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„Süddeutsche Zeitung“ gegen BloggerDer Cancel-Culture-Strohmann

Der Blogger Johannes Kram erwirkt eine Gegendarstellung in der „Süddeutschen Zeitung“. Das Gericht urteilte, die SZ habe ihn falsch wiedergegeben.

Der Berliner Blogger Johannes Kram wurde von der „SZ“ falsch wiedergegeben Foto: C. Hardt/Schöning/imago

Es war am 23. Februar, als der frühere Feuilletonchef und heutige Autor der Süddeutschen Zeitung (SZ) Andrian Kreye einen Fall von Cancel Culture aufdeckte, der seine Kollegin Sandra Kegel betraf, Feuilletonchefin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ): Da habe der schwule Publizist und Blogger Johannes Kram gefordert, „Kegel soll ab sofort keine Machtpositionen als Jurorin von Literaturpreisen (und in der Konsequenz des Gedankengangs als Feuilletonleiterin) mehr innehaben“, beschreibt Kreye in seinem Text „Mob Reflex '21 – Weg mit der Frau, oder es knallt: Zu einem Jour Fix der SPD und dem Zustand der Debattenkultur“.

Für Kreye ist das ein Paradebeispiel für den „Mob-Reflex“, den er im Umgang mit seiner Kollegin diagnostiziert, also auch für Cancel Culture. „So wird aus einer Debatte Hetze“, warnt Kreye eindringlich, es ist die Conclusio seines Textes, der sich ansonsten auch um Ausgewogenheit bemüht.

Das Problem mit der Conclusio: Johannes Kram hat das nie so gesagt oder geschrieben. Er taugt nicht als Hetzer. Kreye hat einen Cancel-Culture-Strohmann aufgebaut und niedergestreckt. Das sieht auch das Landgericht München so, wie die News-Seite queer.de berichtet.

Der Blogger hatte auf eine einstweilige Verfügung geklagt, nachdem die SZ den Abdruck einer Gegendarstellung abgelehnt hatte. Das Gericht sagt: Kram wurde falsch wiedergegeben. Die SZ kann das Urteil noch anfechten, äußerte sich aber bis Redaktionsschluss nicht zu einer taz-Anfrage.

Aufforderung zum Nachdenken

Was Johannes Kram in seinem preisgekrönten „Nollendorfblog“ (Grimme-Online-Nominierung 2016, Tolerantia Award 2018) tatsächlich geschrieben hatte: „Es ist für mich schwer nachvollziehbar, dass Sie [Kegel wird angeredet, Anm. d. Red.] verantwortlich für eines der wichtigsten Feuilletons deutscher Sprache sind. Und da man Sie in Jurys vieler Buchpreise beruft, schaudert mich der Gedanke, dass queere Stoffe und queere Ge­schich­ten­er­zäh­le­r*in­nen von Menschen wie Ihnen bewerten werden könnten. “

Man muss Kram nicht in der Sache zustimmen, um wie das Landgericht zu erkennen, dass es eklatante Unterschiede von seinen Worten zu der Interpretation von Kreye gibt. Kram schreibt nicht, dass Kegel ihren Job oder ihre Jury-Position verlieren soll. Er wünscht sich, dass sie nachdenkt.

Und da sind wir doch beim Gesamtzusammenhang, der inzwischen kompliziert ist und sogar über die Politiker_innen Gesine Schwan und Wolfgang Thierse eine ganze (Ex-)Volkspartei erfasst hat.

Anfang Februar hatten sich 185 Schauspieler_innen im Rahmen der Aktion #actout als queer geoutet, was Sandra Kegel in einem Text in der FAZ und später in einem SPD-Online-Talk kritisierte: Die Aktion sei „Kalkül“, die heutige Gesellschaft sei fortschrittlich genug, ein Gruppen-Coming-Out sei nicht notwendig.

Unlautere Mittel

Die Moderatorin des SPD-Talks, Gesine Schwan, solidarisierte sich in einer mitunter hitzigen Diskussion mit Kegel und entfernte mit-talkende queere Menschen, darunter eben Johannes Kram, aus der Talkrunde.

Hierauf bezieht sich Kreyes Artikel, später kam noch Wolfgang Thierse mit seinem Beitrag in der FAZ hinzu, der den Fokus erweiterte und nicht nur über queere Menschen, sondern allgemein über marginalisierte Gruppen sprach, die sich in der Gesellschaft zu viel Raum nähmen und Rücksicht auf die Mehrheit vermissen ließen.

Nahezu alle, die sich geäußert haben, fühlen sich nicht gesehen und werfen den Gegnern vor, mit unlauteren Mitteln zu arbeiten, absichtlich misszuverstehen, sich an Kleinigkeiten aufzuhängen, mit Halbwahrheiten zu arbeiten, zu emotional zu reagieren, „Mob-Reflexe“ nennt das Kreye. Und sie merken nicht, dass sie genau das, was sie „den anderen“ ankreiden, die ganze Zeit selbst tun.

Kreyes Text spielt dabei eine unselige Mittelrolle, weil er eigentlich glaubhaft zu vermitteln versucht, dann aber für seine Pointe nicht nur unscharf oder überspitzend arbeitet, sondern Aussagen falsch wiedergibt, um die eigene Erzählung dramatischer zu machen.

Zuhören, verstehen

Dabei hätte der Gesamtzusammenhang ein gänzlich anderes Vorgehen geboten: Anstatt auf Teufel komm raus eine Debatte anzufachen, wäre es besser gewesen, Argumente zu hören und abzuwägen, auf beiden Seiten um Verständnis zu werben: Sandra Kegel ist keine Homo-Hasserin, Wolfgang Thierse und Gesine Schwan übrigens auch nicht. Sie haben gewisse Diskussionen nicht verfolgt oder sich mit diesen nicht beschäftigt.

Johannes Kram will niemandem das Wort verbieten, er will nur wahrgenommen und mit seinen Aussagen ernst genommen werden, genau wie der Berliner SPD-Politiker und Queer-Aktivist Alfonso Pantisano, der in einem sehr persönlichen Text seine Sicht der unseligen Diskussionen schilderte.

So auch die Schauspieler_innen von #actout, deren Aktion von einem einfühlsamen und ausführlichen Interview im SZ Magazin begleitet worden war, in der sie vieles erklären, was später in der Diskussion komplett verloren gegangen ist. Wenn man wirklich zuhören würde, würde man vielleicht auch verstehen.

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41 Kommentare

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  • Eine Zeitung, deren Autor Dinge falsch wiedergibt um sich seinen eigenen dramatischen Bösewicht zu schaffen - und machen wir uns nichts vor, das könnte man durchaus auch Rufmord oder Üble Nachrede nennen - setzt sich spätestens dann ins Unrecht, wenn sie dann eine Gegendarstellung verweigert und erst per Gericht dazu gezwungen wird.



    Ein Autor, der mal einen Fahler macht, oder gar bewusst über einen längeren Zeitraum lügt und manipuliert, das kommt in den besten Häusern vor, das kann man einem Medium nicht unbedingt zum Vorwurf machen. Aber solche Fehler dann unter den Tisch kehren zu wollen, das ist dann schon Katholische Kirche/CDU Niveau, das kann - und zurecht - den Ruf einer Zeitung nachhaltig schädigen.

    Zum Glück (für die SZ) wird in dem Artikel dann auch noch die FAZ erwähnt, deren Qualität und Integrität die Verfehlungen der SZ ein wenig in Perspektive setzt.

    SPD Politiker, die in einer Zeitung, zu der man inzwischen dazusagen muss dass sie nicht aus dem Hause Springer kommt finden, dass man queeren Menschen und sonstigen Minderheiten nicht "so viel Raum" einräumen sollte...



    Aber was reg ich mich auf? Von beiden ist man Schlimmeres gewohnt.

  • Das Interessante an der ganzen Sache ist doch, dass Herr Kahrs nachgewiesen hat, dass Frau Kegel eine Lügnerin ist und als FAZ Angestellte ist Frau Kegel nicht mal fähig, sich dafür zu entschuldigen. Untragbar solch eine Person in einer Führungsposition bei einer angeblichen seriösen Zeitung zu beschäftigen!

    www.nollendorfblog.de/?p=12565

    Seit dem unprofessionellem Verhalten des Angestellten Jasper von Altenbockum gegenüber Rezo bei der FAZ noch ein weiteres Beipsiel für die Unseriosität der FAZ!

    • @Anna Minerva:

      Korrektur: Ich meine natürlich Johannes Kram und nicht Herrn Kahrs!

  • 9G
    97760 (Profil gelöscht)

    Diese von der SZ zu bringende Gegendarstellung ist nun wirklich Peanuts. Das Pendel wäre durch unmittelbare Durchführung, einen Tick zugunsten der Verpflichteten ausgeschlagen. Ende

  • Was will Herr Kram denn nun wirklich? Laut Herrn Göbel will er "nur wahrgenommen und mit seinen Aussagen ernst genommen werden". Laut seinem Anwalt im Antrag auf einstweilige Verfügung fordere Kram keinesfalls, dass Frau Kegel ab sofort keine Machtposition als Jurorin von Literaturpreisen mehr haben solle. Vielmehr nähme er (Kram) Frau Kegel in die "Handlungsverantwortung", wenn er schreibe „Es sind die netten, die klugen Köpfe. Es sind Menschen wie Sie. Aber Sie können das ändern. Bitte fangen Sie bald damit an!“ Damit fordert Kram laut seinem Anwalt nicht die Wegnahme einer Machtposition, sondern seine Aufforderung zur Verhaltensänderung impliziere ja, dass sie das nur aus einer „Handlungsposition“ heraus tun könne. Will Herr Kram also "nur wahrgenommen werden" oder will er nicht doch, dass Frau Kegel ihr Verhalten ändert, sprich etwas anderes sagt und schreibt, als das, was sie bisher gesagt und geschrieben hat? Dann darf die SPD sie auch wieder einladen. Wenn mir jemand sagt "ich möchte gern mit dir diskutieren, aber nur, wenn du etwas anderes sagst als bisher" - wie kann man das denn nennen? Blasenbildung? Ausschließeritis? Oder gar cancel culture?

    • 9G
      97760 (Profil gelöscht)
      @Skolebuss:

      Ich finde das alles sehr amüsant. Denke gerade an das "Literaturpreisbusiness" (eigene Wortschöpfung). Einen Literaturpreis kann grundsätzlich Jedermann/Frau ausloben. Kostet ca. 2000- 20.000 pro Einheit. Kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß Herr Kram hier irgendeinem privaten Preisverleiher ins Handwerk pfuschen möchte. Denn er formuliert geschickt zurückhaltend. Wohlwissend , wie das Literaturpreisbusiness läuft. Ich würde Herrn Kram jedenfalls mit in die Jury nehmen. Finde auch übertrieben von "Machtpositionen" zu reden. Würde ja bedeuten, daß diese Preisauslober*innen irgendeine Instanz wären. Viele Grüße

    • @Skolebuss:

      Herr Kram möchte, dass Leute nicht in Belangen anderer über diese anderen hinwegsprechen, noch dazu mit schlecht oder gar nicht recherchierten Daten, sondern dass diese Leute Verantwortung übernehmen für das, was sie in der Öffentlichkeit äußern. Und das will ich auch.



      Wie man das nennen kann? Wie wäre es mit "Selbstverständlichkeit"?

      • @mats:

        "in Belangen anderer" - was soll nun das sein? Darf Frau Kegel noch sprechen? Darf ich noch? Dürfen Sie noch? Darf die TAZ noch schreiben - in Belangen anderer?

        • @Skolebuss:

          Teil 1



          Ich schrieb nicht generell "über Belange anderer sprechen", ich schrieb "über Belange anderer hinwegsprechen". Das ist ein Unterschied. Die Erfahrung marginalisierter Gruppen in der Vergangenheit ist, dass Menschen aus der "Mehrheit" öffentlich verkünden, was gut und richtig für sie sei, ohne dass die Mitglieder der Gruppe selbst gehört werden oder ihre Erfahrungen und Anliegen in jenem Urteil irgendwie reflektiert sind.



          Ich bin kein Fan der Kommunikationsweise von Kram, ich finde die Echauffage sowie die ständige Homophobie-Unterstellung kontraproduktiv. Auch Kram muss verkraften, dass er dafür mal eins auf den Deckel bekommt. Und auch ihm sind Lernprozesse zuzumuten. Nichtsdestoweniger teile ich sein Anliege: Dass Personen für öffentliche Äußerungen über andere Verantwortung übernehmen (und das gilt für ihn, für mich und Sie genauso). Verantwortung bedeutet mindestens, dass man auf Kritik eine sachliche Antwort geben kann, wie man die Aussage begründet. Es heißt auch, dass man eine Äußerung besser formuliert, wenn sie missverständlich war (so hat das Thierse z.B. mit seiner Aussage zu den "ganz normalen Menschen" im Tagesspiegel gemacht), oder auch revidiert, wenn man mal Mist erzählt hat - denn das passiert jedem von uns mal. Wie gesagt, das halte ich für selbstverständlich, und ich kann nicht verstehen, wie aus dieser Forderung nach verantwortlichem Sprechen immer wieder die Frage "Was darf man denn noch sagen?" gedreht wird.

          • @mats:

            Teil 2



            Manchmal denke ich, die Frage ist eigentlich verkürzt und bedeutet "Was darf man denn noch sagen, ohne dass einem gleich widersprochen wird, ohne dass einer sich gleich aufregt, ohne dass mir gleich böse Absichten unterstellt werden?". Wäre es tatsächlich dieser Frage, dann kann ich mit Gesine Schwan nur sagen: Ja, genau so ist das heute, wo so viele Leute mitsprechen dürfen wie noch nie. Das mag für viele eine Zumutung sein. Aber: Wollen wir wirklich zurück in eine Zeit, in der einige wenige beanspruchen konnten, in der Öffentlichkeit "für viele" oder sogar "für alle" zu sprechen, während die "kleinen Leute" oder auch schon mal "die Perversen" einfach die Klappe zu halten hatten?

    • @Skolebuss:

      Ich denke Herr Kram möchte, dass LBGTI-Menschen sich über all die Dinge beschweren können, die in ihrem Leben beschwerlich sind. Dagegen ist natürlich nichts zu sagen.



      Es ist nur dummerweise manchmal so, dass LBGTI-Menschen sich über Dinge beschweren möchten, von denen sie glauben, dass sie nur deswegen beschwerlich sind, weil sie LBGTI-Menschen sind.



      Das ist dann manchmal wirklich so. Und manchmal nicht. Und über das eine und das andere manchmal sind Herr Kram und Frau Kegel unterschiedlicher Meinung. Dann kam Herr Kreye und schrieb, ihr könnt ja unterschiedlicher Meinung sein, aber müsst ihr euch gleich gegenseitig den Mund verbieten? Das wollte Herr Kram nicht lesen und wollte deswegen Herrn Kreye den Mund verbieten. Was natürlich nur dazu geführt hat, dass jetzt mehr Menschen den Artikel von Kreye gelesen haben.



      Dass Kreye da einen Strohmann gebastelt hätte ist natürlich trotzdem Quatsch, aber um die Sache geht's ja auch schon lang nicht mehr. Nur noch um's Gefühl, und das ist irgendwie schlecht, glaube ich.

      • @Brobdignag:

        Brudi, im Text steht doch um welche Aussage es ging und sorry als Betroffener sehe ich das sehr wohl so, dass das öffentliche Outing von 150 queeren Celebreties noch keine absolute Selbstverständlichkeit ist und subalternen, queeren Personen bei der Selbstakzeptanz helfen kann, vermeintliches Kalkül hin oder her.



        Vielleicht hätte ich das auch nur als lustiges Witzchen wahrnehmen sollen, als ich mich jeden Morgen vor dem Unterricht durch eine Traube von Mitschülern aus der Parallelklasse kämpfen musste, die mich immer ganz lieb und lustig mit "Na, Schwuli, hallo, Schwuli" und so weiter begrüßt haben, während die Freunde aus meiner eigenen Klassen noch nicht mal mehr was zu tun haben wollten mit mir in der Pause (ich war noch nicht mal geoutet), oder die ganzen homophoben Kommentare die ich schon als kleines Kind abbekommen hatte, obwohl ich noch nicht mal wusste, was schwul heißt oder die Leute, die mich auch noch in der Oberstufe im Schulflur geschubst und mir Schläge angedroht haben, wenn ich mich gewehrt habe. Cancel-Culture am Arsch. Wenn jemand so eine weltfremde Aussage fällt, muss sie sich nicht darüber wundern dafür kritisiert zu werden, vor allem wenn es ein Thema ist, dass für viele Leute mit viel berechtigtem Schmerz verbunden ist.

        • @Fluor Säure:

          Tja. Genau so macht man jede sinnvolle Kommunikation kaputt. Glückwunsch.

  • Wie man Kritik in der Form "mich schaudert bei dem Gedanken, dass Du sowas jemals wieder tust" als "er wünscht sich, dass sie nachdenkt" übersetzen kann, wird glaube ich das Geheimnis des Autors bleiben.



    Ob man bei der Bewertung des Geschreibsels dieses Bloggers die Formulierung Kreyes verwenden soll, darüber kann man sicher diskutieren. Der Bewertung seiner Aussagen in diesem Artikel dürfte besagter Blogger allerdings auch heftig widersprechen - es sei denn, er könnte nicht schreiben, was er meint. Und das wollen wir doch einem fast preisgekrönten Autor nicht unterstellen.

    • @Brobdignag:

      Nach der "Bewertung des Geschreibsels dieses Bloggers" bin ich zu der Beurteilung gelangt, dass das Geschreibsel sehr präzise, nachvollziehbar und gelungen ist. Der Nachweis "dieses Bloggers", dass Frau Kegel eine Lügnerin ist, scheint mir auch juristisch einwandfrei! Eine Entschuldigung von Frau Kegel wäre eine Mindestanforderung, die die FAZ Angestellte aber anscheinend bisher nicht gebracht hat.

      www.nollendorfblog.de/?p=12565

      • @Felix Meran:

        Frau Kegel eine juristisch einwandfrei nachgewiesene "Lügnerin" ? Diese Behauptung sollten Sie sich noch mal überlegen. Üble Nachrede ist strafbar.

        • @Skolebuss:

          Frau Kegel kann juristisch dagegen vorgehen. Das hat Sie bisher vermieden! Warum wohl? Daher stimmt diese Aussage!

    • Malte Göbel , des Artikels, Autor_in
      @Brobdignag:

      vielleicht den ganzen Blogpost von Johannes Kram lesen, dann wird das klarer...

      • @Malte Göbel:

        Vielleicht findet ja die zweite Antwort die Gnade der Auroren...



        Will sagen: been there, done that, bought the T-Shirt.



        Die einzige Aussage, die sich auch nur in der Nähe von "wünscht sich, dass sie nachdenkt" verorten lässt, ist die Einlassung von Krams Anwalt vor Gericht.

      • @Malte Göbel:

        vielleicht so darüber berichten, dass es schlüssiger ist.

        Mir fiel das auch auf.

      • @Malte Göbel:

        "Seien Sie nicht böse, aber ich frage mich langsam wirklich, wie Sie auf die Idee kommen konnten, beruflich über Kultur schreiben zu wollen, und noch mehr, wie man Ihnen die Verantwortung über Menschen übertragen konnte, die über Kultur schreiben, wo Ihnen die Verhältnisse der Branche, die Gegenstand ihrer Arbeit sind, doch offensichtlich völlig fremd sind."



        Stimmt. Wesentlich klarer.

        • Malte Göbel , des Artikels, Autor_in
          @Brobdignag:

          Hallo,

          Johannes Kram schreibt am Ende:

          "Und trotzdem möchte ich mich bei Ihnen bedanken. Schon lange hat ein Text in einer großen deutschen Tageszeitung nicht mehr so deutlich gemacht, warum es so schwer ist, die Diskriminierung von LGBTIQ in unserer Gesellschaft zu überwinden. Es sind nicht die Wütenden oder die Bildungsfernen.

          Es sind die netten, die klugen Köpfe. Es sind Menschen wie Sie. Aber Sie können das ändern.

          Bitte fangen Sie bald damit an!"

          - ist für mich ziemlich deutlich der Wunsch, dass sie nachdenken soll. Ob sie das tut, ist eine andere Sache bzw. wie der Wunsch bei ihr ankommt. Fakt ist aber, dass Johannes Kram ausführlich beschreibt, was das Problem an Kegels Text ist, also auf die Überzeugungskraft seiner Argumente hofft. Und nicht populistisch fordert, dass Kegel ihren Job nicht mehr ausüben darf.

          • @Malte Göbel:

            Herrn Krams "Argumente" haben ja den einen oder anderen Kommentator veranlasst zu unterstellen, Frau Kegel sei eine "juristisch einwandfrei nachgewiesene Lügnerin", und "untragbar".



            Was Sie als "Wunsch, dass sie nachdenken soll" umschreiben, scheint bei der Mehrzahl der Rezipienten als schlichtes Maul verbieten anzukommen. Da haben Sie also offenbar eine deutlich positivere Perspektive auf Herrn Krams Ausführungen - ich fürchte nur, die haben Sie recht exklusiv.

            • @Brobdignag:

              Ich glaube du hast 1, 2 Schritte übersprungen, die den Mitkommentatoren zu der Aussage "Kegel sei eine juristisch einwandfrei nachgewiesene Lügnerin" bewogen haben. Kleiner Tipp: Es war nicht der Originaltext von Kram.

  • Man könnte anhand dieses Mini-Cancel-Sturms eigentlich über ein wichtiges Thema sprechen, nämlich den erreichten Grad rechtlicher Gleichstellung und gesellschaftlicher Normalität, und wie man sich progressive LGBT-Arbeit vorstellt, wenn man nicht mehr das totale Victim ist, sondern ziemlich viele Rechte bereits erfolgreich erstritten hat. Muss man dann wie die Grünen von der Initiativenarbeit in die Parlamente und Kommissionen wechseln, muss man dann wie die Gewerkschaften gesellschaftliche Allianzen bilden? All das wäre nach 25 Jahren erfolgreicher LGBT-Arbeit ein spannendes Thema und es wäre toll, das von progressiver Seite her zu hören. Blöd, dass Sandra Kegel von eher konservativer Seite etwas sagt, dass eigentlich wahr ist: "Ich würde sagen, dass der Erfolg schon da ist. Wenn wir uns an die Diskriminierung in den 1980ern erinnern, als wir Kinder und Jugendliche waren, dann sind wir wirklich einen ganzen Schritt weiter." (Das sagt sie in dem SPD-Kulturforum 00:34) Johannes Kram mag auf seinem Blog etwas abweichendes formuliert haben, aber der Impuls, dass die Süddeutsche-Redakteurin gar nicht an dem Jour fixe hätte teilnehmen dürfen, die Empörung, dass sie überhaupt eingeladen worden war, war ganz klar das Zentrum von Krams Beitrag in jener Zoom-Diskussion. Kegel benutze "rechten bis rechtsradikalen Sprech", sie würde AfD-Standpunkte vertreten, und "Ich frage mich, ob die SPD auch jemanden eingeladen hätte, der sich ähnlich rassistisch oder antisemitisch geäußert hat wie Frau Kegel das gemacht hat." Kram wendet sich dann an Gesine Schwan persönlich. "Liebe SPD, solche Leute, ich kann nicht verstehen, wie man Sarrazin aus der Partei ausschließen möchte und so eine Diskutantin hier als exemplarisch für das Feuilleton einlädt." (00:56-00:59) Das irre ist, Kram hat zum Teil durchaus gute Argumente, die er auch vorbringt, gleichzeitig versucht er seine Gegnerin zu canceln. Manchmal sind Leute so.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Mark2013:

      Sag ich ja - es ist Krieg. Die Leute können sich nicht mehr beherrschen. Mit dem Internet ist das so wie mit dem Drohnenangriffen. Kann man alles gemütlich zu Hause erledigen und man kann in Ruhe eskalieren. Aber da man virtuell keine Autos anzünden kann und niemand ob der Excesse innehält, geht die Eskalation weiter, in den Schützengräben des "Kultur"kampfes.

      Und im Hintergrund lachen sich die Profiteure ins Fäustchen.

      • @4813 (Profil gelöscht):

        Und wer sollten die Profiteure im Hintergrund sein? Google, Facebook und Amazon, deren Traffic und damit Werbeeinnahmen steigen, egal ob Katzenvideo oder Gender-Krawall in den Leserspalten? Vielleicht.

        • @Mark2013:

          Klar, Google die alten NWO-Genderverschwörer. Wäre unmöglich Werbeeinnahmen mit anderen Themen zu machen.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    So ist das im Krieg. Da sind die Kontrahenten empfindlich, die Wahrheit stirbt und gewinnen kann das Fußvolk nicht, es wird geopfert.



    Gilt für beide Seiten.

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Nix Krieg. Das ist im Kern ein ganz gewöhnlicher Streit. Mit all den alltäglichen Schwierigkeiten, in Verletzung und Wut eine gelingende Kommunikation hinzubekommen.



      Der einzige Unterschied zum Ehekrach ist, dass hier die Medien auf jeden einzelnen Schlagabtausch draufhalten, oft einseitig Partei ergreifen, ihre Favoriten anfeueren und dessen Gegner niedermachen - und sich dafür von (Teilen) ihrer Leserschaft beklatschen lassen.

      • 4G
        4813 (Profil gelöscht)
        @mats:

        Ich meinte nicht den Einzelfall, sondern die aufgeheizte gesellschaftliche Gesamtsituation.

        • @4813 (Profil gelöscht):

          Is "Krieg" nich trotzdem ein paar Nummern zu groß?

  • Guter Artikel, der die Sache richtig einordnet - vielleicht sollten sich die Beteiligten einach mal bei Phönix aussprechen (da hier die einzigen Talkrunden stattfinden, bei denen sich die Leute nicht überschreien wollen und der Moderator auch hin und wieder hinhört un d nachfragt).

    Aber ich hab da mal eine etymologische Nachfrage:



    Neuerdings wird jede Aussage eines Menschen, jeder Beitrag, jeder Artikel nicht mehr als solcher bezeichnet sondern als "Erzählung".



    So auch hier:



    "...um die eigene Erzählung dramatischer zu machen."



    Was solln diss?



    Kann man nicht einfach schreiben: ... um das gesagte, das Geschriebene, den Artikel... usw.?



    Diese Formulierung kommt seit einem oder zwei Jahren immer mehr auf und mittlerweile klingeln mir die Ohren. Gibt es keine Synonymwörterbücher mehr oder ist es einch nur ein schicker business-sprech, der den Vorteil hat, dass man nicht darüber nachdenken muss?



    Ich finde, jeder Journalist sollte pro Verwendung mindestens 1,00 an die Macher der Floskelwolke bezahlen.



    Soweit meine Erzäh... äh - mein Standpunkt.

    • Malte Göbel , des Artikels, Autor_in
      @Oliver Korn-Choodee:

      Hallo, als Autor des Textes kann ich dazu sagen, dass ich zunächst auch "Argumentation" statt "Erzählung" geschrieben hatte, es dann aber auf "Erzählung" geändert habe, weil ich an der Stelle einen Verweis auf Relotius eingefügt hatte. Den haben wir dann aber doch gestrichen, die "Erzählung" blieb aber. Eher Zufall, that's all ...

      • @Malte Göbel:

        Das finde ich aber wirklich nett, dass Sie sich dazu melden. Ist eine gute und einleuchtende Erklärung - und die Tatsache, dass Sie sich dazu äußern und auch recht viele auf meinen Kommentar reagiert haben, zeigt mir, dass ich nicht wort-paranoid bin, sondern dass es eine allgemeine Empfindung ist. Danke übrigens für den Hinweis auf Relotius: ich bin mir fast sicher, dass bei dieser Affäre dieser Ausdruck geboren wurde.

        • Malte Göbel , des Artikels, Autor_in
          @Oliver Korn-Choodee:

          Ich glaube, das wurde schon vorher verwendet - und ich persönlich finde es auch gar nicht so schlimm oder falsch, weil letzten Endes fast jeder gute Text irgendwie auch etwas erzählt. Bei Kreye war es die Geschichte der von Hetze betroffenen FAZ-Kollegin, nur stimmt halt der Part mit der Hetze nicht.

    • @Oliver Korn-Choodee:

      Das haben Sie gut beobachtet finde ich. Wenn ich darüber nachdenke ist es aber auch konsequent, da die Verwendung des Begriffes mit der Wandlung des Anspruchs des Journalismus einhergeht. Es wird ja heute garnicht mehr als Ziel und Aufgabe des seriösen Journalismus gesehen zu berichten, sondern eben "Erzählungen" zu liefern die gespickt mit selektiv gewählten Fakten das Weltbild des Lesers bekräftigen. Jüngstes Beispiel:



      www.google.com/amp...1-cf3780db1f83-amp

      Und kommt es ja noch dazu dass die Bewertung als wahr heute nicht mehr zwischen den Kategorien "ist so passiert" und "ist so nicht passiert" unterscheidet, sondern wahr = Aussage kommt von einer in Identität und intersektional richtig gelesenen Person. Ist das dann garnicht passiert (siehe oben) spielt das keine Rolle - hätte ja so passiert sein können.

      Ergo es handelt sich meistens tatsächlich um Erzählungen .

    • @Oliver Korn-Choodee:

      Na, vom Beginn bis zum Ende Ihres Kommentars ist aus der etymologischen Nachfrage ist schnell eine normative Forderung geworden...

      Aber spüren wir doch mal der Wortverwendung nach: Es gibt viele Sachzusammenhänge und Aussagen, die nicht in einem linearen Text oder in einer linearen Rede gefasst werden können. Schwache Beispiele sind die sog. "Threads" in Social Media sowie typische Theaterstücke in mehreren Szenen. Stärkere Beispiele die UI-Bedienung eines Computerspiels, welche eine Geschichte vermittelt, Filme, die aus mehreren unzusammenhängenden Geschichten bestehen und trotzdem einen Gesamtsinn vermitteln oder die koordinierte Lancierung einer modifizierten "Wahrheit" durch gezielte mündliche und schriftliche Verbreitung von Fake News an verschiedenen Stellen. All diese Beispiele würde ich als "Erzählungen" im weiteren Sinn bezeichnen.

      Dazu kommt noch die "Erzählung" in der klassischen Form, also in einem linearen Text in einem literarischen Werk oder als Geschichte bei einem Märchenabend.

      Für all das scheint sich nun "Erzählung" als abstrakter Begriff / Oberbegriff entwickelt zu haben.

      Und nun im Zusammenhang mit dem vorliegenden Artikel: Ich habe in der Schule gelernt, dass man für dieselbe Sache in nahe beieinanderliegenden Sätzen nicht zweimal dasselbe Wort nutzen soll. Wenngleich man die Anwendung dieser Regel übertreiben kann und dann hölzerne Texte produziert, finde ich die Regel grundsätzlich sinnvoll. (eine Nicht-Anwendung würde noch hölzerner sein.) Im vorliegenden Artikel wird diese Regel ganz gut berücksichtigt, auch indem neben den "Text" die "Erzählung" gestellt wird. Das hat den positiven Effekt, nicht nur die technischen Ebene darzustellen, sondern auch persönliche, statuierende und vllt. emotionale Aspekte darzustellen.

      Ihre genannten Alternativen ("das Geschriebene", "der Artikel") bespielen diese nicht-technischen Aspekte nicht und können mich nicht überzeugen. - und das starre Konstrukt wollen Sie finanziell besserstellen??

      • @jbechtel.de:

        Sie haben in einem Punkt Recht: "etymologisch" war das falsche Wort. Ich wollte damit eigentlich einfach ausdrücken: "woher kommt das (jetzt) so inflationär". Und ich hätte die Anmerkung auch nicht gemacht, wenn es mir in letzter Zeit nicht so aufgefallen wäre. Den Artikel von Malte Göbel hat es also nur zufällig getroffen...

    • @Oliver Korn-Choodee:

      s.a. Narrativ. Da rollen sich inzwischen nur noch die Zehennägel hoch....

      • @zio pipo:

        Ja, so ist das, wenn sozialwissenschaftliche Kategorien aus ihrem Kontext gerissen und in ein vermeintliches Alltagsverständnis übernommen werden. Dasselbe Elend ist es übrigens mit "Identität".