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Streit in der AmpelKritik an Lindners Gegengipfel zur Wirtschaftslage

Am Dienstag laden sowohl der Kanzler als auch der Finanzminister zu Spitzengesprächen ein. SPD und Grüne sind über FDP-Initiative nicht begeistert.

Gehen wirtschaftspolitisch alle einen eigenen Weg statt einen gemeinsamen zu suchen: Habeck, Scholz und Lindner Foto: Michael Kappeler/dpa

SPD und Grüne üben Kritik an der Einladung der FDP zu einem eigenen Wirtschaftsgipfel kommende Woche im Bundestag. Für Dienstag haben Bundesfinanzminister Christian Lindner und FDP-Bundestagsfraktionschef Christian Dürr Funk­tio­nä­r:in­nen verschiedener Wirtschaftsverbände zu einem Spitzengespräch in den Bundestag gebeten. Kurz danach wird im Kanzleramt ein Treffen von Olaf Scholz mit Ver­tre­te­r:in­nen von Industrie, Verbänden und Gewerkschaften stattfinden. Dabei wird es vor allem um die schwache Konjunktur gehen.

Der Hintergrund des FDP-Vorstoßes: Kanzler Scholz hatte zu dem Spitzengespräch einige Verbände nicht eingeladen, unter anderem den konservativen Verband der Familienunternehmen und die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK). Ver­tre­te­r:in­nen dieser Verbände machen massiv Stimmung gegen die Bundesregierung und setzen auf eine Ablösung. Diese und weitere Verbände haben Lindner und Dürr nun zu ihrem eigenen Wirtschaftsgipfel gebeten.

Lindner bezeichnete seine Veranstaltung als eher „komplementär“ zu den Gesprächen im Kanzleramt. Dort gehe es nur um die Industrie. Die deutsche Wirtschaft bestehe aber nicht nur aus der Industrie, sondern auch aus dem Mittelstand, dem Handwerk, Selbstständigen und Start-ups, sagte er. Auch deren Bedürfnisse und Erwartungen müssten gehört werden.

Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Rolf Mützenich bezeichnete die Einladung der FDP zu einem Wirtschaftsgipfel als „schlicht albern“. „Der Finanzminister sollte sich auf sein Ressort konzentrieren und nicht versuchen, mit einer eigenen Veranstaltung die Arbeit des Kanzlers zu torpedieren“, sagte Mützenich der Rhein-Neckar-Zeitung. Der grüne Fraktions-Vize Andreas Audretsch kritisierte Lindner ebenfalls. „Die Zeiten sind zu ernst für Gipfel-Ping-Pong“, sagte er der Bild-Zeitung.

Habeck will Investitionsprämie

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nimmt am Treffen am Dienstag im Kanzleramt nicht teil. Er hatte in der vergangenen Woche ein 14-seitiges Papier mit einem Bündel von Maßnahmen zur Belebung der Konjunktur und zur Beseitigung struktureller Schwächen vorgelegt. Zentral ist dabei eine Investitionsprämie für Unternehmen.

Finanzieren will Habeck die Maßnahmen mit einem Sondervermögen, für das Kredite aufgenommen werden, die nicht schuldenbremsenrelevant sind. Die Vorschläge hatte Habeck im Vorfeld nicht mit Lindner und Scholz abgestimmt. Beide hatten sie postwendend nach der Veröffentlichung verworfen.

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8 Kommentare

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  • "Finanzieren will Habeck die Maßnahmen mit einem Sondervermögen, für das Kredite aufgenommen werden, die nicht schuldenbremsenrelevant sind."



    Was sagt die früher vielzitierte "schwäbische Hausfrau" dazu?



    Mir kommt die Assoziation: Tricksen.



    Vielleicht kommen ja aus der Wirtschaft auch zusätzliche und konstruktivere Lösungsvorschläge mit werthaltiger Basis.



    In puncto Zinsen droht sonst ein späterer Kollaps.



    /



    www.augsburger-all...en-id67735261.html

  • Das übliche FDP Bashig ist hier doch weitgehend nicht angebracht. Alle drei Parteien machen hier nur noch Wahlkampf mit staatsmitteln. Habeck hatte seine Veranstaltung in Form von Nennung seiner "best off" für die Wirtschaft bereits.

    Bitter, dass die drei sich nicht einmal zusammensetzen und die Aufgabe gemeinsam beschließen.

    Sigmar Gabriel hat es von außen gerade eingeworfen. Das aktuelle Vorgehen schadet der Glaubwürdigkeit von Politik enorm.

  • Ein Genuß der Ampel bei der Selbstentleibung zuzusehen.



    Schade nur wegen dem was auf die Ampel folgen wird.



    Und Manns genug endlich die Konsequenzen zu ziehen sind alle drei nicht. Gendersternchen hin oder her ...

  • Mögen die Spiele beginnen! 🤪

  • Das Possenspiel der Ampel hat mittlerweile Konturen angenommen, die auf eine willkürliche Missachtung des Wählerauftrags schließen lassen.

    Sämtliche Koalitionspartner haben ihren Anteil daran, dass einer der Grundpfeiler der repräsentativen Demokratie auf lange Sicht beschädigt wurde.

    Denn ohne Vertrauen in eine seriöse Regierungspolitik haben populistische Parteien leichtes Spiel bei der Bevölkerung.

    Es hat aber eher den Anschein, als sei der Regierung der Ansehens- und Vertrauensverlust in der Bevölkerung gleichgültig, anders lassen sich die Kommentare und das Verhalten von Regierungsseite nicht erklären.

    Ein Trauerspiel für die Demokratie und angesichts der aktuellen Weltlage absolut verantwortungslos.

  • Der richtige Zeitpunkt für Scholz den Bundespräsidenten zu ersuchen, Lindener die Entlassungsurkunde auszuhändigen...

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Und dann? Ist es wirklich nur Lindner, des kleinsten Koalitionspartners, der gute Politik unmöglich macht oder ist es eine Unfähigkeit bzw. Unwille von SPD und Grüne?



      Scheuer war schon richtig schlecht, manche Minister von SPD, Grüne und FDP haben das unmögliche möglich gemacht und ihn noch um ein gutes Stück unterboten.

      • @Hitchhiker:

        "Ist es wirklich nur Lindner, des kleinsten Koalitionspartners, der gute Politik unmöglich macht..."



        In diesem Fall ist Lindners 'Gegengipfel' eine durchaus bewusste Brüskierung des Bundeskanzlers, welche - völlig ohne Beachtung von Unfähigkeit oder nicht - eine Entlassung angezeigt erscheinen lässt.