WM-Aus für Deutschland: Schon wieder ein Desaster
Die DFB-Auswahl kommt nicht über ein 1:1 gegen Südkorea hinaus und scheidet aus. Nach dem spielerischen Offenbarungseid herrscht Entsetzen.
Das war es also. Die Frauen haben den Niedergang des deutschen Fußballs also auch nicht aufhalten können. Ein hundsmiserabler Auftritt im Gruppenfinale gegen Südkorea, das 1:1 endete, bedeutet für das Team von Trainerin Martina Voss-Tecklenburg das Ausscheiden bei dieser WM. So schlecht hat eine DFB-Elf noch nie abgeschnitten bei einer Weltmeisterschaft. Sie war überfordert, war nicht imstande, auf Unvorhergesehenes zu reagieren, schlicht zu schlecht.
Gerade einmal sechs Minuten waren gespielt, da stand es schon 1:0 für Südkorea in diesem finalen Gruppenspiel der Deutschen in Brisbane. Es war ein Schock. Einer, der sich angekündigt hatte. Schon in der dritten Minute hatte Südkoreas Teenager Casey Phair den Ball an den Pfosten gesetzt. Alle Pläne, die sich die Deutschen gemacht hatten, waren nach ein paar Minuten kaum noch etwas wert.
Mit zwei Stürmerinnen war das deutsche Team ins Spiel gegangen. Neben Kapitänin Alexandra Popp durfte Lea Schüller von Anfang an auf den Rasen. Dazu hat die Bundestrainerin die Außenpositionen gestärkt. Svenja Huth wurde weitgehend von allen Verteidigungsaufgaben befreit und sollte die Stürmerinnen von außen bedienen. Hinten wurde dann zu dritt verteidigt, diesmal mit der erfahrenen Martina Hegering, 33, die nach einer Verletzung zum ersten Mal bei dieser WM spielen konnte und vor der Partie wie eine Heilsbringerin beschrieben wurde. Alles sollte gut werden. Vorne kreativ und hinten sicher. Aber da war erst mal gar nichts. Keine Idee, keine Sicherheit. Es war ein Desaster.
Die Deutschen wirkten überfahren. Was bildeten sich diese Südkoreanerinnen da auch ein. Erst zwei Spiele – gegen Kolumbien und Marokko – verlieren und dann das! Unerhört schienen die Deutschen zu finden, wie hoch Südkorea verteidigt hat, dass sie die ballführenden Deutschen im Mittelfeld immer wieder gedoppelt haben und wie sie dann auch noch ein Umschaltspiel aufgezogen haben, das ihre Angreiferinnen schnell mit dem Ball versorgt hat. Und was haben sich denn bitteschön die Marokkanerinnen erlaubt. Gewinnen einfach gegen Kolumbien und qualifizieren sich anstelle der Deutschen für das Achtelfinale. Was für eine Unverschämtheit!
Typisch deutsche Arroganz
Das muss sich zumindest der DFB-Tross denken, der in der typischen deutschen Fußballarroganz den Gruppensieg eingeplant hatte. Das Quartier in Wyong war deshalb in der Nähe von Sydney gewählt worden, weil da der Gruppensieger sein Achtelfinale spielen würde. Das spricht nicht gerade dafür, dass die Deutschen ihre Gegner, die weit unter dem DFB-Team in der Weltrangliste platziert sind, in irgendeiner Weise ernst genommen haben. Gruppensieger wurde nun Kolumbien. Was für eine Frechheit!
Nicht erst seit der Blamage bei dieser WM steht die Frage im Raum, ob das, was von Martina Voss-Tecklenburg in den vergangenen vier Jahren immer wieder angekündigt worden war, jemals vorhanden war im deutschen Team. Spielfreude war jedenfalls nicht zu erkennen, nichts, was geeignet gewesen wäre, die Fußballheimat zu emotionalisieren, wie es die Bundestrainerin angekündigt hatte. Was für ein Krampf war das doch, der da zu sehen war.
Eine spielerische Linie war oft nicht zu erkennen. Nicht nur im Spiel gegen Südkorea war das zu sehen. Die Pässe im Mittelfeld waren viel zu oft viel zu unterirdisch und deshalb so leicht abzufangen. Dem Spiel fehlte immer wieder jede Präzision. Der Ausgleich im Spiel gegen Südkorea in der 42. Minute konnte gar nicht anders fallen, als durch einen Kopfball von Alexandra Popp nach einer Flanke. Mehr als diesen steinzeitlichen Kick-and-Popp-Fußball hatte die DFB-Auswahl nicht zu bieten bei diesem Turnier.
Wo ist die Idee? Diese Frage haben sich Beobachter schon des Öfteren gestellt, seit Martina Voss-Tecklenburg 2018 das Traineramt beim DFB übernommen hat. Der zweite Platz bei der EM im vergangenen Jahr war da eher ein vielleicht zufälliger Ausreißer nach oben, als der geplante Höhepunkt in der Entwicklung des Teams, von dem Voss-Tecklenburg immer wieder gesprochen hat. Wenn stimmt, dass es sich in der Entwicklung befindet, dann ist es noch nicht all zu weit gekommen.
Leser*innenkommentare
Fenn
Vielen Dank für eure Beiträge. Wir haben die Kommentarfunktion geschlossen. Die Moderation
Ein anderer Blick
Das erfolgreiche EM Team war personell weitestgehend gleich bei der WM im Einsatz und hat in 1 Jahr das Fußballspielen verlernt. Bei der EM wurde mit Leidenschaft und Spielfreude guter Fußball gezeigt.
Schängel
Glückwunsch an Colin Bell.
Filou
Ist ja nur ein Spiel. Warum aufregen.Wer hinfällt steht halt wieder auf.
31841 (Profil gelöscht)
Gast
Befund im ZDF-Nachgespräch: Mehr Straßenfußball und Bolzplätze braucht das Land.
FancyBeard
Den Gruppensieg anzupeilen war keine Arroganz, das war realistisch trotz schlechter Vorbereitung. Man ist immerhin Vize-Europameister. Nein es lag an einer schwächeren, verletzungsgeplagten Defensive, die die Art des Spielens wie an der EM verhinderte. Augenscheinlich hat Deutschland keinen Plan B der funktioniert oder man dachte, dass der Plan A trotzdem irgendwie aufgeht. Das wäre dann mit kalkulierten Risiko in die Katastrophe. Ich würde eher sagen man wollte mit mehr Ballbesitz spielen um weniger Chancen für den Gegner zu lassen, aber das war durch technische Mängel nicht möglich und es brannte bei Umschaltmomenten lichterloh, wodurch wiederum offensiv mit weniger Risiko/Konsequenz gespielt wurde. In der Vorrunde mit 4 Punkten ausscheiden darf man mit dem Kader trotzdem nicht, Südkorea war die ersten 2 Spiele sehr schwach und auch heute nicht gut. Trotz Qualitätsproblemen: Nach dem peinlichen Tor zum 1-2 durch Kolumbien wurde die Mentalitätsfrage gestellt, die Antwort heute war negativ. Frauen- und Männernationalmannschaft sind also auf ähnliche Weise ausgeschieden und anscheinend sind die bei Frauen und Männern auch die Problematik mit der "Widerstandsüberwindung" gleich, seit dem in den Teams ein Generationswechsel stattgefunden hat. Ich hoffe für die Frauennationalmannschaft, dass die Verantwortlichen genau schauen, welche Fehler bei den Männern seit dem Vorrunde aus 2018 passiert sind und diese nicht begehen.
Jochen Laun
Wenn sie rausfliegen, ist's ein Desaster, wenn sie das Weiterkommen einplanen, ist's arrogant. Geht nicht recht zusammen, finde ich. Und überhaupt, sooo schlimm ist es nun auch wieder nicht. Irgendwann holen sie wieder einen Titel. Wer jung genug ist, freut sich drauf, die anderen ergötzen sich an vergangenen Erfolgen.
lesnmachtdumm
Takeshi's Castle
... und raus bist du. Da gipps also vorab von allen verabredete, und vetstandene (???) Regeln: von 4 scheiden zunächst 2 aus. Ohne dieses Ausscheiden wär's kein Sport, zumindest kein kompetitiver - und so wird 'Sport' ja fast durch die Bank - politikweit, medienweit, weltweit - transportiert. Dass Profi'sport' eigentlich nix anderes is als politisch über-subventioniertes Showbusiness - geschenkt. Zwei scheiden aus. WO, bitte, is da ein "Desater" ???
Erwin Schiebulski
Frauenfussball genauso erfolgreich wie die Nationalmannschaft der Männer!
Gender-Herz, was willst Du mehr? Das ist so ähnlich wie Inklusion, sich auf dem kleinesten gemeinsamen Nenner treffen ...
95820 (Profil gelöscht)
Gast
And the winner is: Das Klima.
Sie fliegen heim, und das ist prima.
Australien ist die Deutschen los.
Das Desaster ist nicht groß.
Ignaz Wrobel
Deutschland hat nicht wegen "Arroganz" verloren oder weil der Gegner " unterschätzt" wurde. Die meisten Spielerinnen sind einfach zu langsam und der ganze DFB-Verein ist halt wie auf dem Amt. Und so spielen sie dann auch, die Frauen, die Männer, die Jugend. 11 Mittelfeldspieler sollt ihr sein Bloß nichts falsch machen. German Angst auf und neben dem Platz.
Diogeno
Sie müssen einfach ihre Tore besser auf die Spiele verteilen. Nicht von acht Toren, in einem einzigen Spiel sechs Stück schießen.
Tripler Tobias
Fusbball ist ein Mannschaftssport. Die besseren Spielerinnen auf dem Platz allein reicht bei den Frauen ebensowenig wie bei den Männern.
Nachdem das 0:1 dann keinen deutlichen Ruck erzeugt hat, hätte ich es nicht mehr richtig gefunden, dass wir das Spiel noch gewinnen. Das 1:1 scheint von den Spielanteilen her zutreffend, die bessere Mannschaftsleistung hat für mich jedoch mit großem Abstand Korea erbracht.
Dass dann ausgerechnet die Marrokanerinnen das Weiterkommen verhindert haben, zeugt eben genau davon:
Mannschaftsgeist ist im Fussball essentiell. Beim DfB-team fehlte der heute.
guzman
Macht einfach mal halblang. Chauvinismus in jeder Form ist völlig fehl am Platz. Und es hinterher vorher gewusst zu haben, - immer peinlich.
„Auch wenn es kein Trainer hören will: Der Mitspieler, der im Fußball über den Ausgang eines Spiels entscheidet, heißt Zufall. Wie groß die Rolle von Glück und Pech tatsächlich ist, zeigen simple mathematische Simulationen der Bundesliga.“
www.spiegel.de/wis...piel-a-467126.html
guzman
„Wir“ glauben „wir“ sind total gut... sind aber total schlecht.
Drabiniok Dieter
Desaster? Dass wir anerkennen müssen, dass andere Nationen auch und sogar besser Fußball spielen können als wir? Ein Desaster, dass ein Spiel zwar immer noch 90 Minuten dauert, aber die Deutschen am Ende nicht gewinnen?
Ein Desaster ist es ausschließlich für die Sponsoren. Und denen gönne ich es von Herzen!
Mit sportlichem Gruß!
maestroblanco
Ich denke das Leistungsprinzip wird immer mehr verachtet. Salopp gesagt: wenig bis nichts leisten und trotzdem die Hand aufhalten und gut leben wollen. Wenn Bundesjugendspiele schon kritisiert werden weil nicht so sportliche unter dem "Verlieren" leiden könnten, dann läuft hier was gewaltig schief. Ebenso wenn hier an der Schule Mütter sich beschweren dass im Deutschunterricht zu viel durchgenommen wird und der Lehrer zu streng dabei ist. Und das kommt dann von Müttern von Kinder die in Deutsch nicht gut sind. Da fängt das Thema Leistung und Wille doch schon an. Wir werden kräftig überholt werden von Ländern in denen Leistung anerkannt und gelebt wird während man bei uns in der Hängematte liegt und sich wenn nötig, von anderen oder der Gesellschaft unterhalten lässt. Ich weiss, solche Aussagen sind alt und spiessig und unmenschlich....
peanuts
ganz schön anmaßender und herablassender kommentar.
es war in der tat ein zerfahrendes spiel. aber was der autor hier unterstellt, ist hanebüchen und zeugt eher von der überheblichkeit, die er dem deutschen team unterstellt.
Pfanni
"Mehr als diesen steinzeitlichen Kick-and-Popp-Fußball hatte die DFB-Auswahl nicht zu bieten bei diesem Turnier"
Musste ja so kommen. Warum hat man nicht MICH als Trainer engagiert! Ich weiß nämlich ALLES. Kostprobe? Der Ball ist rund / Das Runde muss ins Eckige / Ein Spiel dauert 90 Minuten / Nach dem Spiel ist vor dem Spiel / Das nächste Spiel ist das schwerste / . . .
Damit sowas nicht nochmal passiert, werde ich dem DFB rechtzeitig vor der nächsten WM meine Telefonnummer bekannt geben. Die Siegesfeier kann schon mal vorbereitet werden!
Fabian Wetzel
Bestens. Jetzt ist der Wahn wieder vorbei und man wird hoffentlich nicht mehr von früh bis spät damit belöffelt.
Trabantus
Verdient verloren. Schade.
Den Südkoreanerinnen meine Hochachtung. Herzblut, Mut und Raffinesse. So geht Fußball! Chapeau.
Jürgen aus Nürnberg
Ein Déjà-vu für den DFB. Sogar als amtierender Weltmeister ist man schon 2018 gegen Südkorea ausgeschieden.
Tom Farmer
Wir haben in diesem Land ein grundsätzlicheres Problem, exemplarisch bei der WM hier nach dem Auftaktsieg 6:0 in Presse, Funk und Leserschaft ( die Frauen werden es den Männern vormachen wie es geht ):
Wir glauben wir sind total gut... sind aber total schlecht.
Egal ob Politik, Wirtschaft, allgemeines Gedankengut, konkret: Erneuerbare Energie, E -Mobilität, Verkehrsumbau, Klimagerechtes Handeln, Politikehrlichkeit, Integrationspolitik, Staatsfinanzen oder Rentensicherheit, Wissenschaft, Hausbesitzquote oder gesellschaftliche Gerechtigkeit, Vermögen, Bildung... Wer uns zuhört denkt Wir Deutschen können alles... ist nicht so! Zeit zum besser werden könnte man meinen! Weit gefehlt. Hoffnung? Ich habe keine. Nicht bei dem Kanzler, nicht bei den Trainern der Mannschaften, nicht bei dieser selbstzufriedenen Nation die in Theorieblasen lebt.
Kaboom
@Tom Farmer Dachten Sie, 16 Jahre Untätigkeit hat keine Effekte? Wir haben nach Merkel genau dasselbe Problem wie nach Kohl: Einen riesigen Reformstau. Einen immensen Nachholbedarf an notwendigen Maßnahmen. Das Paradebeispiel ist die Bundeswehr, der Zustand der "Truppe" nach 16 Jahren
"Führung" durch die CDU ist aber nur ein Symptom für den Zustand des gesamten Landes.
Zangler
@Tom Farmer Deutschland hält sich für den Nabel der Welt, ist aber meistens nur provinziell-banal.
Kristina Ihle
@Tom Farmer Tom, hast du darüber nachgedacht Artikel zu schreiben. Deine Analyse ist kurz knackig und punktgenau.
Fezi
@Tom Farmer Wir haben in diesem Land sicher einige Probleme, so wie andere in anderen Ländern auch.
Die deutschen Fußballfrauen teilen das Los des frühen Ausscheidens mit einigen anderen Nationen, u.a. den Brasilianerinnen.
Wie schaut Ihre Analyse dazu aus?
FancyBeard
@Tom Farmer Es ist schlimm, aber auch faszinierend, wie die Nationalmannschaft der Männer und der DfB diese Entwicklung vorwegnahmen, jetzt wird alles mitgerissen:D. Irgendwann ist die Substanz verbraucht, sind zu viele alten Hasen weg um den Kahn auf Kurs zu halten, wenn der dann einmal in Schieflage kommt geht es ganz schnell.
Axel Schäfer
@Tom Farmer Vielleicht wählen wir immer das falsche Führungspersonal? Wenn es dann nicht immer weiter so geht (also Stillstand in der Blase) dann orientieren sich die Verstrahlten dann auch noch an Parteien, die noch eins draufsetzen und noch in die Vergangenheit zurück wollen, damit der Stillstand dann auch komplett wird.
Diogeno
@Tom Farmer Die Politiker sind nicht selbstzufrieden.
Sie dürfen jedoch nicht zu selbstkritisch reden, wenn es Probleme gibt.
Denn wenn ein Politiker mal eine Fehler zugibt, stürzen sich BILD und Co. darauf, um ordentlich nachzutreten. Das nützt dann der AFD in den nachfolgenden Umfragen.
Wir lesen keine BILD, aber wenn man nur die Schlagzeilen am Kiosk sieht, kann man sich denken, wie in dem Blatt gehetzt wird.
boidsen
@Tom Farmer Leider vollkommen richtig und obendrein mit sehr unrühmlicher Tradition. "Am deutschen Wesen soll die Welt genesen." Sobald es uns einigermaßen gut geht, halten wir uns für allen anderen überlegen. Selbstkritik und realistische Selbsteinschätzung passen eben nicht zu preußischen Allmachtsfantasien.
Nairam
@Tom Farmer Die Deutschen glauben dennoch, sie seien 'auf einem guten Weg'. Und es wird ihnen ja auch ständig eingeredet, offenbar mit einigem Erfolg.
Wenn in Berlin und anderswo von höchstrangigen Politikern ständig beschworen wird, wie wunderbar doch alles in diesem unseren Lande läuft, dann ist man versucht, daran zu glauben. Ich habe das mittlerweile aufgegeben,
bruno.der.problembär
@Tom Farmer irgendwie wohltuend, dieses "Aus"
H.L
@Tom Farmer Mehr gibt es nicht zu sagen👍
Tom Tailor
@Tom Farmer Und wenn die "Boomer" in Rente gehen, wird sich erst recht beweisen wie sehr das angeblich "reiche Deutschland" auf tönernen Füßen steht.