Unterbrechung bei Rock am Ring: Muslimrat spricht von „Hetze“
Das Festival „Rock am Ring“ war wegen Terrorverdachts unterbrochen worden. Der erhärtet sich jedoch nicht. Islamverbände kontern die Kritik.

Am Freitag sah das noch anders aus. Da hatte Lieberberg den Festivalabend absagen müssen. Die Polizei hatte „konkrete Hinweise“ auf eine „mögliche terroristische Gefährdung“, das Bühnengelände wurde evakuiert. Der Verdacht richtete sich gegen drei Männer aus Hessen, die als Helfer Zugang zum Backstagebereich hatten. Zu einem der Männer gibt es laut Polizei „Erkenntnisse im Bereich islamistischer Terrorismus“. Als die Beamten feststellten, dass die Verdächtigen falsche Namen auf ihren Backstagepässen trugen, sahen sie einen konkreten Terrorverdacht erfüllt. Ermittelt wurde wegen eines „Explosionsverbrechens“.
Die Überprüfung der Männer und Durchsuchungen ihrer Wohnung in Hessen in der Nacht zu Samstag erhärteten dies indes nicht. Auch auf dem Festivalgelände fand die Polizei nichts Verdächtiges. „Rock am Ring“ wurde darauf am Samstag wieder fortgesetzt.
Roger Lewentz (SPD), Innenminister von Rheinland-Pfalz, verteidigte die Unterbrechung. Alles andere hätte ein „nicht mehr vertretbares Risiko“ dargestellt. „Sicherheit geht vor.“ Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sprach von einer „verantwortungsvollen Entscheidung“, für die es seine „volle Unterstützung“ gebe. Mit der Informationslage vom Freitag habe es keine andere Möglichkeit gegeben, hieß es am Montag aus dem Ministerium.
Veranstalter Lieberberg kritisierte derweil die muslimische Community: Er möchte „endlich mal Demos sehen“, in denen „Moslems“ zu Zehntausenden gegen Terror auf die Straße gehen. Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, sprach auf Twitter von „Hetze“. Er verwies auf Projekte wie „Safer Spaces“, mit dem Moscheegemeinden Jugendliche für die Demokratie begeistern wollen. „Wenn Lieberberg Manns genug ist, entschuldigt er sich bei Muslimen“, schrieb Mazyek.
Auch Iftikar Malik, Sprecher des Jugendverbands der Ahmadiyya-Gemeinde, sprach von einer pauschalisierenden und enttäuschenden Debatte. Muslime würden sich seit Langem gegen Extremismus engagieren. „Das ist eine absolute Selbstverständlichkeit“, so Malik zur taz.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen