Tatenlosigkeit in der Coronakrise: Etwas tun, jetzt!
Um die vierte Welle zu brechen, müssen alte und neue Regierung einfach nur die Vorschläge der Leopoldina umsetzen. Wie schwer kann das sein?
A n jedem Tag, an dem sich die Immer-noch-Bundesregierung in ihrer Tatenlosigkeit selbst übertraf in den vergangenen Wochen, wollte man rufen: Aber jetzt! Jetzt ist es doch klar, noch klarer als gestern! Ihr müsst etwas tun, sonst sterben Menschen!
Passiert ist dennoch täglich wenig bis nichts. Und so keimte angesichts der neuen Mutation mit Namen Omikron am Wochenende nur noch schwach die Hoffnung auf, ein Ruck möge wenigstens durch Olaf Scholz gehen. Immerhin ist der künftige Bundeskanzler auch Mitglied des geschäftsführenden Kabinetts, und als solches sollte er wissen, wer oder was die Leopoldina ist.
Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina ist die wissenschaftliche Beratungsstelle der Bundesregierung. Immer, wenn zu entsprechenden Themen, etwa einer Pandemie, allgemeine Ratlosigkeit herrscht im Kanzleramt, kann man die Expert:innen der Akademie befragen. Manchmal sagt die Leopoldina aber auch einfach selbst was. So war es am Samstag, als die Akademie ihre zehnte Ad-hoc-Stellungnahme zur Coronakrise veröffentlichte.
Fehlt nur noch der Ruck
Nein, man muss sie dafür nicht überschwänglich loben, weil auch diese Stellungnahme viel zu spät kommt. Sie hätte vor Wochen erscheinen können und müssen, um Schlimmeres abzuwenden. Die Wissenschaft in Deutschland ist und bleibt zu unpolitisch, selbst in einem Gremium mit politischem Auftrag wie der Leopoldina. Aber das nur am Rande.
Denn sollte allen Fakten zum Trotz, gegen alle Warnungen von verzweifelten Intensivmedizinern, weltbekannten Virologen und modellierenden Epidemiologen tatsächlich nebulös gewesen sein, was man als Noch-Vizekanzler und Bald-richtig-Kanzler gemeinsam mit den anderen Noch- oder Baldregierungsmitgliedern hätte schon längst tun müssen, dann bietet die Nationale Akademie Olaf Scholz mit ihrem Papier nun alles, was er für eine entschlossene Pandemiebekämpfung braucht. Und das auf nur vier Seiten! Mundgerechter geht es kaum.
Die Ausführungen dürften nicht einmal die FDP überfordern, in Stichworten passen sie ja sogar in wenige Zeilen. Impfen, Boostern, Kontakte im Privaten und in der Öffentlichkeit rigoros einschränken, 2G, wo Kontakte unvermeidbar sind, Maskenpflicht – und politischer Zusammenhalt, denn die epidemische Lage von nationaler Tragweite ist ausgelaufen. Deshalb müssen die Länder mit dem Bund an einem Strang ziehen und dafür sorgen, dass die Schulen wirklich offen bleiben können. Davon unabhängig sollte der Bundestag die epidemische Lage neu beschließen.
Fehlt nur noch der Ruck. Er muss jetzt kommen. Und mit jetzt ist jetzt gemeint. Jetzt. Jetzt. Jetzt!
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