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Transatlantische EnergiepartnerschaftKanadisches Gas ist nicht besser

Jonas Waack
Kommentar von Jonas Waack

Als Alternative zu US-Importen könnte die deutsche Industrie LNG aus Kanada beziehen. Doch langfristige Investitionen widersprechen den Klimazielen.

LNG-Exportterminal in Kitimat an der Westküste Kanadas Foto: Darryl Dyck/Zuma Press/imago

E ine engere Partnerschaft mit Kanada klingt nach einer guten Idee. Kanada sei „das europäischste nicht-europäische“ Land, so Stéphane Dion, Kanadas Sonderbeauftragter für Europa. Auch der Außenhandelschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Volker Treier, findet, man könnte angesichts der US-Aggressionen näher zusammenrücken.

Derzeit kommt der Großteil des in Deutschland verbrannten Flüssiggases (LNG) aus den USA. Das könnte man doch auch aus Kanada holen, meint Treier. Aber das größte Problem mit US-amerikanischem oder russischem Gas ist nicht, dass es aus einem rechtsextrem regierten Land kommt. Sondern dass es die Erde erwärmt, Ältere an Hitze und Ärmere in Überschwemmungen sterben lässt.

Allerdings lässt sich das LNG nicht nur für ein paar Jahre – also bis die deutsche Wirtschaft ohne Erdgas auskommt – importieren. Aktuell gibt es kein LNG-Terminal an Kanadas Ostküste. Würde Europa sein Erdgas aus Kanada holen, müssten gigantische Exportkapazitäten errichtet werden. Ohne jahrzehntelange Verträge rechnet sich das nicht, die sind jedoch mit einer klimarealistischen Politik nicht vereinbar: Deutschland müsste wahrscheinlich bis Mitte der 2030er Jahre aus dem Erdgas aussteigen, um seinen Anteil an der Dekarbonisierung zu leisten.

Nicht viel besser ist die Idee, Wasserstoff zu importieren. Der würde in Kanada zunächst mit Erdgas hergestellt werden. Der Transport über den Atlantik ist aber so teuer, dass es klüger ist, den Wasserstoff per Pipeline aus Spanien oder Nordafrika zu holen. Dass die deutsche Industrie in Panik nach neuen Erdgasanbietern sucht, ist nachvollziehbar.

Ihnen bricht mit den USA nun in wenigen Jahren der zweite verlässlich gewähnte Partner weg, nachdem schon Russland die hoch bezahlten Top-Manager*innen enttäuscht hat. Was sie lernen könnten: Nur europäische Energie ist sicher. Wind und Sonne können den Energiehunger der Wirtschaft stillen, wenn angemessen investiert wird. Dafür könnten sich die Ma­na­ge­r*in­nen auch bei ihren Freun­d*in­nen in der CDU einsetzen.

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Jonas Waack
Klima-Redakteur
Jahrgang 1999, zuständig für Klima-Themen im Ressort Wirtschaft und Umwelt. Stadtkind aus Mecklenburg, möchte auch sonst Widersprüche vereinbaren. Bittet um Warnung per Mail, falls er zu sehr wie ein Hippie klingt.
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23 Kommentare

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  • „… nun in wenigen Jahren der zweite verlässlich gewähnte Partner weg“



    Wer die USA nach der ersten Trump Legislatur ernsthaft als verläßlichen Partner gesehen hat, kann wohl nur als grenzenlos ignorant beschrieben werden…



    Es gab und gibt sehr viele kluge Köpfe, die 2022 vor genau dieser Abhängigkeit von US-amerikanischem LNG gewarnt hatten. Und stattdessen den massiven Ausbau der erneuerbaren Energie gefordert hatten.



    Niemand kann jetzt behaupten, er/sie hätten es nicht gewußt.

  • Zumindest Öl wäre nett, denn statt das zu verbrennen, brauchen wir das für die chemische Industrie!

  • Liquefied Natural Gas ist Methan, das gefrackt wird. Dabei werden große Mengen an Methan, einem starken Treibhausgas, freigesetzt. Das Verflüssigen braucht so viel Energie wie ein Drittel des Gases enthält. Mit diesen Faktoren ist der Kohlenstoffausstoß von LNG so hoch oder höher als der von Kohle. Es ist eine schlechte Idee, darauf einzusteigen.

  • Ja, klar! Aber die Ampel hat es vermasselt und egal wie man das Agieren der Grünen in dieser Koalition bewertet, zwei Dinge möchte ich benennen, die alles zum scheitern brachten: Erstens - sich auf eine FDP unter Lindner einzulassen, war sträflicher Unsinn. Natürlich hätte es dann keine Ampel gegeben, aber jetzt, nach all dem unsäglichen Gezerre, liegen die Grünen am Boden. Das hätte man sich ersparen können. Zweitens - mehr Fingerspitzengefühl. Das Heizungsgesetz wäre logisch gewesen ohne Menschen, die davon betroffen sind. Mit Menschen muss man sich schon in deren Situation einfühlen. Voluntaristische Politik scheitert immer und das Heizungsgesetz war voluntaristisch, zwar von Graichen entworfen, aber von Habeck erstmal vertreten. Jetzt sind die dran, die aus allem Kapital geschlagen haben und die denken in anderen Kategorien als den Klimawandel. Das muss man so hinnehmen oder den Umsturz wagen. Danach sieht es aber nirgendwo aus. Also entspannen und die Zukunft sorgfältig und feinfühlig vorbereiten!

  • "Wind und Sonne können den Energiehunger der Wirtschaft stillen..."



    Ja. Als Ersatz für Erdgas z.B. mit Bio- und e-Methan.



    "...wenn angemessen investiert wird."



    Aber nicht, wenn das Geld Strom- und Wasserstoffspielereien rausgehauen wird und im Gegenzug vorhandene Energieinfrastruktur (z.B. Erdgasnetze) in die Tonne gekloppt wird. Dann reicht das Geld nämlich nicht.

    • @sollndas:

      so ist es, korrekter Kommentar!

    • @sollndas:

      Die vorhandene Energieinfrastruktur muss aber leider zum Teil in die Tonne gekloppt werden.

      Dazu gehört insb. das Erdgasnetz, Wasserstoff kann leider nicht über Erdgasleitungen fließen.

  • Der weltweite Primärenergieeinsatz bestand 2023 zu 79% aus fossilen Brennstoffen. In Deutschland waren es knapp 75% (Quelle Bundesumweltamt). Wie schnell kann man das auf Null senken? Wie groß kann der deutsche Beitrag zur Senkung weltweiter Emissionen sein? Welchen Effekt hätte eine schwächere oder abwandernde Wirtschaft auf uns und Europa? Was macht das mit der Akzeptanz der politischen Führung? Und der Stimmabgabe bei der nächsten Wahl? Auch solche Fragen gehören zum Klimarealismus.

    • @Allister:

      Schauen Sie nach Dänemark, da finden sie ihre Antworten.

  • Viele der älteren Generation, die gerade in Politik und Wirtschaft an der Macht sind, kümmern sich allerdings einen feuchten Kehrricht um Klimaschutz. Das gilt in Deutschland genauso wie in den USA, siehe Koalitionsverhandlungen. Und auch der etwas jüngere Klima- und Wirtschaftsminister sowie seine angeblich Klimaschutz-orientierte Partei haben den Angriffskriegs der russischen Faschisten nicht dazu genutzt ein Weg von Gas zu forcieren, sondern LNG Terminals hochgezogen.



    Die EU Kommission hat sich ja mittlerweile auch von der Green Deal Floskel verabschiedet.



    Insofern wird Gas aus Kanada wohl kommen. Mit den entsprechenden Verträgen.

  • Wie schnell hatte Deutschland in der Krise LNG-Terminals im Plural? Für Kanada lässt sich eines an der Ostküste aus der Portokasse bezahlen. Wenn es aber an der kanadischen Ostküste keine Gasquellen gäbe, wären die Kosten ein Vielfaches. Darüberhinaus bräuchte man aus strategischen Sicherheitserwägungen mindestens 2 LNG-Terminals.

    US-LNG-Gas zu kaufen ist ein Tropfen Balsam auf die angespannten deutsch-amerikanischen Beziehungen!!!!!!

    Schon in der ersten Amtszeit hatte Trump gefordert, Deutschland solle US-LNG-Gas kaufen. Auf den Ex-Geschäftsmann Merz als Bundeskanzler wird der US-Möchtegernautokrat sicher neugierig sein. Die Gasgeschäfte mit den USA zurückzudrehen empfiehlt sich für die Dauer dieser Präsidentschaft mit politikwissenschaftlich abgesichert absoluter Sicherheit nicht.

    Merz als Transatlantiker wird trotz unleugbarer Brüchigkeit des Verhältnisses USA zum Rest der Welt einen Gesprächsfaden mit Washington mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit aufrecht erhalten wollen.

    Merz kann Merkel einspannen zur Entspannungspolitik. Das Grillfest mit George. W. Bush in Trinwillershagen war ihr Meisterstück in deutsch-amerikanischer Beziehungspflege. Neuauflage: Barbecue auf Sylt

  • LNG aus Kanada ist jedenfalls besser und günstiger als das dreckige Gas von Donald. Von dessem Gas abhängig zu sein, sollte nicht das Ziel sein.

  • Ach, papperlapapp. Das K in CDU steht für Klimaschutz. Die Zeiten sind vorbei, in denen sich deutsche Regierungen wenigstens das Deckmäntelchen umgehängt hatten, Klimaschutz zu betreiben. Schwarz-braun ist nicht mehr nur die Haselnuss.

  • Da der Markt ja bekanntlich alles "regelt": Biogas zb von EWS Schönau.

  • "Wind und Sonne können den Energiehunger der Wirtschaft stillen, wenn angemessen investiert wird" sehr wahrscheinlich rechnet sich das genauso wenig wie kanadisches LPG.

  • Die Ratschläge des Autors sind vielleicht gut gemeint. Jedoch werden wir fossile Energie noch wesentlich länger brauchen als er denkt. Einen Ausstieg um 2035 wird es definitiv nicht geben.

  • Dass aus dem Erdgas zunächst das schwerer transportierbare Wasserstoff extrahiert wird, und dieser dann in Tanks über en Atlantik geschifft wird, kann wohl niemand ernsthaft vorgeschlagen haben. Möglich wäre indes die Herstellung von Wasserstoff in Europa aus dem aus Kanada bezogenem Flüssigerdgas.

    In beiden Fällen fällt CO2 als Abfallprodukt an.

    "Würde Europa sein Erdgas aus Kanada holen, müssten gigantische Exportkapazitäten errichtet werden." Mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass diese Kapazitäten nach Wegfall des europäischen Bedarfs für Exporte in andere Länder genutzt würden. Auch in Länder, die sich den ursprünglichen Ausbau der Kapazitäten nicht leisten könnten bzw. nicht als langfristige Importpartner in Betracht kommen.

  • Energieverbrauch ist generell ein Problem.



    Was schlägt der Autor vor?



    Abbau und Verlagerung industrieller Fertigungskapazitäten? Vielleicht in Länder, in denen man es nicht so genau nimmt?



    Stromabschaltungen? Ich habe hier im Forum gelernt, dass die 5% Beitrag zur Stromerzeugung durch die letzten 3AKW völlig unwesentlich sind. Da können wir den Strom doch auch locker für eine Stunde am Tag abschalten - sind doch auch nur völlig unwesentliche 5%.

    • @Carsten S.:

      Das Gas aus Kanada ist nicht für die Gewinnung von Strom gedacht. Deutschland könnte seinen Strombedarf zu 100% durch regenerative Energiegewinnung abdecken, wenn die Stromspeicherung, Netze und die Produktionskapazitäten, sprich Solaranlagen und Windparks deutlich fokussierter ausgebaut werden würden. Dass das seit Jahrzehnten nicht passiert ist politisches Versagen und die Bürger innen müssen für den Müll, welchen sie wählen, entsprechend blechen.

      Aber ganz realistisch betrachtet, die Antwort auf Ihre Frage ist ja. Einige Industrien wie zum Beispiel die Stahlproduktion sollten abwandern. Diese Industrien brauchen viel Gas und grüner Wasserstoff ist einfacher in sehr sonnenreichen Ländern zu produzieren.

    • @Carsten S.:

      Steht doch im Artikel: "Wind und Sonne können den Energiehunger der Wirtschaft stillen,"

  • Erdgas muss definitiv demnächst irgendwo her kommen. Die Gasspeicher sind jetzt Ende März definitiv nur noch zu 25% gefüllt. Die Idee mit dem Wasserstoff der mit Erdgas hergestellt wird für die Energiegewinnung ist leider meiner Meinung nach GaGa. Wirkungsgrad ca. 20%, wenn überhaupt. Da ist es besser gleich Erdgas zu verwenden.

    • @Der Cleo Patra:

      Das Ziel ist es, Wasserstoff ohne Freisetzung von CO2 zu erzeugen, etwa durch Elektrolyse, denn es gilt, die weitere Freisetzung von CO2 zu vermeiden.

      Den Wirkungsgrad halte ich dabei eher für zweitrangig.

      Meine Solarmodule haben auch nur einen Wirkungsgrad von 20,5 Prozent. Dennoch versorgten sie unser Haus im letzten März zu 85 Prozent mit Energie, wobei sogar die Wärmepumpe mit eingerechnet ist.

      Wasserstoff aus Erdgas produzieren wir in dem Chemiebetrieb, wo ich gearbeitet habe, bereits seit Jahrzehnten, wobei das CO2 einfach in die Umwelt entlassen wurde. Und das darf nicht so weitergehen.

    • @Der Cleo Patra:

      Sehr guter Punkt. "klimarealistisch" wollen wir doch sein. Dazu müsste zunächst die Kohleverbrennung weltweit absolut vollkommen auf den Betrieb von Hochöfen beschränkt werden und die Verbrennung von Erdölprodukten wie Benzin, Diesel, Heizöl, Kerosin und Plastikmüll drastisch reduziert. Die meisten erdölfördernden Länder fördern auch Erdgas. Wenn weniger Öl verbraucht wird, haben diese Länder für eine Übergangszeit noch Einnahmen aus dem Gas. Der Gasausstieg kann schleichen, den Turbo braucht die Welt nur beim Ausstieg aus Kohle- und Erdölverbrennung.

      Aber selbst dieser logische Weg ist nur theoretisch "klimarealistisch". Zuviele Länder hängen noch an der Kohle: China, Brandenburg, NRW. Wer aber mitmacht beim radikalen Kohle- und Erdölausstieg, vergrößert den kühlenden Tropfen auf den klimatrendbedingt immer heißeren Stein namens Planet Erde signifikant.

      Erneuerbare Energien allein? Nein. Energierealistisch auch Energiesparen und noch lange "vorläufig" Erdgas - nicht zuletzt ist die etwaige Abschaltung ganzer Gasnetze für die Menschen in Deutschland und vielen anderen Länder einzig und allein eine total dystopische Vorstellung, keine auch nur im Geringsten umweltfromm utopische!