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BundeswehrRühren Sie sich, liebe Wäh­le­r*in­nen! Auf zum Veteranentag

Deutschlands Soldatentum verdient unsere Dankbarkeit. Die Zeichen stehen nun einmal auf Militarisierung. Da kommt eine Parade gerade recht.

Rekrutinnen und Rekruten stehen beim öffentlichen Gelöbnis vor dem Abgeordnetenhaus von Berlin, am 23.5.2025 Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

A ch-tung! Stillgestanden, liebe Leser*innen! Hacken aneinander, Fußspitzen in einem Winkel von circa 60 Grad nach außen drehen, zack, zack, denn diesen Sonntag ist zum ersten Mal Veteranentag: der Termin, an dem wir uns in Reih und Glied, ich meine in freiheitlich-demokratischer Grundordnung aufstellen und unisono unsere spontane Dankbarkeit für das deutsche Militär zeigen. Wertschätzung und Anerkennung für eine harte, aber notwendige Aufgabe, Sie verstehen.

Aber Moment, fragen Sie, warum eigentlich nicht ein Tag der Müllfrauen und -männer? Oder ein Paketbot*innentag? Oder gerne auch ein Ehrentag für diese Krankenpfle­ge­r*in­nen und andere Gesundheits­schuftende, die noch heute von dem steuerfreien ­Applausbonus zehren, den wir ihnen in der Hochphase der ­Coronapandemie großzügig gespendet hatten? Falsche Frage, Zivilist*in!

Wir meinen doch nicht Anerkennung für arbeitende Menschen, die eine harte, aber lohnende Tätigkeit für die Gesamtgesellschaft leisten, Sie nai­ve*r Lumpenpazifist*in! Haben Sie sich mal durch die Besoldungstabellen des Arbeitgebers Bundeswehr gescrollt? Und dann zum Vergleich in vergleichbaren Aufstellungen für Kran­ken­pfle­ge­r*in­nen oder Angestellte der städtischen Müllentsorgung gestöbert?

Glauben Sie mir: Wen das nicht überzeugt, sich zum Dienst an der Waffe zu verpflichten, statt ein Leben lang im blauen Kittel in Zehnstundenschichten durch Krankenhausgänge zu hetzen oder bei Minusgraden respektive in der Augusthitze überquellende Mülleimer durch enge Hauseingänge zu hieven, den wird bei der Berufswahl auch die Info „Hat einen eigenen Paradetag“ nicht überzeugen.

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Nein, es geht um eine Anerkennung ganz anderer Art: Zi­vi­lis­t*in­nen wie Sie sollen nämlich endlich anerkennen, dass Krieg für eine prosperierende Volkswirtschaft nun einmal nötig ist – denn anders als bei der Müllentsorgung oder Krankenpflege will das anscheinend einfach nicht so recht in diese pazifistisch verseuchten Gehirne. Damit haben also auch Sie als Wäh­le­r*in eine harte, aber notwendige Pflicht: für Auf­rüstung und Militarisierung stimmen, selbst wenn es sich falsch anfühlt.

Und was hilft besser, den moralischen Kompass neu zu kalibrieren, als ein Ehrentag mit viel Pathos und rührendem Tamtam! In diesem Sinne: Ach-tung! Rührt euch!

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32 Kommentare

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  • Sonntags, bei bestem Wetter auf'ne Werbeveranstaltung ? Wer kommt auf sowas ? Is ja zum piepen - rühren...

  • Wenn sich Linke konsequent von Polizei, Militär und Verfassungsschutz fernhalten, dann ist der CDU-Wähler der linke Rand in diesen Institutionen. Dann aber über "rechte Tendenzen" bei ebendiesen zu klagen, ist Heuchelei.

    Es gibt nichts Gutes, es sei denn man tut es. Meckern ist immer einfach, besser machen hingegen schwierig.

  • Die Leistungen von Müllfrauen und Krankenpflegerinnen sind ausserordentlich.



    Aber keine muss auf sich schiessen lassen.

    Lesenswertes Interview in der NZZ:

    «Eine Fliege im Zimmer hat gereicht, und ich bin ausgerastet. Ich hatte keinen Abstand mehr zur eigenen Aggressivität»

    www.nzz.ch/interna...ivitaet-ld.1888257

  • Als mehrheitlich beschimpfter Lumpenpazifist frage ich dagegen: "Wo bleibt das Denkmal für den "Unbekannten Deserteur"?"

  • Man, man, man. Der Veteranentag hat die taz Redaktionen aber ordentlich getriggert. Was für eine große Flut aus Artikeln und Kommentare ergießt sich da.



    Ohne diese hätte so gut wie niemand von diesem Tag etwas mitbekommen.

    • @Querbeet:

      War wohl auch nur von den Veteranen selbst und deren Angehörigen besucht - Grillfest in Familie sozusagen...

  • Der Unterschied ist, dass unsere Soldaten in letzter Konsequenz ihr Leben dafür einsetzen, dass wir in Freiheit, Demokratie und auch sonst so leben können wir es wollen. Ob wir das z.B. unter Putin könnten wage ich zu bezweifeln.



    Es wird Zeit diesen besonderen außergewöhnlichen Einsatz auch besonders zu würdigen. Auch die Polizisten hätten das verdient.

  • Bin ich mit zwei Monaten Bundeswehr, danach nach Berlin (West), eigentlich auch ein gefeierter Veteran?

    • @meerwind7:

      Wurden sie ehrenhaft aus der Bundeswehr entlassen oder haben sie sich einfach nach Berlin abgesetzt und gewartet, bis Gras über die Sache gewachsen war? Bei der ehrenhaften Entlassung wären sie ein Veteran, ansonsten nicht.

      • @Offebacher:

        Meine restliche Dienstpflicht wurde wegen Studium zurückgestellt, ich war also nicht fahnenflüchtig. Eine besonders ehrende Entlassung gab es aber auch nicht.



        Danach habe ich mich u.a. umgemeldet und konnte keine Post der Wehrbehörden mehr erhalten, also das übliche Vorgehen beim Wegzug nach Berlin (West).

  • Manche machen sich's leicht!



    Es war im linken Spektrum ziemlicher Konsens, dass die UnterstützerInnen der Bundeswehr in Afghanistan wenigstens Bleiberecht in Deutschland erhalten.



    Was Wahdephul und Dobrint mit den letzten Verbliebenen anstellen steht allerdings in den Sternen.



    Klar scheint zu sein, dass es sich unter den Taliban nicht gut lebt.



    Das war auch zu Beginn des Auslandseinsatzes so und der Anspruch beispielsweise auch Mädchen eine Schulbildung zu ermöglichen war eine der vornehmen Aufgaben der Bundeswehr.



    Diejenigen, die in diesem Einsatz allerdings ihr Leben gelassen haben, sollen scheinbar nicht geehrt werden.



    Der Artikel spricht von Löhnen und Gehältern . Es gibt wenige Berufe, in denen der Tod ständiger Begleiter ist.



    Und Menschen, die in unserer Parlamentsarmee ihr Leben riskieren, verdienen Respekt.



    Ich bin Alles Andere als ein Militarist,



    doch es ist mir einfach zu billig, von Anderen zu erwarten, dass sie mich, unser Land und die Demokratie beschützen und sie dann mit Respektlosigkeit behandelt werden.



    Das mache ich bei Müllwerkern und Krankenhauspersonal ja ebensowenig.

  • Was soll der Veteranentag uns sagen, wenn dieser pauschal alle aktuellen und gewesenen Bundeswehrangehörigen ehren soll? International ist es völlig unüblich, mit einer solch inflationären Veteranendefinition Veteranen zu ehren. Ergänzend zum Gedenken an Gefallene dienenden Volkstrauertag sollte ein Veteranentag zum Einsatz gekommene Bundeswehrangehörige ehren. Den Veteranentag, den UvdL angerichtet hat, soll sie alleine feiern. Den Veteranentag, der uns daran erinnert, dass es auch Bundeswehr im Einsatz gibt, sozusagen ein Nachdenktag, das wäre, was wir brauchen.

  • Ein Veteranentag ist so unnötig wie ein Kropf.



    Einen solchen gibt es nämlich schon: Den Volkstrauertag. Der zeitweise auch "Heldengedenktag" hieß.

  • Deutsche Soldaten die in Afghanistan, Mali, Kosovo, etc. gekämpft haben, haben etwas Respekt verdient. Ein Reservistentag ist da wohl nicht zu viel verlangt.

    • @Mendou:

      Soldaten sind und bleiben Mörder, da sowieso bald Kriege automatisiert stattfinden werden, macht es keinen Sinn solch einen Tag zu würdigen.

  • Ganz großer Zapfenstreich. Am liebsten gleich.



    Kommandieren, Paradieren, Parodieren.. Und als Oberkommandierende ein Funkenmariechen wie AKK. Stechschritt! Et kütt wie et kütt. Ab inne Bütt.

    • @starsheep:

      Im Kölner Karneval wären Sie sehr gut aufgehoben.

  • ich fürchte nur das Ironie ausserhalb unserer Blase nicht funktioniert. Ist aber natürlich lustiger als der xte Vergleich der globalen Rüstungsausgaben, der dann nur in einem "aber gefühlt greift der Russe die Welt an" mündet. Ich bleibe dann lieber bei Tucholsky, und Aufrüstung ist Vorbereitung zum Masenmord.

  • Der Veteranentag ist die Eierhandgranate gegen die ein Ei im Nest ausgetauscht wird, damit sich die Friedenstauben nicht so schnell vermehren. Eines Tages wird die Granate explodieren. Dafür wurde sie erdacht und gebaut, die Armee national gesinnter und kriegstüchtiger SoldatInnen, dass RealpolitikerInnen ihr Machtpotenzial ausspielen können. Als Staffage in einer Geisterbahn macht so eine Armee niemandem Angst; sie muss schon mal tödlich sein.

    • @DemokratischeZelleEins:

      Natürlich muss eine Armee in der Lage sein, Menschen zu töten. Das ist ihr Zweck. Ob dies ihm Rahmen eines Verteidigungskrieges geschieht oder aber im Rahmen eines globalen Eroberungsfeldzuges, ist eine politische Entscheidung, die von der Regierung abhängt. Das delegitimiert aber nicht das Militar als solches.

      Auch Polizisten und Staatsanwälte können sehr üble Dinge tun, wenn nur die falsche Regierung die falschen Anweisungen gibt.

      Die Idee, man könne irgendwie einen Staat machen ohne eine verteidigungsfähige Armee, ist bislang immer widerlegt worden, von denjenigen die weniger Skrupel hatten, die Panzer rollen zu lassen, wie etwa 1939.

  • So ganz klappt dieser Text dann noch nicht. Die arbeitende Bevölkerung hat ja schon einen Feiertag. Den Tag der Arbeit.



    Und auch wenn ich jeden der genannten Berufe Wertschätzung zollen, ist Soldat eben keine Arbeit wie jede andere.

    Man verpflichtet sich der Gesellschaft. Sie notfalls unter Einsatz seines Lebens zu verteidigen.

    Ist natürlich nur spaßig gemeint. Schon klar. Weiß aber nicht ob die Familien der gefallenen Soldaten in Afghanistan das so lustig finden. Oder die Ukrainer in den Schützengräben die, alleine gelassen von der Weltgemeinschaft, ihr Land vor einem Diktator verteidigen.

    Aber Spaß muss sein. So lange bis man diese Menschen vielleicht selbst einmal braucht.

  • Es hindert den Autoren ja niemand daran, solche Gedenktage für andere Berufsgruppen ins Leben zurufen und es zwingt ihn niemand, den Veteranentag zu begehen

    • @Christian Deinhart:

      Wäre eine Maßnahme um diesen abartigen aufkommenden Hype der Militarisierung etwas zu relativieren.

  • Ist nett geschrieben.

    Und so sehr ich es auch begrüße, dass Europa Taurus-Raketen und sogar atomare Sprengköpfe liefern sollte, damit diese zum Kreml geschossen werden, um uneingeschränkte Solidarität mit der Ukraine zu beweisen, so begrüße ich auch Fahnenflucht.

    Vor dem zweiten Weltkrieg sind auch viele Menschen geflohen, wir haben sie als Helden in Erinnerung. Einstein musste auch nicht für Amerika in den Krieg ziehen, obwohl er dort hin geflohen ist. Dafür haben wir die Berufsarmee, die fürs Ermorden ausgebildet wird.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Wenn Zynismus und Empathielosigkeit ballistische Raketen und Drohnen aufhalten könnten, dann bräuchten wir keine Verteidigung - nur Sie, Troll Eulenspiegel

    • @Troll Eulenspiegel:

      Wir haben aber auch die Menschen als Helden in Erinnerung, die mit der Waffe in der Hand dieses Land vom Nationalsozialismus befreit haben.

      Und was Einstein und den Krieg angeht: de.wikipedia.org/w...Szil%C3%A1rd-Brief

    • @Troll Eulenspiegel:

      "Dafür haben wir die Berufsarmee, die fürs Ermorden ausgebildet wird."

      Am besten noch mal schauen, was ein Mord ist.



      Hinweis:



      Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier, niedrige Beweggründe, Heimtücke, Grausamkeit, die Verwendung gemeingefährlicher Mittel oder die Absicht, eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken.

      So Menschen wie sie sollten sollten solche Diskussionen fernbleiben. Man kann gegen die Armee sein, aber nicht mit platten Sprüchen, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben.

      • @Wayko:

        Mord = Absichtliches Töten eines Menschen.

        Siehe die Polizeimorde vor nicht all zu langer Zeit. Eine Waffe ist übrigens ein gemeingefährliches Mittel btw.

      • @Wayko:

        Kurt Tucholsky würde ihre Definition sicher nicht teilen, Soldaten töten aus Motiven die meistens mit Vorteilen für Ihre Gesellschaft verbunden sind.

        Soldaten sind Mörder!

    • @Troll Eulenspiegel:

      Eine Armee wird nicht fürs Ermorden ausgebildet, sondern dafür, dem Gegner seinen Willen aufzuzwingen. Dabei gibt es Tote, das ist aber nicht das eigentliche Ziel.