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Skandalwahl in ThüringenNichts aus der Geschichte gelernt

Die Thüringer Ministerpräsidentenwahl hat einen historischen Vorläufer. Versagen „bürgerliche“ Parteien wie in der Weimarer Republik?

Protest am Mittwochabend vor der Berliner Parteizentrale der FDP Foto: dpa

Auch am Tag danach ist die Fassungslosigkeit nicht gewichen, das bodenlose Entsetzen nicht verflogen. Die FDP und die CDU haben den Grundkonsens der demokratischen Parteien in der Bundesrepublik aufgekündigt. Kein Fußbreit den Faschisten? Zumindest für ihre Ableger in Thüringen gilt das nicht mehr.

Wie skrupellos und geschichtsvergessen muss man sein, um so zu agieren wie die Frei- und Christdemokraten in dem ostdeutschen Bundesland? „Endlich eine Glatze, die in Geschichte aufgepasst hat“, hat die FDP im Landtagswahlkampf für ihren Spitzenkandidaten geworben. Falls das stimmt, hat Thomas Kemmerich entweder das Falsche gelernt oder die falschen Schlüsse aus dem Gelernten gezogen.

Der Tabubruch vom Mittwoch hat einen historischen Vorläufer. Schon einmal war den „bürgerlichen“ Parteien in Thüringen ihr fanatischer Kampf gegen alles Linke wichtiger als die Verteidigung demokratischer Grundwerte. Das war 1924, zu Zeiten der kurzlebigen Weimarer Republik. Damals setzte der Thüringer Ordnungsbund – ein Wahlbündnis, dem auch die beiden FDP-Vorgängerparteien DVP und DDP angehörten – ebenfalls mit Erfolg auf eine von völkischen Nationalisten und Nationalsozialisten mitgewählte Minderheitsregierung, um der bis dahin amtierenden linken Koalition den Garaus zu machen.

„Bürgerliche“ Steigbügelhalter des Faschismus

Das war fatal: Damit machten sich die DVP und die DDP zu Wegbereitern des deutschen Faschismus. Dass die NSDAP 1930 in Thüringen erstmals in Deutschland an einer „bürgerlichen“ Landesregierung beteiligt wurde, war eine logische Konsequenz. Das einst rote Thüringen hatte sich auf den Weg zum „Mustergau“ gemacht. 1932 wurde die NSDAP zur stärksten Partei und Gauleiter Fritz Sauckel übernahm die Regierungsgeschäfte – ein halbes Jahr vor der Machtübernahme der Nazis in ganz Deutschland.

Nein, die Verhältnisse im heutigen Thüringen sind nicht mit denen in der Weimarer Republik gleichzusetzen. Die Bundesrepublik befindet sich nicht am Vorabend eines Vierten Reichs. Gleichwohl: Wenn der Freidemokrat Kemmerich in Geschichte aufgepasst hätte, müsste er eigentlich wissen, was für fatale Folgen sein unverantwortliches Handeln haben kann. Ist eine Brandmauer erst einmal geschleift, gibt es bisweilen kein Halten mehr für die Flammen.

„Die FDP hat mit dem Feuer gespielt und damit Thüringen und das ganze Land in Brand gesetzt“, hat CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak die Ministerpräsidentenwahl kommentiert. Ein passendes Bild. Allerdings: Auch seine Parteifreunde im Erfurter Landtag haben kräftig mitgezündelt. Und sie zündeln weiter. Während die Union auf Bundesebene mit scharfen Worten das gelb-schwarz-braune „Experiment“ geißelt, halten Landeschef Mike Mohring und die Seinen noch unbeirrt an ihrem Irrweg fest.

Statt ihn zum sofortigen Rücktritt aufzufordern, hat die Thüringer CDU Kemmerich ihrer weiteren Unterstützung versichert. Ihre am Mittwochabend veröffentlichte Erklärung enthält einen unglaublichen Satz: „Über den Einfluss der AfD auf die parlamentarische Arbeit entscheiden die LINKE, die SPD und Bündnis 90/Die Grüne mit, indem sie sich konstruktiv an der parlamentarischen Arbeit beteiligen.“ Das heißt übersetzt: Wenn ihr nicht mitmacht, machen wir's eben mit den Faschisten. Das ist unfassbar.

Neuministerpräsident Kemmerich schwadroniert derweil davon, dass trotz seiner Wahl mit AfD-Stimmen die Brandmauern zu den „Extremen“ sowohl auf der Rechten als auch der Linken bestehen blieben. Das ist in gleich doppelter Hinsicht eine skandalöse Aussage. Zum einen ist es einfach nur infam, in totalitarismustheoretischer Manier die AfD Björn Höckes mit der Linkspartei Bodo Ramelows gleichzusetzen. Wer Antidemokraten nicht von Demokraten unterscheiden kann oder will, der disqualifiziert sich.

Schlimmer ist: Diese krude Totalitarismustheorie dient nur zur Verschleierung einer völlig anderen Praxis, in der sich der Umgang mit rechts und mit links sehr wohl unterscheidet. Die Thüringer AfD ist eine zeitgenössische Variante des Nationalsozialismus. Während Kemmerichs „Brandmauer“ gegenüber der demokratischen Linken unüberwindlich ist, ist die Abgrenzung gegenüber der antidemokratischen Rechten nur rein rhetorischer Natur.

Die von ihm behauptete Äquidistanz ist ein Täuschungsmanöver. Nicht nur dass der FDP-Mann ein Ministerpräsident von Gnaden des Faschisten Höcke ist, die beiden verbindet eine ganze Reihe inhaltlicher Schnittmengen – von der Abwehr vermeintlicher Flüchtlingsströme über die Vorliebe zum Diesel bis zum Kampf gegen die „Klimahysterie“. Was sie vor allem verbindet: Der gemeinsame Feind steht links.

Kein Mann der „demokratischen Mitte“

Anders als von ihm behauptet ist Kemmerich mitnichten ein „Angebot der demokratischen Mitte“. Sonst hätte er sich nicht mit den Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten wählen lassen können. Er wäre für die AfD nicht wählbar gewesen. Dass er die Wahl angenommen hat, zeigt seine innere Verwandschaft. Kemmerich ist einer jener Parteifunktionäre, die für eine Renaissance jener längst verdrängten stramm nationalliberalen Zeiten der FDP vor der soziallberalen Wende Ende der 1960 Jahre stehen – und das bedeutet: ideologisch weit offen nach rechts.

Die Differenz zwischen nationalliberal und nationalsozialistisch kann kleiner sein, als viele wahrhaben wollen. Auch das lehrt die Geschichte. Für die Weimarer Republik galt: Wenn es darauf ankam, war auf die „bürgerlichen“ Parteien kein Verlass. Gilt das inzwischen wieder? Das werden die kommenden Wochen zeigen.

Es gibt keine Alternative zu Neuwahlen. Kemmerich muss umgehend den Weg dafür frei machen. Will die FDP ihren Platz im demokratischen Parteienspektrum behalten, steht sie in der Verantwortung, dafür zu sorgen. Und dann haben die Thüringer Bürgerinnen und Bürger das Wort. Seit Mittwoch wissen sie: Wer die AfD verhindern will, muss jetzt auch gegen die FDP und die CDU stimmen. In Thüringen sind diese beiden Parteien ohne grundlegende personelle Erneuerung für Antifaschisten nicht mehr wählbar.

Vielleicht trifft für Thüringen das Bonmot von Karl Marx zu, dass sich Geschichte bisweilen zweimal ereignet: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce. Und hoffentlich bleibt die Farce der Herren Kemmerich, Mohring und Höcke eine kurzlebige Episode.

Das Einzige, was davon bleiben sollte, ist die Erinnerung an die starke Geste der Linksfraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow, die Kemmerich nach seiner Wahl einen Blumenstrauß als „Gratulation“ vor die Füße geworfen hat. Sich nach einem derart unerträglichen Ereignis ans Protokoll zu halten, sei nicht angemessen, erklärte sie danach. So ist es.

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47 Kommentare

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  • Immerhin, für weniger als 24 Stunden Ministerpräsident, mehr als 70. Tausend Euro in die Privatschatulle. Dafür lohnt sich schon ein bürgerliches Kasperltheater.

  • [...]Das Einzige, was davon bleiben sollte, ist die Erinnerung an die starke Geste der Linksfraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow, die Kemmerich nach seiner Wahl einen Blumenstrauß als „Gratulation“ vor die Füße geworfen hat. Sich nach einem derart unerträglichen Ereignis ans Protokoll zu halten, sei nicht angemessen, erklärte sie danach. So ist es.] Dem widerspreche ich. Diese Geste war eine Geste zum Fremdschämen und mit ein Grund, warum diese Partei für viele Menschen unwählbar ist. Eine Geste, die ebenfalls nicht dem Protokoll entspricht, ist Sitzenbleiben. Einfach nicht aufstehen, nicht nach vorn gehen, sich nicht in die Reihe der "Gratulant*innen" anstellen. Auch das ist möglich.

    Was den Rest dieses "Gauner"trios betrifft: Die Geschichte lehrt die Menschen, dass die Geschichte die Menschen nichts lehrt.



    Mohandas Karamchand Gandhi, *1869 †1948 wikipedia



    Indischer Rechtsanwalt und geistiger Führer der indischen Freiheitsbewegung .

    Die Herren Kemmerich, Mohring und Mr.Brownie haben in de Geschichtsunterricht nicht aufgepasst oder ihr Überbringer war selbst ein Überbleibsel aus der Zeit, die die Herren gerne wiederholen würden wollen. Zum Glück, wirklich zum Glück gibt es heutzutage diese Vernetzung, das soviele so früh über die Ereignisse informiert wurden. Stellung beziehen konnten, protestieren konnten und somit wohl Geschichtswiederholung verhinderten.

    Schade, das unsere Vorfahren dieses Mittel der Vernetzung nicht zur Verfügung hatten. Nutzen wir es weiterhin im Sinne des Friedens

    • @Doris Mittelbach:

      Die Geste von Frau Hennig-Wellsow hatte Klasse und Ehrlichkeit.



      Eine faschistisch orchestrierte Farce auchnoch mit artigem Händeschütteln und Blümchengeben zu adeln - das hat sie zum Glück nicht mitgemacht.



      Am gleichen Tag hat Nancy Pelosi mit der Reißwolfgeste ähnlich Löbliches getan.

  • Ein Gutes hat die Sache - sie belegt die Faschismuthese Dimitroffs:



    Die ganzen Arbeiter und Arbeitslosen unter den AfD-Wählern sehen nun, wie ihre Stimmen letztlich an die Kapitalparteien CDU und FDP weitergereicht werden. Auch der "national-soziale" AfD-Flügel ist also dem Kapital verpflichtet. "Arbeiterführer" Höcke möchte sicher auch irgendwann im Düsseldorfer Industrie-Club vorsprechen...

  • 9G
    91491 (Profil gelöscht)

    Das einzige was wir aus der Geschichte gelernt haben ist, das wir nichts aus der Geschichte gelernt haben.



    ( keine Ahnung mehr ,von wem )

  • Mohring war zu feige, selbst in den Ring zu steigen, deshalb musste Kemmerich ran. Die CDU, als die Partei, in der alte Nazis wie Kiesinger, Filbinger, Schleyer und Globke eine politische Heimat fanden, legt sich jetzt mit den neuen Nazis ins Bett. Pfui teufel!

  • Thüringer Probelauf, wie AfD in Bund, Ländern regieren will, sich selber, parlamentsfeindlich entlarvend, im Schill Partei Stil mit Thrill in Hamburg 2001-2003 Seit an Seite Bürgermeister Ole von Beust (CDU ), Weimarer Republik verwandt mit Notverordnungen, Fortschreibung exekutiver Ausnahmezustände, die sich mit monatelang hinziehender Regierungsbildung nach Bundestagswahl Sept. 2017 über gescheiterte Jamaika zur Großen Koalition März 2018 etablieren, in Thüringen seit Landtagswahl Okt. 2019 durch fehlende Mehrheiten für Regierungsbildung fortpflanzen, parlamentarische Arbeit zur Farce degradieren, Exekutive Beinfreiheit verschaffen?

    Thomas Kemmerich, FDP, die „Glatze“, die keine faschistoider Gesinnung sein will, hat Wahl zum Ministerpräsidenten Thüringen angenommen, hat sich damit von Bodo Ramelow (Linkspartei) auf AfD Ticket zum Exekutive Dienstherrn ohne parlamentarische Mehrheit aufgeschwungen.

    CDU Thüringen hätte Wahl Kemmerichs zum Ministerpräsidenten durch eigenen Kandidaten verhindern können, nachdem AfD seit Wochen verkündet, FDP- /CDU- Ministerpräsidentenkandidaten zu unterstützen.

    Dass sie es nicht tat, erinnert an Reichspräsidentenwahl März/April 1932 in Weimarer Republik, als die SPD zweite Amtszeit Paul von Hindenburgs als Reichspräsident unterstützt, indem sie auf eigenen Kandidaten, preußischen SPD Ministerpräsidenten Otto Braun (Minderheitsregierung sog. „Preußen-Koalition“) verzichtet.

    Reichskanzler Heinrich Brüning hatte zuvor vergeblich versucht mit 2/3 verfassungsverändernder Reichstagsmehrheit Hindenburgs Präsidentschaft ohne Wahl zu verlängern. NSDAP galt dies als Steilvorlage, sich mit der Reichspräsidentenkandidatur Adolf Hitler gegen Hindenburg als Verteidiger der Weimarer Verfassung zu brüsten. Im Grunde aber zu ermächtigen im Ausnahmezustand zu regieren auf dem Weg zu Aufrüstung, Austritt aus dem Völkerbund, Revision der Ergebnisse Versailler Vertrages 1919.

    de.wikipedia.org/w...4sidentenwahl_1932

  • RS
    Ria Sauter

    Kapitalfaschismus. Diese Bezeichnung trifft genau den Punkt!



    Das Verhalten vieler Politiker/innen, der anderen Farbauswahl, lies auch schon vor Thüringen erahnen, wohin die Richtung gehen soll.

  • „Endlich eine Glatze, die in Geschichte aufgepasst hat“

    Der Geschichtslehrer hieß nicht zufällig Höcke?

  • Vielleicht sollten alle mal inne halten und in Ruhe darüber nachdenken, wie es dazu kommen konnte.



    Das Gebaren vieler Politiker ob des Ergebnisses läßt mich an deren Demokratieverständnis zweifeln.



    Es wird aber auch Gewinner geben: die AfD allemal - je mehr Empörung, desto mehr Prozente - die Grünen, sehen sie doch genüßlich dem beginnenden Zerfall der Union zu und vermutlich ein Herr Merz, dem man zutrauen kann, aus den Resten der Union eine neue, liberal konservative Partei zu bilden. Letzteres könnte dazu führen, das die AfD auf den Personenkreis reduziert wird, der extremistisch ist.

    • 9G
      92293 (Profil gelöscht)
      @Hans-Georg Breuer:

      ja eben Wählerwanderung splittern der CDU; viele der AFD Leute konnten sich gut am rechten Rand der CDU tummeln; von der Leyen hat Thüringen zweimal genannt, vermutlich gibt es zusätzlich Absprachen für Verkehr und Digital die bei einem anderen Ergebnis in Thüringen leichter zu bekommen sind

    • @Hans-Georg Breuer:

      Nachdenken passt aber im Zeitalter der Empörten nicht ins Bild..



      Aber was wir an diesem Tag auch gelernt haben:



      Wenn die Wahl nicht den eigenen Erwartungen entspricht, ist dies ein schlechter Tag für die Demokratie.



      Und wenn man dann noch liest, dass die Kinder von Herrn Kemmerich mit Polizeischutz zur Schule gehen müssen, frag ich mich so langsam, wer hier überhaupt noch ein Demokratieverständnis hat..



      Aber naja..

  • 9G
    92293 (Profil gelöscht)

    naja, sollte Kemmerich abgesetzt werden so gäbe es eine Klage vor dem Verfassungsgericht; und vergleicht man es mit der Kommissionsbesetzung in der EU so wurde da ja auch eine 'Strohpuppe' für die Geschäfte platziert

    • @92293 (Profil gelöscht):

      Wieso das denn? Man kann ihn doch abwählen.

      Er hat auch keine Regierung. Bis jetzt ist es eine One-man-show.

  • Der Dammbruch zum Faschismus 2020

    Eine ernsthafte Auseinandersetzung der Mehrheit der deutschen Bevölkerung mit dem Kapital-Faschismus der deutschen Volksgemeinschaft von 1933 bis 1945 hat es nach Kriegsende und nach Neugründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 niemals gegeben!

    Es war in Westdeutschland allenfalls eine kleine gewerkschaftliche und außerparlamentarische Minderheit der sog. 1968er Arbeiter- und Studentenbewegung die sich ernsthaft mit dem Kapitalfaschismus auseinandersetzte. Aber die Mehrheit dieser Minderheit versöhnte sich erneut mit den Quellen der kapitalfaschistischen Gesellschaftsordnung!

    Siehe in diesem Zusammenhang auch die Wirtschaftsflucht der ostdeutschen Bevölkerungsmehrheit und deren Anschluss und Aufnahme in das imperialistische NATO- und westliche Konsumparadies.

    ►Vor Kriegsende erreichte die NSDAP einen freiwilligen Mitgliederbestand zwischen 8 und 9 Millionen Parteimitglieder, vor allem männlichen Geschlechts. Jede zweite Familie in Deutschland und Österreich hatte einen/ihren freiwilligen (männlichen) Kameraden in der NSDAP. →

    Die nach Millionen zählende freiwillige Mitgliedschaft der NSDAP und deren Familien wusste um die Zielsetzung ihrer kapital-faschistischen Führung nach Ausrottung der Menschen jüdischen Glaubens in Europa, aber auch um die drohende und beabsichtigte physische Vernichtung großer Teile der osteuropäischen und sowjetischen Völker. →

    Nach 1945 wussten sie in ihrer vorgeblichen Mehrheit nichts von ihren zuvor freiwillig daran beteiligten Verbrechen. Die Fakten widerlegten deren offizielle Verdrängung und Bewusstseinsspaltung. →

    Allenfalls setzte sich diese Zielsetzung: Eliminierung des sowjetischen Widerstands und Einverleibung des dortigen Rohstoffreichtums, nach der Gründung der NATO und der westdeutschen BRD 1949, im sog. ''Kalten Krieg'', modifiziert bis heute fort.

    Lese-Empfehlung:

    ● Kurt Pätzold / Manfred Weißbecker: Geschichte der NSDAP : 1920 bis 1945. PapyRossa Verlag.

    06.02.2020, R.S.

    • @Reinhold Schramm:

      runder wird´s, und gewinnt an Aktualitätsbezug und Glaubwürdigkeit des Begriffs "Kapitalfaschismus", wenn auch die systematische Ausgrenzung aus der "Volksgemeinschaft", Verfolgung und Ausrottung der vom Kapital nicht verwertbaren Menschen in den Blick genommen wird: Kranke, Alte, Obdachlose, Arbeitsunfähige. Die von den Nationalsozialisten als "Asoziale" Verfolgten. Auch sie und ihre Kinder und Enkel mussten und müssen sich bis heute mit den Folgen und Kontinuitäten auseinandersetzen, ob bewusst und reflektierend oder nicht. Es kann sehr erhellend und erschütternd sein, in den Familien auch nach ihnen zu suchen.



      Und vor allem werden dann die politischen und ökonomischen Kontinuitäten nochmal viel klarer.

      Stattdessen wird das Feld viel zu oft NS-Verharmlosern überlassen, die herbeischreiben wollen, der Nationalsozialismus habe die Deutschen als "Volksgenossen" gehätschelt und getätschelt. Zentrale Figur hier Rainer Zitelmann mit seiner 1986 erschienenen Diss. "Hitler - Selbstverständnis eines Revolutionärs". Zitelmann ist seit 1994 Mitglied der FDP und seit den Nuller Jahren einer der bedeutendsten Investitionsberater für Immobilien in Deutschland. Er bezeichnet sich selbst als "nationalliberal", seine Kommentare werden regelmäßig in den bürgerlichen Medien verbreitet.



      Tja, ist schon sehr plausibel, was da gerade passiert.

  • "Das heißt übersetzt: Wenn ihr nicht mitmacht, machen wir's eben mit den Faschisten."

    Das ist wahrhaftig unfassbar, wenn auch nicht überraschend!



    Danke, Herr Beucker, für diesen klar sprechenden Artikel. Wenn ich ihn zuvor bereits gelesen hätte, hätte ich mir einige eigene Zeilen sparen können.

    Wer Fehler in Gegenwart und Zukunft vermeiden will, muss sich der wahren Vergangenheit ehrlich und (selbst-)kritisch stellen und daraus lernen.

    Ich hoffe auf Karl Marx' Bonmot.

  • 6G
    64984 (Profil gelöscht)

    Ja, die bürgerlichen Parteien versagen wie in der Weimarer Republik.



    Aber auch die "Qualitätsmedien" wie die taz versagen seit Jahren. Weil sie CDU, CSU, FDP und teilweise auch der SPD seit Jahren die Lüge durchgehen lassen, sie seien Parteien der Mitte.



    Dabei machen diese Parteien seit mindestens 20 Jahren Politik vor allem für die Konzerne, Banken und bestenfalls die obersten 30 Prozent machen.



    Die mittleren 40 können damit so eben leben. Die unteren 30% leiden.



    Das ist keine Politik für die Mitte.

  • Das wirkliche Problem ist doch, dass abgesehen von der üblichen Aussage "keine Zusammenarbeit mit der AfD" die Positionen der CDU, der FDP und der AfD in weiten Bereichen kompatibel sind.

    Wenn man also dieser Verweigerung Genüge tut, in dem man über Kreuz eine Minderheitsregierung unterstützt, ist das nur insoweit skandalös, indem man seine Worte ganz offensichtlich zu dem reduziert, was sie sind, nämlich nur leere Worte. Politisch wächst da nur zusammen, was zusammen gehört.

    Wenn Merkel erstmal weg ist, wird man das noch viel deutlicher merken. Der von manchen viel beklagte "Linksruck" in der CDU war in Wirklichkeit schon immer nur ein Versuch, sich gegen das Abrutschen nach rechts zu stemmen.

    • 6G
      64984 (Profil gelöscht)
      @Mustardman:

      Ja so ist es. Die Politik von CSU, CDU, FDP und SPD isf keine Politik für die Mitte meht

  • Geht es nicht alles auch eine Nummer kleiner? Die AfD ist nicht in der Regierung, es gibt keine Hinweise, dass FDP und CDU mit ihr gemeinsam regieren wollen.



    Kemmerich hat keine Mehrheit und wird demnächst im normalen parlamentarischen Verfahren, z.B. Vertauensfrage, sein Amt wieder verlieren.



    Dann übernimmt rrg die Regierung oder es gibt Neuwahlen.



    Kein Grund zur Panik oder dazu das Ende von Republik und Demokratie herbei zu reden.

    • 9G
      97287 (Profil gelöscht)
      @Horst Horstmann:

      Wieso übernimmt dann rrg die Regierung? Warum nicht FDP-AFD-CDU?



      Wie soll die gesamte Regierung zurücktreten, wie soll der Landtag sich auflösen? Es bedürfte einer gemeinsamen Absprache von CDU-Linken -Grünen -SPD und FDP, wenn die FDP umfällt und RRG keine Ausfälle hat müssen von der CDU mindestens 4 Stimmen kommen. Das ist eigentlich nicht viel, aber wer weiß welche persönlichen Rechnungen hier noch zu begleichen sind. in der alten Bundesrepublik sollen ja sogar Gelder geflossen sein, und vermutlich haben einige der Abgeordneten Leichen im Keller. Der einzige der nicht mit gezinkten Karten gespielt hat ist die AFD. Sie ist faschistisch und wer AFD wählt, wählt den Faschismus. Höcke hat nie ein Geheimnis daraus gemacht. Im Zweifel wählt auch die CDU die Faschisten, sie hätte sich ja auch der Stimmen enthalten können.

    • RS
      Ria Sauter
      @Horst Horstmann:

      Das ist eine Verharmlosung, die schon einmal für entsetzliche Verhältnisse gesorgt hat.



      Allein, dass Nazis im Parlament sitzen, sollte schon ein Grund zur Panik sein.

    • @Horst Horstmann:

      Es gibt keine Hinweise? Gegenfrage: Können Sie bis 100 addieren und subtrahieren?

      Der Thüringer Landtag hat 90 Sitze, für eine Mehrheit braucht man also 46 Stimmen. Wenn der Ministerpräsident die Zusammenarbeit mit den Linken kategorisch ausschließt (und das glaube ich ihm sogar), dann könnte er ohne die AfD sich nur an die CDU, SPD und Grüne wenden. Zusammen mit der FDP ergeben die aber nur 39 Sitze. Es fehlen also 7 Stimmen.

      Wo die wohl herkommen könnten?



      und: Was müsste man wohl tun, um diese Stimmen zu bekommen?

    • @Horst Horstmann:

      "Die AfD ist nicht in der Regierung, es gibt keine Hinweise, dass FDP und CDU mit ihr gemeinsam regieren wollen."

      Jeder der rechnen kann sieht, dass es garnicht anders geht.

  • Ende der 20er und Anfang der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts haben sich offiziell die bürgerlichen Parteien von den Nazis abgrenzt und waren dann deren Steigbügelhalter!



    Die FDP und die CDU hat hier nichts anderes gemacht als damals!



    Ich erinnere mich noch an die hochtrabenden Worte Lindners, "Lieber nicht Regieren, als falsch regieren!“



    Der heutige Tag zeigt was damit gemeint war!

  • Ich glaube, es ist höchste Zeit uns daran zu erinnern, welche Parteien Willy Brandt als "Landesverräter" verleumdet haben, und in welchen Parteien so viele ehemalige Nazis in der Nachkriegszeit Karriere gemacht haben.

  • Wenn wir noch ein Weilchen weiterschlafen ist es zu spät.



    Das gilt für den Faschismus genauso, wie für den Klimawandel.

    • 6G
      64984 (Profil gelöscht)
      @Gregor Tobias:

      Ein dritter Punkt ist noch wichtiger und Ursache für die beiden genannten:

      Dass die etablierten Parteien vor allem eine Politik für die Wirtschaft und dort vor allem für die Konzerne und Banken machen und die Interessen derMehrheit der Menschen dabei oft unter den Tisch fallen lassen

    • @Gregor Tobias:

      Dem ist nichts hinzuzufügen!

      • RS
        Ria Sauter
        @noevil:

        Sehe ich ebenso!

  • Das nennt man auch so viel ich weis



    DEMOKRATIE!

    • RS
      Ria Sauter
      @lerouge:

      Nein, das nennt man Zusammenarbeit mit Nazis!

    • @lerouge:

      Das die kleinste Partei den MP stellt? Das ist die Karikatur einer Demokratie.

  • "Es gibt keine Alternative zu Neuwahlen. Kemmerich muss umgehend den Weg dafür frei machen. Will die FDP ihren Platz im demokratischen Parteienspektrum behalten, steht sie in der Verantwortung, dafür zu sorgen. Und dann haben die Thüringer Bürgerinnen und Bürger das Wort. Seit Mittwoch wissen sie: Wer die AfD verhindern will, muss jetzt auch gegen die FDP und die CDU stimmen. In Thüringen sind diese beiden Parteien ohne grundlegende personelle Erneuerung für Antifaschisten nicht mehr wählbar."

    Und was, wenn herauskommt, dass die AfD stimmen dazubekommt? Was wenn vielleicht wieder das gleiche Ergebnis herauskommt? Wie lange soll gewählt werden?

    • @Hennes:

      Die Bürger haben gesehen, was Stimmen für FDP und CDU bedeuten. Sie sollten also zur neuen Situation befragt werden.

  • Es tut mir leid. Weder die AfD noch die Linke haben in einer Regierung was verloren. Es ist einfach heuchlerisch. Was vor allem die CDU gerade treibt ist erbärmlich. Traurig, dass eine Frau Merkel lieber einen Linken MP unterstützt, wie einen aus der FDP. Unabhängig wer ihn gewählt hat, er ist gewählt. Werden zukünftig alle Stimmen nur noch der Gesinnung nach gewertet?

    • @Hennes:

      [...] Weder die xxx noch die Linke haben in einer Regierung was verloren. [...] Weil? Sollte wieder die Aufarbeitung der SED Nachfolgepartei als Argument kommen, wäre ich dafür das mal die Hexenverbrennung, der Missbrauch an Tausenden von Kindern durch kirchliches Personal, die Beschlagnahmung von Grundstücken usw. durch Diejenigen, die das C mit im Parteilogo haben.... und das ist nicht mal eine Nachfolgepartei... die haben sich niemals davon distanziert.

    • @Hennes:

      Es ist schön, dass Ihnen Ihre Worte Leid tun, vielleicht ist das ihre Chance, nächstesmal nachzudenken, bevor Sie uns mit Ihren Gedanken belästigen. "Unabhängig wer ihn gewählt hat, er ist gewählt." Ein sehr einfacher Satz, der eine Tatsache feststellt. Aber dass ein gewählter MP dann nach der Wahl dieser zustimmen muss, ist Ihnen nicht geläufig? Abhängig davon, wer ihn gewählt hat, hätte er also auch sagen können: "Ich nehme die Wahl nicht an." Weiterhin macht man sich generell und insbesondere als Politiker natürlich Gedanken wie "Mit wem will ich regieren, welche Mehrheiten sind Möglich, will ich überhaupt als 5% Partei an die Spitze? Naja zu den Mehrheiten heißt es: Linke oder AfD, andere Konstellationen sind mit dem Wahlergebnis nicht drin. Da dieser Herr eine Zusammenarbeit mit der Linken ausgeschlossen hat bleibt also welche Option übrig? Ich hoffe, dass Sie diese Frage aus eigener Überlegung heraus beantworten können und Ihnen Ihr Kommentar noch ein bisschen mehr Leid tut, nachdem Sie darüber nachgedacht haben!

      • @Ingo Knito:

        Ein wenig schäme ich mich nach Ihren Worten....nein. Eigentlich nicht. Was hätte es geändert wenn er die Wahl nicht angenommen hätte? Meinen Sie, dass Ramelow dann gewählt worden wäre? Eine Mehrheit im Landtag wollte keinen Linken MP. Anders, wenn bei Neuwahlen die AfD wieder in den Landtag kommt, und davon ist auszugehen, und dann einfach zum Spaß den Kandidaten von Linke /CDU / Grüne etc. wählt, was wäre dann? Wäre dann die Wahl okay? Die Parteien der Mitte, CDU, SPD hätten nun die Chance gehabt sich von den Rändern abzugrenzen. Tja...Chance vertan. Und wenn Sie sagen, mit welchen Mehrheiten? Wie wäre es denn unter r2g gewesen? Wäre diese Regierung nicht auch auf Stimmen von den anderen Parteien angewiesen gewesen? Und da, was wenn die AfD plötzlich für ein Gesetz stimmt, wird dann das Gesetz nicht umgesetzt?

    • @Hennes:

      Schon mal auf das Ergebnis der Landtagswahl geschaut? Wird jetzt der mit den wenigsten Stimmen MP?

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Das kann natürlich vorkommen. Ist dann zwar seltsam und spiegelt nicht unbedingt den Wählerwillen ab. Aber solange es im Parlament eine Mehrheit für diesen Minister gibt. Was wäre denn die Lösung? Es stellt quasi immer die Partei den Minister, die die Wahl gewonnen hat? Oder man fügt ne Grenze von mind. 20% Stimmanteil ein? Ich kann mich an 2011 erinnern, da waren die Grünen in BW auch nicht die Stärkste Kraft. Die hätten damals dann ebenfalls nicht einen MP stellen dürfen...Ich finde es schade. Man hätte sich klar von beiden Rändern abgrenzen können. Was jetzt passiert mit Aussagen von Merkel, Söder, Habeck etc ist ein Einschnitt in die Demokratie. "Wir müssen eine Wahl rückgängig machen..." Was hat dies denn für eine Außenwirkung? Wir wählen so lange, bis uns das Ergebnis passt? Ich kann mir durchaus denken, dass davon die AfD noch mehr profitiert. Und dann?

  • "die starke Geste der Linksfraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow, die Kemmerich nach seiner Wahl einen Blumenstrauß als „Gratulation“ vor die Füße geworfen hat. Sich nach einem derart unerträglichen Ereignis ans Protokoll zu halten, sei nicht angemessen, erklärte sie danach. So ist es."



    Hut ab, Frau Hennig-Wellsow für diese Geste von eindeutiger Zivilcourage!

    • RS
      Ria Sauter
      @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

      Ja, das war sehr gut!

    • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

      In einem früheren Interview hatte ein AfDler spekuliert, wie unter den „Altparteien“ das größte Chaos angerichtet werden könnte, aus dem die AfD dann wie ein Phönix aus der Asche steigen würde. Eine Option war, den Kandidaten einer der gegnerischen Parteien zu wählen und ihm damit einen vergifteten Wahlsieg zu bescheren.



      Genau das tat die AfD jetzt mit der FDP. Aber es hätte auch die Linkspartei treffen können! Was hätte Frau Hennig-Wellsow dann getan? Hätte sie dann Herrn Ramelow die Blumen vor die Füße geschmissen?

      • @Pfanni:

        Herr Ramelow wäre auch ohne die AfD Stimmen MP.

        K. konnte es nur mit werden.

    • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

      "Hut ab, Frau Hennig-Wellsow für diese Geste von eindeutiger Zivilcourage!"



      Nö, das war albern und kindisch.