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Rüstungsexporte an Saudi-Arabien„Schäbig und verantwortungslos“

Die Ampelkoalition hat millionenschwere Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien genehmigt. Das stößt auf heftige Kritik von Linken-Chefin Janine Wissler.

Wertebasierte Außenpolitik? Kanzler Olaf Scholz zu Besuch beim saudischen Killer-Kronprinzen Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin taz | Mit scharfer Kritik hat die Linkspartei auf die Genehmigung von Rüstungsexporten an Saudi-Arabien reagiert. „Munition für Kampfjets nach Saudi-Arabien zu liefern, hat mit einer wertebasierten und feministischen Außenpolitik nichts zu tun“, sagte die Linken-Vorsitzende Janine Wissler am Freitag der taz. „Die Genehmigung dieses Waffenhandels durch die Ampel ist schäbig und verantwortungslos.“

Am Donnerstag war bekannt geworden, dass die rot-grün-gelbe Bundesregierung trotz eines weitgehenden Exportstopps grünes Licht für die Lieferung von Ausrüstung und Munition für Kampfflugzeuge an Saudi-Arabien gegeben hat. Das geht aus einem Schreiben des Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne) an den Wirtschaftsausschuss im Bundestag hervor, über das der Spiegel zuerst berichtet hatte.

Die Entscheidung im geheim tagenden Bundessicherheitsrat fiel kurz vor der Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in die Golfregion. Die Ampelkoalition macht damit erstmals seit Beginn ihrer Amtszeit Gebrauch von einer Ausnahmeregelung für den Exportstopp an den höchst umstrittenen Kunden. Vor der Reise von Scholz hatte die Bundesregierung noch betont, man habe seit Amtsantritt keine Lieferungen nach Saudi-Arabien genehmigt.

„Die Ampel hat Energielieferungen offenbar mit Waffenexporten an Saudi-Arabien erkauft“, kritisiert Wissler. „Ein Land, das Frauen- und Menschenrechte mit Füßen tritt, Kashoggi ermorden ließ und einen verbrecherischen Krieg gegen den Jemen führt, wird mit Mordwerkzeugen beliefert“, empört sich die Linken-Vorsitzende. „Das ist eine Schande.“

Rüstungsgüter für mehr als 36 Millionen Euro

Saudi-Arabien ist einer der wichtigsten Energie-Exporteure weltweit. Das macht das autokratisch regierte Regime zu einem begehrten Handelspartner, bei dem man nicht so zimperlich ist. Bei seinem Besuch auf der arabischen Halbinsel traf Scholz sich unter anderem mit dem saudische Kronprinzen Mohammed bin Salman. Der faktische Herrscher Saudi-Arabiens gilt als Drahtzieher des brutalen Mords an dem Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Generalkonsulat in Istanbul vor vier Jahren.

Die frühere schwarz-rote Bundesregierung hatte die Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien unter anderem wegen der Beteiligung des Königreichs am Jemen-Krieg sowie des Mords an Khashoggi weitgehend gestoppt. Sie ließ aber Ausnahmen für Gemeinschaftsprojekte mit Bündnispartnern zu. So pragmatisch hält es jetzt auch die Ampelkoalition.

Die Genehmigungen betreffen allesamt europäische Rüstungsprojekte, an denen die deutsche Industrie beteiligt ist. So dürfen die Saudis lauf Spiegel für 36,1 Millionen Euro Ausrüstungsteile und Bewaffnung für die Kampfflugzeuge Eurofighter und Tornado einkaufen.

Für den Eurofighter können deutsche Unternehmen gemäß der Genehmigungsliste auch Munition liefern. Im Rahmen eines europäischen Kooperationsprojekts würden außerdem Ersatzteile für den Airbus A330 MRTT im Wert von 2,8 Millionen Euro geliefert.

In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP im vergangenen Jahr noch für eine „restriktive Rüstungsexportpolitik“ ausgesprochen. Die Grünen hatten in ihrem Wahlprogramm sogar angekündigt, sie wollten „mit einer restriktiven Ausfuhrkontrolle europäische Rüstungsexporte an Diktaturen, menschenrechtsverachtende Regime und in Kriegsgebiete beenden“.

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32 Kommentare

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  • Das nenne ich interessengeleitete Politik, die dem deutschen Volk nützt und dazu hat sich die Regierung ja wohl verpflichtet. Im Übrigen sollte eine ausgewogene Berichterstattung auch mal erwähnen, in welch fundamentalen Umbruch sich Saudi-Arabien gerade befindet. Der wird durch den Kronprinzen durchgesetzt und beinhaltet viel viel mehr als nur die Fahrerlaubnis für Frauen. In Übrigen haben unsere französischen und britischen Freunde die richtigen Geschäfte längst gemacht, wir bekommen die Brosamen.

  • Natürlich war es völlig unmoralisch sich im WK2 mit Stalin zu verbünden, aber es war absolut notwendig im Kampf gegen Hitler.

    Heute ist es die Iran-Putler-Connection www.tagesschau.de/...china-soz-101.html

    Klar das die Freunde Putins und der iranischen "Revolution" da meckern.

    • @Rudolf Fissner:

      Wenn man gar keine Ausrede mehr hat, muss Hitler herhalten...

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Ist das Beispiel der Alliierten gegen Hitler für Sie kein gutes Beispiel dass, Allianzen mit Diktaturen auch mal notwendig sein können?

        Sind Sie gegen solche Allianzen gegen Putin, auch wenn das große Gefahren in sich gebiert?

        • @Rudolf Fissner:

          "Sind Sie gegen solche Allianzen gegen Putin, auch wenn das große Gefahren in sich gebiert?"

          Saudi Arabien ist aber in keiner Allianz gegen Putin. Im Gegenteil. Als Biden von Salman wollte, dass er die Förderquoten erhöht, hat Salman geantwortet, dass er das erst mal mit OPEC+ besprechen muss. Das + steht für Russland.

          Und wenn Sie unbedingt über Hitler reden wollen. Den hat man auch erst gebauchpinselt, weil er so schön gegen Stalin war. Stellte sich dann als Fehler heraus. Und vielleicht brauchen wir ja auch mal die Mullahs, um Salman einzufangen. Wer kann das schon so genau wissen?

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Ich rede nicht über Hitler, ich rede darüber , ob es moralisch ok ist, wenn man nicht nur n die süßen Äpfel beißt, sondern auch mal in einen sauren um nicht alles zusammenbrechen zu lassen.

            Ich nahm auch nicht Hitler als Beispiel, sondern die Alliierten, wo eine Koalition geschmiedet wurde mit einer Diktatur (Stalin), die kurz zuvor noch im Holodomor Millionen verhungern ließ.

            Die Bezüge zwischen Putin und dem Iran (als Feind Saudi-Arabiens) habe ich ihnen aufgezeigt. Und ja, dass das nicht der WK III ist, ist mir auch bekannt.

            • @Rudolf Fissner:

              Heute hat die OPEC eine Verringerung der Ölfördermenge bekannt gegeben.

              Die OPEC, mit Saudi Arabien, stellt sich also an die Seite Putins. Wollen sie immer noch Waffen liefern?

              PS: Die Situationen heute und im II. WK haben nichts miteinander zu tun.

    • @Rudolf Fissner:

      [...] Beitrag entfernt. Bitte beachten Sie die Netiquette. Vielen Dank! Die Moderation

  • Besser hätte das die CDU auch nicht machen können. Vielleicht hätten die es aber nicht ganz so offensichtlich gemacht: Waffen für Diktaturen gegen fossile Brennstoffe - da gibts nicht mehr zu sagen.

    • @Mann aus Berlin:

      Unterstützung von Repressionskräften und Waffenhandel gibt es bereits länger zwischen Deutschland und Saudi Arabien. Wäre Saudi Arabien Russland und die Huthi-Rebellen in Jemen Ukraine, dann würde wohl anders gehandelt ...

      • @Uranus:

        Was wollen Sie mit ihrem Ukraine Vergleich?

        Die Huthis sind mit dem Terrorregime im Iran verbandelt. Der Iran tut sich mit Russland zusammen.

        Wie kommen Sie darauf die Huthis mit ihrem Spruch „Gott ist groß! Tod den USA! Tod Israel! Verdammt seien die Juden! Sieg dem Islam!“ in irgend einer Art und Weise mit der Ukraine zu vergleichen?

        Gibt es immer noch Sympathien der extremen Linken mit dem angeblich revolutionären islamistischen Klotz am Bein des Nahen Ostens?

  • Feministische Wertepolitik halt. Der nächste zerbombte Schulbus im Jemen geht damit direkt auf die Kappe von Scholz/Baerbock/Habeck. Die damit ganz offiziell eine noch menschenverachtendere Außenpolitik betrieben als zuvor die Rüstngslobbyisten der Union.

  • 4G
    49732 (Profil gelöscht)

    Frau Wissler sollte sich klarmachen das der Westen um das Überleben - geopolitisch wie wirtschaftlich - kämpft. Demokratien sind in der Minderheit.

    Nur knallharte Interessenpolitik wird unsere Wertegemeinschaft sicherstellen. Zur der übrigens auch die besten Sozialsysteme der Welt gehören. Und zwar mit Abstand!

    Wohlfühl-Politik für Moralisten wird unser Überleben nicht sichern! Aber vielleicht ist das ja für die DIE LINKE auch ganz attraktiv?

    • @49732 (Profil gelöscht):

      Welche Werte sollen das sein? In Saudi Arabien ist schon die Benutzung des Wortes Demokratie strafbar. Wie sollen Waffen in der Hand dieser Regierung irgendwie der Demokratie dienen?

      • 4G
        49732 (Profil gelöscht)
        @warum_denkt_keiner_nach?:

        Nach der Logik dürften wir nur mit sehr wenigen Ländern Geschäfte machen. Das würde nicht reichen um diesen Sozialstaat am Leben zu halten.

  • Die Heuchelei der Grünen ist schon lange mocht mehr zu ertragen. Mittlerweile wünschte ich, sie hätten mit der CDU koalieren können, wie sie es ohnehin bevorzugt hätten. Dann würde vielleicht endlich jeder ihr wahres Gesicht erkennen.

  • Gefälligkeiten und Kniebeugen in absolutistischen Monarchien im Austausch gegen Energieressourcen. 10 Prozent Inflation zu Hause. Aber die Ukraine in der NATO ist das und noch viel, viel mehr wert.

  • 9G
    93851 (Profil gelöscht)

    Man hat die Ampelmänner satt



    Ganz einfach g'sagt — und ohne Blatt.

  • [...] Beitrag entfernt. Bitte beachten Sie die Netiquette. Vielen Dank! Die Moderation

  • Ach, Frau Wissler... SA führt nicht "Krieg gegen Jemen", sondern Krieg gegen die von Iran unterstützten Huthi-Rebellen, die wiederum die jeminitische Regierung bekämpfen. Bei uns würde man "Stabilisierungsmission" dazu sagen.

    Ansonsten aber Zustimmung: Wertebasierte/feministische Außenpolitik müsste eigentlich anders aussehen.

    • @Bussard:

      Unfug. Die Huthi sind Jemeniten, welche sich im jemen gegen eine von Saudi-Barbarien geführte Terrorallianz verteidigen. Für diese Feststellung muss man auch weder die Huthi noch die iranische Regierung für irgendwie sympathisch halten. Der Iran hat geographisch schon kaum Möglichkeiten die Huthi auch nur annähernd in einem Maße zu unterstützen wie die "Wertegemeinschaft" den mit ISIS ideologisch identischen Aggressor. Außer man hält gelegentliche Aufforderungen, Bonesaw möge sich mit dem Genozid im Nachbarland etwas zurückhalten, für Kriegshandlungen halten...



      Die von den "Huthi-Rebellen" vertriebene "jemenitische Regierung" (saudische Marionette, nie gewählt, Amtszeit schon vor der Flucht seit Jahren abgelaufen) existiert dagegen tatsächlich nur in PR-Meldungen aus Riad.

    • @Bussard:

      Doppelmoral und Heuchelei wurden noch nie so deutlich wie bei dieser Ampelkoalition.

      • @Rolf B.:

        Ich dachte das sei die GroKo gewesen. Ist die CDU doch nicht so schlimm wie Sie immer behauptet haben?

    • @Bussard:

      "Wertebasierte Außenpolitik", wird dieser Unsinn weiterhin propagandistisch wiederholt werden?

      - Frauenrechtlerinnen für Twitter-Benutzung zu mehr als 4 Jahrzehnten Haftstrafe verurteilen.

      - Exekutionen auf offener Straße vollziehen.

      - In aller Welt Gegner:innen mit Mord bedrohen und dafür Abhörmaßnahme einsetzen.

      - Einen unvorstellbare grausamen Clusterbomben-Krieg gegen das jemenitische Volk führen.

      - Journalisten in Botschaften abschlachten und entsorgen lassen.

      Solchen Leuten liefern die Grünen Waffen und wollen allen Ernstes andere verurteilen für Menschenrechtsverletzungen?

    • @Bussard:

      Was für ein Unsinn. Eine Regierung, der ohne Gegenkandidaten mit 99 % der Stimmen gewählt wurde und über deren jeden Schritt die saudische Regierung entscheidet.

      • @PolitDiscussion:

        Natürlich, vollkommen richtig. Trotzdem geht es hier um einen Machtkampf zwischen Saudi Arabien und dem Iran. SA will den Jemen unter Kontrolle halten, und der Iran will mittels der Huthi Kontrolle über den Jemen gewinnen und den saudiarabischen Einfluss zurückdrängen.

        Dass einige Kommentatoren die Huthi als Freiheitskämpfer des jemenitischen Volkes verklären, überrascht doch sehr und ist viel eher eine unterkomplexe Darstellung.

    • @Bussard:

      " SA führt nicht "Krieg gegen Jemen""

      Stimmt. Richtig wäre gegen die Bevölkerung des Jemen. Mit Stabilisierung das nichts zu tun. Es sei denn, man hält Gräber für besonders stabil.

      PS: SA als Abkürzung für Saudi Arabien ist irgendwie treffend.

    • @Bussard:

      Klar führt SA Krieg gegen den Jemen. Die Huthi sind Teil vom Jemen. Außerdem sind es Waffen, die sofern sie treffen, keinen Unterschied machen, ob das jetzt ein Huthi war oder ein anderer Bewohner des Jemen.

    • @Bussard:

      Das ist eine ziemlich einseitige und vereinfachende Interpretation eines sehr komplexes Konflikts. Die Huthi kontrollieren die Hauptstadt seit Jahren, und man könnte meinen, sie sind die Regierung.

    • @Bussard:

      Bei uns würde man "Spezialoperation" dazu sagen?

      • @JulianM:

        Nein, nicht bei uns, aber in Russland sicher. Die Ironie meines Beitrages ist Ihnen hoffentlich nicht entgangen?

    • @Bussard:

      Ja das ist ein Detail was hier immer untergeht und die Houthis sind eine extremistische (und anti-semitische) Organisation die mit massivem Terror über ihre Gebiete herrscht. Macht Waffen-Exporte an SA die Islamisten weltweit unterstützen aber nicht besser.