Berliner SPD-Parteitag: Für Giffey nur ein Zwischenschritt

Die Bundesfamilienministerin will den Vorsitz der Berliner SPD. Die Wahl am Freitag soll die nächste Etappe zur Spitzenkandidatur werden.

erlin: Franziska Giffey, Bundesfamilienministerin, und Raed Saleh (beide SPD), SPD-Fraktionschef in Berlin, setzen mit einer Ruderfähre über den Müggelsee

In einem Boot: Franziska Giffey, Bundesfamilienministerin, und Raed Saleh, SPD-Fraktionschef in Berlin Foto: Wolfgang Kumm/dpa

BERLIN taz | Franziska Giffey, Bundesfamilienministerin, übernimmt am Wochenende mutmaßlich die Führung der Berliner SPD. Die 42-Jährige kandidiert am Freitagabend mit Raed Saleh, dem Fraktionschef im Landesparlament, für die erstmals besetzte Doppelspitze des Landesverbands.

Die Wahl ist Teil des landesweit ersten hybriden Parteitags mit Reden via Internet und Stimmabgabe in realen Wahlbüros. Für Giffey, die den Regierenden Bürgermeister Michael Müller ablösen würde, ist der Landesvorsitz ein Zwischenschritt zur Spitzenkandidatur bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2021.

Bereits im Januar hatten Giffey, Saleh und Müller in einer gemeinsamen Pressekonferenz ihre Wechselpläne öffentlich gemacht. Die erstmalige Wahl einer Doppelspitze war bereits für Mai geplant, wurde aber coronabedingt zweimal verschoben.

Zwischenzeitlich war Kritik an Giffey und Saleh aufgekommen, weil dies als designierte Vorsitzende im Oktober in einem Zeitungsinterview ein Programm skizzierten, das vielen Jusos und älteren Parteilinken missfiel.

Zu nah an der CDU, sagen die Parteilinken

Für sie war der von Giffey und Saleh angestrebte Fokus auf die „Grundbedürfnisse von ganz normalen Berlinern“ zu nah an CDU-Politik. Zudem sollte gelten: „Wahlprogramme werden immer noch von den Mitgliedern geschrieben und verabschiedet – nur falls das in Vergessenheit geraten sein sollte“, so die Juso-Spitze.

Als dann noch die Freie Universität Berlin ankündigte, die mit Schummelvorwürfen behaftete Doktorarbeit Giffeys erneut zu prüfen, schien eine gewisse Panik die Berliner Sozialdemokraten zu überkommen, ob Giffey bei einer Aberkennung des Titels zu halten sei.

Von einem „Plan B“ war zu hören, demzufolge Parteivizechef und Innensenator Andreas Geisel als Spitzenkandidat einspringen könnte. Nochregierungschef Müller, der in dieser Woche für die Bundesländer die neuen Coronaregeln vorbereitete, steht nicht zur Verfügung: Er will in den Bundestag und hat schon Ambitionen auf einen Kabinettsposten geäußert.

„Alles Quatsch“, ist dieser Tage von einem führenden Parteimitglied zu hören, so einen Plan B mit Geisel habe es nie gegeben. Auch andere versichern, dass laute Kritik oder gar breite Ablehnung am Führungsduo in spe bei dem Parteitag ausbleiben werde – umso mehr, weil man sich digital daheim vor dem Computer nur schwer in Rage reden kann. Möglichen Restärger in Form eines schwachen Wahlergebnisses wird absehbar Giffeys Co-Kandidat Saleh aushalten müssen.

Was folgt aus der Plagiatsaffäre?

Der Wahl am späten Freitagabend soll schnell Giffeys Kür zur Spitzenkandidatin für die Wahl in Berlin parallel zur Bundestagswahl Ende September 2021 folgen. „Sie wird noch in diesem Jahr Spitzenkandidatin“, versicherte Parteivizechefin Iris Spranger der taz. Vor dem Lockdown war dieser Schritt für den 19. Dezember geplant.

Anders als die Vorsitzwahl könnte diese Kür rein digital erfolgen – die Spitzenkandidatur ist kein Amt im Sinne des Parteiengesetzes, das Onlinewahlen bislang nicht erlaubt. Zur ausstehenden Entscheidung über Giffeys Doktorarbeit heißt es weitgehend, sie führe den Titel nicht mehr – damit sei die Sache abgeschlossen, egal ob die Freie Universität eine Aberkennung beschließe oder nicht.

In der SPD-Bundestagsfraktion hält man sich mit Kommentaren zur Familienministerin zurück: Das sei Sache des Landesverbands, heißt es. Carsten Schneider, parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion, sagte der taz allerdings, er sei froh, dass Giffey antrete. Seine Einschätzung zu der nach wie vor drohenden Aberkennung des Doktortitels: „Das ist nicht nebensächlich, aber es ist auch nicht der entscheidende Punkt.“

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