Transatlantische Energiepartnerschaft: Kanadisches Gas ist nicht besser
Als Alternative zu US-Importen könnte die deutsche Industrie LNG aus Kanada beziehen. Doch langfristige Investitionen widersprechen den Klimazielen.
E ine engere Partnerschaft mit Kanada klingt nach einer guten Idee. Kanada sei „das europäischste nicht-europäische“ Land, so Stéphane Dion, Kanadas Sonderbeauftragter für Europa. Auch der Außenhandelschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Volker Treier, findet, man könnte angesichts der US-Aggressionen näher zusammenrücken.
Derzeit kommt der Großteil des in Deutschland verbrannten Flüssiggases (LNG) aus den USA. Das könnte man doch auch aus Kanada holen, meint Treier. Aber das größte Problem mit US-amerikanischem oder russischem Gas ist nicht, dass es aus einem rechtsextrem regierten Land kommt. Sondern dass es die Erde erwärmt, Ältere an Hitze und Ärmere in Überschwemmungen sterben lässt.
Allerdings lässt sich das LNG nicht nur für ein paar Jahre – also bis die deutsche Wirtschaft ohne Erdgas auskommt – importieren. Aktuell gibt es kein LNG-Terminal an Kanadas Ostküste. Würde Europa sein Erdgas aus Kanada holen, müssten gigantische Exportkapazitäten errichtet werden. Ohne jahrzehntelange Verträge rechnet sich das nicht, die sind jedoch mit einer klimarealistischen Politik nicht vereinbar: Deutschland müsste wahrscheinlich bis Mitte der 2030er Jahre aus dem Erdgas aussteigen, um seinen Anteil an der Dekarbonisierung zu leisten.
Nicht viel besser ist die Idee, Wasserstoff zu importieren. Der würde in Kanada zunächst mit Erdgas hergestellt werden. Der Transport über den Atlantik ist aber so teuer, dass es klüger ist, den Wasserstoff per Pipeline aus Spanien oder Nordafrika zu holen. Dass die deutsche Industrie in Panik nach neuen Erdgasanbietern sucht, ist nachvollziehbar.
Ihnen bricht mit den USA nun in wenigen Jahren der zweite verlässlich gewähnte Partner weg, nachdem schon Russland die hoch bezahlten Top-Manager*innen enttäuscht hat. Was sie lernen könnten: Nur europäische Energie ist sicher. Wind und Sonne können den Energiehunger der Wirtschaft stillen, wenn angemessen investiert wird. Dafür könnten sich die Manager*innen auch bei ihren Freund*innen in der CDU einsetzen.
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