Shutdown über Ostern: So läuft der Hase
Bund und Länder haben beschlossen, das öffentliche Leben über Ostern drastisch zurückzufahren. Die taz erklärt, was es nun zu beachten gilt.
Was haben Bund und Länder nach den zähen Beratungen zum sogenannten Oster-Shutdown beschlossen?
Der seit mehr als drei Monaten geltende harte Lockdown zur Bekämpfung der Coronapandemie wird um drei Wochen bis zum 18. April verlängert. Weil die bisherigen Maßnahmen angesichts der drastisch steigenden Corona-Infektionszahlen nicht ausreichen, haben sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsident:innen nach elfstündigem Ringen darauf geeinigt, das Leben zwischen Gründonnerstag und Ostermontag für fünf Tage noch drastischer zurückzufahren. Die Kanzlerin spricht von „Ruhetagen“ über die Feiertage.
Müssen an diesen Tagen wirklich alle Arbeitnehmer:innen frei machen?
Im Prinzip ja. Wobei Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Dienstag einräumte, dass die rechtlichen Details für den Fünf-Tage-Shutdown über Ostern noch offen seien. Er gehe jedoch von einer Rechtspflicht aus, sodass bis auf Ausnahmen am Gründonnerstag „wir insgesamt keine Menschen an diesem Tag im Arbeitsleben haben“. Inwieweit zwischen Präsenzbeschäftigten und Homeoffice unterschieden werde, kann Weil nicht sagen, ergänzt jedoch: „Ich gehe aber davon aus, dass ein allgemeiner Ruhetag dann auch für das Homeoffice gilt.“
ein Sprecher der Bahn
Welche Geschäfte haben über Ostern geöffnet?
Geht man davon aus, dass die Ruhetage wie Sonn- und Feiertage behandelt werden, dürften Geschäfte mit Sondergenehmigungen, etwa Spätverkaufsstellen, Tankstellen oder Supermärkte in Bahnhöfen, am Gründonnerstag und Karsamstag grundsätzlich öffnen. Lebensmittelgeschäfte haben am Karsamstag geöffnet. Arztpraxen und Apotheken dürften dagegen schließen beziehungsweise nur im Notdienst geöffnet sein.
Wenn die Supermärkte über Ostern nur am Karsamstag geöffnet haben, muss ich dann nicht mit einem Massenandrang rechnen?
Schon vor regulären Feiertagen gibt es oft einen Ansturm auf die Supermärkte. Dieses Phänomen dürfte sich mit der zusätzlichen Schließung der Geschäfte am Gründonnerstag noch einmal verschärfen. Davor warnt zumindest der Handelsverband Deutschland (HDE). Die Rewe-Gruppe betont zwar, auch Sonnabend sei ein sicherer Einkauf möglich, empfiehlt Kund*innen jedoch, die Einkäufe besser an den Werktagen vorher zu erledigen.
Und woher bekomme ich am Osterwochenende frische Brötchen?
Ob beim diesjährigen Osterbrunch frische Brötchen von der Bäckerei nebenan oder doch die Aufbackware aus der Tiefkühltruhe auf den Tisch kommen, ist noch nicht ausgemacht. Merkel zufolge sind die beschlossenen Ruhetage am Osterwochenende grundsätzlich so zu verstehen wie Sonn- und Feiertage – an denen Bäckereien bekanntermaßen geöffnet sind.
Zahlen die Jobcenter Hartz IV infolge des Oster-Shutdowns jetzt eher aus?
Wer ganz knapp mit dem Geld rechnen muss, für den kann der Ruhetag am Monatsersten ein Desaster sein. Üblicherweise zahlen etwa die Jobcenter das Arbeitslosengeld II so aus, dass es spätestens dann auf dem Konto landet. Von der Bundesagentur hieß es am Dienstag auf Anfrage, dass die Gutschrift der Grundsicherungsleistungen für den Monat April bereits am 31. März – rechtzeitig vor dem Ruhetag – auf den Konten der Berechtigten zur Verfügung stehe. Außerdem könne im Einzelfall eine vorfällige Zahlung in Höhe von 100 Euro beantragt werden.
Was ist mit den Gottesdiensten an Ostern und Karfreitag?
Bund und Länder bitten die Kirchen, Gottesdienste an den Kar- und Osterfeiertagen nur virtuell durchzuführen. Zumindest die Evangelische Kirche (EKD) ist überrascht. Schließlich sei Ostern „das wichtigste Fest der Christen“, sagt der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er werde sich in den von der Kanzlerin angekündigten Gesprächen zunächst genau erläutern lassen, warum die bisherigen Hygieneschutzmaßnahmen, die alle Landeskirchen für ihre Gottesdienste haben, nun nicht mehr ausreichen sollen.
Darf ich denn Ostern verreisen?
Eigentlich wird von Reisen ja generell abgeraten. Wer zu Ostern aber trotzdem verreisen möchte, muss privat unterkommen, zum Beispiel bei Familienangehörigen, Freunden oder dem eigenen Ferienhaus. Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen hatten sich dafür eingesetzt, über Ostern einen „kontaktarmen Urlaub“ (etwa im Selbstversorger-Ferienhaus) im eigenen Bundesland zu ermöglichen, scheiterten in den Verhandlungen aber mit ihrem Vorschlag.
Darf ich Ostern die Großeltern besuchen?
Ja, aber nicht gleichzeitig mit anderen Personen aus weiteren Haushalten. Maximal dürfen sich fünf Personen aus zwei Haushalten treffen, Kinder bis 14 Jahre werden dabei nicht mitgezählt.
Auch wenn sie in einem anderen Bundesland leben?
Ja. Es gibt kein Verbot, das Bundesland zu wechseln.
Fahren Busse und Bahn?
Ja. „Der öffentliche Nahverkehr fährt weiter“, sagt ein Sprecher des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen. Ob der reguläre Fahrplan, der Sonntags- oder der Ferienfahrplan gilt, hängt vom jeweiligen Land ab. Die Verkehrsministerien der Länder arbeiten an der Umsetzung der Beschlüsse.
Und die Züge?
Auch die Züge fahren an Ostern. Die Deutsche Bahn (DB) will an ihrem bislang geltenden Fahrplan für Gründonnerstag festhalten. „Die DB bietet auch während der Osterferien ein verlässliches und sicheres Mobilitätsangebot für diejenigen, die jetzt unterwegs sein müssen“, sagt ein Bahnsprecher. „Dafür setzen wir im ICE-Verkehr – dort wo es möglich ist – auf längere Züge und zusätzliche Fahrten.“
Bekäme ich einen Mietwagen?
Ja. Nach Auskunft des Mietwagenvermittlers Check24 ist es auch an Ostern möglich, ein Auto zu mieten.
Und was ist, wenn die Großeltern auf Mallorca leben?
Wer noch ein Ticket bekommt, kann auf die Insel fliegen. Zwar appellieren die Ministerpräsident:innen und die Bundeskanzlerin, auf Auslandsreisen zu verzichten, aber sie verbieten es nicht.
Läuft über Ostern das Impfen und Testen weiter?
Ja, die Impf- und Testzentren sollen offen bleiben. Das Robert-Koch-Institut wird ebenfalls an den Feiertagen Zahlen liefern. Sie sind aber wie schon bislang an Wochenenden und Feiertagen meist unvollständig, da viele Gesundheitsämter verspätet oder gar nicht melden.
Was ist mit den Kitas und Schulen vor und nach Ostern?
Das entscheidet nach wie vor jedes Bundesland selbst. Bis zu den Osterferien, das verkündeten mehrere Ministerpräsident:innen am Dienstag, soll sich erst mal nichts an den Öffnungsplänen ändern. Bund und Länder haben sich lediglich darauf verständigt, Coronatests für Schüler:innen, Lehrkräfte und Kitabeschäftigte auszuweiten. Laut Beschluss streben sie „baldmöglichst zwei Testungen pro Woche“ an. Wann das möglich sein soll, ist unklar.
Wird es Gründonnerstag und Karsamstag die taz geben?
Ja. Die taz gilt wie die meisten Medien als systemrelevant.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“