Schweizer lehnen Klimaschutz ab: Nein! Nein! Und noch ein Nein!
In der Schweiz scheitern gleich drei umweltrelevante Abstimmungen. Die Folgen für die Klimapolitik wiegen schwer.
Der Bauernverband habe die Landbevölkerung als Wutbürger an die Urne geschickt, empörte sich der Mitte-Abgeordnete Stefan Müller-Altermatt. Und in ihrer Wut über die Pestizid- und Trinkwasserinitiative, die die Bauernfunktionäre als Sargnagel für die Landwirtschaft inszeniert hatten, versenkte die Landbevölkerung das selbst von konservativen Parteien unterstützte CO2-Gesetz gleich mit. Hochrechnungen gehen auf Grundlage von 90 Prozent der ausgezählten Gemeinden von einem knappen Nein für das CO2-Gesetz aus.
Jetzt ist guter Rat teuer. Denn ohne neues CO2-Gesetz ist es dem Schweizer Bundesamt für Umwelt zufolge unmöglich, die Emissionen bis 2030 wie geplant um 37,5 Prozent zu senken, sondern allenfalls um 23 Prozent. Das liegt auch daran, dass manche Klimamaßnahmen jetzt sogar ganz entfallen. Beispiel Benzin: Wer Treibstoff importiert, der musste die CO2-Emissionen bisher schon ausgleichen – mit bis zu 5 Rappen pro Liter. Mit dem CO2-Gesetz wäre die Obergrenze auf 12 Rappen gestiegen. Nun aber fällt die Kompensation ganz weg.
Auch bisherige Anreize für energieintensive Unternehmen, ihren CO2-Ausstoß zu senken, entfallen. Außerdem bleiben Öl- oder Gasheizungen in Gebäuden ohne Einschränkungen erlaubt, die geplante Flugticketabgabe entfällt ebenso wie die Marktanreize, um nur noch effiziente Neuwagen einzuführen.
Alternative wäre noch schlechter
Das alles wäre kein Wundermittel gewesen. Zu Recht nannten Teile der Klimabewegung die Vorlage nicht weitgehend genug. Doch die Alternative ist noch schlechter – und freut vor allem die rechtsnationale SVP, die als einzige Partei gegen das CO2-Gesetz war.
Unklar ist, was jetzt geschieht: Womöglich wird das alte CO2-Gesetz verlängert, um überhaupt eine Gesetzesgrundlage zu haben. FDP-Politiker Ruedi Noser will schnell über eine Initiative abstimmen lassen, die bis 2050 fossile Brenn- und Treibstoffe verbieten würde. Doch das ist nicht zuletzt in seiner eigenen Partei umstritten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Die Brennelementefabrik und Rosatom
Soll Lingen Außenstelle von Moskaus Atomindustrie werden?
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen