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Steigende BenzinkostenGewinne deckeln, nicht Preise

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Den hohen Spritkosten mittels staatlicher Zuschüsse entgegenzuwirken, ist der falsche Weg. Die Profite der Raffinerien sind Grund für dicke Rechnungen.

Superteuer: Tanken 2022 Foto: Hauke Christian Dittrich/dpa

T rotz breiter Kritik ist eine staatliche Spritsubvention noch nicht vom Tisch. Dabei wäre der Vorschlag von FDP-Finanzminister Christian Lindner, den Preis für Benzin und Diesel durch einen Zuschuss unter 2 Euro pro Liter zu drücken, nicht nur ungerecht gegenüber allen, die sich ohne Auto fortbewegen. Er würde am Problem der hohen Preise, die für manche Pend­le­r*in­nen ja tatsächlich ein Problem sind, auch wenig ändern.

Denn der Hauptgrund für den starken Preisanstieg der letzten Wochen ist nicht der höhere Rohölpreis, der dem direkten politischen Einfluss entzogen ist, weil er fast komplett ins Ausland fließt. Der größte Teil des Geldes, das an der Tankstelle zusätzlich bezahlt wird, landet vielmehr bei den Raffinerien, die das Rohöl in Deutschland zu Benzin und Diesel veredeln. Weil deren Produktionskosten sich kaum verändert haben, steigen die Gewinne der großen Mineralölkonzerne, die die Haupteigentümer der Raffinerien sind.

Ein staatlicher finanzierter Rabatt auf den Benzinpreis dürfte dagegen nicht helfen – im Gegenteil: Dadurch dürfte der Druck, die Preise wieder zu senken, eher abnehmen. Wenn es beim Benzinpreis schon einen Deckel braucht, dann nicht bei jenem, den die Kun­d*in­nen an der Tankstelle kassieren, sondern beim Preis, den die Raffinerien in Rechnung stellen.

Möglich wäre das zum einen, indem den Konzernen durch das Bundeskartellamt Preisabsprachen nachgewiesen werden. Insofern ist es richtig, dass Wirtschaftsminister Robert Habeck jetzt eine entsprechende Prüfung angeregt hat. Für den Fall, dass das nicht zum Erfolg führt, sollte die Bundesregierung möglichst bald eine Besteuerung der Übergewinne auf den Weg bringen.

Das ist juristisch nicht ganz einfach, dürfte sich in diesem Fall aber rechtfertigen lassen, weil die Zusatzgewinne der Raffinerien ziemlich offensichtlich sind. Die Einnahmen aus dieser Steuer könnten dann genutzt werden, um die Entlastungen für jene zu finanzieren, die ganz besonders unter den hohen Energiepreisen leiden. Das nützt in jeder Hinsicht mehr als ein Tankrabatt.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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18 Kommentare

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  • Ich empfehle eine Zeitreise zur Haustankstelle im Juli 2008 per Google StreetView. Seitdem sind die Verbraucherpreis um 22% gestiegen . Damit müsste der Diesel- bzw. Benzinpreis ohnehin bei über 1,80€ / 1,85€ liegen - von einer gebotenen ökologischen Steuerung gar nicht zu sprechen. Was für eine populistische Aktion!

  • Richtig analysiert. Es hilft nur ein staatlich festgelegter Höchstpreis wie in Luxemburg (petrol.lu). Geht ganz einfach, Preise aus Luxemburg plus 14 Cent mit Spielraum plus 20 Cent für Diesel (Super 20/25 Cent) und wir haben wieder halbwegs gerechtfertigte Preise.



    Aktuell dann Diesel 1,87 € und Super 1,98 €.

  • Was soll dieser Vorschlag von FDP-Finanzminister Christian Lindner ?

    Wenn man jene, die auf das Auto angewiesen sind, tatsächlich entlasten wollte würde mann die Pendlerpauschale bzw. die Werbungskosten für den Weg zur Arbeit anheben.

    Aber das würde ja dem zentralen Dogma der Grünen entgegenstehen.

    Es zeigt sich einmal mehr, dass die Politik -allen voran die Grünen- die Armen rupft und das Geld nach oben pumpt.

    • @Bolzkopf:

      Die Pendlerpauschale wird doch erhöht.

  • Also ich wäre für abwarten und durchatmen. Die Benzinpreise sind jetzt seit knapp zwei Wochen auf Rekordhoch. Eventuell normalisiert sich das wieder in den nächsten zwei Wochen oder im Kartellverfahren kommt etwas raus. Etwas nervt der blinde Aktionismus innerhalb von ein bis zwei Wochen etwas machen zu müssen und Geld zu verschenken, das man in die Energiewende stecken könnte.

    • @Strolch:

      Zustimmung

  • Das sich unsere Oligarchen jetzt die Taschen füllen, liegt am System.



    Jedem Hartz4 Empfänger wird das Konto geprüft.



    Den Ölkonzernen lässt man alles durchgehen. Sie liefern den begehrtesten Rohstoff unserer Zeit.



    Ohne ihn wäre mindestens die Hälfte der deutschen Männer impotent.



    Selbst der Kapitalistenfreund Lindner möchte mit Esso&Co sprechen.



    Der Ölpreis ist schon länger gesunken.



    Schon tauchen die Heuler auf, die armen Ölkonzerne. Eine bedrohte Tierart.

  • @DIMA, @FIBE

    Für die Reichen trollen?

    Hier, stellvertretend, die Total-Aktie [1]. Zu beachten: die "Täler" sind bei 10%! Das ist ja noch besser als BlackRock[2].

    In Zeiten mit so vielen und tiefgreifenden Krisen können wir uns solche Krisengewinnler schlicht nicht leisten.

    @DIMA: das als "Populismus" abzutun ist einfach billig.

    [1] www.finanzen.net/a...otalenergies-aktie



    [2] www.finanzen.net/aktien/blackrock-aktie

    • @tomás zerolo:

      Nö, das hat wenig mit Trollen zu tun.

      Und einfach nur einen vollkommen ungangbaren Vorstoß rauszuhauen, der - egal aus welchen Gründen auch immer - schlichtweg nicht umsetzbar ist, ist halt populistisch. Da helfen auch keine Hinweise auf irgendwelche Aktienkurse.

      Man kann ja gerne die Meinung vertreten, dass wir uns Krisengewinn(l)er nicht leisten können, nur eine nachträgliche Besteuerung scheitert halt ganz einfach an unserem Grundgesetz. Nicht mehr und nicht weniger.

      Ich persönlich kann nicht einschätzen, ob ein Kartellverfahren durchgeht oder nicht, nur ist das halt nicht das Thema des Artikels.

      • @DiMa:

        Das Schöne am Recht: Es ist nicht Gottgegeben. Man könnte also die aktuellen Gesetze ändern. Viel Arbeit und der politische Wille dürfte fehlen, aber es ginge. Einen Grundgesetzverstoß würde ich bei einer solchen Sondersteuer nicht sehen.

        Aber ich bin für Abwarten. Die Leute decken sich gerade mit Heizöl ein, wie sie es vor zwei Jahren mit Klopapier gemacht haben, da sie Sorgen vor einem kalten Winter haben, wenn es mit Russland weiter eskaliert. Das treibt den Preis.

        • @Strolch:

          Richtig, die Verfassung ist nicht Gottgegeben sondern lediglich heilig.

          Die Besteuerung von Gewinnen kann im laufenden Zeitraum geändert werden, nur ist ein solches Kartellverfahren nicht binnen Jahresfrist rechtskräftig beendet. Nach Ablauf des Veranlagungszeitraums darf ein Steuergesetz jedoch nicht mehr abgeändert werden (Grundsatz des Vertrauensschutzes).

          Und am Vertrauensschutz sollten wir wohl eher nicht rütteln.

  • Die Raffinerie in Schwedt (Berlin/Brandenburg) gehört Rosneft... An anderen Raffinerien ist Rosneft beteiligt oder hat ebenfalls die Mehrheit.

    Was das mit den momentanen Preisen an der Tankstelle zutun hat? Am Ölpreis liegt es nicht der ist ja zwar hoch aber bei weiten nicht für über 2€/Liter.

  • Mit Lindner Krisengewinne abschöpfen? Eher friert die Hölle.

    Der Kern der FDP ist der Maximalgewinn. Egal wie er erzielt wird.

  • Wenn und soweit das Kartellverfahren ohne Erfolg bleibt, dann gibt es keine "Übergewinne". Bis das festgestellt wird oder nicht dürfte einige Zeit ins Land gehen. Dann ist eine Besteuerung der jetzt entstehenden Gewinne wegen des Rückwirkungsverbotes jedoch ausgeschlossen.

    Alles in allem ein allenfalls populistischer jedoch nicht gangbarer Vorstoß.

  • Das mit den Raffinerien hat ja die taz ziemlich exclusiv.

    Normalerweise liegt die Gewinnnmarge bei den Raffinerien zwischen 1 und 2 Cent pro Liter.

    Nebenbei wird ca. 45% der Dieselkraftstoffe bereits fertig raffiniert nach Deutschland importiert.

    Dann allerdings müßte andere Länder teils deutlich stärker betroffen sein.

    Deutschland hat schlicht die höchsten staatlichen Abgaben auf Kraftstoffe.

    Da kommt dann eben die MwSt drauf, die eben nochmal auf alles summiert erhoben wird.

    • @fibe:

      Ach so: ich glaube Italien könnte die Deutschen in dem Fall (Steuern) schlagen, aber wohl nur noch knapp

    • @fibe:

      Genau, und das scheint dem Autor dieses Artikels entweder unbekannt zu sein oder er will aber noch mehr Steuern! Und was glaubt er wohl, was passieren wird, wenn er noch mehr staatliche Abgaben erhebt? Die Mineralölkonzerne werden sich auch daran schadlos halten. Denn auch ein grüner Minister ändert nix am Kapitalismus, und der soll das derzeitige Wirtschaftssystem in D sein, hab ich gehört

      • @Roman Herrle:

        " Denn auch ein grüner Minister ändert nix am Kapitalismus, und der soll das derzeitige Wirtschaftssystem in D sein, hab ich gehört"

        Hoffentlich weiß das auch der Habeck.