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Wahlprogramm der UnionScharfe Asylpolitik und Steuersenkungen

Im Entwurf ihres Wahlprogramms bleibt die Union an vielen Stellen vage, besonders was die Finanzierung angeht. Am Dienstag soll er beschlossen werden.

Auch wenn Friedrich Merz hier angestrengt schaut: Die großen Krisen der Zeit kommen im Wahlprogramm der Union nur sehr begrenzt vor Foto: Christoph Reichwein/dpa

Berlin taz | Die Union will mit dem Versprechen, die Steuern zu senken, und einem scharfen Kurs in der Migrationspolitik in den Wahlkampf ziehen. Sie will eine Wehrpflicht als Teil eines Gesellschaftsjahres einführen, das Bürgergeld und das Cannabis-Gesetz der Ampel wieder abschaffen. Das geht aus dem 79-seitigem Entwurf des Wahlprogramms hervor, der der taz vorliegt. Wie sie ihre Vorhaben finanzieren will, bleibt an vielen Stellen offen.

„Politikwechsel für Deutschland“ lautet der Titel des Wahlprogramms, den federführend die beiden Generalsekretäre Carsten Linnemann (CDU) und Martin Huber (CSU) sowie der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), und der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt, erarbeitet haben. Darin will die Union nach eigenen Worten „ein neues Wohlstandversprechen“ geben. Die großen Krisen der Zeit kommen dabei nur sehr begrenzt vor. In einer gemeinsamen Sitzung wollen die Vorstände von CDU und CSU das Programm am Dienstag beschließen. Anschließend ist eine Pressekonferenz geplant, auf der die beiden Parteivorsitzenden, Friedrich Merz und Markus Söder, es öffentlich vorstellen.

Die Union will den Einkommenssteuersatz „schrittweise spürbar“ abflachen, der Spitzensteuersatz soll später greifen, die Unternehmensbesteuerung soll gesenkt, der Soli vollständig abgeschafft werden. Derzeit muss er nur noch von Spit­zen­ver­die­ne­r*in­nen gezahlt werden. Die Pendlerpauschale will die Union erhöhen, Überstundenzuschläge will sie steuerfrei stellen und sich bei den Sozialversicherungsbeiträgen „auf die 40 Prozent hinbewegen“. Die Mehrwertsteuer in der Gastronomie soll auf sieben Prozent sinken, die Agrardieselrückvergütung für die Land­wir­t*in­nen wieder vollständig eingeführt werden.

Konkrete Schritte oder Jahreszahlen finden sich in dem Papier nicht. Schuldig bleibt die Union auch eine Antwort auf die Frage, wie das ganze finanziert werden soll. Von Steuererhöhungen ist im Wahlprogramm nicht die Rede, eine Vermögenssteuer wird abgelehnt. Bei der Schuldenbremse bleibt die Formulierung wolkig. „An der grundgesetzlichen Schuldenbremse festhalten“, heißt es im Entwurf. Das schließt eine Reform, die nicht nur von SPD und Grünen, sondern auch von zahlreichen Ministerpräsidenten gefordert wird, nicht aus. „Unmittelbar zu Beginn der neuen Wahlperiode machen wir einen ehrlichen Kassensturz“, heißt es weiter. Ob danach eine Reform möglich sein könnte, bleibt offen.

Asylpolitik

„Eine strikte Begrenzung der Migration ist dringend nötig“, Land und Integrationsfähgkeit seien überfordert, heißt es im Entwurf. Die Union verspricht, „einen faktischen Aufnahmestopp“ sofort durchzusetzen: „Dazu weisen wir diejenigen an den deutschen Grenzen zurück, die aus einem anderen Mitgliedstaat der EU oder dem Schengen-Raum nach Deutschland einreisen und bei uns einen Asylantrag stellen wollen.“ Das ist rechtlich umstritten und dürfte bei den anderen EU-Ländern gar nicht gut ankommen. Ex­per­t*in­nen befürchten Kettenzurückweisungen.

Die Union will Asylverfahren und Rückführungen beschleunigen, dazu weitere Länder zu sicheren Herkunftsländern erklären und nach Syrien und Afghanistan abschieben. Der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte soll beendet, alle freiwilligen Aufnahmeprogramme gestrichen werden. Sozialleistungen für Ausreisepflichtige sollen dem Grundsatz „Bett, Brot und Seife“ folgen.

Die Union will auch das europäische Asylrecht weiter verschärfen. Jeder, der in Europa Asyl beantragt, soll in einen sicheren Drittstaat außerhalb der EU gebracht werden. Dort soll nicht nur das Verfahren durchgeführt werden, die Menschen, die anerkannt werden, sollen auch dort bleiben. Ob das nach geltendem Recht überhaupt möglich ist, ist mehr als umstritten. Auch ist bislang völlig unklar, welches Nicht-EU-Land dazu bereit wäre.

Auch den Kurs gegenüber Geflüchteten aus der von Russland angegriffenen Ukraine will die Union verschärfen. Neu ankommende Geflüchtete sollen nicht mehr Bürgergeld erhalten, sondern Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, die geringer sind.

Die Möglichkeit, in Ausnahmefällen bereits nach drei Jahren eingebürgert zu werden, und die generelle Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft sollen rückgängig gemacht werden. Beides hatte die Ampel eingeführt.

Energie und Klima

Die Union bekennt sich zum Pariser Klimaabkommen und dem Ziel der Klimaneutralität bis 2045. Als zentrales Werkzeug sieht sie dabei die CO2-Bepreisung. Sie will Stromsteuer und Netzentgelte senken und so den Strom „für alle schnell und spürbar günstiger“ machen. Netze, Speicher und „alle Erneuerbaren“ sollen ausgebaut werden. An der „Option Kernenergie“ will die Union festhalten. Dabei setzt sie vor allem auf Forschung – etwa zur Kernfusion.

Auch die Prüfung, ob die zuletzt abgeschalteten AKWs wieder ans Netz gehen können, findet sich im Programmentwurf. Dabei sagen Ex­per­t*in­nen und auch Betreiber, dass dies unter anderem aus wirtschaftlichen Gründen gar nicht möglich ist. Das Heizungsgesetz der Ampel will die Union abschaffen, unklar bleibt, was das für die Förderung beim Einbau etwa von Wärmepumpen bedeutet. Das Verbrennerverbot soll rückgängig gemacht werden und die Abgaben für die Luftfahrt gesenkt werden.

Rente

Zur Rentenpolitik betont die Union: „Wir halten an der bestehenden gesetzlichen Regelung zum Renteneintrittsalter fest.“ Damit weicht sie von ihrem neuen Grundsatzprogramm ab, in dem eine Anpassung des Renteneintrittsalters an die Entwicklung der Lebenserwartung gefordert wird. So wollen CDU und CSU Angriffe der SPD im Wahlkampf abwehren, die der Union Rentenkürzungen vorgeworfen hat.

Die Union will eine sogenannte Aktivrente einführen, bei der die Personen, die über das gesetzliche Rentenalter hinaus freiwillig weiterarbeiten, das Gehalt erst ab 2000 Euro im Monat versteuern müssen. Zudem soll es eine „Frühstartrente“ geben. Der Staat soll für jedes Kind vom 6. bis zum 18. Lebensjahr pro Monat zehn Euro in ein kapitalgedecktes und privatwirtschaftlich organisiertes Altersvorsorgedepot einzahlen.

Das Bürgergeld will die Union wieder abschaffen. Bei so genannten Totalverweigerern will sie die Grundsicherung komplett streichen. „Wenn jemand grundsätzlich nicht bereit ist, Arbeit anzunehmen, muss der Staat davon ausgehen, dass er nicht bedürftig ist.“ Unklar ist, ob das rechtlich überhaupt möglich ist.

Außenpolitik und Verteidigung

In der Außenpolitik werden verstärkte Sanktionen gegen Russland gefordert. Die Solidarität für die Ukraine wird betont – allerdings gibt es im Wahlprogramm nur ein Bekenntnis zur EU-Mitgliedschaft des Landes, nicht aber zu einem Nato-Beitritt. Zu Israel heißt es: „Israel stehen wir bei seinem legitimen Kampf gegen den Terror zur Seite.“ Zwei Prozent der Wirtschaftsleistung sind laut Programmentwurf eine „Untergrenze unserer Verteidigungsausgaben“, zu mehr bekennt sich die Union aber auch nicht. Eine „aufwachsende Wehrpflicht soll kommen“, dazu „perspektivisch“ ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr.

In Umfragen führt die Union derzeit deutlich. Kanzlerkandidat Merz kann sich deshalb Hoffnung machen, Olaf Scholz (SPD) abzulösen. CDU und CSU dürften aber auf einen Koalitionspartner angewiesen sein, dafür kommen derzeit nur die SPD und die Grünen in Frage, auch wenn CSU-Chef Söder letzteres ausschließt. Beide Parteien lehnen etliche der im Wahlprogramm genannten Forderungen oder Versprechen ab.

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17 Kommentare

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  • Naja, wie gehabt. Rassistische und asoziale Politik plus komplette Inkompetenz in Wirtschaftsfragen. Im Westen (Sauerland) nichts Neues.

  • Schon Merkel pflegte die Devise:



    „Bleib am besten unpräzise."



    Und nach der Wahl: „Nichts wird konkret,



    wie es in den Programmen steht.



    Was wir brauchen ist Geduld. -



    Und daran sind die Grünen schuld."

  • Die CDU/CSU will mit ihrem Wahlporgramm "ein neues Wohlstandversprechen" abgeben. Das bedeutet in der Übersetzung, dass ein Großteil ihres Wahlvolkes materiell bestochen werden soll und im Gegenzug einem verschärften politischen Desaster zustimmen soll in Form von: Krieg, Umweltzerstörung, Asylrechtsabbau, Sozialabbau, weiterer Privatiserung der Infrastruktur und sozialer Vorsorgeleistungen und einer mehr oder weniger kaschierten Zusammenarbeit mit Faschisten im Inland sowie in anderen Ländern.

    Nicht umsonst wird Merz zuweilen als "Sauerland-Trump" bezeichnet. Er wird sich bestens mit Trump, Milei und Meloni verstehen, aber auch recht(s) offen AfD-Politik betreiben und damit auch die AfD stärken.

    Der einzige Fortschritt für den die Rechtskonservativen stehen, ist technischer Fortschritt. Aber der dient ihnen in erster Linie dazu, im Sinne eines "Germany First" die ökonomische und militärische Position Deutschlands zu stärken mit Blick auf eine neue/alte deutsche Großmachtpolitik.

    Fortschritte in den Sektoren Soziales, Ökologie, Frieden, Demokratie/Mitbestimmung sind bei der CDU/CSU kein Thema und waren es nie. Bei denen läuft die Zeit rückwärts. Merz & co. sind eine Katastrophe.

  • "der Soli vollständig abgeschafft werden. Derzeit muss er nur noch von Spit­zen­ver­die­ne­r*in­nen gezahlt werden"



    Das stimmt nicht 🙄



    JEDER der Kapitalerträge über seinem Freibetrag erwirtschaftet muss den Soli auf die abzuführenden Steuern zahlen, völlig unabhängig von seiner finanziellen Gesamtsituation.

    • @Farang:

      Wer Kapitalerträge oberhalb des Freibetrags erzielt, wird kaum von Niedriglohn leben, oder?

  • Alles links der CDU fordert doch permanent Neuschulden und Umverteilung. Da kommt man mit ein wenig Ungewissheit doch klar.

  • Das Versprechen auf Wohlstand und die dafür notwendige Alternative ist kein Alleinstellungsmerkmal der CDU/CSU, es ist der Usus wahlkämpfender PolitikerInnen und aller BauernfängerInnen seit Menschengedenken. Warum tun die Medien, inkl. der taz, so, als ob das Publikum irgendetwas davon ernst nehmen sollte? Wenn wir statt der irrealen Theorie die erlebte Praxis der repräsentativen Demokratie ernst nehmen, zählt nur, ob Parteien/PolitikerInnen mehrheitsfähig sind und was nach Wahlen und Regierungsbildung im Rahmen geltenden Rechts und geltender Verträge umsetzbar ist. Interessant wird Politik also erst, wenn es zu spät ist und wir WählerInnen von den Auserwählten regiert werden. Irgendeine alternativlose Realpolitik wird schon hinten rauskommen.

    Bitte an die taz (und andere) Medien: Mehr Bildungsarbeit betreiben, damit prospektive WählerInnen grundlegende Zusammenhänge besser verstehen.

  • " ... Unklar ist, ob das rechtlich überhaupt möglich ist. ..." An was soll es scheitern? Ich nehme an, die CDU weiß wie man Gesetze macht und verabschiedet. Damit kann die erforderliche Rechtsgrundlage geschaffen werden um die og. zitierten Vorhaben durchzuziehen. Jetzt kann man/frau nur noch hoffen, dass die CDU die notwendigen Mehrheiten erhält.

    • @maxwaldo:

      Zum Glück haben wir ja etwas aus der Geschichte gelernt. Deshalb ist es eben zum Glück nicht mal einfach so möglich für eine Regierung, Gesetze zu Gunsten einer menschenverachtenden Politik, wie die CDU ja offensichtlich machen will, zu verabschieden. Da ist sowohl unser Grundgesetz vor, als auch internationale Gesetze wie UN-Menschenrechts- und Flüchtlingskonvention. Von EU-Gesetzgebung mal ganz zu schweigen.



      Oder träumen Sie einen feuchten Traum, in dem die CDU mit der AgD den EU- und/oder UN-Austritt beschließt?



      Wo kommt bloß all der Hass und die Menschenverachtung her?

  • Na das klingt doch nach einem Plan... nur so ganz weit vorne wird man damit eher nicht landen... aber was soll's, erstmal sind zumindest die "Ausländer" raus und keiner darf mehr kiffen... wenigstens was...

    • @Köppen Robert:

      Das wäre schön, wenn gemäß der Intention einfach mal alle Ausländer rausgingen. Nicht nur die, gegen die ständig gehetzt wird, sonder aus Solidarität auch die, die hier nur wegen ihrer Anpassung und Wirtschaftsleistung geduldet werden. Dann bräche Deutschland in der ersten Woche vollständig zusammen und das könnte eine andere Haltung bewirken.



      Ach sie bräuchten nicht mal aus Deutschland zu reisen. Ein Generalstreik aller "Ausländer" von 2 Wochen würde reichen.

  • Die CDU setzt auf die absolut richtigen Themen und die richtigen Maßnahmen. Man kann nur hoffen, dass die CDU bei der Bundestagswahl eine große Zustimmung erfährt und uns eine Wiederholung von ideologisierten fehlgeleiteten Programmen von SPD und Grünen erspart bleibt

    • @Andere Meinung:

      "Wie sie ihre Vorhaben finanzieren will, bleibt an vielen Stellen offen."

      Steht über allem. Letztlich plant die Union denen mehr Geld zu geben, die schon viel haben. Und dieses Geld soll bei denen gespart werden, die jetzt schon wenig haben. Wenn da keine Ideologie dahinter steckt, wo sonst? Da sind 100% böser Armer und böser Migrant drin!

      Aber etwas Humor ist wenigstens auch dabei. Die „Frühstartrente“, also Rente für Kinder, ist ein Lacher. Insgesamt gibt es 1.440€ pro Kind. Das sichert fürs Alter



      absolut nichts. Ist nur eine kleine Konjunkturhilfe für die "arme" Finanzindustrie. Allerdings wäre es wohl mit weiniger Bürokratie und Nebenkosten verbunden, wenn Merz das Geld direkt an seinen alten Arbeitgeber überweisen würde.

    • @Andere Meinung:

      Welche Themen und Maßnahmen meinen sie? Und welche Programme von SPD und Grünen würden sie als fehlgeleitet und "ideologisiert" (was ein sinnloses Wort ist da jede Politik auf einer Ideologie basiert) bezeichnen?

  • "der Spitzensteuersatz soll später greifen, die Unternehmensbesteuerung soll gesenkt, der Soli vollständig abgeschafft werden."

    Politik von Milliardären für Milliardäre.

    Und das verblödete Volk wählt's trotzdem, obwohl ganz klar ist, dass "der Normalbürger" es bezahlen muss.

    • @Ajuga:

      Ja, das ist immer wieder faszinierend, dass Menschen aus Ignoranz oder weil sie die falschen Medien konsumieren, wählen, was schlecht für sie ist. Beispiel: 53% der Deutschen wohnen zur Miete. Der Gesetzeslage nach aber sind sie Freiwild für Mietwucherer. Wie können sie so dämlich sein, zu wählen, was das Naheliegendste ihre Lebens, das Dach über dem Kopf, in Frage stellt?

    • @Ajuga:

      Der Spitzensteuersatz greift aktuell ab einem Einkommen von 66.761 Euro, alles darüber wird mit 42 % belastet.



      Ab 277.826 Euro Einkommen greift dann noch verschärfend der Reichensteuersatz von 45 %



      Nochmal für sie bildlich:



      66.761



      277.826



      1.000.000.000



      Oder ein nettes Beispiel: wenn sie mit den 66.761 Euro Einkommen Milliardär werden wollen, müssen sie lediglich gute 15.000 Jahre am Stück arbeiten gehen...



      Aber ja, Politik von Milliardären für Milliardäre...🙄