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Weltärztebund-Chef MontgomeryMaskenkritiker widerruft

Der Vorsitzende des Weltärztebundes hatte es abgelehnt, einen Mund-Nasen-Schutz gegen Corona-Infektionen vorzuschreiben. Das sieht er heute anders.

Frank Ulrich Montgomery räumt ein: Masken sind kein Unsinn, sondern können eine Menge helfen Foto: Ramon Von Flymen/dpa

Berlin taz | Der von Coronaskeptikern gern zitierte Vorstandsvorsitzende des Weltärztebunds, Frank Ulrich Montgomery, hat eingeräumt, dass seine Kritik an der Maskenpflicht falsch war. „Ich habe hier auch einen Irrtum selber, einen wissenschaftlichen Irrtum in der Vergangenheit begangen, indem ich gesagt habe, Masken sind Unsinn“, gab Montgomery am Mittwoch im Deutschlandfunk zu. Man wisse mittlerweile, dass Masken jeder Form „zwar nicht zu 100 Prozent, aber doch eine ganze Menge“ helfen würden beim Schutz gegen Infektionen mit dem Virus.

Deshalb sei es „folgerichtig“, dass Nordrhein-Westfalen bei Verstößen gegen die Maskenpflicht in Bussen, S-Bahnen oder Straßenbahnen künftig sofort ein Bußgeld von 150 Euro verhängen will. Wenn die Ansteckungszahlen weiter stiegen und manche Menschen bewusst keine Maske trügen, „dann muss man ihnen auch mit den Mitteln unseres Staates ein bisschen besseres Benehmen beibringen. Da finde ich 150 Euro Bußgeld durchaus angebracht nach der heutigen Wissenslage.“

Auf die Frage, ob solche Kursschwenks dazu führen, dass Leute das ganze Krisenmanagement immer stärker hinterfragen, antwortete Montgomery, es sei „völlig normal“, dass sich Wissenschaftler streiten; „ganz vieles von dem, was wir heute als Wissenschaft erleben, ist der Irrtum von morgen“. Er ergänzte, „die Wissenschaftler haben das ja nicht aus irgendeinem bösen Motiv heraus so gemacht, sondern weil der Kenntnisstand heute weiter ist als zum Beispiel vor sechs Monaten“. Wichtig sei, „dass wir den Menschen sagen, wie eine solche Meinungsbildung durch Konsensus funk­tioniert und wie sie sich auch ändert“.

Montgomery hatte Ende April die Maskenpflicht abgelehnt. Bei unsachgemäßem Gebrauch könnten Masken sogar gefährlich sein. Eine Pflicht, Tücher oder Schals zu tragen, sei „lächerlich“.

Darauf berief sich zum Beispiel Joseph Wilhelm, Geschäftsführer der bekannten Bio­lebensmittelmarke Rapunzel, in seinen umstrittenen Internetbeiträgen zur Corona­krise. Wilhelm kritisierte Mundschutzmasken als „Maulkörbe“ und stellte die Gefährlichkeit des Virus infrage.

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27 Kommentare

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  • Wen interessiert das Geschwätz des Herrn Montgomery?



    @Opossum



    @Descartes



    stimme voll zu: bez. Corona



    1. weder fachliche Kompetenz als Radiologe, zudem die letzten 20 Jahre in der Standespolitik - also nicht mehr klinisch tätig...



    2. mit Sicherheit ist der Weltärztebund nicht dazu "befugt" (Satzung finde ich nicht im Netz) Deutschland Ratschläge zu erteilen! Also auch nicht dessen Vorstandsvorsitzender!



    3. Herr M. war schon immer sehr an Selbstdarstellung interessiert.



    4. Warum findet also die Presse die Einzelmeinung des Herrn M. so wichtig ???

  • Um den Nutzen von Masken zu erkennen, bedarf es kaum einer schulischen Grundbildung. Er ist einfach einleuchtend, zudem in Asien bereits erprobt und für tauglich befunden worden.



    Demnach kann man sich die Frage stellen, was dieser Mann auf seinem Posten macht und wie er dort hingekommen ist. Nicht jede kleine Fragestellung bedarf zur Beantwortung einer Studie.

    Die Gleichung

    Covid 19 = Tröpfcheninfektion



    Tröpfcheninfektion + Maske = guter Schutz

    sollte jeder aufstellen können.



    Allerdings stand Montgomery ja flankiert von RKI und Charitè und vielen anderen nicht alleine mit dieser unverzeihlichen Äußerung dar. Sie hat, wenn wir den Gedanken weiterspinnen, Leben gekostet. Das sollten sich die Herren und Damen Akademiker mit Einfluss auch vor Augen führen.

    • @Hampelstielz:

      Es ist vielleicht auch ein wenig überzogen, vom obersten Funktionär der Ärzteschaft zu erwarten, dass er auch der beste Arzt ist. Wäre er das, hätte er es im Zweifel nicht übers Herz gebracht, auf Kosten seiner Patienten die Funktionärslaufbahn einzuschlagen. Das ist jedenfalls meine Erfahrung mit politisch engagierten Ärzten, und von denen kenne ich eine ganze Menge.

      Davon ab: Dass RKI & Co., also die wahren Experten, demselben Irrtum aufgesessen sind (bzw. was sich heute als solcher darstellt), KÖNNTE man laienhaft auch als Indiz werten, dass die Gleichung vielleicht doch nicht so simpel ist, wie Sie sie aufstellen.

      • @Normalo:

        Wie man am praktischen Effekt sieht, ist es doch so einfach. Zumal knapp 2 Milliarden Asiaten positive und sogar in Studien abgehandelte Erfahrungen mit dem Nutzen von Masken bei der Verhinderung von Tröpfcheninfektionen gesammelt haben. Da hat das Ego der Protagonisten wohl mehr Einfluss bei der Meinungsbildung getragen.

  • Montgomery ist ein Beispiel dafür, warum das Physikum für viele Mediziner im Studium eine große Hürde darstellt. Heilen ist eine Sache, Logik eine andere. Wenn ich krank bin gehe ich zum Arzt, nicht zum Wissenschaftler. Treten neue Situationen auf zählt die Wissenschaft. Und Ärzte sind leider, sorry das ist so trotz anderer Selbstwahrnehmung, nicht gerade die besten Wissenschaftler. Sie beobachten und machen Statistik. Nicht viel mehr sind medizinische Publikationen. Die wenigsten haben eine wirkliche Ahnung von den Mechanismen dahinter.

  • „ganz vieles von dem, was wir heute als Wissenschaft erleben, ist der Irrtum von morgen“

    Da hat er schon recht, wie in der Vergangenheit oft genug bewiesen.

    Demzufolge ist es auch nicht unwahrscheinlich, dass vieles was uns so als wissenschaftliche Erkenntnis erzählt wird, sich als Irrtum herausstellt.

    Da kann man in einigen Themenbereichen die sogenannten "Wahrheiten" hinterfragen.

  • Widerrufe redlichen Herzens nicht erheuchelten Glaubens

    Zitat: „Maskenkritiker widerruft“

    Das erinnert an Galileo Galilei: „Ich, Galileo Galilei, Lehrer der Mathematik und der Physik in Florenz, schwöre ab, was ich gelehrt habe, daß die Sonne das Zentrum der Welt ist und an ihrem Ort unbeweglich, und die Erde ist nicht Zentrum und nicht unbeweglich. Ich schwöre ab, verwünsche und verfluche mit redlichem Herzen und nicht erheucheltem Glauben all diese Irrtümer und Ketzereien sowie überhaupt jeden anderen Irrtum und jede andere Meinung, welche der Heiligen Kirche entgegen ist.“ (am 22. Juni 1633 vor der Römischen Inquisition)

    • @Reinhardt Gutsche:

      Gut, dass Galileo das damals gemacht hat. Sonst würden die Leute heute vielleicht wirklich glauben, die Erde wäre eine Kugel und würde im All um die Sonne schweben. Hirnverbrannter Mist, das... ;-)

      Aber im Ernst: Halten Sie Montgomery für so verbohrt, dass er eine mal geäußerte Meinung nicht ehrlich revidieren könnte?

    • @Reinhardt Gutsche:

      Soll das bedeuten, jegliche öffentlich Meinungsänderung in der Geschichte der Menschheit ist immer nur vorgetäuscht gewesen?

      Steile These.

      Mir wäre auch neu, dass Herr Montgomery einer hochnotpeinlichen Befragung durch ein Inquisitionstribunal unterzogen worden wäre.

      • @Encantado:

        Tusch:



        "Nobody expects the Spanish Inquisition!“



        Monty Python

  • Montgomery ist nicht der "Weltärztepräsident" (World Medical Association/WMA).

    Der Präsident des Weltärztebundes ist Dr. Miguel R. Jorge.

    Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery ist Chairperson of Council des WMA, er hat den Ratsvorsitz. Er ist Präsident des CPME (Ständiger Ausschuss der Europäischen Ärzte).

    WMA und CPME sind beides Berufsvertretungen, die sich auch mal inhaltlich äußern aber eigentlich ist das nicht ihre Aufgabe.

  • die Art und Weise, wie er die Alltagsmaske abgelehnt hat (etwas arrogant und herablassend), hatte mich mehr als irritiert ( z.B. „Aber was will man gegen den Überbietungswettbewerb föderaler Landespolitiker mit rationalen Argumenten tun?“ oder : "Aber eine gesetzliche Pflicht für nicht funktionierende Masken, halte ich für ein Armutszeugnis eines Staates.“ )

    diese Haltung war arrogant. aber viel schlimmer noch:



    - gesundheitspolitisch sehr bedenklich, da er als Weltärztepräsident so etwas formuliert. Seine Äußerungen bieten ja vielleicht Orientirung für die Bevölkerung. Und für Politiker*innen weltweit (siehe USA, England, Brasilien etc.). Wenn sich Leute auf ihn berufen haben und keine Maske getragen haben....schlimm.



    - innenpolitisch gefährlich: Er redet in einer sehr undifferenzierten Haltung über Politik. Und wenn sich dann vielleicht Aluhutträger*innen daran orientieren, dann gute Nacht....

  • Ich erlaube mir hier die Kompetenz Herrn Montgomerys in Frage zu stellen.



    Er ist eigentlich Radiologe und war die letzten Jahrzehnte überwiegend in Funktionärsposten unterwegs. Eine wirkliche Expertise würde ich ihm nicht zugestehen. Wichtiger ist ihm sich in den Vordergrund zu spielen.

    • @Opossum:

      Also soviel Expertise wie den ca. 80 Mio Menschen, die zu Corona ganz explizite Meinungen haben, traue ich ihm allemal zu...

  • Maskenball

    Zitat: „Man wisse mittlerweile, dass Masken jeder Form „zwar nicht zu 100 Prozent, aber doch eine ganze Menge“ helfen würden beim Schutz gegen Infektionen mit dem Virus.“

    Dieses Wissen scheint um die Niederlande einen großen Bogen zu machen. „Aus medizinischer Sicht gibt es keinerlei Beweis für den medizinischen Nutzen, eine Gesichtsmaske zu tragen. Daher haben wir uns dafür entschieden, auf nationaler Ebene keine Maskenpflicht einzuführen.“ so die holländische Gesundheitsministerin Tamara van Ark letzte Woche nach einem Treffen mit Gesundheitsexperten und Bürgermeistern.

    • @Reinhardt Gutsche:

      Statt dies zu wiederholen, schauen Sie mal in wissenschaftlichen Journals. Es gibt Publikationen, die auch von einem Schutz des Trägers (!) eines einfachen MNS in der Praxis ausgehen.



      Journals sind nature medicine, science und wie die alle heißen. Das ist gelistet unter pubmed. Alles andere ist Schrott. Können Sie nicht unbedingt wissen deswegen der Hinweis. Ist spannend, ist auch kontrovers, aber alles auf hohem Niveau auf Basis von Fakten Beobachtungen und Schlussfolgerungen.

    • @Reinhardt Gutsche:

      Und keine Woche später führen Amsterdam und Rotterdam eine Maskenpflicht ein.

    • @Reinhardt Gutsche:

      Stellen Sie sich einfach vor, Sie seien Patient im OP-Saal, während Chirurg und OP-Schwester Ihnen mit feuchter Aussprache erklären, wie schädlich der Mundschutz ist.



      .



      Die Maske, im Fremdschutz-System, ist eine alltagstaugliche Risikominimierung im Gegensatz zur untauglichen 100%-Lösung der dichten Gasmaske.



      Zum einen ist eine 100% sichere Maske nicht ganztägig tragbar, und zum anderen sind die Risiko-Gruppen, welche diese tragen müßten, noch immer nicht 100%ig identifizierbar.

  • Herr Montgomery ist leider der Beweis dafür, dass ehrgeizige Menschen solange befördert werden bis Sie die Stufe erklommen haben, für die sie inkompetent sind. Bemerkenswert nur, dass er das zwei Mal geschafft hat, als Präsident der Deutschen Ärzteschaft und jetzt des Weltärztebundes.

    • @Ignaz Wrobel:

      Frage des Erwartungshorizontes. Ihrer legt die Latte meiner Meinung zu hoch:

      Zum Einen muss der oberste "Halbgott in Weiß" kein makelloser Vollgott sein, um seine Aufgabe zu erfüllen (auch wenn das vielleicht schön wäre). Er ist auch ein Mensch und kann mal falsch liegen. Wichtig ist, dass er das auch zugibt, sobald er eines Besseren belehrt wird.

      Zum Zweiten ist weder die Bundesärztekammer noch der Weltärztebund eine wissenschaftliche Organisation oder Ausbund medizinischer Fachkompetenz. Es sind Verwaltungsapparate und Interessenvertretungen. Die meisten Leute, die dort tätig sind, haben von Medizin keinen blassen Schimmer. Sie befassen sich damit, wie man den Arztberuf ausübt, weniger wie man Menschen heilt - ein feiner aber entscheidender Unterschied.

    • @Ignaz Wrobel:

      Wieso? Er hat doch seine Meinung konstruktiv geändert, nachdem er so gegen Masken gehetzt hat?



      Man muss auch zu seinen Fehlern stehen können, indem man sie korrigiert. Ist auch eine Form von Kompetenz.

  • Ich bin erstaunt dass Herr Montgomery auch mal einen Fehler zugibt. Noch schöner wäre allerdings gewesen, er hätte sich nicht hinter einem "wissenschaftlichen Irrtum" versteckt, sondern einfach zugegeben, einfach mit Nachdruck eine Meinung ventiliert zu haben.

    • @Helmut Fuchs:

      Aber im April war es auch in der Forschung noch umstritten, ob Masken überhaupt helfen. Es gab auch Hinweise darauf, dass Abstand viel besser schützt und Masken hier kontraproduktiv sind (Risikokompensation). Ich war damals auch sehr skeptisch.

      Aber seitdem gibt es deutlich mehr Daten, dass Masken nutzen. Ich z.B. bin auch komplett umgeschwenkt. Insofern versteckt sich da niemand.

      • @bicyclerepairman:

        Es gab auch im April Untersuchungen zu Masken dazu wieviel sie zurück halten und wie gut sie schützen.

      • @bicyclerepairman:

        Skeptisch sein ist eine Sache. Wenn man skeptisch ist dann sollte man sich auch entsprechend (== vorsichtig) ausdrücken. Es spricht nichts dagegen eine Meinung kundzutun, aber dann sollte man sie auch entsprechend einordnen

        Eine Maskenpflicht als "lächerlich" hinzustellen geht jedenfalls deutlich darüber hinaus. Und jemand der an einer derart exponierten Stelle steht sollte sich der damit einhergehenden Verantwortung bewusst sein und sich dementsprechend verhalten.

      • @bicyclerepairman:

        Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - wendetein

        taz.de/Weltaerzteb...bb_message_3992004



        Dieser Rad-Reparierer hat wohl ein Loch im Schlauch... Monty Python sollten ihm das Recht entziehen, den Namen dieses Ehrenmannes zu missbrauchen. "Es gab zu wenig Daten... " Jaja, und Japaner sind sowieso doof. (Sry, bin wütend. Dummheit doch unter Strafe stellen?) [/Ironie off]







        Nachklapp: taz.de/Weltaerzteb...ntgomery/!5700227/



        M. ist mitverantwortlich, dass Bürger sich verarscht fühlen und um die Siegessäule tanzen. Spahnanenrepublik.











        "Grippe leidet an Corona" taz.de/!5700167/ taz.de/!5700113/



        Und Spahn lässt Grippeimpfstoff bunkern... Vermutlich bei einer Spedition im Münsterland. taz.de/Bevorstehen...a-Saison/!5700112/



        Japaner:innen sind zu höflich über die Spahnanenrepublik zu lachen. Sie lächeln nur. Mit Maske ist es nicht so einfach, das Gesicht zu verlieren.“