piwik no script img

Über „Philosophy for Palestine“Mainstream der Avantgarde

Namhafte Phi­lo­so­ph:in­nen solidarisieren sich mit den Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen gegen Israel. Über die Misere der Philosophie als Parole.

Trauer in Tel Aviv Foto: Francisco Seco/ap

Kein Tag, an dem nicht ein neuer offener Brief seinen Weg in die Welt findet. Ob in Kunst, Film oder Philosophie, alle wissen genau, was zu tun ist. Man wähnt sich als Avantgarde – Autoritäten, die einlenken, wachrütteln und eine Bewegung gegen ein Unrecht lostreten wollen.

Aber was, wenn es eine solche Bewegung längst gibt auf den Straßen und die vermeintliche Avantgarde einem fashionablen Mainstream hinterhängt? Wenn sie bloß uralte Dichotomien herausposaunt, dem Gerücht statt den Fakten folgt, ahistorisch und selektiv kontextualisiert, gar den theoretischen Antihumanismus beim Wort nimmt? Dann sind die posenhaften Vor­den­ke­r:in­nen in der Parole angekommen.

Der prätentiös „Philosophy for Palestine“ getitelte offene Brief von vergangener Woche ist hier ein herausragendes Beispiel. Lanciert wurde er von linken Phi­lo­so­ph:in­nen wie Angela Davis, Nancy Fraser, Étienne Balibar und natürlich Judith Butler, um nur die prominentesten zu nennen. Liest man den Brief, fällt einem unweigerlich die Aussage Karl Jaspers’ ein – „Wer meint, alles zu durchschauen, philosophiert nicht mehr“.

Dort sieht man es anders: Die philosophische Disziplin habe in letzter Zeit „bewunderswerte“ Fortschritte gemacht in der direkten Auseinandersetzung mit „drängenden und dringenden Ungerechtigkeiten“, heißt es in dem Brief. Deshalb gelte es auch jetzt, die „Komplizenschaft“ und das „Schweigen“ zu überwinden. Was folgt, ist nicht weniger als eine totale Bankrotterklärung dieser linken Denker:innen.

Falsche Prämissen

Apartheid, Genozid, Boykott, das ganze Programm der „Free Palestine“-Bewegung wird aufgerufen. Dabei könnte man von professionellen Den­ke­r:in­nen mit viel Zeit fürs Denken erwarten, dass sie den Unterschied zwischen Massaker, Pogrom, Krieg und Genozid kennen. Tun sie aber nicht. Oder wollen sie nicht.

Die Hamas eröffnete das Feuer auf die friedlichen Zivilist:innen, brach ihnen Arme und Beine

Allein ein Blick in die demographischen Daten würde reichen, um zu sehen, dass es keinen Genozid an den Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen gibt. Und das, soweit wir bisher sehen, auch nicht unter den jetzigen, zweifellos schrecklichen Bombardierungen durch Israel. Krieg ist nie gerecht und jedes Leid ist absolut. Das Wort Genozid aber ist zu einem modischen Kampfbegriff geworden, der den Blick auf die Taten verstellt.

So ist es kaum verwunderlich, dass die Phi­lo­so­ph:in­nen des Briefes ein „Massaker“ an den Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen zu sehen glauben, das genozidale Pogrom der Hamas vom 7. Oktober aber nur als „Angriff“ bezeichnen. Gerade so, als wären ein paar bewegte Teenager auf Skateboards, mit Pfeil und Bogen in die Kibuzzim eingefallen.

Die Schuldfrage war für die Den­ke­r:in­nen wohl schon geklärt, bevor die Hamas mit Zi­vi­lis­t:in­nen im Schlepptau Frauen und Mädchen vergewaltigten, die Genitalien von Männern verstümmelten, Babies in Öfen verbrannten oder köpften, Körper massakrierten, Leichen schändeten, Eltern zwangen, die Misshandlungen an ihren Kindern mit anzuschauen. Letztlich, so sind die Den­ke­r:in­nen zu verstehen, habe Israel „als ethnisch-suprematistischer Staat“ und sein Apartheidssystem die Bedingungen für Gewalt erzeugt.

Ist das wirklich Apartheid?

Dass die Situation mindestens komplexer ist, zeigt schon allein die Tatsache, dass 20 Prozent der Israelis arabische Muslime sind, zwei arabische Parteien in der Knesset sitzen, muslimisch-arabische Israelis Teil der israelischen Armee sind und zwei arabisch-israelische Richter am Obersten Gerichtshof sitzen, davon einer muslimisch. Ist das wirklich Apartheid?

Es gibt Rassismus, Diskriminierung, Unrecht, Rechtsradikale wie Ben Gvir in der aktuellen Regierung und fanatisch-nationalistische Siedler im Westjordanland, die mob­artig Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen angreifen. Aber nichts von all dem kann das genozidale Pogrom vom 7. Oktober erklären oder legitimieren. So auffallend die Kälte, mit der viele den Zivilisationsbruch hinnehmen, so laut die Anteilnahme für Gaza und die Forderung nach einem Waffenstillstand.

Auch in diesem Brief. Diese Forderung mag richtig klingen und im warmen Raum der Universität ein gutes Gewissen machen. Für Israel jedoch würde sie bedeuten, weiterhin mit der Hamas und ihrem dschihadistischen Terror konfrontiert zu sein. Richtig wäre stattdessen die Freilassung der israelischen Geiseln und die Befreiung Gazas von der Hamas zu fordern.

Auch von Seiten der Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen müsste diese Forderung jetzt kommen.

Menschen in Gaza

Auf Keshet 12 News gibt es eine sehenswerte Dokumentation eines israelischen Journalisten über Menschen, die aus Gaza nach Europa geflohen sind. Alle wollen a­nonym bleiben, weil sie sogar im Exil noch Angst vor der Hamas haben. Die Interviewten erzählen, wie Millionen von Dollar, die ins Land kommen, an die Hamas und ihre Familien gehen und die Bevölkerung in Armut lebt. Ein Mann sagt: „Für die Hamas sind wir nur ihre Einkommensquelle.“

Sie berichten von den Demonstrationen von 2017, als 10.000 Menschen im Flüchtlingslager Jabaliya im nördlichen Gazastreifen auf die Straße gingen und riefen: „We want life!“ und „Oh, Haniya und Abbas, wir werden mit Füßen getreten“. Sie waren zu den Elektrizitätswerken marschiert, weil Steuerstreitigkeiten zwischen der Hamas und der Palästinensischen Autonomiebehörde zu Stromausfällen geführt hatten. Die Hamas eröffnete das Feuer auf die friedlichen Zivilist:innen, verhaftete viele, brach ihnen Arme und Beine.

Der Hamas-Funktionär Khalil al-Hayya sagte kürzlich ganz offen, das Ziel sei nicht, Gaza zu regieren, sondern Israel in einen dauerhaften Kriegszustand zu verwickeln. Was er nicht sagte, aber offenkundig ist: Die ganze arabische Welt soll in den Krieg gegen Israel ziehen.

Und während auch Israel noch immer von Gaza und zuletzt auch aus Jemen beschossen wird, machen sich die Phi­lo­so­ph:in­nen jenes offenen Briefes Sorgen um ihre Steuern, mit denen nicht die Unterdrückten, so der Wortlaut, sondern die Unterdrücker – Israel – finanziert würden. Man stelle sich nur umgekehrt vor, jemand forderte die Steuergelder für ihre Professuren zu streichen, weil sie die Hassrede von der Straße für Philosophie halten. Das wäre doch seltsam.

Eine Gegenrede von Seyla Benhabib

Die türkisch-amerikanische Philosophin Seyla Benhabib legte in einem Text, mit dem sie sich an die Kol­le­g:in­nen wandte, umgehend einige falsche Prämissen jenes Briefes offen: Dass die Phi­lo­so­ph:in­nen „den Konflikt in Israel-Palästina allein durch die Brille des ‚Siedlerkolonialismus‘ betrachten und die Gräueltaten der Hamas vom 7. Oktober 2023 zu einem Akt des legitimen Widerstands gegen eine Besatzungsmacht hochstilisieren“, hält sie für einen „kolossalen Fehler“.

Hier fehle „jegliches Gespür für Geschichte“. Benhabib macht auf die Widersprüche und das Leiden auf beiden Seiten aufmerksam, erinnert an Yitzhak Rabin, der von einem jüdischen Extremisten getötet, und an Anwar Sadat, der wegen seiner Bemühungen im Friedensprozess mit Israel von den ideologischen Vorläufern der Hamas ermordet wurde. Auch die Netanyahu-Regierung kritisiert sie hart – zu Recht.

Seyla Benhabib fragt ihre Kolleg:innen: „Die Hamas hat sich der Zerstörung des Staates Israel verschrieben; das unterstütze ich nicht. Und Sie? Welche moralische oder politische Logik liegt Ihrer Argumentation hier zugrunde?“

Hinter diese zentrale Frage werden die Un­ter­zeich­ne­r:in­nen des offenen Briefes nicht zurückkönnen, wollen sie nicht in der antizionistischen Parole verharren, die aktuell allerorten gefährlichen Antisemitismus hervorbringt. Es geht dabei nicht um Bekenntniszwang, sondern um eine politische Frage. Den Raum dafür haben die Phi­lo­so­ph:in­nen mit ihrem Brief selbst geöffnet.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

55 Kommentare

 / 
  • Rechtsradikale Siedler, die "mobartig Palästinenser:innen angreifen", es gibt sie, in der Tat! Sie und israelische "Sicherheitskräfte" stehen womöglich in einem direkten kausalen Zusammenhang mit den 183 palästinensischen Menschen, die seit dem 7.10. im Westjordanland ihr Leben verloren haben, ganz ohne als menschliche Schutzschilde von der Hamas missbraucht zu werden! Aber was rege ich mich hier auf, schließlich gibt es ein paar Intellektuelle die es gewagt haben, dem Staate Israel "Apartheid" und "Genozid" zu unterstellen. Auch ein Herr Gallant, der kurz nach dem 7.10. verkündet: "Wir verhängen eine vollständige Belagerung des Gazastreifens. Es wird keinen Strom, keine Nahrung, kein Wasser, keinen Treibstoff geben. Alles wird geschlossen. Wir kämpfen gegen menschliche Tiere und wir handeln entsprechend.", oder ein Herr Netanyahu, der eine Rede an seine Landsleute mit den Worten einleitet: "Wir müssen uns daran erinnern, was Amalek uns angetan hat, sagt unsere heilige Bibel und wir erinnern uns daran." - all dies ist im Kontext des vorangegangenen entsetzlichen Massakers vollkommen nachvollziehbar und legt in keiner Weise den Verdacht nahe, dass es sich bei der darauffolgenden Blockade samt Bombenregen, um eine völkerrechtswidrige Kollektivbestrafung der Bewohner Gazas handeln könnte. *Sarkasmus aus*



    Ich finde es wirklich unglaublich wie einseitig der mediale deutsche Diskurs ist, wie wenig die zivilen palästinensischen Opfer vis a vis den israelischen Opfern als Menschen mit Rechten, als Individuen, als schützenswert und wertvoll angesehen werden. Das macht mich wütend. Ich bin dafür, dass ALLE Menschen in Israel/Palästina in einem oder in zwei Staaten in Frieden und gleichberechtigt mit- oder nebeneinander leben können. Dasselbe Anliegen lese ich aus dem in dem im Artikel kritisierten Brief heraus. Zitat: "If



    violence is to stop, the conditions that produce violence must stop." Genauso ist es.

    • @iskariot:

      Dass Israel ein Problem mit gewalttätigen Extremisten hat, bestreitet niemand, auch die meisten Israelis nicht. Deshalb gab es ja die regelmäßigen riesigen Demonstrationen in diesem Jahr

      Das ist aber nicht „der Staat Israel“, der dies plant oder gutheißt.

      Die Hamas ist gerade die politische Führung des Gazastreifens.

      Dazu hat es wenig mit der Hamas zu tun, denn im Gazastreifen wurden alle Siedlungen geräumt.

      Da hilft nicht Aufregung, da hilft nur genauer hinsehen.

      Die Vorwürfe „Genozid“ und „Apartheid“ schließen sich von der Logik her schon gegenseitig aus. Sie müssten sich also entscheiden.

      Hanna Remark hat unten diesen Link gepostet, der sehr gut erklärt, warum der Apartheidsvorwurf nicht passt:



      www.swp-berlin.org...rwurf-gegen-israel

      Wieviele Staaten fallen Ihnen ein, die die sie angreifenden Terroristen mit Strom und Treibstoff versorgen?



      Die Frage stellt sich, warum die anderen Nachbarstaaten, allen voran Ägypten, da mitziehen.

      Wenn die Israelis eine Kollektivbestrafung wollten, würden sie deutlich anders handeln. Hätte Ägypten die Leute aus Gaza rausgelassen, gäbe es deutlich weniger zivile Opfer.

      Wie betrachten Sie denn eigentlich den täglichen Raketenbeschuss der Hamas auf Tel Aviv und andere israelische Städte?



      Wo ist da Ihre Aufregung?



      Weil Israel den Iron Dome besitzt, sprechen Sie die Hamas vom Genozid frei, obwohl die ihn offen formulieren?

      Dass Juden nach diesem verheerenden Massaker am 7.10. auf Analogien im Alten Testament blicken, was erstaunt Sie daran?

      Mal ehrlich:



      Wenn Sie genauer hinsehen würden, würden Sie bemerken, dass Äquidistanz als Meinung häufig zu finden ist.



      Wer wen massakriert hat, interessiert eigentlich nicht mehr.



      Dass die Hamas in Gaza gewählt wurde und dort guten Rückhalt hat, spielt keine Rolle mehr.

      Sie behaupten, für Frieden für ALLE Menschen in Palästine zu sein.

      In Wirklichkeit machen Sie Dinge gleich, die nicht gleich sind.

      • @rero:

        Ein letztes noch: Ich muss mich in keinster Weise zwischen "Apartheid" und "Genozid" entscheiden, weil die Wortwahl nicht von mir stammt, sondern von den Autoren des Textes, auf den sich der Kommentar bezog. Desweiteren im Fall von "Apartheid", wie von Frau Remark angemerkt, von Amnesty International, oder bspw. von der israelischen Nicht-Regierungs-Organisation B’Tselem, nachzulesen unter www.btselem.org

        Von "Genozids" spricht bspw. das in New York ansässige Center for Constitutional Rights, hier falls es sie interessiert: ccrjustice.org/stop-the-genocide

        Wie beides zusammenginge, wenn man sich diese Wortwahl zu eigen machen wollte, ist im Übrigen sehr einfach: "Apartheid" für das, was sich seit Jahrzehnten im Westjordanland abspielt, "Genozid" für das was seit dem 8.10. in Gaza passiert.

        Was haben wir noch im Angebot? Das UNHCR warnt vor der "ethnischen Säuberung der Palästinenser": www.ohchr.org/en/p...palestinians-calls

        Wünsche viel Spaß beim Lesen und würde vorschlagen, dass wir uns über das mit der Gleichmacherei im Anschluss nochmal unterhalten...

      • @rero:

        Die Empfehlungen der SWP sollten Sie allerdings dann auch zur Kenntnis nehmen, die sind nämlich sehr identisch mit denen von AI. Daher auch mein Hinweis, dass letztendlich keine wirkliche Entkräftung der Argumente von AI vorliegt. Details siehe meine Kommentierungen weiter unten …

  • Die Philosoph:innen beziehen sich als Quelle auf diese Kampagne (siehe Fußnote nach den Unterschriften in dem grottigen Text.



    Boycott/PACBI FAQs.



    Spätestens hier hätten die Denker:innen den BDS Bezug vor ihrer Unterschrift erkennen können.



    Seyla Benhabibs Antwort entlarvt sie brilliant.

  • Danke.

  • "Bspw. Amnesty International beantwortet diese Frage, warum ignoriert der obige Artikel die seriösen Menschenrechtsorganisationen?"

    AI ist nur eine einzige Menschenrechtsorganisation.

    Warum ärgern sie sich über etwas, das Sie gar nicht wissen können?



    Schließlich ist es doch auch nach Lesen des AI Artikels möglich, anderer Meinung zu sein. Bei mir ist das so.

    Ihnen scheint es anscheinend schwerzufallen anzuerkennen, dass andere Menschen eine Sichtweise entwickeln in dem Wunsch, moralisch richtig zu handeln und dabei zu anderen Ergebnissen kommen.



    AI hat kein alleiniges Monopol auf Moralität.

    "Sogar differenzierte, ausführliche sowie seriöse Kritik an der AI Einschätzung kann trotz alledem nicht das Wesentliche an der AI Apartheidseinstufung entkräften:"

    Das bestätigt noch mal meinen Eindruck oben.



    Danke für die Links.



    Aber anders als Sie denke ich, dass ganz bestimmt die AI Position entkräftet wird, wenn so differenziert argumentiert wird.

    Insgesamt scheint mir die Herangehensweise von AI, es aus vor allem einem juristischen Blickwinkel zu betrachten, wenig hilfreich einen Konflikt wie diesen zu lösen. Von dem Gezerre um Definitionen hat niemand etwas, wenn daraus praktisch folgt, dass Israel die zu Verurteilenden sind.



    (kann die Hamas aus formalen Gründen nicht verurteilt werden, weil sie keine offiziell anerkannte Organisation ist?)

    Es gibt auf beiden Seiten die konservativ-religiösen Kräfte, die den Schlüssel zur Wahrheit zu waren glauben. Für viele Menschen stiftet das auch Identität, weshalb es schwierig wird die eigene Seite zu kritisieren.

    Wenn es einer Mehrheit der Menschen auf beiden Seiten nicht gelingt, radikal damit zu brechen und gemeinsam etwas Neues anzufangen, ändert sich gar nichts.



    Die Hamas hat dafür gesorgt, dass das erstmal auch so bleibt und hat Israel gezwungen zu handeln.



    Treten Sie auch für Israel ein, wenn es politisch so geschwächt ist, dass manche die Chance wittern, es von der Landkarte tilgen?

    • @Onkel Heinz:

      "AI ist nur eine einzige Menschenrechtsorganisation."

      Da sind noch andere seriöse Menschenrechtsorganisationen (u.a. Human Rights Watch) die ebenso Apartheid anführen:

      "Die Berichte und Stellungnahmen lassen sich grob in drei Gruppen einteilen:



      solche, die Israel vorwerfen, es habe ein System der Apartheid in den besetzten Gebieten etabliert, insbesondere im Westjordanland inklusive Ost-Jerusalem (vgl. etwa Yesh Din, Human Rights Watch, Policy Working Group, Staat Palästina);



      solche, die betonen, dass auch in Israel eine institutionalisierte Diskriminierung besteht, die den Straftatbestand der Apart­heid erfülle (vgl. etwa B’Tselem);



      3.



      der Ansatz von AI, der über ein territo­riales Verständnis von Apartheid hinausgeht und zusätzlich Israels Verhalten gegenüber den palästinensischen Flüchtlingen einbezieht."

      www.swp-berlin.org...rwurf-gegen-israel

      • @Hannah Remark:

        Schade, dass Sie nicht auf ONKEL HEINZ' Frage geantwortet haben:

        Treten Sie auch für Israel ein, wenn es politisch so geschwächt ist, dass manche die Chance wittern, es von der Landkarte tilgen?

        Ihre Antwort hätte auch mich interessiert.

        • @rero:

          Ich trete für die Menschenrechte ein, daher müssen sich beide bzw. alle Seiten daran halten. Regierungen, die dies nicht tun, egal ob palästinensisch, deutsch oder israelisch, erhalten von mir keine Solidarität.

          In diesem Punkt stimme ich mit Herrn Bax in diesem Artikel überein:

          taz.de/Solidariaet...konflikt/!5968113/

      • @Hannah Remark:

        "Da sind noch andere seriöse Menschenrechtsorganisationen (u.a. Human Rights Watch) die ebenso Apartheid anführen:"

        Die Menschenrechtsorganisationen werden im Artikel nicht "ignoriert", sondern die Autorin hat einfach eine andere Haltung zu dem Thema. Den Vorwurf, den AI Bericht zu ignorieren können Sie nur machen, wenn Sie wissen, dass Absicht dahinter steht.



        Das können Sie gar nicht wissen.

        Haben Sie Ihren Link

        www.swp-berlin.org...rwurf-gegen-israel

        eigentlich zu Ende gelesen?

        Der AI Ansatz wird da ziemlich kritisch gesehen:

        "Schlussfolgerungen und Empfehlungen



        Der AI-Bericht wird vermutlich dazu beitra­gen, den Apartheid-Vorwurf in gesellschaftlichen Debatten global zu verfestigen. Gleich­zeitig bestehen aufgrund des gewählten Framings kaum Aussichten, dass er die beab­sichtigte Verhaltensänderung in Israel herbeiführen oder Israels Verbündete ver­anlassen wird, entsprechenden Druck auf­zubauen. Denn auch wenn der Bericht Israel das Existenzrecht nicht explizit abspricht, stellt er doch in der Konsequenz Israels Selbstverständnis als jüdischer Staat in Frage."

        Meine Frage an Sie blieb leider unbeantwortet:

        Treten Sie auch für Israel ein, wenn es politisch so geschwächt ist, dass manche die Chance wittern, es von der Landkarte tilgen?

    • @Onkel Heinz:

      War @ HANNAH REMARK gerichtet.

  • Danke für die klaren Worte!



    Eine derartig simplifizierende Betrachtung stellt auch den Wert der akademischen Leistungen der Unterzeichner in Frage.

  • "Dass die Situation mindestens komplexer ist, zeigt schon allein die Tatsache, dass 20 Prozent der Israelis arabische Muslime sind, zwei arabische Parteien in der Knesset sitzen, muslimisch-arabische Israelis Teil der israelischen Armee sind und zwei arabisch-israelische Richter am Obersten Gerichtshof sitzen, davon einer muslimisch. Ist das wirklich Apartheid?"

    Bspw. Amnesty International beantwortet diese Frage, warum ignoriert der obige Artikel die seriösen Menschenrechtsorganisationen?







    www.amnesty.org/en...stem-of-apartheid/

    Sogar differenzierte, ausführliche sowie seriöse Kritik an der AI Einschätzung kann trotz alledem nicht das Wesentliche an der AI Apartheidseinstufung entkräften:

    www.swp-berlin.org...rwurf-gegen-israel

    www.amnesty.de/inf...ainst-palestinians

    www.amnesty.de/sit...estinians-2022.pdf

    • @Hannah Remark:

      Doch, AI wird sogar reihenweise entkräftet.

      • @Suryo:

        Ich staune immer, wie oft Leute hier Links posten, die ihrer eigenen Position so dermaßen widersprichen.

        Der Link entkräftet ja nun wirklich deutlich.

      • @Suryo:

        Haben Sie seriöse Quellen/Links? Ansonsten kann ich das leider in keiner Weise differenziert und seriös nachvollziehen!

        • @Hannah Remark:

          Sie haben mindestens eine Quelle doch selbst gepostet. Oder haben Sie das Papier von Muriel Asseburg etwa gar nicht gelesen?

          • @Suryo:

            Doch, AI wird dort aber nicht entkräftet und findet letztendlich sogar doch dann noch Zustimmung in den wesentlichen Punkten.

            Siehe dort "Schlussfolgerungen und Empfehlungen"

            "Sie sollte den AI-Bericht aber als Weckruf verstehen, gravierende Menschenrechts­verletzungen nicht länger als eine Normalität hinzunehmen, und die andauernde Be­satzung nicht als einen Zustand zu betrach­ten, der losgelöst von einem »demokrati­schen Israel« existierte. Ohnehin ergibt sich schon aus den unzweifelhaften Verletzungen der Genfer Konventionen eine unmit­telbare völkerrechtliche Pflicht für die Vertragsparteien, eben auch für Deutschland, deren Einhaltung durchzusetzen. Dass Völkerrechtsbrüche und Menschenrechtsverletzungen, die Israel, die Palästinen­sische Autonomiebehörde und die Hamas begehen, nicht sanktioniert und mutmaß­liche Kriegsverbrecher nicht verfolgt wer­den, lädt die Konfliktparteien zum fort­gesetzten Rechtsbruch ein. Als Folge ver­tiefen sich auch die zwischen- und inner­gesellschaftlichen Gräben; die Basis für eine friedliche Koexistenz lässt sich auf diese Weise nicht legen. Die Durchsetzung von Menschenrechten steht einer Konfliktregelung nicht entgegen, vielmehr ist sie eine Voraussetzung für deren Tragfähigkeit.



            In diesem Sinne lassen sich aus dem Amnesty-Bericht konkrete Empfehlungen für eine Bundesregierung ableiten, die Menschenrechte zum Kompass ihres Han­delns und eine restriktive Rüstungsexport­politik zu einem ihrer Ziele erklärt hat. Hier sollte sie sich deutlich von ihrer Vor­gängerin unterscheiden und insbesondere:

            die Untersuchung mutmaßlicher Völker­rechtsverbrechen in den palästinen­sischen Gebieten durch den Internatio­nalen Strafgerichtshof politisch [...] unterstützen sowie in diesem Zu­sammenhang auch die Untersuchung des Apartheid-Vorwurfs befürworten;"



            [...]

            www.swp-berlin.org...rwurf-gegen-israel

            • @Hannah Remark:

              Der Punkt ist, dass Asseburg zwar im Hinblick auf die besetzten Gebiete fortwährenden Rechtsbruch sieht - was nichts besonderes ist, selbst die Regierung Trump sah das so - aber in Israel selbst eben keine Apartheid.

    • @Hannah Remark:

      Hat der Oberste Gerichtshof nicht um seine Entscheidungskompetenz zu fürchten?

      • @Mr.Henry:

        Aber komplett, nicht bloß die arabischen Richter.

        Deshalb zieht das Argument recht gut.

  • Zuviel Einigkeit stört mich dann doch. Es ist zwar klar, dass Israel überhaupt keine genozidalen Absichten hat, die Hamas hingegen schon. Andererseits ist ein Begriff wie "Apartheid" nicht gänzlich von der Hand zu weisen, zumindest ist es nicht eine einfache Lüge wie beim Begriff "Genozid". Es reicht da, glaube ich, auf Hannah Arendt zu verweisen. Jedenfalls ist es auf keiner Seite richtig diese beiden Begriffe in einen Topf zu werfen. Nur weil der eine Vorwurf klar falsch ist, ist es der andere nicht automatisch auch. Um einem so gruselig undifferenzierten Angriff, wie in dem vorliegenden Brief, nachhaltig zu begegnen muss man selber maximal differenzieren.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    „Mit Worten lässt sich trefflich streiten,



    Mit Worten ein System bereiten…“



    (Mephistopheles)



    Vorsätzlich falsche Verwendung von Begriffen ist des Teufels.



    Danke für die Klarstellungen.

  • Hervorragend. Bringt das Drama vieler Linken, die im postfaktischen Zeitalter angekommen und vòllig verblendet sind, das Gesamtbild nicht sehen, in einem schrecklichen Schwarz-Weiß-Denken gefangen sind und im Nahostkonflikt geradezu stereotypisch antisemitisch argumentieren, auf den Punkt. Nach dem, was am 7.10. geschah, Israel einen Genozid vorzuwerfen und die Hamas als Widerstandsgruppe zu bewerten, ist infam und für Jüdinnen und Juden auf der ganzen Welt ein Alarmzeichen. Wenn Linke hinter Hamas-Barbaren stehen und Rechte ohnehin Antisemiten sind und die Mitte schweigt, dann ist ein Holocaust 2.0 jederzeit möglich.

    • @Elena Levi:

      Danke für diesen Kommentar! Meine volle Zustimmung. Wenn das linke Lager jetzt nicht umkehrt, und zwar sowohl theoretisch ("Postkolonialismus") als auch moralisch (Antisemitismus), laufen wir in eine Katastrophe. Was derzeit an den amerikanischen "Elite"-Unis passiert, ist ein äußerst schlechtes Zeichen.

    • @Elena Levi:

      Ich stimme Ihnen zu. Die weltweiten Reaktionen auf die Massaker der Hamas vom 07.10.2023 haben offengelegt, wie stark der Antisemitismus in den unterschiedlichsten Gruppen verankert ist und wie groß die Bereitschaft ist, sich offen auf die Seite der Barbarei zu stellen - und das gerade auch bei denjenigen, die von einem "Palästina vom Fluss bis zum Meer" nicht die geringsten Vorteile hätten.

  • Danke für den Artikel!

    Pflichtlektüre für Butler und Bax.

  • Vielen Dank, Frau Martini!

  • Danke für diesen Klartext

  • Sehr geehrte Frau Martini,

    vielen Dank für diesen Beitrag. Ich stimme Ihnen vollkommen zu, dass dieses ganze Genozid-Apartheid-Freiluft-KZ-Gerede wenig hilfreich bis deplatziert ist und die Philosoph:innen bessere - well: universale im Sinne von "allgemein akzeptierbare" - Begründungen formulieren sollten.

    Auf der anderen Seite ist das natürlich auch ein bißchen viel Begriffshuberei, während Menschen sterben. Der Aufruf lässt sich - mit etwas gutem Willen - auch schlicht als Forderung nach nem sofortigen Waffenstillstand lesen, der natürlich nur über den Druck der Unterstützer Israels, besonders die USA, erreichbar ist. Um hier den Druck zu erhöhen wird dann eben die Genozid-Apartheid-KZ-Moralkeule ausgepackt. Das wird der Komplexität des Konflikts nicht gerecht, soll aber wohl dem humanitären Ziel dienen und die Demokrateien "shamen". So kann man das vielleicht auch lesen.

    Ohne dies rechtfertigen zu wollen (ich würde diesen Aufruf nicht unterschreiben), würde ich doch anmerken wollen, dass es unter den Hamas-Opfer und den -Geiseln ungefähr ein Dutzend mit deutscher Staatsbürgerschaft gibt, die Zahl der deutschen Gaza-Bewohner (ich habe irgendwo die Zahl 200 gelesen) aber deutlicher höher ist. Sich um deren Sicherheit bzw. Entkommen aus Gaza zu kümmern, müßte doch genauso das Ziel der deutschen Außenpolitik wie Solidarität mit Israel zu betonen oder das richtige Wording von Uno-Resolutionen zum Waffenstillstand zu bewerten, nicht wahr? Und das Gleiche gälte auch für die Außenpolitik aller anderen Staaten. Ich werfe der deutschen Politik nicht mal vor, hier untätig zu sein, aber die anderen Dinge stehen medial ziemlich im Vordergrund. Und so ein Aufruf, wie aufgeplustert er auch immer sein mag, zielt doch genau darauf ab: Menschenleben retten. Dafür wäre ich auch bereit, über blöde Argumente - statt über Leichen - zu gehen. Einziges Manko: Wahrscheinluch verhallt der Aufruf ungehört, die Leute kratzen ab, und nur die blöden Argumente bleiben.

    • @Mutashail:

      Ich schätze es eher so ein, dass es sich bei den Argumenten des Briefes leider nicht um solche handelt, über die man hinweggehen kann. Die Verfasserinnen u. Verfasser zielen letztendlich darauf ab, mit der Beendigung der Kampfhandlungen einen ersten Schritt zu einer dauerhaften friedlichen Lösung zwischen Israel u. den Palästinensern zu gelangen. Dazu schwenken sie aber m. M. n. mitnichten einer „Genozid-Apartheid-KZ-Moralkeule“ die als Floskel nicht zu ernst genommen werden soll. Nur als Unterstreichung eines Friedenswunsches. Ob absichtlich oder aus „philosophischer Unzulänglichkeit“ heraus, ist es doch so, dass die Unterzeichner den von ihnen gesehenen „sich entfaltenden Genocid“(„unfolding genocide”) von Seiten Israels nicht belegen können. Der ganz unspezifisch bleibende Verweis auf die Abfolge von Gewalt u. Gegengewalt in dem jahrzehntelangen Konflikt gibt den nicht her. Und er findet sich auch nicht im aktuellen Geschehen. Der Vorwurf des Genozids wird aber erhoben mit dem indirekten „Apell“ Israel als „potentieller“ Urheber müsse es ihn durch einen Waffenstillstand verhindern. Denn wenn es das unterlässt, macht es sich eben eines Genozids schuldig. Was dann aber auch so ausgelegt werden kann, dass Israel einen Genozid geplant habe. Denn „Genozid“ beinhaltet eine solche Absicht. Israel wird also durch den Brieftext auch dann nicht aus diesem Vorwurf entlassen, im FallWaffenstillstand. Wie soll der unter einer solchen Voraussetzung zustande kommen, geschweige denn der Anfang einer Friedenslösung möglich werden, wenn eine der Parteien dabei wie gezeigt so oder so mit der Tat des Genozids behaftet bleibt? Denn auf die fehlenden Beweise schaut keiner mehr. Israel steht als „Verbrecher gegen die Menschlichkeit“ da. So kann es dann „gewordet“ und „geframet“ werden. Und für mich bleibt die Fage: Ist es das, was die Verfasserinnen u. Verfasser wollen? Oder sind sie tatsächlich nur „philosophisch arg schusselig“ und wollen nur Frieden? Auf wessen moralisch Kosten?

      • @Moon:

        Ja, ich stimme Ihnen völlig zu, dass man über die (philosophisch) unzulängliche "Argumentation" letztlich nicht hinweggehen kann. Ich hatte das nur als pragmatische Lesart angeboten, um abgesichts der dringlichen Lage die kurzfristige Intention (?) des Aufrufs, die Zahl der Opfer so gering wie möglich zu halten, herauszuschälen. Aber: Wie Sie sagen, ist die Argumentation insgesamt nicht nur falsch, sondern auch kurzsichtig, weil sie Israel einen laufenden Völkermord unterstellt. Israel steht während & nach Ende der Kampfhandlungen nicht nur mit beschädigter Reputation da, sondern die blöde Argumentation wird wohl auch ein Bezugspunkt (für künftige Aufrufe und Debatten) bleiben. Ich hatte diesbezüglich ja auch schon mein Unbehagen artikuliert.



        Mir ist ebenfalls unverständlich, warum Philosoph:innen keine Resolution verfassen können, die auf kontrovers diskutierte Reizworte verzichtet und stattdessen das Anliegen klar benennt. Das führt dann wieder zurück zu der Frage der "Intention" des Aufrufes. Was ich in meiner wohlwollenden Auslegung als mögliches, vielleicht sogar konsensfähiges Anliegen (Zahl der Opfer gering halten; die Demokratien moralisch als Unterstützer Israels an den Pranger zu stellen und politisch unter Druck zu setzen) herausgeschält habe, erscheint dann sicherlich als zu wohlwollend, wenn das eigentliche Ziel des Aufrufes doch nur ist, Israels Politik vollkommen zu delegitimieren (als Genozid-Apartheids-KZ-Staat). Auch in diesem Punkt verstehe ich die Philosph:innen nicht - sie sollten schon darüber reflektieren, was und wem das nützen soll oder wie sie sich damit auch bei der Gegenseite Gehör verschaffen wollen - und bin zu keiner Ehrenrettung mehr fähig. Daher mein Dank Ihnen und der Autorin für die Klarsicht.

        • @Mutashail:

          Ich danke Ihnen sehr für Ihre geduldige Antwort. Bei knappen "Zeichenvorrat" vergaß ich den Hinweis, dass Sie persönlich Ihr Anliegen und Ihre Hoffnung auf wenigstens irgendeine Möglichkeit, zum Frieden oder wenigstens zum Schweigen der Waffen sehr klar und nachvollziehbar dargestellt haben. Und folglich nachvollziehbar, die Aspekte des Briefes "zu retten", die das möglich erscheinen lassen.

          Das bringen Sie ganz deutlich zum Ausdruck.

          Es wäre ja auch fast wörtlich wunderbar, wenn Diese Aspekte Gehör fänden!!!

          Also nochmal Dank.

          Aber es ist nun ein mal so, dass man den Aussagen des Briefes wohl doch eher mit Skepsis begegnen muss. Irgendwie fehlt dem Brief die Klarheit um die Wahrheit, welche die Verfasserinnen u. Verfasser eigentlich sagen wollen, auch "offenbar" weren zu lassen.



          Schade für die Philosophie - das Anliegen nach Frieden nicht klarer aufzuzeigen.

          • @Moon:

            Vielen Dank Ihnen beiden für den interessanten Gedankenaustausch!

            Ich habe den Eindruck, mit der Polarisierung ist ein Kalkül der Hamas aufgegangen. Die hat vermutlich damit gerechnet, dass Israel die Aktion nicht unbeantwortet lassen wird. Die tödlichen Konsequenzen, die Israel nun zieht, werden dazu benutzt, Menschen, die eigentlich nur Frieden wollen, zu manipulieren.



            Wohlmöglich sind auch die Verfasser*innen des offenen Briefs dem auf den Leim gegangen.



            Aber im Nachhinein kann ich mir natürlich was zusammenreimen....

            Das Blöde ist, dass im Krieg, der nun auch zu uns getragen wird, niemand neutral bleiben kann.

  • Ein ausgezeichneter Artikel!

  • 8G
    81283 (Profil gelöscht)

    Guter Artikel danke

  • Als Liberaler lese ich mittlerweile sehr gerne und regelmässig die TAZ. Ich lerne hier viel Linke Ideen und ich bin sehr froh, dass sich die TAZ Redaktion auch immer wieder andere Linke kritisiert.

    Vielen Dank dafür!

  • Danke für diesen Kommentar.

  • Was soll man davon halten, wenn sich Leute, die glauben besser zu denken als andere, zu Rechtfertigern von Terror aufschwingen und gefließentlich auslassen, dass ihre Forderung nicht den Stop des Terrors der Hamas und ihrer Unterstützer gegenüber Israel einbezieht?

    Die Enteignung der Palästinenser zu erwähnen ist bestenfalls voreingenommen, im schlechteren Fall zynisch, denn:



    - das jüdische Volk lebte einst in dem Gebiet, bis es selbst vertrieben wurde, also wer hat Anspruch darauf, oder geht es um Erbsenzählerei a la "wer hat mehr Anspruch"?



    - es gab im letzten Jh die Option, friedlich zusammen zu leben und von einander zu profitieren, doch die Araber wollten das nicht, sie wollten die Juden weg haben, auch mit Gewalt



    - die Israelis wurden selbst mehrfach angegriffen, und werden bis heute von Hamas und Hisbollah bedroht, beschossen, und nun gemeuchelt; dazu unterstützen im Hintegrund andere Länder diesen Terror

    Es ist wichtig, dass über die Mißstände in Gaza und Westbank gesprochen wird und Lösungen gefunden werden - ohne Frage.



    Doch es ist dumm, sich als Krone des Denkens hinzustellen und einseitig Ansichten in den Konflikt zu gießen, während die Bosse der Hamas durch Diebstahl an den Hilfsmitteln für Gaza dafür sorgen, dass es ein Ort des Elends bleibt, der den Menschen nur Terror als Perspektive bietet.

    Warum protestieren die großen Denker nicht gegen die Hamas und ihre Unterstützer?



    Warum fordern sie nicht in beide Richtungen an ALLE Beteiligten (inkl Hamas, Hisbollah, Syrien und Iran), dass dieser Irrsinn gestoppt werden muss? Ist das noch mutig und klug oder billig und kurzsichtig?



    Glauben die allen ernstes, wenn Israel ein paar Zugeständnisse macht, wird alles gut?



    Wie naiv kann man nur sein...

    Hätten diese Leute doch geschwiegen, sie wären Philosophen geblieben.



    Jetzt sind sie nur noch intellektuelle Geiseln des Terrors.



    Glückwunsch, das mach sie zu tollen Kandidat:innen für den Ignobelpreis.

  • Danke für diesen Kommentar. Dem muss man nichts hinzufügen und ich hoffe, dass nicht irgendein „Ja, aber….“ Troll daherkommt.

  • Dank an Frau Martini und an die TAZ für diesen Artikel.

  • Also links ist an diesem offenen Brief gar nichts. Und philosphisch auch nicht. Beides dient nur als billiges Deckmäntelchen für Antisemitismus. Als linker Philosoph fühle ich mich davon persönlich beleidigt.

    • @Petronius der Jüngere:

      Ja, weshalb die Philosophie her halten muss ist unverständlich. Allerdings ist es — mit Verlaub — eine bestimmte nicht so ganz gestrenge "Richtung" der Philosophie; schaut man sich die Namen an, sind es durchweg Anhänger (um nicht zu sagen Jünger) der Kritischen Theorie und vergleichbarer verquaster merkwürdiger Ecken der Disziplin. Als Philosoph sehe ich nicht einen Namen der mir bekannten Leute aus dem Bereich der eher dem logisch strengen Denken — etwa der Analytischen Philosophie — zugetanen Philosophen. Ich frage mich nun, ob das ein merkwürdiger Zufall ist. Ist es ein Zufall, dass in den Schriften der Kritischen Theorie es meist vor non-sequitur-Fehlern nur so wimmelt und der Analogieschluß über allem herrscht (der überhaupt kein korrekter logischer Schluß ist). Ist es ein Zufall, dass die Postkolonial Theory mit historischen und überhaupt faktiven Grundlagen sehr nonchalant umgeht und es mit Prämissen ohnehin nach Gusto umgeht und hier dieses Denkmuster auch hier wieder zum Vorschein kommt? Da ich von Berufs wegen in der letzten Zeit einige Texte der Postcolonials lesen musste, weiß ich, dass man sich in dieser — sorry — Clique sehr schnell in eine sektenmäßige, repetitive Binnenerzählung begibt, die durch die Brille der überaus schwachen Prämissen dieser Subdisziplin beherrscht wird. Eine der (übrigens nicht eigens begründeten) Grundannahmen ist, dass Israel ein prototypischer Kolonialstaat nach dem Kolonialismuszuschnitt des 19. Jh. ist. Das ist natürlich kompletter Quatsch. Allerdings nimmt es diese spezielle Philosophie es alles eben nicht so genau und macht passend, was nicht von sich aus paßt; auch die Historie, wie ich eingangs schrieb. Nun die Frage, warum muß eine ganze vitale Disziplin mit 2500-jähriger Geschichte herhalten für eine zusammengeschusterte Denkfigur, die weder links noch den Namen Philosophie verdient? Das verstört mich als Philosophen. Und noch mehr ärgert es mich. Was soll also der anmaßende Titel "Philosophy for Palestine", Leute?

  • Endlich eine informierte Position zum Thema. Mir ist es unverständlich, wie unbekümmert einige sich als links einordnende Aktivistit:Innen den richtig als Zivilisationsbruch bezeichneten Massenmord der Hamas als eine Art Akt der Befreiung vom israelischen Joch hinstellen. Man muss seine Augen schon willentlich schliessen, um auf diese Weise Solidarität auszudrücken. Ich fürchte, dass einige der Unterzeichnenden nie mehr aus ihrer zynischen Rechthaberei herausfinden werden.

  • Danke für diese klaren einordnenden Worte

  • Danke.