piwik no script img

Tatenlosigkeit in der CoronakriseEtwas tun, jetzt!

Kommentar von Kathrin Zinkant

Um die vierte Welle zu brechen, müssen alte und neue Regierung einfach nur die Vorschläge der Leopoldina umsetzen. Wie schwer kann das sein?

Mundgerechter geht es kaum: Merkel, Scholz und Co. müssen endlich handeln Foto: Michael Kappeler/Pool/reuters

A n jedem Tag, an dem sich die Immer-noch-Bundesregierung in ihrer Tatenlosigkeit selbst übertraf in den vergangenen Wochen, wollte man rufen: Aber jetzt! Jetzt ist es doch klar, noch klarer als gestern! Ihr müsst etwas tun, sonst sterben Menschen!

Passiert ist dennoch täglich wenig bis nichts. Und so keimte angesichts der neuen Mutation mit Namen Omikron am Wochenende nur noch schwach die Hoffnung auf, ein Ruck möge wenigstens durch Olaf Scholz gehen. Immerhin ist der künftige Bundeskanzler auch Mitglied des geschäftsführenden Kabinetts, und als solches sollte er wissen, wer oder was die Leopoldina ist.

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina ist die wissenschaftliche Beratungsstelle der Bundesregierung. Immer, wenn zu entsprechenden Themen, etwa einer Pandemie, allgemeine Ratlosigkeit herrscht im Kanzleramt, kann man die Ex­per­t:in­nen der Akademie befragen. Manchmal sagt die Leopoldina aber auch einfach selbst was. So war es am Samstag, als die Akademie ihre zehnte Ad-hoc-Stellungnahme zur Coronakrise veröffentlichte.

Fehlt nur noch der Ruck

Nein, man muss sie dafür nicht überschwänglich loben, weil auch diese Stellungnahme viel zu spät kommt. Sie hätte vor Wochen erscheinen können und müssen, um Schlimmeres abzuwenden. Die Wissenschaft in Deutschland ist und bleibt zu unpolitisch, selbst in einem Gremium mit politischem Auftrag wie der Leopoldina. Aber das nur am Rande.

Denn sollte allen Fakten zum Trotz, gegen alle Warnungen von verzweifelten Intensivmedizinern, weltbekannten Virologen und modellierenden Epidemiologen tatsächlich nebulös gewesen sein, was man als Noch-Vizekanzler und Bald-richtig-Kanzler gemeinsam mit den anderen Noch- oder Baldregierungsmitgliedern hätte schon längst tun müssen, dann bietet die Nationale Akademie Olaf Scholz mit ihrem Papier nun alles, was er für eine entschlossene Pandemiebekämpfung braucht. Und das auf nur vier Seiten! Mundgerechter geht es kaum.

Die Ausführungen dürften nicht einmal die FDP überfordern, in Stichworten passen sie ja sogar in wenige Zeilen. Impfen, Boostern, Kontakte im Privaten und in der Öffentlichkeit rigoros einschränken, 2G, wo Kontakte unvermeidbar sind, Maskenpflicht – und politischer Zusammenhalt, denn die epidemische Lage von nationaler Tragweite ist ausgelaufen. Deshalb müssen die Länder mit dem Bund an einem Strang ziehen und dafür sorgen, dass die Schulen wirklich offen bleiben können. Davon unabhängig sollte der Bundestag die epidemische Lage neu beschließen.

Fehlt nur noch der Ruck. Er muss jetzt kommen. Und mit jetzt ist jetzt gemeint. Jetzt. Jetzt. Jetzt!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

26 Kommentare

 / 
  • Ich schlage vor, für die Behandlung von Ungeimpften durch die Krankenkasse einen Selbstbehalt von mindestens 500 € einzufordern, bis hin zu 10 % des Jahreseinkommens. Teilkasko für Ungeimpfte !

  • stille weihnachten voraus ...

    als wenn selbst 2g und komnsequente eimreisekontrolle nicht reichen wollten.

    eine begrenzung des mobilen radius von 100 km für inländer sollte reichen.

  • "Impfen, Boostern, Kontakte im Privaten und in der Öffentlichkeit rigoros einschränken, 2G, wo Kontakte unvermeidbar sind, Maskenpflicht"

    Schnell dahin geschriebene Stichworte, letztlich ohne Sinn, denn:



    Wie impfen ohne Zustimmung derjenigen die sich nicht impfen lassen (wollen)?



    Boostern, ok, da müsste man alle anschreiben und einladen. Auch hier die Frage wer wann wie?



    Kontaktvermeidung im Privaten und Öffentlichen einschränken: Lockdown, wo, wie oder wo im Job, Schule, Altenheim....welche Ausgleichzahungen... usw. Definieren!



    2G? Wenns keiner kontrolliert? Ich werde weder in Bäckerei, Restaurant, BusBahn... kontrolliert. Was soll eine Forderung ohne Umsetzungskontrolle?



    Maskenpflicht...genau, die Jungs mit einer roten Pappnase auch noch eine Steilvorlage geben... "ich habe doch ne Maske" ... musste ich mir mal anhören, seit dem halt ich meinen Mund.



    Nein, es muss Druck aufgebaut werden: Kontrollpflichten definieren, Belohnungen fürs Impfen, Nachteile fürs Nichtimpfen, Maskenverweigerer 50 € abdrücken lassen.. usw.

    Leute! , mit dem Wischiwaschi - Gelaber wie es sein sollte/könnte/müsste kommen wir nicht weiter. Oder es laufen lassen und Ungeimpften klar machen, dass sie sich im Falle der Fälle eben eher hinten anstehen müssen bei Arztterminen oder im KH.

    • @Tom Farmer:

      "Boostern, ok, da müsste man alle anschreiben und einladen. Auch hier die Frage wer wann wie?"

      Ganz einfach. Die Risikogruppen wurden auch angeschrieben und zur Erst-/Zweitimpfung eingeladen. Jeder Geimpfte musste eine Einwilligungserklärung unterschreiben, bevor er sich impfen lässt - mit vollständigem Namen und Adresse. Was passiert mit den Daten? Man weiß, wann sich wer impfen ließ und wo der/die Geimpfte wohnt und wann es wieder Zeit wird, die Impfung aufzufrischen. Nur die über 80-jährigen haben eine Einladung zum Boostern erhalten. Alle darunter nicht, auch nicht die sog. Risikogruppen. Warum die Gesundheitsverwaltungen keine Einladungen verschickt haben, das wissen nur die Götter. Letzten Endes hätte jeder Bürger eine Einladung bekommen müssen mit einem konkreten Impftermin zur Erst-, Zweit- oder Auffrischungsimpfung. Und die vielen Ärzte, die die Impfungen gegeben haben, sollten auch Patientendateien haben.

  • Die Partei, die Partei die hat immer Recht.



    Das war ja nicht abzusehen, das hat uns ja Keiner gesagt. Darüber wird jemand Mal reden müssen.

    Schade dass uns Loriot schon verlassen hat. Jetzt wäre es Zeit für eine neue Bundestagsrede.

  • 0G
    05653 (Profil gelöscht)

    Es lassen sich doch wieder mehr Menschen impfen. Schließlich hat die Saison für Erkältungskranheiten begonnen.

  • Der Brandbrief der Leopoldina kommt zu spät. Laut Minister Spahn mißt man zuletzt fünf nach zwölf, zehn nach zwölf, zuletzt halbe Stunde nach zwölf. Aber bald kommt Lauterbach, der mißt dann fünf vor zwölf, vier vor zwölf, drei vor zwölf, bis eben Lauterbach kommt.

  • "Impfen, Boostern, Kontakte im Privaten und in der Öffentlichkeit rigoros einschränken, 2G, wo Kontakte unvermeidbar sind, Maskenpflicht"

    Die Länder haben alle Mittel an der Hand, könnten umfassend handeln, sowohl nach dem alten, als auch nach dem neuen Regime, und zwar nicht erst seit gestern. Kann mir irgendjemand sagen, wieso das nicht geschieht?

    Daran ändert auch nichts, dem Gesundheitsminister Befugnisse einzuräumen, die eigentlich dem Parlament zustehen. Das ist eine Scheindebatte, Augenwischerei, um sich aus der eigenen Verantwortung zu stehlen.

    Sollte der Bund erneut das Heft des Handelns an sich reißen müssen, um diesmal bundesweite Maßnahmen selbst anzuordnen, etwa ein Shutdown mit rigorosen Kontaktbeschränkungen, so liegt es allein an der Unfähigkeit und Untätigkeit der Länder. Dieses Versagen ist sträflich.

    • @What would The Doctor do?:

      Nein, die Pandemiebekämpfung ist erst mal einew hoheitliche Aufgabe, die wie aller Schutz vor landesweit zuschlagendne Katastrophen in die Zuständigkeit der Bundesregierung fällt. Diese hat den Rahmen zu setzen. Die Länder müssen die Umsetzung konkret ausgestalten.

      Dass diese Fehlinterpretation des Föderalismus, der so nur im Bildungswesen existiert, um sich gegriffen hat, liegt vor allen anderen Gründen an der Unwilligkeit der abgewählten Regierung, ihren Job zu machen und für die Folgen ihres Handelns geradezustehen. Deshalb, nur deshalb, bedienen sich Merkel und Spahn solchen nicht verfassungskonformen Instrumenten wie der "Ministerpräsidentenkonferenz", die exakt so legitimiert ist wie jeder beliebige Mensch den man auf der Straße trifft: um weiter ein leistungsloses Grundeinkommen abzukassieren.

      Villen wollen bezahlt werden.

  • Ja, das "jetzt, jetzt, jetzt!" liegt mir auch schon sehr auf der Zunge. Was die alte Regierung treibt ist blanke Verantwortungslosigkeit, was die neue Regierung treibt ist allerdings noch viel schlimmer, weil inhaltlich noch feiger. Lindner vor allem bremst wo er kann und tarnt das unverschämterweise noch mit markigen Worten. Diese Ampel wird immer nur das Nötigste tun, da kann man sich sicher sein. Sie wird auch nicht auf Wissenschaftler hören. Viele Menschen werden sterben, die nicht hätten sterben müssen. Wir sind uns selber überlassen. Also Leute, seid Eure eigenen Politiker, begrenzt Euch, lasst Euch impfen, schützt Eure Mitmenschen, seid besser als die Lindners und Scholzens!

  • Es müsste dämmern, dass trotz rechtlicher Bedenken Geschäftsöffnung wohl vor Tod geht, anstatt den Firmen zu helfen und über Steuern das ausgegebene Geld wieder einzusammeln.

  • Versteh ich nicht, wieso es immer irgendwelche staatlichen Beschlüsse brauchen soll. Hindert doch niemand Institutionen, Ladenbetreiber*innen, Vereine usw. eigene Regeln aufzustellen und die Sache anzupacken. Auch das Individuum hindert niemand daran, ihre/seine Kontakte zu reduzieren, Maske zu tragen und sich testen zu lassen. Die Leute sollen nicht so weinerlich sein, von wegen es kämen keine Maßnahmen. Ja dann macht doch selber was! Kann man das den obrigkeitshörig-sozialisierten Deutschen nicht zumuten oder was? Traurig.

    • @BazaarOvBirds:

      Was soll man selber einen Löffel nehmen, um den Teich leer zu schaufeln, während andere eine Wasserleitung bauen, und den Teich damit befüllen?

      Wozu soll ich meine Kontakte von kaum noch vorhanden zu 0 ändern, während zur selben Zeit 50000 Menschen in Köln Müngersdorf Party machen?

  • Für mich ist es unfassbar, wie sich grüne Politiker sich immer wieder von einer FDP nötigen lassen können und dabei viele Tausende Tote riskiert werden. Man sollte mindestens pari pari Wissenschaftler mit eintscheiden lassen. Diese Parteienwirtschaft ist undemokratisch, wenn klare Erkenntnisse vorliegen und diese nicht berücksichtigt werden.

  • MORGEN IST AUCH NOCH KEIN TAG...



    etwas zu tun.

  • Gehen Sie mir weg mit der Leopoldina. Wie der heilige Stuhl. Die sagen was und alles wird gut.



    Niemand hält sich an Regeln. Natürlich taugen die Corona- Leugner nichts. Jedoch, das Desaster haben alle verursacht. Die einen sagen Kindern unter 12 sei eine Maske unzumutbar. Die anderen jammern wir bekommen alle psychische Probleme, wenn wir uns abschotten. Die nächsten poltern wenn einer von einer Millionen an der Impfung erkrankt.



    Wir leben in einer Zeit des impulsiven Vergnügens, in der niemand mehr berit ist EIGENEN Wohlstand oder Bequemlichkeit aufzugeben, auch wenn man damit das Leben anderer retten kann....machen wir weiter Party...

    • @Günter:

      > in der niemand mehr bereit ist EIGENEN Wohlstand oder Bequemlichkeit aufzugeben

      Was ist mit Ihnen? Entweder Sie machen das auch nicht, oder Sie schreiben hier unpräzise.

    • @Günter:

      Mein Chef hält in Besprechungen seit Wochen Monologe über die Wichtigkeit des Impfens. Nach der gesetzlichen Neuregelung ging es ihm gar nicht schnell genug, sich die Impfpässe seiner Mitarbeiter vorzeigen zu lassen, nur, um zu erfahren ob er einen Querdenker in der Abteilung hat. Zwei Tage später findet ein betriebliches Fest in einer Gaststätte statt, bei dem er deutlich machte, dass alle Mitarbeiter da zu sein haben und fast zwei Dutzend Leute stundenlang an zwei Tischen eng beisammen saßen. Man kann nur hoffen, dass er keinen Coronafall produzierte, Das passt doch alles nicht zusammen?

    • @Günter:

      Wollen wir jetzt von Lockdown zu Lockdown hüpfen?

    • @Günter:

      Leben über alles?



      Komisch das trotzdem die Krankenhaus Kapazitäten abgebaut werden

      • @Gretchen Müller:

        Das Personal wechselt auf Normalstation.

  • 9G
    93851 (Profil gelöscht)

    Politiker waren / sind nunmehr über Monate mit eigenen Machtinteressen sprich dem Bundestagswahlkampf und Koalitionsverhandlungen beschäftigt, anstatt sich tiefgreifend mit längst vorhandenen wissenschaftlichen Prognosen einer vierten Welle "zu beschäftigen". Kein Wunder, dass aufgrund vollkommen widersinnger Abstandsaufhebungen, Maskenaufhebungen bei Großveranstaltungen, Gastronomie-, Kulturbetrieben etc. und nun noch einer Mutante, mit der man doch bitteschön rechnen musste, die Sorgen im Vergleich zum letzten Jahr immer größer werden.



    Dank eines leider noch amtierenden Bundesgesundheitsministers, der nur allzu oft versprochen hat, was er nicht halten konnte und vieler absehbarer Fehlentscheidungen der Politik (z.B. Light-Lockdown 2020 etc.) stehen wir jetzt da, wo wir in Deutschland stehen!



    Mit ständig wechselnden Corona-Regelungen in 16 Bundesländern, einem geradezu Multimedialen "Corona-Gedröhne", dass man nur noch "die Ohren zuhält", um u.a. so vieles an Widersprüchlichkeiten überhaupt noch noch zu ertragen, zeigten Appelle an die Bevölkerung schon zuvor kaum bis keine Wirkung. Auch jetzt wartet man auf dringend notwendige Lockdown-Maßnahmen, die vielleicht noch retten könnten, was zu retten ist.



    Erfahrungsgemäß gibt es mehr Verantwortungslose als Verantwortungsvolle Bürger, doch diese scheinen sich auch auf politischer Ebene immer widerzuspiegeln.



    Dass z.B. die STIKO ihre altersabhängige Impfempfehlung zuletzt nach einem "Hüh-Hott-Prinzip " bestimmte, führt nicht gerade zu mehr Akzeptanz einer Corona-Politik, die seit Pandemiebeginn in vielen Bereichen, ja was denn eigentlich — gelernt hat?

    Jetzt muss gehandelt werden, und nicht noch ewig lang andauernde Überlegungen, Diskussionen aufkosten derer, die krank, Langzeitschäden haben werden oder gar nicht überleben!

    • @93851 (Profil gelöscht):

      "Erfahrungsgemäß gibt es mehr Verantwortungslose als Verantwortungsvolle Bürger, "

      70% sind geimpft. der Rest, um die 10% unter 12Jahre, um die 5% bis 18 und 15% ungeimpfte Erwachsene.



      Also 70 zu 15. Da passt was nicht an Ihrer Argumentation.

  • Wären nicht grad Wahlen gewesen, müsste man beide Regierungen abstrafen...

  • Wann, ja, wann breitet sich angesichts des kleinen O in irgendeinem Bundespolitikerköpfchen ein großes Ahhhh! aus ? Nachdenken und Einsehen ausdrücklich erlaubt - siehe Corona-Regel: AHA.

  • Das dafür notwendige Minimal-Quorum von Abgeordneten stellt den Antrag, die Notlage wieder festzustellen, zusammen mit der Beantragung einer GEHEIMEN ABSTIMMUNG. Geht durch, wetten ? Braucht kein Rotgrünling der Effdepp-e offen von der Fahne gehen, und doch wird sich ne große Mehrheit finden. CSU-Landesgruppe ? Linke-Fraktion ? Oder zusammen. Macht mal. Eilt.