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Steigende EnergiepreiseSprit sparen? Nein danke!

Trotz hoher Benzinpreise wird in Deutschland bisher nicht langsamer gefahren. Der Tankrabatt stößt dagegen auf breite Zustimmung.

Am Fahrverhalten auf Autobahnen ändern die hohen Spritpreise bisher wenig Foto: Jochen Tack/imago

Berlin taz | Trotz der Rekordpreise von mehr als 2,20 Euro pro Liter Superbenzin und mehr als 2,30 Euro pro Liter Diesel fahren die deutschen Au­to­fah­re­r*in­nen bisher nicht langsamer als sonst. Das geht aus Erhebungen des Navigationsgeräteherstellers Tomtom und des Datendienstes Inrix hervor, berichtet die Deutsche Presse-Agentur.

„Unsere Geschwindigkeitsanalyse mehrerer Autobahnabschnitte in Deutschland lässt derzeit keine Veränderung der Fahrgewohnheiten aufgrund des Kraftstoffpreises erkennen“, sagt Bob Pishue von Inrix. Auf einzelnen Strecken sei die Geschwindigkeit zwar etwas niedriger gewesen, doch dies habe an einem erhöhten Verkehrsaufkommen während der Stoßzeiten gelegen.

Auch Tomtom berichtet, man sehe an Werktagen „keine Anpassung im Fahrverhalten bezüglich der Durchschnittsgeschwindigkeit auf den betrachteten Autobahnen seit den Spritpreissteigerungen“. Tendenziell sei der Verkehr in der vergangenen Woche sogar schneller gewesen als Mitte Februar.

Das Fahrverhalten auf den Autobahnen spricht dafür, dass das Interesse, die Benzinkosten zu verringern, bisher gering ist. Denn gerade auf den Autobahnen ließe sich mit einer Verringerung der Geschwindigkeit viel Treibstoff sparen: Wer statt 150 nur 120 Kilometer pro Stunde fährt, verbraucht nach Angaben des Umweltbundesamts auf der gleichen Strecke 27 Prozent weniger Kraftstoff; beim Verlangsamen von Tempo 140 auf 120 liegt die Einsparung bei 19 Prozent.

Diverse Umweltverbände hatten in den letzten Tagen die Ver­brau­che­r*in­nen dazu aufgerufen, langsamer zu fahren. Von der Bundesregierung forderten sie, ein Tempolimit einzuführen, um den Import von russischem Öl und die Treibstoffkosten gleichermaßen zu reduzieren. In der Ampelkoalition gibt es derzeit aber keine solchen Pläne. Die FDP hatte im Koalitionsvertrag eine Absage an ein generelles Tempolimit durchgesetzt.

Mehrheit für Tankrabatt

Auch wenn sie bisher nicht langsamer fahren: Eine Entlastung bei den Spritpreisen fände die Mehrheit der Deutschen gut: Eine am Montag durchgeführte Yougov-Umfrage, die nach Angaben des Instituts repräsentativ für alle Deutschen ist, kam zum Ergebnis, dass 67 Prozent der Befragten einen staatlichen Tankzuschuss eher oder sehr angemessen fänden. 23 Prozent fänden ihn eher oder sehr unangemessen, 10 Prozent der Befragten hatten keine Meinung. In der Umfrage wurde allerdings weder die Höhe eines mögliches Tankrabatts genannt noch inwieweit dieser durch Ausgabenkürzungen oder Steuererhöhungen an anderer Stelle gegenfinanziert werden soll – was das Ergebnis stark beeinflussen dürfte.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte einen solchen staatlichen Benzin­zuschuss ins Gespräch gebracht, zunächst aber keine Details zur Höhe und zur Finanzierung gemacht. In der Koalition gibt es bisher keine Einigung über den Vorschlag. Eine Entscheidung wird noch in dieser Woche erwartet.

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16 Kommentare

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  • Messungen auf Autobahnabschnitten sind doch nicht repräsentativ für alle deutschen Autofahrer. Was soll das also?

    Ich persönlich überlege mir bei diesen hohen Preisen, ob ich überhaupt in die Kiste steige.



    Dem Porschefahrer hingegen dürfte das i.d.R. ziemlich wurscht sein!

  • Meinetwegen soll der Spritpreis vorübergehend gesenkt werden, um die Akzeptanz weiterer Sanktionen gegen das russische Terror-Regime abzusichern. Das Embargo wird kommen, doch unmittelbar, bevor das geschieht, wird Putin selbst den Hahn abdrehen, um es als souveräne Entscheidung und Gegenstrafmaßnahme darzustellen. Und in der Tat, das wird nicht einfach, aber Putin muss gestoppt werden.

    Wichtig ist, sobald die Rohstoffpreise wieder sinken, den CO₂-Preis deutlich anzuheben und dies mit dem Energiegeld zu verknüpfen.

    Wichtig ist, die CO₂-Emissionen noch und gerade in diesem Jahr maximal zu senken, um den 1,5°-Grad-Pfad zu erreichen, und wenn weiter darauf bestanden wird, Tempolimits irrationalerweise auszuschließen, gleichwertige andere Möglichkeiten aufzuzeigen und auch zu nutzen.

    ·

    Was noch weniger Aufschub duldet, und das fällt mir wirklich schwer: Die Ukrainische Armee könnte ein Vielfaches der bisherigen Waffenlieferungen gut gebrauchen, um weitere Menschenrechtsverbrechen und humanitäre Katastrophen zu unterbinden. Absolut keine Zeit für Halbherzigkeit!

  • Ich persönlich fahre jetzt nicht langsamer als vor den hohen Preisen weil ich da bereits standardmäßig Tempomat 130 auf der AB gefahren bin. Das ist für mich der beste Kompromiss zwichen Fahrzeit und Spritverbrauch. Mit einem Durchschnittsverbrauch von 5,5l Diesel auf 100km bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 105km/h bin ich sehr zufrieden.

  • Die aktuellen Spritpreise haben nur indirekt mit derm Ukraine-Krieg zu tun. Als 2012 der Rohölpreis bei 140$ war, kostete der Diesel max. 1,40€ und Benzin war immernocht 15 Cent teurer.



    In der Zwischenzeit haben sich die Abgaben auf Kraftstoffe zwar geändert, sind aber nicht um 1€ gestiegen. Ein Mangel an Rohöl ist ebenfalls nicht bekannt aber die Angst davor wird geschürt. Da füllen sich gerade Ölkonzerne und Börsenspekulanten die Taschen und der Staat soll Steuern senken? Eine Börsenaufsicht zur Unterbindung von Wucherpreisen wäre eher angebracht.



    Aber die Ölkonzerne sprechen ja ihre Preise auch nicht ab.

  • Leider greift der Artikel viel zu kurz da er sich offensichtlich nur mit dem "privaten" Autofahrer befasst.



    Unglücklicherweise werden dank der hohen Kraftstoffpreise aber alle mehr zahlen dürfen.Der Gütertransport wird ja auch teurer. Und die meisten Güter werden nunmal auf der Straße und nicht auf der Schiene transportiert. Also wird sich der hohe Kraftstoffpreis auf jeden Preis auswirken. Sollen ja alle was davon haben. Als nächstes kommt dann die Belastung derjenigen die beruflich pendeln müssen. Die schauen sich das eine Weile an und da alle Preise steigen wollen die dann auch mehr Geld, ist ja logisch und schon haben wir einen weiteren Preistreiber für den Endverbraucher. Gut das mit dem MEHR GELD funktioniert nicht in allen Branchen, hat ja nicht jede eine Lobby hinter sich die das pusht das Ihre Schäfchen mehr Geld bekommen. ÖD wird sicher nicht darumter leiden auch nicht die Leute in der Kernindustrie, alle anderen schon, die werden am Ende die Suppe auslöffeln dürfen und bekommen gut gemeinte Ratschläge von wegen langsamer Fahren damit Sie neben mehr Geld auch noch mehr Freizeit opfern dürfen um eine schlecht bezahlte Tätigkeit auszuführen.

    Und jetzt mal noch die Idee von Herr Lindner. Typisch deutsch eben. Möglichst hoher Verwaltungsaufwand für möglichst geringen Effekt. Jetzt soll also der Tankstellenbetreiber in Vorleistung treten um seinen Kunden einen Rabatt zu gewähren den er dann später vom Staat zurückbekommt. Wer jetzt denkt das wäre ja nicht so schlimm weiß sicher nicht das Mitarbeiter von Tankstellen keineswegs Angestellte der großen Mineralölkonzerne sind. Das sind Franchisenehmer, ähnliche wie bei McD oder BK. Am Benzin verdienen die kaum was, daher sehen Tankstellen ja auch eher wie kleine Supermärkte aus. Die sollen dann also noch Anträge ausfüllen und einreichen damit Sie den großzügig gewährten Rabatt auch wieder zurück bekommen. Na vielen Dank.



    Das zeigt doch nur das der Politik in D eigentlich egal ist was mit den Leuten ist.

  • Paradox,



    jetzt haben wir den Benzinpreis der aus ökologischer Sicht sinnvoll wäre. Aber schon wird wieder nach dem Staat geschrien. Bloß keine Einschränkungen. Keine Geschwindigkeitsbeschränkungen, keine kleineren Autos, kein Verzicht. Warum soll ich mich denn Einschränken, der Staat federt ja meine Mehrbelastung ab.



    Am Ende werden die Raser und Vielfahren von denjenigen finanziert, die sich möglichst ökologisch verhalten.

  • Manche fahren jetzt langsamer, manche genau so schnell und andere schneller aus welchen Gründen auch immer.

  • Laut Umfragen ist eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung bereit, steigende Preise infolge der Sanktionen gegen Russland mitzutragen. Beim Spritpreis hört die Solidarität dann allerdings auf.

    Zudem trifft die Erhöhung der Spritpreise laut einer auf ZON veröffentlichten Studie nur eine Minderheit, nämlich die Gruppe der Einkommensschwachen Pendler, die große Entfernungen zurück legen müssen. Diese Gruppe finanziell zu entlasten macht Sinn.

    Beim Gießkannenprinzip würden allerdings vor allem die Gutverdiener mit mehreren PKW profitieren.

    Das nun offenbar trotz steigender Sprit nicht mal langsamer gefahren wird zeigt mehrerlei:

    1.) eine generelle Spritpreisreduzierung wie von Hr. Lindner ins Spiel gebracht verfehlt ihre Wirkung und ist vor allem kontraproduktiv.

    2.) offenbar gehört es zu den irrationalen Besonderheiten der deutschen ihr Herz und ihren Verstand außerhalb ihrer Autokarossen zurück zu lassen.

    ...also lieber im Winter frieren, als nicht über die Autobahn zu "heizen"...Aber das ist wohl auch wieder so ein "Problem der Anderen" oder was... ich fass es nicht...!!!

    • @Wunderwelt:

      Das mit dem Winter und frieren ist ihre ziemlich einsame Meinung.

  • 9G
    93851 (Profil gelöscht)

    ..."wird in Deutschland bisher nicht langsamer gefahren. Der Tankrabatt stößt dagegen auf breite Zustimmung."

    Das beste Indiz dafür, dass sich ungehobelte Raser, denen Mensch und Umwelt ohnehin schnurzpiepegal sind, auch das Bonbon des Tankrabatt kassieren wollen!

    Wer soviel Geld hat, ab 130 km aufwärts asoziales Verhalten an den Tag zu legen und damit Putins Krieg vermehrt zu unterstützen, der braucht auch keinen Tankrabatt mehr.

    Tankrabatt nur für Einkommen unter pro Kopf 1200 € – das wäre gerecht, aber auch das kriegt die Regiierung nicht auf die Kette: dort zählen nur HartzIV-Empfänger, jede/r andere muss alles selbst bezahlen.

    Der Rest der Europäer lacht sich ohnehin tot über Deutschlands Autofahrer:innenmoral.Das Wort "Tempolimit" könnte man hier glatt aus dem Lexikon streichen, die Regierung kapiert es ohnehin nicht...

  • Interessant. Für künftige Klimaschutzmaßnahmen lässt das leider nichts Gutes erahnen. Der deutsche Autofahrer scheint sich auch von so extremen Ereignissen wie einem Krieg in Europa nicht von seinen liebgewordenen Gewohnheiten abschrecken zu lassen. Jegliche erhoffte Lenkungswirkungen über den Preis sind irgendwie aussichtslos und es gibt nur einen Reflex: "Autofahrer bitte entlasten! bzw. weiterhin subventionieren" - so wird das nichts mit der notwendigen Verhaltensänderung. Notwendig wäre: Langsamer fahren, kleinere und sparsamere Autos fahren und überhaupt alle unnötigen Fahrten vermeiden.

  • Diese Analyse - leider weiss man keine Details - widerspricht Beobachtungen, die man auf Autobahnen zur Zeit machen kann. Viel mehr Autos als sonst fahren im Bereich von 100 - 120 kmh.



    Und es scheinen Autos auch seltener bewegt zu werden, zB kaufen Leute eher im Dorfladen für etwas mehr ein, als zum nächsten Zentrum zu fahren.

    • @fly:

      Beobachtungen, also Anekdata.



      Gibt es auch handfeste Zahlen?

    • @fly:

      Man ist die letzten zwei Jahre eh weniger Auto gefahren. Und die Zeiten, in denen man mit 150-170 über die Autobahn gebrettert ist nimmt mit zunehmenden Alter ab.



      Und nicht jeder fährt auf der Autobahn zur Arbeit.

    • @fly:

      Ihre persönliche Beobachtung?

    • @fly:

      Kann ich bestätigen.