Franziska Giffeys Doktortitel: Diebstahl bleibt Diebstahl

Die SPD ist wegen Giffeys Plagiatsaffäre nicht nachtragend. Ja, ein akademischer Titel sagt wenig über einen Menschen aus. Diebstahl geistigen Eigentums schon.

Familienministerin Franziska Giffey

Die SPD lässt Franziska Giffey die Plagiatsaffäre durchgehen Foto: M. Popow/imago

Die vergangenen Tage haben deutlich gemacht: Die Sozialdemokraten lassen Franziska Giffey durchgehen, dass sie ihre Doktorarbeit unsauber angefertigt hat. Niemand, der in der Partei etwas zu sagen hat, fordert ihren Rücktritt. Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat es durchaus geschickt eingefädelt, sich der nunmehr lästigen Doktorarbeit zu entledigen.

Wo es geht, lässt Giffey es menscheln. Als Bürgermeisterin von Berlin-Neukölln war das so, und auch jetzt, als Ministerin, schiebt sie schon mal den Einkaufswagen, wenn sie ältere Menschen im Supermarkt begleitet. Die Sozialdemokratin pflegt ihr Image als nahbare und zupackende Politikerin.

Auch in der gegenwärtigen Affäre setzt Giffey darauf. „Was mich als Mensch ausmacht, liegt nicht in diesem akademischen Grad begründet“, schrieb sie. Sie begründete damit ihren Verzicht auf den Doktortitel, um einer wahrscheinlicher gewordenen Aberkennung durch ihre Universität zuvorzukommen. Viele in ihrer Partei lobten diesen Schritt als starkes Signal.

Tatsächlich ist es genau das Gegenteil. Er nährt den Verdacht, dass es Giffey vor allem darum geht, ihre politische Karriere fortführen zu können. Sie erweckt den Eindruck, der Doktortitel sei gar nicht so wichtig. Fragt sich bloß, warum sie ihn mal unbedingt gewollt hat. Das ist wenig glaubwürdig. Mit einem durchsichtigen Täuschungsmanöver versucht sie sich nun aus der Affäre zu ziehen. Dabei hatte sie selbst vor einem Jahr gesagt, dass sie – im Falle einer Aberkennung – zurücktreten werde. Und nun will sie sich vom Votum ihrer Universität lossagen?

Es ist nachvollziehbar, dass die Sozialdemokraten, vor allem die in Berlin, ihrer Zukunftshoffnung den Rücken stärken – gibt es doch in der Partei neben Giffey niemanden mit derlei Strahlkraft. Dennoch sollte die Ministerin ebenso wie ihre Partei erkennen, dass die Affäre mit dem lapidaren Verzicht auf einen Titel, den sie wahrscheinlich zu Unrecht trägt, nicht ausgestanden ist. Ja, ein akademischer Grad sagt wenig über einen Menschen aus. Der Diebstahl geistigen Eigentums dagegen schon.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Journalistische Stationen u. a. bei Spiegel und SZ, seit 2020 bei der taz. Im Ressort taz.eins für die vorderen Zeitungsseiten verantwortlich.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.