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Als Muslima in ÖsterreichIch bin keine Person of Color

Als Muslima bin ich in Österreich in der Hierarchie eher unten. Doch es fühlt sich trotzdem falsch an, mich als nicht weiß zu bezeichnen.

Sie kann sich in der Öffentlichkeit bewegen, ohne dass sich Leute fragten, woher sie komme Foto: Georges Schneider/photonews.at/imago

Du bist doch nicht weiß!“, sagt meine ägyptischstämmige Hijab-tragende Freundin empört. „Was sonst, schau mich an?“ Ich habe weiße Haut und blaue Augen, als Baby war ich blond. Nur weil ich nicht bei den ersten Sonnenstrahlen einen Sonnenbrand bekomme, macht mich das nicht zu einer Person of Color. Meine Freundin versteht nicht: „Aber du bist muslimisch, deshalb vor dem Bosnienkrieg nach Österreich geflohen. In Österreich erlebst du Diskriminierung.“ Ja, aber dafür muss ich keine Person of Color sein.

Ich weiß, dass Weißsein nicht nur auf die Hautfarbe abzielt, sondern auf Machtverhältnisse, und ich weiß, dass ich als Muslima in Österreich in der Hierarchie eher unten bin. Ich weiß aber auch, dass ich einen Raum betreten kann, ohne dass sich Leute fragen, woher ich komme. Ich kann um die Welt reisen und gehe als Italienerin, Kanadierin, Bosnierin – als Weiße, egal aus welchem Land, durch und werde so behandelt.

Vergangene Woche hat mir jemand die Instagram-Story von Sinthujan Varatharajah geschickt. Varatarajah hat Politische Geografie studiert, die Familie ist tamilisch, in den 80ern aus Sri Lanka nach Deutschland geflohen. Sinthujan schreibt, dass Menschen wie ich, Südosteuropäer:innen, aber auch Menschen aus Westasien, nicht dieselben Diskriminierungserfahrungen machen wie Sinthujan. Auch in einem türkischen Supermarkt, einem vietnamesischen Restaurant sei Sinthujan Schwarz, selbst wenn die Haare blond gefärbt wären. Sinthujan spricht niemandem seine Diskriminierungserfahrungen ab und trotzdem ist der erste Reflex vieler blasser Menschen mit Migrationsgeschichte: „Na ja, Moment …“

Ich hab einen Tag vor Varatarajahs Instagram-Story den Oscar-nominierten Film „Quo Vadis, Aida“ gesehen, über das Massaker von Srebrenica. Im Juli 1995 wurden in Srebrenica über 8.000 Männer bestialisch ermordet, Frauen und Mädchen vergewaltigt – weil sie Mus­li­m*in­nen waren. Das gehört zur Geschichte meines Herkunftslandes, einer, vor der meine Mutter und ich 1992 nach Österreich geflohen sind, während mein Vater bleiben musste.

In Österreich wurden wir wie minderwertige Menschen behandelt. In uns Mi­gran­t:in­nen stecken Erfahrungen, die plötzlich in Begriffen wie People of Color kollektiviert zu werden scheinen. Endlich wird unser Schmerz gesehen. Deshalb quetschen sich wohl so viele in diesen Begriff, weil sie sonst nirgends reinpassen. Aber so unterschiedliche Lebensrealitäten können nicht in einem Begriff vermengt werden, sie müssen es auch nicht.

Wenn ich weiß, dass Schwarze Menschen in Bosnien aufgrund ihrer Hautfarbe diskriminiert werden würden und dass beispielsweise eine Schwarze Muslima in der Diaspora andere Diskriminierungserfahrungen macht als ich, fühlt es sich falsch an, mich als nicht weiß zu bezeichnen.

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Melisa Erkurt
Autorin "Generation haram", Journalistin, ehemalige Lehrerin, lebt in Wien
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45 Kommentare

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  • 9G
    97287 (Profil gelöscht)

    Als die Mauren die Iberische Halbinsel besetzten und die darauf wohnenden PoC verdrängten und unterdrückten ( nur weil sie einen anderen Glauben und eine andere Hautfarbe hatten) kam es zu Aufständen. Erst Jahrhunderte später und nach etlichen Kreuzzügen kam es zur Befreiung vom Joch der Unterdrücker. Heute fliegen und fahren viele Europäer nach Andalusien um dieses Wunder zu bestaunen.

  • Statt sich auf identitäre Marotten zu fokusieren, sollte man sich Gedanken über Machtstruklturen machen. Da spielt die Herkunft oder Attribute keine Rolle. Im gegenteil, die die diese Strukturen beherrschen nutzen solche Dinge aus, um die Menschen gegeneinander aufzuwiegeln. Das ist genau das was auch durch solche Artikel geschieht. Das dividieren der Menschen in "die" und "wir". Was da am Ende steht, ist nichts gutes.

  • Der Elefant im Raum fängt mit "K" an und hört mit "lasse" auf

  • Ganz ehrlich verstehe ich diese Kolumne nicht. Ist das

    a) ein Diskurs innerhalb der identitären Linken, was genau jetzt eine der klassischen Opfer-Identitäten ausmachen sollte,

    b) die anti-identitäre Anmerkung, dass Identitätsschablonen generell dem Individuum nicht gerecht werden oder

    c) umgekehrt das pro-identitäre Eingeständnis, als nicht-offensichtlich-PoC in einer anderen Welt zu leben als Menschen, denen man ihre herkunftsmäßige "Besonderheit" sofort ansieht?

    Ich fänd ja b) gut und c) umgekehrt erhellend. Aber wenn es eins von den beiden ist, ist es jedenfalls wenig überzeugend vorgetragen...

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Blaue Augen, blond bei der Geburt, genau wie bei mir.



    Die Vorfahren der Autorin wurden vor ca. 600 Jahren zwangsmuslimisiert. Meine vor 800 Jahren zwangschristianisiert.



    Natürlich sind wir weiße Slawen.

  • 9G
    97760 (Profil gelöscht)

    Ähnlich wie es bei den unterschiedlichen Geschlechtern und Neigungen ist( Angehörige bezeichnen sich ja als Minderheiten), ist es auch bei einem Gespräch mit Andersfarbigen: es fällt einem erst auf den " zweiten Blick" ein, daß die Person mit der man vorhin gesprochen hat, eine andere Hautfarbe hatte .

  • Es gibt so viele verschiedene Eigenschaften und Verhältnisse, wegen denen Menschen stigmatisiert, erniedrigt und benachteiligt werden. Man muss und kann nicht gegen jedes Unrecht ankämpfen und die Interessen aller Diskriminierten vertreten.

    Aber man sollte niemals Diskrimierungen verschiedene Wertigkeiten zuordnen und gegeneinander ausspielen.

    Und für die Erkenntnis brauchts keine Identitätspolitik, dafür reicht ein gesundes Maß an Respekt und Empathie.

    • @Deep South:

      Ich stimme Ihnen absolut zu.

      Dennoch frage ich mich immer mehr, was "Identitätspolitik" eigentlich sein soll. Dieser Begriff wird recht gummihaft verwendet und zwar meistens abwertend, teilweise regelrecht als Kampfbegriff, obwohl er doch eher wenig greifbar scheint.

    • 8G
      82286 (Profil gelöscht)
      @Deep South:

      "... dafür reicht ein gesundes Maß an Respekt und Empathie."



      Mehr muss man zu dem Thema nicht sagen.

  • Hautfarbe und Herkunft. 2021 wichtiger denn je, muss man wissen.

    Martin Luther King wollte eine Welt, in der nur Charakter und Fähigkeiten zählen. Aber gut, dann unterteilen wir Menschen halt wieder in die niederste Kategorie.

    • @Wonneproppen:

      Es gibt schon noch Menschen, die da eher mit MLK argumentieren als mit neumodischen Anti-Rassismus-Formeln, die leider oft sehr spalterisch daherkommen und Weiße pauschal unter Verdacht stellen.

      Joe Biden hat MLK im Wahlkampf oft zitiert und ich fand ihn dabei sehr glaubwürdig.

  • “Aber so unterschiedliche Lebensrealitäten können nicht in einem Begriff vermengt werden, sie müssen es auch nicht. Doch es fühlt sich trotzdem falsch an, mich als nicht-weiß zu bezeichnen."

    Melissa Erkurt formuliert ihr Unbehagen an der aktuellen Praxis der Identitätspolitik, und sie hat etwas wichtiges erkannt: Bevölkerungsgruppen anhand ihrer Hautfarben gleiche Lebensrealitäten zuzuschreiben, ist immer in hohem Maße artifizielles Konstrukt, und wird sich immer für viele ‘falsch anfühlen’, wie jede stereotype Identitätszuschreibung. Das gilt für (letztlich nur) statistische Gruppen, das gilt mehr noch für Individuen.

    Zudem: ‘Hautfarbe’ als deskriptiver Begriff ist eine Sache – eine andere Sache ist es, ‘Hautfarbe’ normativ zu verstehen und damit zu assoziieren, daß Menschen einer Hautfarbe Weltanschauung und politische Ziele teilen, ist eine andere – irreführende – Sache. Auch dies wird sich für nicht wenige Menschen einer Hautfarbe ‘falsch anfühlen’ – weil sie sich eben nicht eine ‘Welt-Anschauung’ überstülpen lassen wollen. Auch weil sie nicht zugeschriebene ‘Kollektiverfahrungen’ teilen, bzw. Weil sie eine andere Perzeption ihrer Lage haben.

    IDENTITÄTSKONSTRUKTIONEN HABEN IMMER EINEN GEWALTASPEKT.

    Das Denken in diesen Kategorien ist m.E. widersprüchlich – und konterproduktiv.

    Alle Menschen, gleich welcher Hautfarbe, gleich welchen Geschlechts, gleich welcher sexuellen Orientierung sollen nicht als 'Weiße', 'Frauen', 'Lesben' gelten - sondern als MENSCHEN.

    Diese ‘Farbenblindheit’ war die die Perspektive von M.L. Kings Bürgerrechtsbewegung: Menschen nicht nach ihrer Hautfarbe zu beurteilen, sondern nach ihrem Charakter.

    Deren Identitätspolitik: ‘Gemeinsam für gleiche Rechte!’ verstand ‘Gruppenidentität’ als (bloß) temporäres (strategisches) Konstrukt - in der Persektive seiner Überwindung.



    DIE BETONUNG LAG AUF DEM GEMEINSAMEN MENSCHSEIN ALLER MENSCHEN, NICHT AUF EHERNEN IDENTITÄTEN.

    • @Weber:

      Sie verwechseln da etwas: "Menschen nicht nach ihrer Hautfarbe zu beurteilen, sondern nach ihrem Charakter" war die Utopie die King formulierte u.A. in der berühmten 'I have a dream'-Rede. Nur sollte man eben nicht das erträumte Ideal mit der Realität verwechseln und das taten sie auch nicht. Ich würde sogar behaupten, dass gerade die Schwarze US-Bürgerrechtsbewegung ein Beispiel für erfolgreiche Identitätspolitik par excellence war weil die Ausbildung einer eigenen kollektiven Identität die Forderung nach Gleichheit und Teilhabe überhaupt erst ermöglichte. Warum wohl trat nicht nur die BPP mit quasi-uniformiertem Stil auf? Warum wohl legte man Wert auf Schwarzen Slang und Subkultur?



      Damit soll keinesfalls in Frage gestellt sein, dass der Universalismus natürlich ein erstrebenswertes Ziel ist, solange dieses Ziel aber nicht erreicht ist und strukturelle Diskriminierungen bestehen, verkehrt sich der Rekurs auf den Universalismus aber zum Herrschaftsinstrument weil er bestehende Ungleichheiten unsichtbar macht.

  • Erfreulich, dass wieder mehr Nachdenken in die Taz-Kolumnen einzieht - erst erkennt H. Yaghobifarah, dass es bei der Bewertung von Carola Raketes Engagement für Flüchtende eben nicht darum geht, ob sie dieses mit Dreadlocks ausführt. Jetzt schreibt auch Melisa Erkurt, dass es eben nicht darum geht, Menschen aufgrund ihrer Herkunft in Schubladen zu packen - sondern es eben darum gehen muss, unter engagierten Menschen über den Abbau von Diskriminierung zu streiten, egal ob oder wie sehr man selbst betroffen ist..



    Machen wir weiter so!

  • Was sollte daran falsch oder verwerflich sein sich als Weiße zu fühlen, wenn man eine Weiße ist?



    Wer ständig das eigene Originäre sucht, der mag es vielleicht finden oder wenigstens imaginieren, aber er wird halt dann auch immer das Unterscheidene und Trennende finden.



    Geht es einem aber um Integration dann erscheint es ja wohl hilfreicher das Verbindende zu suchen. Man wird es dann auch finden, wie eine Unzahl erfolgreich integrierter MigrantInnen beweist. Das eigene Originäre geht dabei sowieso nicht verloren und kann getrost weiter gepflegt werden, wird dann sogar von einer andersartigen Majorität gerne als Bereicherung angenommen. Pizza, Couscous oder Döner gefällig?



    Ob aber dabei Religiosität dabei eine Hilfe ist, das wage ich zu bezweifeln. Zumindest wenn es sich um eine Religion handelt die für sich beansprucht die einzig wahrhaftige zu sein. Aus dem Konflikt zwischen zwei derartigen Religionen sind Sie ja geflohen.



    Ich glaube Ihre Freundin hat mehr Grund sich Gedanken darüber zu machen wie Sie.

  • Das grundlegende Problem ist, dass die Identitätspolitik Menschen nicht als Individuen sieht, sondern als Teile von Gruppen. Die Logik dahinter ist: Wenn Person X, Person Y und Person Z alle zu Gruppe A gehören, und Person X und Y Diskriminierungserfahrung haben, dann hat Person Z auch Diskriminierungserfahrung, weil dies dann für alle Mitglieder von Gruppe A gilt.



    Das ist schon mal logisch nichr stichhaltig. Dazu kommt, dass die Kriterien, die Gruppe A von Gruppe B unterscheiden, relativ willkürlich sind (Hautfarbe, Migrationshintergrund, sexuelle Orientierung, Geschlecht, Behinderung etc. sind alles keine wirklich eindeutigen Kategorien). Zudem ist die Gruppenzugehörigkeit auch von außen nicht immer gleich wahrnehmbar, ob Diskriminierung stattfindet, hängt auch vom sozialen Umfeld statt und ob man etwas als diskrimierend empfindet, hängt oft auch von der individuellen Wahrnehmung ab.



    Was hieraus auch deutlich werden sollte: Quoten anhand irgendwelcher Gruppenzugehörigkeit sind nicht hilfreich. Sie zementieren Unterschiede und helfen im Zweifel nur denen innerhalb einer Gruppe, die gar nicht benachteiligt sind.

    • @Ruediger:

      Richtig. Identitätspolitik negiert echte Identität, also Identität im Sonne von Individualität. Und sie ist essentialistisch, der zugewiesenen Gruppe kann man nicht entkommen. Gleichzeitig wird der Anspruch erhoben, diese Gruppen hätten kollektive Eigenschaften und Erfahrungen und damit einhergehend auch Rechte, die andere nicht haben bzw. teilen. Die Identitätspolitik führt, wenn man sie konsequent weiterdenkt, zur Fragmentierung der Gesellschaft, zum Tribalismus, in dem Tabus die Beziehungen zwischen den Gruppen regeln. Das geht tatsächlich in mindestens einem Fall bis über die Grenze zum magischen Denken: in den USA ist heute öffentlicher Konsens, das Weiße das N-Wort nicht einmal mehr äußern dürfen - in KEINEM Kontext. Viggo Mortensen bekam das zu spüren, als er in einer Pressekonferenz vor zwei Jahren sagte "You don't say (N-Wort) anymore" und damit unmissverständlich ausdrückte, dass dieses Wort mittlerweile inakzeptabel sei. Es ging ein Shitstorm auf ihn nieder. Begründung: ein Weißer dürfe unter absolut keinen Umständen dieses Wort sagen, nicht als Zitat, nicht, um es zu verdammen. Es dürfe nur von Schwarzen verwendet werden. Das erinnert tatsächlich an Tabus, wie wir sie aus ethnologischen Studien etwa zum Südpazifik kennen: nur Stamm X darf zB Pflanze Y verspeisen oder Tier Z erlegen, für andere Stämme ist das tabu.

  • Dieser Artikel scheint in seiner Argumentation eher ein Reenactment intellektueller Kämpfe von vor 30 Jahren zu sein. So alt ist nämlich schon das aus der Einsicht, dass die Diskriminierungserfahrungen beispielsweise einer Ägypterin, einer muslimischen Bosniakin und eines tamilischen Geographen eben nicht identisch sind resultierende Konzept der Intersektionalität.

  • Melisa Erkurt und alle anderen, die ein priveligiertes Leben, mit Hochschulabschluss begleitetes Leben führen, müssen wirklich aufhören, sich selbst als Beispiele für Unstimmigkeiten heranzuziehen. Das funktioniert nicht, weil nicht authentisch. Kann mich an den Artikel erinnern, in dem sie sich über die Aussprache ihres Namens beschwert. Damit ist auch das Maß ihrer Unterdrückung erklärt und ausgeschöpft.

    • @Hampelstielz:

      Ja, der Artikel, den Sie ansprechen, verursachte auch bei mir ein Stirnrunzeln.

      Aber dieser hier ist doch angenehm lebensnah, finden Sie nicht.

      Vielleicht hat Frau Erkurt ihre damalige Position ja wirklich überdacht.

    • @Hampelstielz:

      Ich halte diesen Vorwurf hier für nicht angebracht, weil Melisa Erkurt a) erläutert, dass sie eben sehr wohl "privilegiert" ist, da eben keine PoC, und b) sie genauso vor einem mörderischen Bürgerkrieg geflüchtet ist wie z.B. die hierher geflüchteten Syrer.

      Kommentar gekürzt.

      Die Moderation

    • @Hampelstielz:

      in dem Artikel geht es doch genau darum, dass eben nicht alles in einen Topf geworfen werden sollte/kann.

  • wie hat es letzt einer gesagt - ich weis gar nicht mehr ob TV oder Radio: Person of Color sind wir alle: auch schweinchenrosa ist eine Farbe.

    wie werden übrigens europäische Migranten weltweit aufgenommen? Wenn ich jetzt mit meinen Werten auf den Balkan gehe? Oder nach Arabien, oder in irgend ein Dorf in Afrika? Und ich schätze in Österreich ist es wie hier... der Pass eines Staates ist das eine, wahre Integration geschieht hier aber seit Jahrhunderten einfach durch das hier sein... wer sich hier über Generationen mit der Bevölkerung vermischt gehört dann einfach dazu. Nicht umsonst gibts nirgendwo sonst so viele Mischlinge wie in Mitteleuropa. Niemand sonst auf der Welt trägt z.B. noch die Gene von 2 Frühmenschenarten!

    • @danny schneider:

      Wenn die erwähnten Frühmenschen fortpflanzungsfähige Nachkommen zeugen konnten, dann waren sie definitionsgemäß von ein und derselben Art. Es liegt einzig am Geltungsbedürfnis von manchen Paläoanthropologen, dass viele Funde als eigenständige Art deklariert wurden.



      Gruppen und Individuen derselben Art können sehr verschieden aussehen. Neandertaler und Homo Sapiens konnten sich problemlos fortpflanzen und können daher nur einer einzigen Art zugeordnet werden: Homo Sapiens. Ein ähnliches Phänomen gibt es heutzutage bei Eisbären und Braunbären: die sind in Wirklichkeit auch eine einzige Art.

      • @Winnetaz:

        Ich halte es für einen grundsätzlichen Fehler sich überhaupt auf derlei biologistische Argumente einzulassen, weil man sich damit auf ein Terrain begibt auf dem nur noch über die 'richtige' Art der Quantifizierbarkeit des Wertes von Menschen streitet aber nicht mehr darüber dies ganz generell zu unterlassen. Früher praktizierte man dafür Schädelvermessungen und heute scheint die genetische Analyse das Mittel der Wahl zu sein. Falsch ist beides.

    • @danny schneider:

      Ich finde es extrem bekenklich Menschen als "Mischlinge" zu bezeichnen weil dies zwangsläufig auch die Existenz von 'Reinrassigen' voraussetzt. Dies an genetische Merkmale zu koppeln macht es nicht besser.



      Bei Begriffen wie Schwarz, weiß oder PoC geht es letztlich nicht um Hautfarbe oder gar Genetik sondern um Machtverhältnisse und soziale Positionierungen und die sind eben nicht naturgegeben sondern ansozialisiert, menschengemacht und damit veränderbar.

      • @Ingo Bernable:

        Ich finde bedenklich, wie Sie auf einen Begriff anspringen und daraus "zwangsläufige" Schlussfolgerungen ziehen.

        Fakt ist, dass die Mobilität großer Mengen von Menschen über fast den ganzen Globus ein modernes Phenomen ist. Als dies noch nicht so war, haben sich wegen der unterschiedlichen Umgebungsbedingungen deutliche äußerlich sichtbare und kulturelle Unterschiede entwickelt. Sogar innere anatomische Unterschiede sind nicht zu übersehen. Zum Beispiel würde ein Mensch aus südlicheren Gefilden die Ernährung der Inuit nicht lange überleben wegen Vitaminmangel.

        Wenn sich nun Menschen, deren Vorfahren sich über viele Generationen unabhängig voneinander entwickelt haben und entsprechende Unterschiede aufweisen "vermischen" so bedingt das in keiner Weise den von Ihnen hervorgezauberten Begriff der Reinrassigkeit.

        Sie interpretieren hier nach Ihrem Gusto.

        • @Fabian Wetzel:

          "Ich finde bedenklich, wie Sie auf einen Begriff anspringen und daraus "zwangsläufige" Schlussfolgerungen ziehen."



          Die Zwangsläufigkeit auf die ich mich bezog ist eigentlich so trivial wie offensichtlich: Wer von einer Mischung spricht, impliziert damit ja dass es das was gemischt wurde auch in unvermischter, also 'reiner' Form geben muss.



          Und das was sie im Weiteren verargumentieren ist letztlich nichts anderes als Rassenlehre. Nähme man noch eine Wertung dazu, etwa, dass es ein Vorteil oder eine Weiterentwicklung sei mit weniger Vitaminen auszukommen, wäre es Rassismus.

      • @Ingo Bernable:

        Das es bei schwarz, weiß oder PoC nicht um Hautfarbe geht sondern um Machtverhältnisse ist mir neu. D.h als Mensch mit weißer Hautfarbe aber ohne Macht bin ich jetzt genau was?

        • @Vietwoojagig Htoru:

          Sie gehen zu individualistisch ran.

          Der Weiße Obdachlose gilt gegenüber der Schwarzen millionenschweren Filmschauspielerin immer noch als privilegiert.

          Was zählt, sind die gesellschaftlichen Verhältnisse und die rassische Diskriminierung.

          • @rero:

            Ja, richtig, in Bezug auf rassistische Diskriminierung ist selbst der weiße Obdachlose, der Schwarzen Filmdiva gegenüber privilegiert. Nur bedeutet das eben längst noch nicht, dass nicht auch Klassismus eine Rolle spielen würde und in diesem Extrembeispiel vermutlich auch die schwerwiegendere Kategorie wäre. Und nicht zuletzt war auch Klasse, vor allem historisch, eine wesentliche Kategorie von Identitätspolitik, denn was sonst beschrieb Marx mit dem Klassenbewusstsein das die Grundlage bildete um mit sozialistischen Positionen überhaupt politisch wirkmächtig werden zu können.

            • @Ingo Bernable:

              Das erklären Sie mal den Anhänger_innen des Konzeptes.

        • @Vietwoojagig Htoru:

          So kompliziert ist das nun wirklich nicht. Die Feststellung, dass es bei der Kategorie Color um Machtverhältnisse geht bedeutet ja längst noch nicht, dass dies die einzige und ausschließliche Kategorie in Bezug auf Machtverhältnisse sind. Zudem scheinen sie misszuverstehen, dass Macht hier nicht mit politischer Macht gleichzusetzten ist, sondern mit Privilegien und Ressourcenzugang.

          • @Ingo Bernable:

            Nunja die Aussage war "Bei Begriffen wie Schwarz, weiß oder PoC geht letztlich nicht um Hautfarbe oder gar Genetik sondern um Machtverhältnisse und soziale Positionierungen", und nicht etwa "... sondern um Privilegien und Ressourcenzugang und soziale Positionierungen".



            Während es bei dem einen um eine Beziehung/Verhältnis zwischen Bevökerungruppen geht es (die einen zwinger den anderen ihren Willen auf), fehlt dies bei der zweiten Definition. Der Zugang zu einer Ressource impliziert noch kein Verhältnis zu einer anderen Gruppe. Darum halte ich die Gleichsetzung von Macht mit Privilegien und Ressourcenzugang für grundsätlich Falsch. Man sollte die Bedeutung von Worten nicht zu sehr dehen.



            Und welchen Zugang zu Ressourcen besitzt der Obdachlose noch einmal, den die schwarze Filmdiva nicht besitzt?

  • Ich frage mich schon seit längerem, warum mittlerweile Personen als PoC bezeichnet werden, die schon in Italien oder Spanien optisch nicht im geringsten auffallen - während wiederum niemand auf die Idee käme, Italiener und Spanier als PoC zu bezeichnen. Irgendwie sollte das Ganze dann vielleicht doch ein Mindestmaß an Logik haben.

    • @Suryo:

      Farbschattierungen können täuschen. Auf die innere Haltung kommt es an!

      Als Kamala Harris erstmals als Kandidatin neben dem sonnengebräunten Joe Biden vorgestellt wurde, sah sie auch recht blass aus. Ich hätte sie beim besten Willen optisch nicht als PoC einsortiert, wenn ihre Herkunft nicht erwähnt worden wäre.

    • @Suryo:

      Die Logik existiert schon insofern gar nicht, als dass auch die Mehrheitsgesellschaft nach vielen Jahrzehnten hart erkämpfter Entwicklung in Richtung Vielfalt, Toleranz und Respekt und Rechten für Migranten und andere zuvor diskriminierte Personengruppen längst eine andere geworden ist, als die vielbeschworene dominante weiße bzw. kartoffelig-dumpf-deutsche, auf die sich vom identitätspolitischen Lager aus andauernd berufen wird.

      Es gibt strukturell, also von gesetzlicher Seite, Bildung und Kultur aus noch viel zu tun um echte Diskriminierung und Alltagsrassismus zu beseitigen, aber der identitätspolitische Ansatz bleibt ja leider problemorientiert statt lösungsorientiert.

    • @Suryo:

      Mir wurde das mal so erläutert: PoC fuktioniert idealisiert (also als Zukunftsvision) immer und neutralsiert bei uns allen. Wenn Sie in den Sudan fahren sind Sie aus Sicht der Einheimischen ein PoC. Die aus Ihrer Sicht auch. Also gleich.



      Ob das so mittlerweile anerkannt ist oder überhaupt gilt oder stimmt weiß ich nicht, meine Info (einer Ethnologin) ist irgendwie 4 Jahre alt. Für mich klingt das aber nach wie vor logisch.

      • @Tom Farmer:

        Ich gebe gern zu, kein Experte zu sein. Deshalb würde ich auch nicht wagen, zu dem Thema in einen Diskurs zu gehen.

        Ich habe lediglich mich mal reingelesen, weil ich es nicht begriff.

        So, wie ich das People-of-Colour-Konzept verstanden habe, entspricht es genau nicht dem, wie es Ihnen die Ethnologin erklärt hat. (Ich habe auch gerade Definitionen noch mal nachgelesen, falls eine Änderung an mir vorbeigegangen sein sollte. Dem scheint nicht so zu sein.)

        Das Konzept bezieht sich ausschließlich auf Weiße und Nichtweiße, vorzugsweise in Europa und Amerika.

        Halten Nichtweiße andere Nichtweiße für rassisch minderwertig, liegt dies außerhalb des Systems.

        Wenn Sie und ich in den Sudan gehen und wir dort aufgrund von Vorurteilen diskriminiert werden, wird unsere Erfahrung auf die globale Metaebene gehoben.

        Global betrachtet, sind wir beide immer noch privilegiert und Weiß, weshalb wir niemals zu Poc werden können – auch im Sudan nicht.

        „Die PoC der einen sind die Weißen der anderen.“ gibt es nicht.

        Deshalb liefert das PoC-Konzept auch nur eine In-sich-Logik.

        Nach dieser Logik können damit auch nur Weiße rassistisch sein.

        Der Rest kommt im System dieses Konzeptes nicht vor.

        Aus diesem Grund halte ich die Instagram-Story von Sinthujan Varatharajah für einen wichtigen Diskursbeitrag, der das PoC-Konzept allerdings infrage stellt.

        Was Ihnen die Ethnologin erklärte, erscheint auch mir logisch, ist aber nicht das klassische Konzept.

        Finden Sie Quellen, die mich wiederlegen, freue ich mich. Teilen Sie es mir bitte mit.

        • @rero:

          Vorab, ich habe mich zu dem Thema nicht eingelesen, bin jedoch eifriger Zuhörer bei Leuten im Verwandschaftskreis die thematisch sehr engagiert sind.



          Sie müssen, wie ich das verstehe zwischen Diskrimierung und Rassismus unterscheiden. Rassismus zwischen Franzosen und Deutschen gibts per Definition nicht. Sollte jemand von einem Job ausgeschlossen weil unterstellt wird Franzosen können das nicht ist das eine Diskriminierung. Wenn Sie jedoch als Deutscher einem schwarzen Franzosen (oder egal woher) den Job nicht geben weil er schwarz ist, ist das Rassismus.



          Rassismus macht sich nicht an der Nationalität fest, sondern allein am Kriterium einer anderen Hautfarbe.



          Das hat Frau Erkurt in der Kolummne auch gut auf den Punkt gebracht: Warum sollte sie sich (von anderen) als POC bezeichnen lassen und das auch noch gut finden. Wegen muslimischen Glaubens? Wegen Ihrer Hautfarbe? Nein, sie wird ggf. diskriminiert von ewig schlimmen Menschen. Aber einen Rassismusvorwurf "ersteigern", weil sie etwas dunklere Hautfarbe hat? Im globalen Maßstab ist sie eine europäische, weiße Frau und keine POC. Rassismusopfer also nicht möglich...Diskrimierung in Europa nat. jederzeit.

          • @Tom Farmer:

            Für mich ist sie auch ohne wenn und aber komplett Weiß.

            Nach den gängigen PoC-Konzepten ist sie jedoch aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit Woman of Colour - unabhängig von ihrer Hautfarbe.

            Die ägyptischstämmige Freundin vertritt hier die Mainstream-PoC-Position.

            Frau Erkurts Position, die ich persönlich für sehr klug und nachvollziehbar halte, entspricht dagegen nicht dem Konzept.

      • @Tom Farmer:

        Nun,. meiner Erfahrung nach ist es so, dass insbesondere diejenigen, die nun zB schon Deutschtürken in Gegensatz zu Weißen bringen, eben gerade nicht Weißen zugestehen würden, irgendwo PoC zu sein. Für sie ist PoC ein politischer Begriff, der immer rassistische Diskriminierung suggeriert, und die können Weiße deren Ansicht nach niemals erfahren (ich nehme an, keiner von denen war je in Japan oder China). Aber wenn Spanier nicht reihenweise über Diskriminierung und vor allem nicht über Rassismus wegen ihrer in der Regel schwarzen Haare und braunen Augen klagen, wie kann dann jemand, der in Spanien für einen Spanier gehalten würde, das tun?

        Nebenbei: ich werde in Spanien auch immer für einen Spanier gehalten. Könnte ich dann nicht hier wenigstens "vortäuschen", PoC zu sein?

    • @Suryo:

      Ich denke, dass sich hier ein Bewusstseinswandel in Bezug auf die der Bevölkerung der EU vollzogen hat.



      "Süditaliener/-spanier" sehen zwar aus wie PoC, "gehören" aber "schon dazu". Die kulturellen Wechselwirkungen der beiden Länder zu Mitteleuropa sind deutlich intensiver als die der Länder des Maghreb.



      Mich wundert immer wieder, warum die Wahrnehmung der Unterschiede nur an der Hautfarbe festgemacht wird. Die Art, wie z.B. mit den Händen geredet wird oder das Gangbild sind m.E. mindestens gleich starke Unterscheidungsmerkmale für die Wahrnehmung der Zugehörigkeit.

      • @e.a.n:

        Das Problem der inflationären Ausweitung des PoC-Begriffs ist doch vor allem, dass er Gruppen "zwangsvereint", die sehr wohl untereinander zum Teil massiven Rassismus betreiben können. Schwarze Menschen stehen leider regelmäßig am unteren Ende der "Hackordnung" und werden regelmäßig von asiatischstämmigen oder deutschtürkischen Menschen rassistisch diskriminiert. Aber der Begriff PoC in seiner Verwendung für alles, was nicht weiß und christlich ist , verschleiert das und suggeriert, alle diese Menschen teilten EINE einzige, sie alle definierende, vereinende, Erfahrung.

        Davon abgesehen: wenn der muslimische Glaube ausreicht, um PoC zu sein, was ist dann z.B. mit christlichen Schwarzen? Sind die dann irgendwie nur so halb PoC? Oder tritt die Religion hinter einer nichtweißen Hautfarbe komplett zurück, ist also mal Definitionsmerkmal für PoC, mal nicht?

        Wie gesagt: ein Mindestmaß an Logik sollte all das schon haben. Es scheint mir eher ein Kampfbegriff zu sein, der mal so, mal so verwendet wird.