piwik no script img

Razzien bei der Letzten GenerationImmer noch krasser

Weder überraschend noch sympathisch: Warum ich mich über die Razzien gegen die Letzte Generation nicht empören kann.

Führt das zum Ziel? Foto: Michele Tantussi/reuters

E s tut mir leid, ich habe mich wirklich angestrengt. Aber irgendwie kann ich mich über die Razzien gegen die Letzte Generation nicht empören. Denn Empörung benötigt im besten Fall: Überraschung und Sympathie mit den Betroffenen.

Überrascht kann niemand sein, der die Geschichte sozialer Bewegungen und ihrer staatlichen Repression kennt: Zu oft schon haben Behörden den „Schnüffelparagrafen“ 129 des Strafgesetzbuchs gegen unbequeme Gruppen benutzt. Meist konnten sie im juristischen Nachspiel keine Straftaten nachweisen. Das war so bei den Aktivist:innen, die Blockaden beim G8-Gipfel in Heiligendamm planten, bei Antifa-Gruppen in Göttingen und anderswo.

Überrascht ist nicht einmal die Letzte Generation selbst. Denn die Ak­ti­vis­t:in­nen haben es darauf angelegt, letztlich ist Eskalation ihr politisches Konzept. Sie kündigen ihre Aktionen offen an, sie radikalisieren sich von Straßenblockaden zu Aktionen am Flughafen – Fortsetzung folgt.

Dieses politische Konzept führt dazu, dass auch meine Sympathie mit der Gruppe nicht sonderlich groß ist, obwohl ich ihre Ziele teile. Es ist das Konzept einer politischen Avantgarde: Wir müssen die Gesellschaft nur heftig genug schütteln, wir müssen sie aufwecken, dann erkennt sie den Ernst der Lage und wird tun, was notwendig ist.

Ein irres Medienspektakel

Natürlich kann man sagen, dass die Gruppe mit ihrem Protest Erfolg hat. Aber nur, wenn man Erfolg allein diskursiv misst. Wir sind aber längst nicht mehr an einem Punkt, an dem die Dramatik der Klimakrise nicht verstanden wird. Die meisten Menschen haben verstanden, sind aber hilflos angesichts der Größe der Aufgabe und verdrängen die Realität.

Vielleicht ist diese avantgardistische Vorstellung, dass eine Gruppe wild Entschlossener nur überzeugt genug vorangehen muss, damit viele folgen, die einzige ernstzunehmende Parallele zur RAF.

Es gibt eine andere Aktionsgruppe, an die mich die Letzte Generation erinnert. Sie ist ähnlich hierarchisch organisiert: das Zentrum für Politische Schönheit. Erinnern Sie sich? Die trugen einst Särge nach Berlin, in denen vermeintlich an der Europäischen Außengrenze gestorbene Geflüchtete liegen sollten, um sie dort auf der Wiese vor dem Reichstagsgebäude zu vergraben. Ein irres Medienspektakel! Aber was ist davon geblieben? Welcher politische Erfolg, außer die Gesellschaft auf ihre blinden Flecken zu stoßen, auf dass sie sich noch ein bisschen mehr schäme? Ziemlich protestantisch, diese Vorstellung von Politik.

Es ist kein Zufall, dass der Vortänzer des Zentrums für politische Schönheit, Philipp Ruch, vor Kurzem in einem Gastbeitrag im Spiegel der Letzten Generation Haltungsnoten vergab – und ihr empfahl, sie solle doch die Gemälde in den Museen nicht mit Kartoffelbrei, sondern mit Benzin überschütten. Hier ist sie wieder: Die Vorstellung, dass man nur immer noch ein bisschen krasser werden muss, bis es die Leute endlich kapieren.

Natürlich sind die Hausdurchsuchungen, ist die Kriminalisierung der Klimabewegung dennoch ein Skandal. So stehlen sich politisch Verantwortliche aus der Verantwortung. Trotzdem darf die staatliche Repression nicht dazu führen, dass keine Kritik an der Bewegung mehr erlaubt ist.

„Aber die tun doch wenigstens was?“ Das stimmt, aber das ist ein hilfloses Argument. Einen anderen Hoffnungsschimmer habe ich gerade auch nicht, ich weiß nur: Eine Avantgarde, die versucht, den Wahnsinn des fossilen Alltags aktionistisch zu unterbrechen, wird niemanden retten. Ohne eine grüne Linke, die auch die Machtfrage stellen und Umverteilung organisieren kann, sind wir verloren. Klingt unrealistisch? Das stimmt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Kersten Augustin
Ressortleiter Inland
Kersten Augustin leitet das innenpolitische Ressort der taz. Geboren 1988 in Hamburg. Er studierte in Berlin, Jerusalem und Ramallah und wurde an der Deutschen Journalistenschule (DJS) in München ausgebildet. 2015 wurde er Redakteur der taz.am wochenende. 2022 wurde er stellvertretender Ressortleiter der neu gegründeten wochentaz und leitete das Politikteam der Wochenzeitung. In der wochentaz schreibt er die Kolumne „Materie“. Seine Recherchen wurden mit dem Otto-Brenner-Preis, dem Langem Atem und dem Wächterpreis der Tagespresse ausgezeichnet.
Mehr zum Thema

46 Kommentare

 / 
  • Skatelefants , Moderator

    Vielen Dank für Eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Mal weniger poetisch: „Ohne eine grüne Linke, die auch die Machtfrage stellen und Umverteilung organisieren kann, sind wir verloren. Klingt unrealistisch? Das stimmt.“



    Das Fazit ist nicht unrealistisch. Es ist richtig. Unrealistisch ist es, auf eine grüne Linke zu hoffen. Was Ulrike Herrmann für notwendig hält und schon mehrfach geäußert hat, ist eine milde Lösung im Vergleich zu dem, was sich an Dramatik bereits in Teilen der Erdenwelt ankündigt:



    „Meine Privatmeinung ist, dass wir das Klima nur retten können, wenn wir demnächst in eine Art Kriegswirtschaft ¬wechseln und mit der Rationierung anfangen. Und zwar von allem: Fleisch, Flüge, Wohnraum.“ Erstmalig hier aufgefallen: taz.de/Afghanistan...nd-Klima/!5789439/



    Aber die Menschheit wird wohl auf die totale (Kon)Fusion warten.

  • Ich glaube nicht daran, dass die Klimaerwärmung noch aufgehalten werden kann.



    Die im Artikel Erwähnten, die die Zeichen der Zeit erkannt haben, ahnen es sicher auch.

    Das der Planet so geschunden wird, macht mich wahrscheinlich genauso traurig, wie die Aktivisten der Letzten Generation und habe deshalb rein menschlich jedes Verständnis für deren Aktionen, auch wenn ich nicht glaube, dass was bringt.



    Lange beobachte ich, dass die Weisssagung der Hopi ( Erst wenn .... dass man Geld nicht essen kann) sich erfüllt.



    (Ich frage mich immer, was daran eigentlich Weissagung sein soll. Wer mit etwas Menschenkenntnis ausgestattet ist, kommt zum gleichen Ergebnis.)

    Damit sich die Weissagung nicht ganz erfüllt, stelle ich mir die Zukunft so vor:



    Um ein persönliche Freiheit und einen eingeschränkten Wohlstand zu garantieren, sollte in Katastrophenschutz, Anpassung der Landwirtschaft, Sicherstellung der Wasserversorgung und eine autarke Energieversorgung investiert werden.



    Die selbsterfüllende Prophezeiung der Konservativen wird sich erfüllen, und die Grenzen müssen stärker gesichert werden.



    Das Thema sollte auf keinen Fall rechten Kräften überlassen werden, sonst überleben nur die Starken. Die freuen sich schon auf das Chaos, das sie als Chance zur Machtübernahme sehen.

    Vielleicht sollte die Letzte Generation ihre Ziele anpassen.

  • Natürlich ist es falsch, den Klimaktivismus zu kriminalisiseren. Die allermeisten Klimaktivisten haben mit den Aktionen der LG auch gar nix zu tun. Und die Klebeproteste mögen nicht schlau sein, aber sie sind auch kein Terrorismus. Zu solchen Krachballons sind sie aufgeblasen wurden, von verschiedensten Seiten. Ohne jedes maß.

    Der Begriff "irres Medienspektakel" triffts eigentlich am Besten. Aufregung hier, Empörung da. Unzählige Artikel mit dem nahezu gleichen Inhalt, nen Haufen Leute, die sich öffentlich mit schiefen Vergleichen und Whataboutismen gegenseitig unterbieten, Erkenntnisgewinn oder Fortschritt bei der Bewältigung der Probleme auf "beiden" Seiten gleich null.

    Das Thema leidet nicht an öffentlicher Wahrnehmung, darin liegt die LG völlig falsch. Es leidet an Überzeugung, am gemeinsamen Willen zu Veränderung und Umsetzung. Und das ändert keine Aktion der Welt, die von 85% der Menschen abgelehnt wird.

    Und so unsinnig das pathetische Hochkochen, Verteufeln oder Heroisieren der Klebeproteste ist, so trivial isses auch, dass der Staat seine Aufgabe warnimmt, gemeinsam organisierte, notorische und öffentlich angekündigte Straftaten zu verhindern.

  • Die Razzien sind nicht " nur " Razzien, wir empfinden sie als staatliche Drohungen gegen die Mitte der Gesellschaft - und was sollte es sonst sein - was will man denn vorfinden - Fässer mit Sekundenklebe ... ?



    UNGEHEUERLICH - der Pöbel an der Macht...

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    „das Konzept einer politischen Avantgarde: ‚Wir müssen die Gesellschaft nur heftig genug schütteln, wir müssen sie aufwecken,‘ “



    -------------------



    Bitte nicht die Menschen wecken



    und nicht schütteln, nicht erschrecken.



    Szenen wie in Afrika



    werden bald auch in Europa wahr.



    Spanien ist dann wüst und leer,



    Wälder leiden weiter sehr



    Und Trinkwasser gibt’s auch nicht mehr.



    (Die `s können werden weiter saufen



    Und Nestlés Flaschenwasser kaufen)



    „Ziemlich protestantisch, diese Vorstellung von Politik.“?



    Lieber resignieren statt protestieren?



    Rein tonn katolsch waarn

    • @95820 (Profil gelöscht):

      anschließe mich

  • Im Artikel wurde kritisiert, dass die "Letzte Generation" zwar Aufmerksamkeit generiert, aber keine Anknüpfungspunkte für andere politische Akteure bieten. Wer oder was hindert politische Gruppierungen oder Einzelpersonen eigentlich daran, diese Aufmerksamkeit als Steilvorlage zu nutzen, um eigene Positionen einzubringen und bekannt zu machen? Carola Rackete zum Beispiel hat dies bereits getan. Ich halte es allerdings für sinnvoll, wenn die "Letzte Generation" sich auf die Aktionen an sich beschränkt und den weiterreichenden politischen Diskurs anderen überlässt. Sonst würde der Vorwurf der Instrumentalisierung laut, und ein eventuelles Verbot der Organisation wäre leichter zu rechtfertigen. In dieser Hinsicht getrennt zu marschieren, kann also durchaus im Sinn eines gemeinsamen Ziels sein. Im Übrigen halte ich das Konzept einer Avantgarde nicht für verwerflich, weil es vielleicht elitäre Züge hat. Einer der Gründe, warum ein Fortschritt im egalitären Sinn sich so langsam entwickelt, liegt aus meiner Sicht in einem Kippen von in der Gesellschaft durchaus vorhandenen egalitären Bestrebungen - dass es "sozialer" zugeht - in den Konformismus. Deshalb erhalten eher konservative Parteien auch mehr Zuspruch als solche aus dem linken Spektrum. Die beste Lösung scheint mir zu sein, wenn alle sich bemühen, etwas besser zu sein als "das Ganze", ohne sich davon eine exponierte soziale Stellung zu erhoffen. In diesem Sinn ist es durchaus möglich, avantgardistisch und egalitär zugleich zu sein.

  • Ulrike Herrmann hat in der gleichen Ausgabe der TAZ doch schon alles gesagt zu dem Thema!

    (Warum erscheint ihr Leitartikel eigentlich nicht auf Seite 1 sondern nur auf Seite 2?! Und warum darf in der gleichen Ausgabe weiter an der ,,Hufeisentheorie'' (,,Klimakleber = Reichsbürer) gearbeitet werden, nachdem Herrmann diese Vorgehensweise bei Lindner bereits dekonstruiert hat (Lindner spricht von eingeweihten und ,,Autoritären/ Autoritäten", Kersten Augstin unterstellt ,,Anvantgardismus") ?!)

    Mit zwanghaftem und pseudo.neutralem ,,pro und kontra'' hat man im Journalismus doch über Jahrzehnte bereits die Klimawandelleugner zu stark zu Wort kommen lassen - iwe man inzwischen weiß, unterstützt von der Ölindustrie!

    Ich wünsche mir mehr klare Kante von der TAZ!

    siehe, wie gesagt, bei Ulrike Herrmann:

    taz.de/Archiv-Such...&SuchRahmen=Print/

  • 0G
    06455 (Profil gelöscht)

    Sehr gut, danke!

  • Hervorragend.

    Das übliche "die Art wie sie demonstrieren ist nicht richtig", gefolgt von: "Wie besser machen weiß ich auch nicht."

    So fördert man Resignation.

  • Darf man eigentlich nur auf die Journalistenschule, wenn man Markt- und systemkonforme Perspektiven vertritt? Kommt mir machmal so vor. (selber übrigens M.A. Publizistik)

  • Der Autor begeht leider einen Argumentationsfehler:



    "... die Geschichte sozialer Bewegungen und ihrer staatlichen Repression ..."

    Es klingt so, als könnte es das eine nur mit dem andern geben. Und weiter im Text bekommt man auch das Gefühl, dass es nur die Protestform gibt, welche auch von der Letzten Generation angewendet wird.



    Es gibt und gab allerdings schon genügend Demos, welche politisch etwas bewirkt haben. Oder medienwirksame Sendungen wie das ZDF Magazin Royale. Es muss nicht der gewaltsame Widerstand sein, um etwas erreichen zu können. Selbst die schnöde Wahl von Parteien ist ein Mittel des Weges.

    Beim Klimawandel ist die Sache allerdings äußerst verkopft. Es geht um unser eigenes Verhalten, um unseren Konsum, um unsere Werte unter welchen Bedingungen wir zukünftig leben wollen. Da hilft es meiner Meinung nach nicht, wenn man uns mit dem "Hammer auf dem Kopf haut" und uns vorführt, wie doof wir uns denn verhalten. Diese Art der "Pädagogik" hat man schon seit Jahrzehnten bei Kleinkinder abgeschafft. Genau dies verfolgt aber die LG mit ihren Aktionen. Statt uns zusammen zu bringen, entzweit sie die Gesellschaft Da dennoch stärker.

    Ergo: ich kann die Durchsuchungen daher nur begrüßen. Der Staat hat lange und brav zugeschaut bei deren Protesten. Der soziale Frieden ist am Ende jedoch genauso wichtig wie ein gutes Erdklima.

  • Die Menschheit kapiert den Klimawandel schon. Sie ist nur zu träge das zu ändern. Warum? Weil es bequemer ist nix zu ändern.



    Arschtritt tut not! Wie? Es müsste Scheiße regnen. Da schwächeltdie Natur aber noch.



    (Frustbewältigung over)

    • @Tom Farmer:

      Ihr Beitrag ist sehr nah an der Wahrheit. Menschen nehmen Dinge oft erst dann als relevant wahr, wenn die diese sie unmittelbar betreffen:

      Krieg "irgendwo" in Afrika:



      Schlimm, aber abstrakt.

      Kriegsbeginn in der Ukraine inkl. atomare Drohung: *Angst*. Das war auch damal zu Beginn des Goldkrieges so, als man einen Weltkrieg mit Chemiewaffen fürchtete.

      Und der Klimawandel ist noch weit weg, solange die eigene Hecke nicht verdorrt ist. Ist es dann mal, dann ist der Klimawandel im Bewustsein angekommen, dummerweise etwas zu spät.

      Vielleicht sollten die Energiepreise bleiben wie sie sind, auch nach Ende des Ukrainekrieges. Das regt mit Glück den einen oder anderen doch mal an, nicht jedem noch so kleinen Weg mit der Karre zu fahren. Blöderweise trifft das wieder mal die mt wenig Geld zuerst.

    • @Tom Farmer:

      bequmer mit profitabler ersetzen, dan passt es.

      Wir könnten die Welt retten...

      Aber mit der Alternative kann mehr Geld verdient werden.

  • Stimme mit *fast* allem im Artikel überein.

    Ausser... in der Sympathie. Wenn mir irgendwer sympathisch ist, dann diese mutigen Menschen.

    Mit grossem Abstand.

    Vielleicht ist deshalb mein Gefühl der Polizeirepression gegenüber auch nicht Empörung. Sondern Wut.

  • Ja wie? “Immer noch krasser



    Weder überraschend noch sympathisch: Warum ich mich über die Razzien gegen die Letzte Generation nicht empören kann.“ So what! But.



    Jo mei! Dann lassen’s halt bleiben •

    • @Lowandorder:

      Empörung ist ist ja wohl mindestens Angesagt...wenn jetzt jeder Haushalt mit Kidi's - eigene oder halt die Enkel - und Klebe, ein Grund für unsere Staatsgewalt darstellen, dort einzudringen - schnell mal aufräumen...

  • Ergänzung zu meinem vorherigen Kommentar: Soll nicht heißen, dass die LG aufhören soll. Aber weiterhin die Aktionsformen und deren Wirkung reflektieren und verändern. Ich denke, der Autor hat recht, dass immer krasser zu werden nicht weiterführt. Es hilft in der Regel auch nicht, lauter zu schreien, wenn mensch inhaltlich nicht verstanden wird oder das Gegenüber nicht einverstanden ist.

    Ich hab leider gerade auch keine Idee, wie's besser gehen kann :-/ Geht aber ganz sicher.

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    Schon unnötig, dass jetzt jeder nach den Klimaaktivisten treten muss.



    Und immer mit exakt den gleichen Argumenten. Und es ist etwas spät dafür - der Drops ist längst gelutscht.

    • @90118 (Profil gelöscht):

      Mit Weltuntergangsstimmung kommen wir auch nicht weiter.

  • Weil die Gesellschaft träge ist und weiter so machen will, sind diejenigen eine unsympathische Avantgarde, die das Problem erkennen und ein wenig etwas gegen die Trägheit der Gesellschaft tun wollen.

    Menschen können sich sehr wohl über Dinge empören, die nicht überraschend sind. Ansonsten gäbe es auch keine Empörung gegen Hinrichtungen im Iran, oder sind diese etwa nicht überraschend?

    Es fehlt also nicht an Überraschung, sondern an Sympathie.

    Die Bewegung könnte sehr wohl erfolgreich sein, wenn sie größer wäre. Wenn sie so viele Leute auf die Straßen brächten wie damals die Antiatombewegung, könnte sich etwas ändern. Damals wurde nicht weniger, sondern mehr ziviler Widerstand geleistet.

    Seither ist die Gesellschaft auch durch die Institutionalisierung der Grünen viel träger geworden, sodass sie sogar bereits die harmlosen Aktionen von "Letzte Generation" als extrem erlebt.

    Extrem ist der Klimawandel und extrem ist eine Gesellschaft, die diesen hinnimmt.

  • Danke für diesen Artikel, Sie sprechen mir aus der Seele.

  • "Ohne eine grüne Linke, die auch die Machtfrage stellen und Umverteilung organisieren kann, sind wir verloren."

    Ich finde den Kommentar auf den Punkt zutreffend.

    Klar ist es schwer erträglich, dass blockierte Autofahrer:innen so in ihrem (gleichzeitig in Konsumwatte gepackten und vom Wachstumszwang getriebenen) Alltag feststecken, dass sie es existentieller finden, pünktlich irgendwo zu erscheinen und sich dafür nicht bewegen zu müssen, als eine deutlich sichtbare Bedrohung ihrer Lebensgrundlagen abzuwenden (bzw. die Verantwortlichen zu drängen, das zu tun).

    Aber so ist es anscheinend. Könnte sogar sein, dass die Straßenblockaden sich für die Blockierten genauso anfühlen wie irgendein anderer Stau oder vielleicht sogar das ganze Leben. Dann sind sie eben keine Unterbrechung, sondern eine Fortsetzung des normalen Alltagsärgers - nur mit dem Unterschied, dass die Schuldigen sehr gut sichtbar sind.

  • Ich schließe mich meiner Vorrednerin an. Dass ein solcher Kommentar in der TAZ erscheint, beweist meiner Meinung nach deutlich, dass es der Großteil eben nicht verstanden hat.



    Die letzte Generation als hierarchische und aufmerksamkeitshaschende Truppe zu bezeichnen zeigt außerdem die unzureichende Auseinandersetzung des Kommentators, sowohl mit den Protestierenden und der Protestform als auch mit dem Thema selbst. Das überrascht mich doch sehr.



    Carla Hinrichs machte die Betroffenheit und Verzweiflung bei Anne Will sehr gut deutlich in dem sie unter anderem eingestand, dass sie gerne offen sind für bessere Ideen.



    Erneut ein Kommentar der TAZ (wie bereits "Billig, erwartbar, geschmacklos") der bei mir einige Fragen über ihre Positionen aufwirft.

  • Aus meiner Sicht haben die Aktionen des ZPS besser funktioniert: Die Gegner waren klar definiert und jede nicht völlig nach rechts abgebogene Person konnte nur zustimmen oder zumindest nichts dagegen sagen. Und genau da tut sich ein Weg für künftige Proteste auf. Wir wissen inzwischen, dass wir mit unserem Konsumverhalten kaum etwas bewegen, sondern rd 100 Konzerne für 70% aller Treibhausgas Emissionen verantwortlich sind. Dorthin muss die Konfliktlinie verschoben werden. Greenpeace 2.0?

  • "Die meisten Menschen haben verstanden, sind aber hilflos angesichts der Größe der Aufgabe und verdrängen die Realität."



    Wenn die meisten Mitmenschen mit deutschem Pass=Wahlberechtigung verstanden hätten, würde die Spitze der Ampel ned die Inbetriebnahme eines vor ca. zwei Jahren noch mehr oder weniger abgeschriebenen Projekts ähnlich wie die Mondlandung feiern sondern in Demut und leise den Umbau zu einer verträglicheren Welt vorantreiben. Über Tempo 100 auf der Piste (und deren fragwürdigem Ausbau) würden "wir" garned mehr reden, ebenso wenig wie über nen funktionierenden und bezahlbaren ÖPNV etc. pp. .

  • "Die meisten Menschen haben verstanden, sind aber hilflos angesichts der Größe der Aufgabe und verdrängen die Realität."



    Finde den Fehler!

  • Diese Prämisse hier - 》Denn Empörung benötigt im besten Fall: Überraschung und Sympathie mit den Betroffenen《 - (auf der Sie dann weiter aufbauen) ist, was Überraschung angeht, eher fragwürdig: Rassismus beispielsweise ist doch kein Phänomen, das 'überrascht', sondern eine in Jahrhunderten eingeübte Haltung, die gerade ihrer Persistenz wegen empört.

    》Wir sind aber längst nicht mehr an einem Punkt, an dem die Dramatik der Klimakrise nicht verstanden wird. Die meisten Menschen haben verstanden, sind aber hilflos angesichts der Größe der Aufgabe und verdrängen die Realität《

    Inwiefern unterscheidet sich denn "nicht verstanden" inhaltlich von "verdrängen die Realität"?

    'Ruhe im Karton, bringt eh nichts' spiegelt wahrscheinlich die Geisteshaltung der Regierung ('letzte, die noch Massnahmen gegen den Klimawandel ergreifen kann') zu LG: "nicht hilfreich".

    Eher ein Kompliment Habecks, der auf Ausbau der fossilen Energie setzt (LNG, Gasfeld vor Senegal mit Hilfe der KfW, keine Rückgabe von CO2-Zertifikaten



    is.gd/CdXgJB ) ...

    Ungeheuer wichtig, dass Aufmerksamkeit erzeugt wird - dieses RAF-Gequatsche der CSU soll nur von den äußerst moderaten Forderungen ablenken: nach erstens einem Tempolimit und zweitens einem 9-Euro Ticket bundesweit - der Skandal ist doch, dass dafür überhaupt demonstriert werden muss! Die obendrein kriminalisiert, sogar in die Nähe von Terroristen gerückt werden!

    "Nicht hilfreich" - es ist wirklich schamlos, wie sich der frühere Grünenvorsitzende Habeck einer vernünftigen Verkehrswende schon im Ansatz widersetzt.

    》Ohne eine grüne Linke, die auch die Machtfrage stellen und Umverteilung organisieren kann, sind wir verloren《 ist allerdings richtig. Gibt's aber nicht geschenkt.

    Niewand wird ernsthaft bestreiten, dass die französische Revolution die Grundlage für heutige westliche Demokratien geschaffen hat - lesen Sie den Text hier mal mit: m.youtube.com/watch?v=Y5AHLkFvk0I

  • „Wir sind aber längst nicht mehr an einem Punkt, an dem die Dramatik der Klimakrise nicht verstanden wird. Die meisten Menschen haben verstanden, sind aber hilflos angesichts der Größe der Aufgabe und verdrängen die Realität.“ Widerspruch. Es ist schon gerechtfertigt, dass der überaus bequemen Autofahrernation immer wieder ihre Ignoranz (hier geht es eben nicht Verdrängung bzw. Hilflosigkeit) vor Augen geführt wird, die angebliche Größe der Aufgabe dient lediglich als Alibi dafür, weiterhin kürzeste Entfernungen mit dem Heizgerät zurückzulegen. Die Brötchentasten-Hools dürfen damit nicht einfach so davonkommen. Die Generation sollte weitermachen und verschärfen und das bitte mit Unterstützung der sowieso schon marginalen „linken“ und „ökologischen“ Meinungsmacher-Innen.

    • @guzman:

      Welche "Autofahrernation" meinen Sie? Es gibt da nämlich sehr viele davon.

    • @guzman:

      Die LG kann natürlich ihre Aktionen weiter verschärfen und noch weiter polarisieren.

      Vielleicht kann man dadurch der "bequemen Autofahrernation ... ihre Ignoranz vor Augen führen" und dadurch ein massives Umdenken und Handeln erreichen. Vielleicht wächst aber nur der Grad der Ablehnung der LG und von Klimaschutz-Maßnahmen in der Bevölkerung und man erreicht das Gegenteil.

      Was ist wohl wahrscheinlicher?

  • Ihre Haltung (,, die Menschen kapieren schon, die Politiker müssten mehr tun ) aber soooo geht das nicht. ...... ist Teil des Problems. Die Wahrheit ist doch, die Menschheit kapiert es eben nicht.

    • @Gabriele Crone:

      Ein wenig mehr Realismus wäre angesagt. Blicke gerade bei Minus 15 Grad über die Dächer meiner Heimat. Die Heizungen laufen auf Hochtouren. Welche kurzfristigen Maßnahmen bringen uns gegen den Klimawandel weiter? Es müssen dicke Bretter gebohrt werden um in vielleicht 20 Jahren eine Besserung zu erreichen. Und das weltweit. Ich wiederhole mich: Seit 1990 hat Deutschland 38 % CO2 eingespart. In der übrigen Welt ist der Ausstoß von dem klimaschädlichen CO2 im gleichen Zeitraum um 40 % gestiegen.

      • @Klempner Karl:

        Ich habe gerade keinen Zugriff auf die Zahlen, daher die Frage: diese 38 sind mit oder ohne der de-facto-Abschaltung der DDR-Industrie? Schon mit, oder? Dennoch haben Sie in der Sache Recht - die Bundesrepublik hat in Sachen Energieeffizienz usw. einiges erreichen können.

      • @Klempner Karl:

        Dass die 38 % Einsparung größtenteils auf die Abwicklung der Industrie in der DDR zurück zu führen ist, sollte Ihnen bekannt sein, weil das Argument nun wirklich nicht neu ist. Hier eine Quelle (Sie finden dafür sicher noch weitere www.swr.de/wissen/...ib-swr-33594.html)

      • @Klempner Karl:

        CO2 Steuer und zur gleichen Zeit Energiegeld für die Bürger kann auch kurzfristig umgesetzt werden.

      • @Klempner Karl:

        Kurzfristige maßnahmen? Na dann wollen wir mal.

        Tempolimit 30 in der Stadt wo überhaupt noch gefahren werden darf, mittelfristig verkehrsberuhigung der Innenstadt mit grossen Parkplätzen außerhalb mit gutem Anschluss an Öpnv.

        70 auf der Landstraße, 100 auf der Autobahn.

        Kostenfreiher Nahverkehr und 2-300 Milliaerden für den Ausbau.

        Geld investieren in forschung und zulassung von autonomen ÖPNV am besten mit flächendeckendem 5g überall, dafür den Einfluss bei der Telekom nutzen.

        mind % Homeoffice Pflicht für Bürojobs.

        Auf jeder Kläranlage kann ein Faulturm errichtet werde um Methan zu sammeln für Strom und Wärmeennergie.

        Mehr Günstige staatliche Kredite für Solaranalagen für Hausbesitzer bis hin zu Ffinnazierung die sich über einen Stromzähler dann über bezahlung des erzeugten Stroms zurück zahlen lässt.

        Ausbau vom Stromnetz.

        Bürokratieabbau beim Ausbau der Erneuerbaren.

        Nicht nur Kläranagen der gesammte Biomüll könnte mittelfirtig für Biogas und somit grüne Energie gesammelt werden.

        Das sind alles Sachen die sich sehr kurzfristig in die Tat umsetzen lassen liessen, wenn man mal GELD in die Hand nehmen würde.

        Aber unsere Vertreter haben keine Zeit mussten ein LNG Terminal einweihen gehen.

      • @Klempner Karl:

        Ne.



        38% sind schön gerechnet.



        Die Abwicklung der DDR-Industrie hatte mit Klimaschutz nichts zu tun. Die war einfach lästige Konkurrenz...

      • @Klempner Karl:

        Ja, die bösen anderen. Mich würde interessieren, wieviel der "eingesparten" 38% nur verlagert wurden, und zur Steigerung in der übrigen Welt beigetragen hat. Die Waschmaschine die vor 30 Jahren in Deutschland produziert wurde und hier die Emissionen bei der Produktion verursacht hat, wird ja jetzt immer noch produziert, nur woanders. Und gefühlt wird heute deutlich mehr eingekauft als vor 30 Jahren. Nur dass die Produktion und die Emissionen woanders sind.

      • @Klempner Karl:

        Danke. Ein wenig Realismus tut gut.

      • @Klempner Karl:

        @Karl Klempner, exakt die Reaktion von so vielen, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Dafür ist es zum einen zu spät, zum anderen ist es auch einfach Quatsch, ich empfehle dazu die Veröffentlichung von Jason Hickel et al. National responsibility for ecological breakdown:



        a fair-shares assessment of resource use, 1970–2017

      • @Klempner Karl:

        Vielleicht wird es ja diesmal veröffentlicht:



        Die CO2 Einsparung in D beruht auf der Schließung fast der ganzen DDR-Industrie sowie der Auslagerung von klimaschädlicher Produktion u.A. nach China.

      • @Klempner Karl:

        Wenn man von einen so extrem hohen Co2 Niveau kommt, wie die Deutschen dann relativieren sich die 38% Einsparungen ganz schnell. Ein Deutscher bläst 4mal soviel CO2 in die Atmosphäre wie ein Inder und immer noch doppelt soviel wie ein Schweizer, also mal den Ball flach halten. Und was hat die aktuelle Wetterlage mit der Sache zu tun?



        de.statista.com/st...dern-je-einwohner/

      • @Klempner Karl:

        Die angebliche Größe der Aufgabe dient lediglich als Alibi dafür, weiterzumachen wie bisher. So dick sind die Bretter nämlich gar nicht, weniger Energie zu verbrauchen, weniger (Schund) zu konsumieren ist verhältnismäßig einfach und bringt viel.