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Warum wir den Kapitalismus nie loswerdenLinke Attitüde sells

Mehr weibliche Hauptfiguren bei Netflix und schwarze Familien im Ikea-Katalog: Der Kapitalismus macht mit linken Ideen Kasse. Ist das okay?

Hatte keine Hoffnung auf ein gutes Ende des Kapitalismus: Rosa Luxemburg Foto: dpa

Endlich wieder im Nieselregen bei sieben Grad überteuerten Espresso trinken!“, sagt die Freundin vorm Café unterm Sonnenschirm. „Hoffentlich versemmelt Starkregen den Böllerern ihren kapitalistischen Drecksspaß aus der Hölle!“

„Ach, jedem Tierchen sein Pläsierchen“, sagt der Freund.

„Was’n mit dir los?“

„Ich üb’ Vorsätze.“

„Gleichgültig werden?“

„Nee, aber gibt eben Dinge, die lassen sich nicht ändern, zum Beispiel Arschlöcher oder dass der Kapitalismus nie aufhört!“

„Der hört ja nicht einfach auf, muss man schon was für tun.“

„Nützt alles nix, die Luxemburg hat es einst auf den Punkt gebracht: Erst wenn die Sonne auf die Erde knallt, ist es damit vorbei.“

„Aber Rosa ist lang tot.“

„Der Kapitalismus noch lang nicht.“

„Menschen haben eben Bock auf Reichtum – oder Reich-werden-Können.“

„Und Kapitalismus ist flexibel wie Madonna, die hat sich auch immer mit dem Klau von Subkultur erneuert!“

„Und wenn Madonna längst auf der Wolke vogued, wird der Kapitalismus immer noch maßlos in neuen Gewändern wabern!“

„Neuerdings mit linker Attitüde, weltnah lässig im T-Shirt, so wie Elon Musk neben den Scheichs auf der Tribüne.“

Kapitalismus, das kecke Chamäleon

„Das kecke Chamäleon Kapitalismus züngelt kreuz und quer, ohne Diversität verkaufst du nicht mehr genug T-Shirts, deshalb gibt’s auch keine H&M-Kampagnen mehr mit dürren weißen Cis-Models.“

„Sneaker geh’n vegan durch die Decke.“

„Bei Netflix fast nur noch weibliche Hauptfiguren.“

Keine neue Serie ohne queer – zumindest als Kirsche im Story-Cocktail!“

„Der Kapitalismus ist schlau.“

„Eher dreist.“

„Einige von den verträumten Linken meinen, es wär’ was erreicht, dabei wurde bloß alles hübsch ausgehöhlt zu Mainstream überblendet!“

„Was ist schlecht an linken Idealen im Mainstream?“

„Dass sie nichts sind als eine Verkaufsstrategie?“

„Aber wenn Antirassismus das Geld vermehrt, vermehrt Geld dann nicht wiederum den Antirassismus?“

„Wenn echt gute Heldinnen bei Netflix und Amazon Kasse machen, werden Autorinnen unabhängiger und können so was wie ‚Emily in Paris‘ bald in die Tonne treten.“

„Das Gute muss per Marktwert gesteigert werden, um real zu expandieren?“

„Ja, und jetzt sitzt im Ikea-Katalog eben mal ’ne ganze schwarze Familie auf dem Sofa und nicht nur das eine vermeintlich adoptierte Kind dazwischen.“

„Auch interessant: Geldsäcke werden immer offensiver menschlich, schwach, peinlich, lächerlich.“

„Musk, West, Weinstein.“

„Und das schadet dem Kapitalismus?“

„Nein! Es nützt ihm.“

„Der Richman wird bedauernswert, das versöhnt die Leute mit der Tatsache, dass nicht alle reich werden können.“

„Der Glaubenssatz,Geld macht nicht glücklich' ist eine sehr erfolgreiche Kapitalismusformel. Hält ruhig und bei Laune.“

„Woher soll man wissen, ob Geld glücklich macht, wenn man nie genug davon hat.“

„Eben.“

„Du hast was vergessen.“

„Was?“

„Die Natur.“

„Ja! Der Kapitalismus kann die Natur nicht immer weiter zerstören, aufbrauchen und gleichzeitig so tun, als wäre er ein Freund der Klimabewegung.“

Rosa Luxemburg hatte recht, die Sonne knallt zu guter Letzt doch auf die Erde und das war’s dann.“

„So wird es kommen und Billionen von Lichtern werden das Universum mit einem gigantischen Feuerwerk neu zusammenwürfeln!“

„Und wir sind dann Geschichte.“

„Die nirgendwo mehr geschrieben steht.“

„Wunderschön.“

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Jasmin Ramadan
Jasmin Ramadan ist Schriftstellerin in Hamburg. Ihr neuer Roman Roman „Auf Wiedersehen“ ist im April 2023 im Weissbooks Verlag erschienen. 2020 war sie für den Bachmann-Preis nominiert. In der taz verdichtet sie im Zwei-Wochen-Takt tatsächlich Erlebtes literarisch.
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71 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • "Die Revolution ist großartig, alles andere ist Quark"



    .... auch Soja-Quark ist Quark

  • Der Kapitalismus ist im Prinzip links und antirassistisch, weil sein Funktionieren auf Leistung und nicht auf Herkunft beruht. Leider wird er aber fast immer von mächtigen Gruppen zu ihren Zwecken manipuliert. Deshalb ist die Systemfrage weniger wichtig, als die nach Gerechtigkeit und Teilhabe, dafür lohnt es zu kämpfen.

    • @jan ü.:

      Blödsinn, nur weil es dem Kapitalismus egal ist welche Hautfarbe man hat oder welche geschlechtliche Identität man hat ist er ganz bestimmt nicht links. Auch wenn ein paar POC teilhaben ist der große Teil weiterhin benachteiligt. Kapitalismus in seiner jetzigen Form funktioniert nur mit Ausbeutung. Neoliberale Augenwischerei was sie da betreiben. Ungleichheit ist nicht das Resultat von Diskriminierung sondern von Herrschaftsverhältnissen. Diskriminierung ist nur das Symptom oder die Rechtfertigung aber Ausbeutung ist die Ursache.

      • @Andreas J:

        Offenbar ist der Kapitalismus für viele (taz-Leser) so etwas wie "das Böse", auf das man alles mögliche projizieren kann. Die Frage ist, was das nützt? Alle hier zitierten Plagen, wie Ausbeutung, Diskriminierung, Kolonialismus etcetera gibt es aber auch in sozialistischen oder kommunistischen Staaten.



        Deshalb ist es sinnvoller, sich auf die Versbesserung des jeweiligen Systems zu konzentrieren, anstatt sich in noblen klassenkämpferischen Floskeln zu verlieren.

        • @jan ü.:

          Der Kapitalismus in seiner jetzigen Form hat aber auch ein Alleinstellungsmerkmal. Superreiche unterstützen immer mehr rechte, rassistische und antidemokratische Bewegungen um ihren Status quo zu festigen. Sie werden immer mehr zu einer Bedrohung für Demokratien. Kolonialismus und Ausbeutung war im Kapitalismus auch schon immer viel ausgeprägter. Mal davon abgesehen, das bei Kritik gegen den Kapitalismus immer der Sozialismus oder der Kommunismus herhalten muss ist nicht weniger kritikwürdig und abgedroschen. Das ist Schwarz-Weiß-Denke. Als Fotograf habe ich einige Länder der dritten Welt gesehen und für mich ist der neoliberale Kapitalismus ein Verbrechen an der Menschheit. Ich bin für eine am globalen Gemeinwohl orientierte Wirtschaft.

          • @Andreas J:

            Die Sehnsucht nach einer "globalen Gemeinwohl orientierten Wirtschaft", teile ich. Das könnte aber doch auch eine vernünftige Variante des Kapitalismus sein. Mir ist eigentlich egal, wie man das nennt. Interessant finde ich aber, dass wohl weltweit Demokratie eher mit einem gezähmten Kapitalismus assoziiert wird als mit Sozialismus. Ich bin sicher kein Neoliberaler und auch kein Kapitalismus-Fan, mir scheint aber, dass es ein westliches Luxus-Ritual ist, das System lautstark zu verteufeln, das uns so privilegiert leben lässt. Wir sollten versuchen, dieses System zu verbessern! - Oder nach China fliehen, wenn wir den Kommunismus für aussichtsreicher halten.

            • @jan ü.:

              Nur weil sich etwas kommunistisch nennt, ist es noch lange kein Kommunismus und Kapitalismuskritik ist kein Luxusproblem. Hier sind nicht alle gleichmäßig privilegiert. Das "uns" existiert nicht. Immer mehr Menschen haben Probleme weil alles teurer wird auf der anderen Seite wird immer mehr Konsumiert. Produktzyklen werden immer kürzer, ständig neuer Scheiß auf Kosten der Umwelt, Rohstoffe und Menschen. Je mehr Konsum desto höher der Status. Der Kapitalismus brauchte Demokratie um sich zu entfalten. Nun bekämpft er sie immer mehr da sie dem ewigen Wachstum den er benötigt im Wege steht.

              • @Andreas J:

                Dann lässt sich dein Kapitalismus aber besser mit Teufel übersetzen und dein Kommunismus mit Paradies. Kapitalismuskritik ist ansonsten gut und richtig, natürlich gibt es auch in vergleichsweise fairen Staaten noch viel zu verbessern, nur das grundsätzlich bessere, andere Gesellschaftsystem sehe ich zur Zeit nicht. Aber wie gesagt, die Systemfrage ist weniger wichtig, als der Kampf für Gerechtigkeit und den Erhalt unserer gemeinsamen Lebensgrundlage!







                Ich wünsche einen guten Rutsch und ein Gutes Neues Jahr!

            • @jan ü.:

              Naja, vielleicht erstmal die Begrifflichkeiten klar haben: was ist Kapitalismus, was Kommunismus? Was ist kommunistische Utopie? Was ist Staatskapitalismus? Was ist Diktatur? Wo spielt Neoliberalismus hinein? Und dann anhand dessen der Abgleich mit Ländern, mit deren politischen und wirtschaftlichen Struktur. Wie kommunistisch ist bspw. China? Wie kommunistisch ist Foxconn? ...

              • @Uranus:

                Dann klär mal bitte die Begrifflichkeiten, dann kommen wir vielleicht weiter.

    • @jan ü.:

      Zu Weihnachten packt jede/r sein/ihr Glaubensbekenntnis raus. Ja der Kapitalismus hat auch etwas mit der Entwicklung zu Wohlstand und Demokratie zu tun, aber nur so lange, wie seine Produkte noch gebraucht werden und der Klimakatastrophe ohne Kapitalismus Einhalt geboten werden kann. Keine Frage des Glaubens, sondern der Erkenntnis, spätestens dann, wenn der letzte Automat und Roboter menschliches Handeln und damit ein Entgelt für menschliche Arbeit ersetzt haben sollte.

    • @jan ü.:

      Was ist dann mit Imperialismus, Kolonialismus? Wieviel leisten die Reichen? Warum werden ("migrantische") Arbeiter*innen nicht reich, obwohl sie viel leisten? Warum gibt es mächtige Gruppen und marginalisierte? Wie kommt Herrschaft zustande?

      • @Uranus:

        Ich schreibe ja "im Prinzip". Aber "Imperialismus, Kolonialismus ..." gibt es auch unter kommunistischer Herrschaft. Warum? - Ich weiß es nicht.



        Vielleicht weil man sich nicht auf's Wesentliche konzentriert?

        • @jan ü.:

          Einfach weil schon Affenhorden übereinander herfallen.

    • @jan ü.:

      soso, der Kapitalismus ist also gut und wird von "mächtigen Gruppen" missbraucht. Wer sind denn diese Gruppen? Klingt arg nach Verschwörungstheorie. Und was ist mit der die Möglichkeit dass der K. garnicht soo gut und links ist sondern selbige mächtigen Gruppen die Linke für ihre Zwecke einspannen?

      • @Gerald Müller:

        Ich habe nicht behauptet, dass der Kapitalismus gut ist; Eher angedeutet, dass er nicht als Entschuldigung für alles herhalten sollte, was der gute, linke Mensch nicht schafft oder begreift.

  • Tja, auch wenn der Vergleich bissel hinkt, aber irgendwie ist der Kapitalismus wie Krebs...an sich gesundes Gesellschaftsgewebe wird befallen und, sofern nicht beobachtet und rechtzeitig eingegriffen zerstört, gilt auch für an sich linke Gesellschaftsbereiche.



    Da der Kapitalismus den Menschen da abholt, wo er nunmal ist , nämlich in einer Mischung aus Eigennutz, Habsucht, aber auch Sehnsüchten und erstmal den Menschen vordergründig nicht umerziehen will, wie andere Gesellschaftsmodelle, wird er uns mit unserem Evolutionsstand wohl noch erhalten bleiben, leider



    Daher eben auch wie beim Krebs, beobachten und eingreifen, wenns gefährlich wird...

  • Sorry, aber vor Jahren war die Diskussion das POC medial nicht beachtet werden. Das hat sich geändert und nun ist es auch nicht recht. Ich arbeite als Fotograf viel mit POC, ob Modells oder Schauspieler sie profitieren davon und es öffnet neue Türen für sie. Das gilt auch für andere Gruppen. Die Präsenz in den Medien macht die Leute und ihre Anliegen für die breite Masse sichtbar, was bei vielen zu mehr Toleranz führt, weil mit der Zeit normal wird. Auch wenn der Kapitalismus in seiner heutigen Form scheiße ist, haben die Gruppen das gleiche Recht auf Teilhabe an ihm, ohne Diskriminierung.

  • Menschen haben unterschiedliche Fähigkeiten, sind unterschiedlich fleissig - und der Kapitalismus steuert Engpässe über die Anpassung von Preisen.



    Demgegenüber steht der Sozialismus, der halt nicht so flexibel ist. Sozialismus kann aber auch funktionieren, wie z.B. die Kibbuze in Israel zeigen. Nur geht das halt nur, wenn a) alle freiwillig (!) mitmachen - und zwar langfristig und b) ihre Privatsphäre vollkommen aufgeben.



    Aber es steht ja allen Antikapitalisten frei, ihr Gesellschaftsmodell auszuleben. Es gibt im Osten viele Dörfer, die fast ausgestorben sind und die dankbar für Zuzug wären. Und wenn das Modell so attraktiv wäre, würde es sich längerfristig durchsetzen und sich auch an den Ergebnissen an der Wahlurne niederzuschlagen. Ist aber nicht so...

    • @Emmo:

      Menschen sind in unterschiedliche Klassen geboren (von superreich bis "bettelarm"), kriegen unterschiedliches "Startkapital" (von schieren Mengen an Feld und Vermögen bis gar nichts bzw. gar Schulden), kriegen unterschiedliche Bildung (aus Privatschulen bis verfallene, überfüllte "Sozialer Brennpunktschulen"), haben unterschiedliche Kontakte (von Vorständen bis ungelernte Hilfskräfte) ...

      • @Uranus:

        ... sie bringen also unterschiedliche Voraussetzungen mit und haben hierdurch unterschiedliche Perspektiven und Chancen. Die Soziale Herkunft ist dabei maßgebend. Fähigkeiten und Fleiß würde ich nicht so sehr betonen.

        • @Uranus:

          Lieber Uranus,



          Da hast Du absolut recht! Aber das hat ja grundsätzlich nichts mit dem Kapitalismus an sich zu tun. Das Festhalten an eigenen Privilegien findet sich wohl in vielen - wenn nicht allen Gesellschaftsformen.



          Ich unterschreibe sofort, wenn es darum geht DIESEN Kapitalismus zu verändern. Aber viele Foristen wollen DEN Kapitalismus abschaffen - ohne eine realistische und bessere Alternative anzubieten.



          Übrigens: gleiche Startchancen für alle ist ein urliberales Anliegen.

          • @Emmo:

            So ist diese diese kapitalistische Gesellschaft aufgebaut, so reproduziert sie sich. Das ist die Realität. Liberale mögen eine utopische Vorstellung von Kapitalismus haben, wie er sein könnte, allerdings erreichen sie die mit eigener Politik nicht, auch wenn sie vorgeben, "gleiche Startchancen für alle ist ein urliberales Anliegen." Die Folge liberaler Politik ist zumeist das Zementieren von Ungleichheit.

        • @Uranus:

          "Fähigkeiten und Fleiß würde ich nicht so sehr betonen."



          Perspektiven und Chancen sollten für alle so gleich wie möglich sein aber was man daraus macht, hat sehr viel mit Fähigkeiten und Fleiß zu tun. Langfristig sind diese Punkte sogar am wichtigsten. Es gibt nunmal Trottel und ideenreiche Macher, egal woher die kommen.

          • @Stefan L.:

            Mein Punkt ist der, dass die hierarchisch aufgebaute Gesellschaft die Weichen (ein paar habe ich zuvor genannt) stellt und diese großen Einfluss auf den Werdegang haben. Da kann manch eine sich noch so anstrengen. Von Tellerwäscher*in zur Millionär*in mag in wenigen Einzelfällen zutreffen, in den allermeisten allerdings nicht. Es ist ein Mythos. Zumal Arbeit nicht die größte Rendite verspricht. Und wenn mensch eben viel Startkapital hat, dann kann mensch dieses auch schneller, leichter mehren. Selbst Elon Musk hatte offenbar ein gewisses Startkapital von seinem Vater ...

        • @Uranus:

          Zu behaupten die soziale Herkunft sei einzig und allein ausschlaggebend für Erfolg ist mir zu eindimensional. Ich kenne beruflich sehr erfolgreiche Menschen die aus geordneten sozialen Verhältnissen kommen, für ihren Erfolg aber ein brutales Arbeitspensum und hohen Ehrgeiz hinlegen. Faulpelze und Unqualifizierte enttarnen sich recht schnell, zumindest in der Wirtschaft, egal was sie für einen Background haben.

          • @Goodfella:

            Das habe ich auch nicht geschrieben und würde es auch nicht behaupten wollen. Mir geht es weniger um Anekdoten und Einzelbeispiele sondern um eine Betrachtung von Gesellschaft und Strukturen.

  • Als erstes müsste einmal definiert werden, was Kapitalismus ist. Das "normale" Geschäfte machen, was hier viele als Kapitalismus begreifen, ist nämlich nicht der Kapitalismus. Kapitalismus ist eine Form der Ressourcenverteilung in der Wirtschaft/Gesellschaft und ist gekennzeichnet durch Arbeiter in Lohnarbeit und Kapitalisten, die die Produktionsmittel besitzen und durch die in der Lohnarbeit produzierten Waren einen Gewinn erzielen.



    Die Arbeiter sind formal frei, real aber in einem Abhängigkeitsverhältnis.



    Das ist etwas anderes, als die Produktion von Gütern durch Ressourcenverbrauch und das Streben nach persönlichem Mehrgewinn. Das gab es bisher in jeder Gesellschaftsform und das wird es auch immer geben.



    Diese Form von Kapitalismuskritik verfehlt das Ziel und ist letztlich nur eine Form von moralisierender Pauschalkritik. Bei einer Kapitalismuskritik kann es nur um das Wie und das Was gehen. Wie sind die Strukturen zu verändern, um ein definiertes Ziel zu erreichen. Das Streben nach persönlichem Wohlstand ist kein Kapitalismus und wird auch nie enden. Bei Kapitalismuskritik geht es um Strukturen. In Bezug aufs Klima heißt das dann, welche Strukturen begünstigen den Ressourcenverbrauch und den CO2Ausstoß und wie sind diese zu verändern.



    Eine pauschale Verurteilung von Konsum schießt den Bock, weil es ein Symptom bekämpft und ganz allgemein ein Bauchgefühl bedient und "Andere" als Schuldige anführt. Fühlt sich gut an ist aber keine Kritik, schon gar nicht eine Gesellschaftskritik, eigentlich ist es nur Misanthropie.

    • @nutzer:

      Und auch nicht das Verwursten von Trends ist Kapitalismus, das ist normales Geschäftemachen und die Erregung darüber, dass ehemals "linke" Subkultur monetär vermarktet wird, ist rein oberflächlich. Die zugrunde liegende kapitalistische Struktur ist die Lohnarbeit. Die Lohnarbeit die letztlich keine andere Wahl lässt, als zu konsumieren. Ist ein Lohnempfänger doch in seiner Tätigkeit so spezialisiert und zeitlich so begrenzt, dass er fast alle Güter die er benötigt kaufen muß, Luxus sowieso. Das lässt sich zwangsläufig nicht vermeiden, so lange die Lohnarbeit die Grundlage der Gesellschaft darstellt.



      Und ich glaube davon möchte eigentlich auch keiner weg, außer die die wirklich harte körperliche Arbeit leisten müssen, um einen bestenfalls durchschnittlichen Verdienst zu bekommen.



      Menschen aus der Kreativdienstleistung, wohl am wenigsten, ist der Verdienst doch meist gut oder bietet andere Annehmlichkeiten/Freiheiten. Etwas das das Leben mit zumindest Teilselbstversorgung (also keine Lohnarbeit) nicht bietet.



      So weit so nachvollziehbar und auch verständlich, merkwürdig wird`s nur, wenn genau diese Menschen, dann die Verwurstung ihrer Jugendideale durch Geschäftemacher beklagen und das als Kapitalismuskritik verstanden wissen wollen.



      Aber Kapitalismus ist die Lohnarbeit, nicht das Geschäftsgebaren oder die Marketingstrategie von Firmen.

  • Hey, Jasmin Ramadan, wenn es "den Kapitalismus" gäbe, dann wären schon früher Aktionen und Gegenbewegungen erfolgreich gewesen. Oder habe ich Sie missverstanden, war das Satire?

  • Der Kapitalismus wird nicht untergehen,weil der Mensch dumm genug ist,dies zu zulassen. Und der Kapitalist ist schlau genug, der dummen Masse nur so viel zu geben, dass diese nicht aufmuckt.

  • Der Kapitalismus hat bisher geschafft, was kein Alternativsystem auf die Reihe gebracht hat: irgendwelche unnützen Luxusspielzeuge zu erfinden, die nach kurzer Zeit zu sehr nützlichen Dingen des Alltags werden, auf die heute niemand mehr verzichten will.

  • These: Der Kapitalismus wird deshalb überleben, weil wir ihm die Eigenschaft zuschreiben, unbesiegbar zu sein. Das mindert unsere Ambitionen, den Kapitalismus ernsthaft abzuschaffen.

    Es hat meiner Ansicht nach schon etwas aber weniger mit x-washing zu tun (x = green, pink, trans, POC, usw.). Vielmehr ist es der Konsument, der sein Leben gerne luxuriös gestalten will, ab und an mal Gewissensbisse zeigt und gerne auch sein Leben nachhaltiger gestalten möchte. Da zu sagen, den Kapitalismus könne man nie loswerden ist wie eine kleine persönliche Resignation, der das groteske System nur stärker werden lässt.

    • @Troll Eulenspiegel:

      It‘ not a dream,



      das nachhaltige Traumland gibt es längst, ich hab‘s gesehen:



      Kein ausbeuterischer Luxus, kein motorisierter Individual-Verkehr, alles zu Fuß und wieder und wieder Reparieren statt Neukauf, tiny houses, keine Kreuzfahrt, kaum Fleisch, kein Konsumterror, nix Pharma, nix Groß-Industrie oder schwerreiche Zahnärzte oder Bänker, nicht einmal diese elenden Zuwanderungs-Debatten… come to Cuba, where the happy live, have a smoke and dance all night long!



      *



      Kuba sollte als Musterland gegen den kapitalistischen Konsum-Wahn deutlich öfter hervorgehoben werden, kapitalism refugees welcome!

      • @Allesheuchler:

        Ich finde es unglaublich, wie man eine Diktatur schönreden kann. Meinungsfreiheit? Pressefreiheit? Fehlanzeige. Dafür Folter - und übrigens lebt Kuba unter anderem auch von den kapitalistischen Touristen aus aller Herren Länder (ausser den USA)...

      • @Allesheuchler:

        Leider ist dies in der heutigen Zeit nicht mehr real auf Cuba. Durch die jahrzehntelangen Sanktionen der USA

      • @Allesheuchler:

        Das kann man hier auch tun und dabei auch straffrei schwul sein und gegen die Regierung wettern...

  • Diese Ideen sind nicht links, sondern "progressiv". Das diversity/IdPol-Thema wird doch gerade von und durch Großkonzerne forciert, weil es die Lohnabhängigen in möglichst überschaubare "communities" zu zersplittern ermöglicht und die übergreifende Solidarität der Werktätigen (noch weiter) schwächt. Klingt aber schlimmer als es ist, und hat für viele Menschen auch Vorteile.

    • 0G
      04405 (Profil gelöscht)
      @Wurstprofessor:

      ist es nicht eher im Gegenteil so, dass die Chefetagen höchst erfreut sind, dass so ausdauernd über "Repräsentanz" und "Teilhabe" gestritten wird, anstatt über soziale Undurchlässigkeit, so moralferne wie sattelfeste Eliten oder auch nur über ein bisschen mehr Umverteilung?

      "Ein bisschen Frieden" heißt 2022 "ein bisschen Parität". Und Solidarität von oben gab es noch nie. Das heißt "Klassenkampf".

    • @Wurstprofessor:

      Weil die Vielen aber nicht alle sind, spaltet es.

      • @zeroton :

        Selber schuld, wer "weiß" cishet ist...



        Ich sage ja nichts anderes als Sie. Allerdings ist ja im Einzelfall schon gut, wenn gezielt z.B. eine PoC-Frau befördert wird, wenn sie den Anforderungen entspricht - statt wie in der Vergangenheit mit irgendwelchen Bullshit-Argumenten sich lieber den Kerl zu nehmen, de er einem selbst am ähnlichsten ist.



        Gerechtigkeit auf der Mikroebene kann die Zustände auf der Makroebene zementieren, das muß man einsehen und nicht als Nebenwiderspruch abtun.

  • Was ihr wollt…läuft!



    Das ist das Wesen des Strebens nach einem guten Geschäft: jede Idee, jede Erkenntnis und jede Geschmacksänderung wird darauf hin überprüft, ob sich damit Geld machen lässt; das gelingt nahezu immer und macht am Ende auch vor linken Trends nicht halt: Buchdruck, Laser, Schallplatte, Fahrrad, Alkohol, WC, Kokain, dann alles „grüne“, ob haltbares Prädikat oder nicht, selbst die Mode vermarktete einst den Parka als „linke“ militärische Jacke des Protests, das Palästinensertuch und schließlich neuwertige Lumpen, Hauptsache anders, schreiend, jung und irgendwie links, gern auch weltmännisch-englisch abgehoben und global-people umnebelt, quietschbunt und laut; lieber gegen den Trend, als Selbstversorger auf dem Land? Wir haben, was ihr braucht… wanna quit civilisation? Come to the outdoor-shop, bring money and we make u happy!



    Ihr wollt vegan? Bitte schön, gibt’s bei uns, dem Metzgerei-Großbetrieb(!), tiny house statt Bauwagen…

    Trendscouts sind wacher als die woken, und ihre Auftraggeber wollen nur eines: die Ersten sein am Markt und mit dem Hype dann beim Geld machen in Ruhe gelassen werden.



    Das Schlimmste für den Kapitalismus wäre, wenn der linken Community nichts mehr einfiele, worauf der Markt mit vorgespielter Begeisterung aufspringen und sich als geläutert darstellen kann; so wartet im Hintergrund die Maschinerie zur Vermarktung des geprüften, also „gesunden“ Cannabis, nervös auf den Startschuss, nicht-binär ist trendy with a smile, und PoC schicken wir euch, bis ihr eure Welt nicht wiedererkennt, thääänk u so much…

  • "Der Kapitalismus macht mit linken Ideen Kasse"



    Könnte das vielleicht damit zu tun haben, dass manche "linken" Ideen gar nicht so links sind?

  • Identitätspolitik ist nicht links, fragt Martin Sellner. Der Kapitalismus nimmt ihr Programm aber gerne auf und setzt Diversität und Betriebsratsverbot in seinen Betrieben um.

  • Der klassische Konflikt zwischen Bolschewismus und Sozialdmokratie. Wenn man an eine bessere Zukunft glaubt, sich dafür engagiert und sogar Erfolg hat - dann ist in den Augen der Bolschewisten eben Sozialverrat. 40 genossenschaftliche Kindergartenplätze? Nicht gut genug. Nur verbrannte Erde und ein erträumter, eksatischer Neubeginn sind gut genug. Können wir mal die Lehren des progressiven Bewegungen des 20. Jahrhunderts einfach nochmal durchdiskutieren? Ich hätte ziemlich viele Argumente für Kindergarten (von mir aus im sozial gebremsten Kapitalismus) statt stalinistische Deportationen hinter den Ural.

  • @"Warum wir den Kapitalismus nie loswerden"

    Na dann machen wir doch das beste aus dem Kapitalismus und verändern ihn schlau.

    Es ist ja nicht "Gottgegeben" das wir weiterhin die "Reichenfreundlichste" Form des Kapitalismus in seiner "Planetenfresserversion" weiter praktizieren/zulassen müssen.

    Es gibt Ansätze die auf einfachste, spielerische Art aufschlußreich aufzeigen, wie z.B. eine Transformation des Geldsystems vonstatten gehen könnte:

    www.moneytransformation.org/

    Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.

    Frohe Weihnachten. :-)

    • @Goldi:

      Wenn entscheidende Prinzipien des Kapitalismus verändert werden,dann ist das auch kein Kapitalismus mehr.



      Die Ideen deiner verlinkten Quelle erscheinen mir letztendlich Wunschdenken zu sein, welches den wichtigsten Faktor außer acht läßt: Der Egoismus des gegenwärtigen Menschen.



      Daran sind bisher alle Systemalternativen gescheitert.Auch die ,denen es schon klar war ,das für die erfolgreiche Umsetzung sich auch die Denk- und Verhaltensweise ändern muß. Leider sind alle Versuche den "neuen Menschen" zu schaffen, bisher episch gescheitert. Bleibt nur die evolutionäre Weiterentwicklung, die allerdings viel langsamer verläuft ,als die Geschwindigkeit mit der die gegenwärtige Menschenspezies (Homo "sapiens")gerade ihre eigenen Lebensgrundlagen vernichtet. :-(

  • Die Evolutionslehre besagt, dass immer der Stärkere siegt. Ganz offensichtlich hat der Kapitalismus gewonnen - bis was stärkeres kommt.



    Oder wir gehen mit ihm unter, weil nichts stärkeres kam. Ich fürchte letzteres.

    • @Rudi Hamm:

      Dann steht wohl das Aussterben der Dinosaurier im Widerspruch zur Evolutionslehre, womit sie widerlegt ist.

      • @0 Substanz:

        Wieso? Das "Stärkere" war der Meteoriteneinschlag, der den Dinos den Gar ausmachte.

        • @Rudi Hamm:

          Ach, deshalb ist die Erde jetzt bis in den letzten Winkel von Meteoriten bewohnt?

          • @0 Substanz:

            Meteoriten sind bisher nicht stärker gewesen als die Menschen. Stärke hat eben nicht immer etwas ausschließlich mit Masse mal Beschleunigung zu tun.

            • @NO47:

              Ich glaube mit einer Weiterführung dieser Diskussion würden wir uns jetzt wirklich endgültig ins Phantasische begeben.

              • @0 Substanz:

                Das ist Psychologie und Physik, und nicht Phantasie.

                • @NO47:

                  Dies war die Ausgangsbehauptung:

                  "Die Evolutionslehre besagt, dass immer der Stärkere siegt. "

                  Meiner Ansicht nach weder Psychologie (warum eigentlich Psychologie?) oder Physik oder eine mir bekannte Naturwissenschaft. Am wahrscheinlichsten irgendein Auszug einer sozialdarwinistischen Verschwörungssaga.

                  • @0 Substanz:

                    Erstens stimme ich dieser Aussage zu.



                    Und zweitens ging es bei uns beiden um Meteoriten.



                    Aber so mancher dreht sich gerne alles so lange zurecht, bis er eben Recht zu haben meint. Hast'e aber i.d.F. nicht.

                    • @NO47:

                      Ehrlich gesagt ist es mir Wurst Recht zu haben.



                      Aber wenn Sie unter "Stärke" auch Kooperationsfähigkeit, Anpassungsfähigkeit ... verstehen, haben Sie noch mehr Recht als Sie es sowieso schon haben.



                      Nur eins noch, ich glaube nicht, daß sich Meteoriten auf unserem Planeten geschlechtlich oder ungeschlechtlich Fortpflanzen können. Aber vielleicht irre ich auch da.

      • @0 Substanz:

        Es ist null ok, Schwarze als eine linke Idee zu bezeichnen.

        • @Rudolf Fissner:

          Eine besonders feine Form des Whataboutismus?

          • @0 Substanz:

            What? Its just about the Headline of this article.

            • @Rudolf Fissner:

              Wot häs sis hedlein todo wis mei anoteischn?

              • @0 Substanz:

                Nochmal für Sie. In der Überschrift wird behauptet, es sei eine "linke Idee", wenn "schwarze Familien im Ikea-Katalog" zu sehen sind. "schwarze Familien" zu zeigen ist demnach eine linke Idee. Ich halte diese Vereinnahmung selber für rassistisch. Was soll an der Kritik am Artikel Whataboutism sein?

                • @Rudolf Fissner:

                  Sehr geehrter Herr Fissner,

                  es steht Ihnen selbstverständlich frei sich zu jedweder Überschrift zu äußern, irritierend fand ich, daß Sie mit "Es ist null ok, Schwarze als eine linke Idee zu bezeichnen." auf einen meiner Kommentare, in dem weder "Schwarze" oder "linke Idee" vorkam, geantwortet haben.

                  Ich hoffe Sie bringen nun Verständnis für meine Nachfrage auf.

                  Ihr



                  Juan Vaho

      • @0 Substanz:

        Die Vergleichsebene stimmt nicht. Der Dinosaurier heißt Trabi 🤓

    • @Rudi Hamm:

      Nicht der Stärkste ,sondern der am besten Angepasste.

      • @Mustardmaster:

        Stimmt!



        Und offensichtlich ist der Kapitalismus im Volk akzeptierter (angepasster) als andere bisherige "Versuche".

  • Ein Kubikkilometer genügt

    Ein Mathematiker hat behauptet,



    dass es allmählich an der Zeit sei,



    eine stabile Kiste zu bauen,



    die tausend Meter lang, hoch und breit sei.

    In diesem einen Kubikkilometer



    hätten, schrieb er im wichtigsten Satz,



    sämtliche heute lebenden Menschen



    (das sind zirka zwei Milliarden) Platz!

    Man könnte also die ganze Menschheit



    in eine Kiste steigen heißen



    und diese, vielleicht in den Kordilleren,



    in einen der tiefsten Abgründe schmeißen.

    Da lägen wir dann, fast unbemerkbar,



    als würfelförmiges Paket.



    Und Gras könnte über die Menschheit wachsen.



    Und Sand würde daraufgeweht.

    Kreischend zögen die Geier Kreise.



    Die riesigen Städte stünden leer.



    Die Menschheit läg' in den Kordilleren.



    Das wüsste dann aber keiner mehr.

    (Erich Kästner, 1936)

  • POC-Konsumenten sind eine linke Erfindung? Oder gilt das nur bei Wohnungseinrichtungen?

  • POC-Konsumenten sind eine linke Erfindung? Oder gilt das nur bei Wohnungseinrichtungen?

  • Mögliercherweise ist der Kapitalismus einfach diverser als es ins linke Weltbild passen mag. Wahrscheinlich ist dies Teil der Erfolgsstory.

  • 0G
    04405 (Profil gelöscht)

    Gegenthese: Medien, Öffentlichkeitsarbeit und Werbewirtschaft arbeiten schon seit Jahrzehnten so organisch bis symbiotisch zusammen, dass zwischen "linken Erzählungen" und Werbebotschaften höchstens noch marginale Unterschiede bestehen.

    Aufmerksamkeitsökonomie, Konstruktivismus, Aktivismus und Agitation, alles eine Sauce.