darüber aufstieg.

Dabei war das Theater offenbar als zivile Schutzeinrichtung markiert worden. Auf Satellitenbildern des privaten US-Unternehmens Maxar vom Montag war zu sehen, dass an Vorder- und Rückseite des Gebäudes in großen Buchstaben das Wort „Kinder“ auf Russisch auf den Boden geschrieben worden war. (afp)

Russland dementiert Angriff auf Theater

Mariupol ist besonders hart umkämpft. Vor dem Angriff auf das Theater hatten die Behörden bereits von mehr als 2.000 Todesopfern in der Stadt gesprochen. Das russische Verteidigungsministerium dementierte den Angriff auf das Theater. Wie schon nach den Angriffen auf eine Geburtsklinik in Mariupol vergangene Woche erklärte Moskau, die Explosion gehe auf das Konto der nationalistischen ukrainischen Asow-Brigade.

Am Mittwoch war nach ukrainischen Angaben nahe Mariupol zudem ein Raketenangriff auf einen Flüchtlingskonvoi verübt worden, bei dem mehrere Menschen starben. Im nördlichen Tschernihiw eröffneten russische Soldaten laut ukrainischer Generalstaatsanwaltschaft das Feuer auf Menschen, die vor einem Lebensmittelladen anstanden. In der Hauptstadt Kiew starben am Mittwochmorgen laut ukrainischem Rettungsdienst zwei Menschen beim Beschuss eines Wohnhauses. Seit Kriegsbeginn wurden nach ukrainischen Behördenangaben 103 Kinder getötet. (afp)

🐾 Wo die Sirenen schweigen

Eine Kleinstadt in den Karpaten ist für Frauen zum Fluchtpunkt geworden. In Solotwyno heult keine Sirene. Ein Besuch im sichersten Ort im Kriegsgebiet. Die Reportage unserer Autorin Denise Hruby finden Sie hier.

Biden bezeichnet Putin als Kriegsverbrecher

Biden bezeichnete Putin am Mittwoch vor Reportern erstmals als „Kriegsverbrecher“. Seine Sprecherin Jen Psaki sagte, der US-Präsident habe dies gesagt, nachdem er im Fernsehen Bilder von „barbarischen Taten eines brutalen Diktators durch seine Invasion eines fremden Landes“ gesehen habe. Der Kreml krisierte Bidens Wortwahl als „inakzeptabel und unverzeihlich“.

Biden sagte der Ukraine zusätzliche Hilfen in Höhe von insgesamt einer Milliarde Dollar (910 Millionen Euro) sowie Unterstützung bei der Beschaffung zusätzlicher militärischer Ausrüstung zu. Zuvor hatte sich Selenskyi in einem emotionalen Appell an die Abgeordneten des US-Kongresses gewandt. Per Videoschalte bat Selenski den Westen erneut um die Schaffung einer Flugverbotszone über seinem Land.

Die USA und ihre Nato-Verbündeten lehnen dies aus Angst vor einer Ausweitung des Krieges jedoch ab. Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki warb in der Bild-Zeitung (Donnerstagsausgabe) erneut für eine Flugverbotszone sowie für eine „humanitäre Mission“ der Nato in der Ukraine. Zugleich rief er Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und andere westliche Staats- und Regierungschefs auf, sich in Kiew persönlich ein Bild von der Lage zu machen.

Die USA, Großbritannien, Frankreich und weitere europäische Staaten beantragten wegen der sich zuspitzenden Lage in der Ukraine für Donnerstag eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats. „Russland begeht Kriegsverbrechen und nimmt Zivilisten ins Visier“, erklärte die britische Vertretung bei den Vereinten Nationen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärte, Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen seien mittlerweile „Teil der Kriegsstrategie und -taktik“. (afp)

Hier lesen Sie die Nachrichten zum Ukrainekrieg von Mittwoch.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.