piwik no script img

Rassismus bei Konferenz in FrankfurtBoomer befeuern rechte Debatten

Bei der Konferenz „Migration steuern, Pluralität gestalten“ traf sich das Who’s who der als harmlose bürgerliche Mitte verkleideten Rechten.

Susanne Schröter im November 2021 Foto: Mauersberger/imago

I ch würde lieber über etwas Schönes schreiben, aber Deutschland zwingt mich dazu, mich mit rassistischen Geschehnissen auseinanderzusetzen. Auch deswegen, weil viele Medien sie nicht richtig einordnen können. Die Konferenz „Migration steuern, Pluralität gestalten“ zum Beispiel, zu der die Hertie Stiftung und das Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam mit der Direktorin Susanne Schröter am vergangenen Freitag in die Räume der Goethe-Uni eingeladen hatten.

Die Liste der Red­ne­r*in­nen liest sich wie ein Who’s who der Rechten – verkleidet als harmlose bürgerliche Mitte, die unwissenschaftlich vor allem Mus­li­m*in­nen problematisieren. Redner*innen, wie Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Lehrerverbands, der Leistung nach Herkunft beurteilt und Migrantenquoten für Schulen fordert.

Manuel Ostermann, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, der für das rechte Onlinemagazin „The Germanz“ schreibt. Oder Ahmad Mansour, Psychologe und von vielen Medien, ähnlich wie Schröter, zum „Islamexperten“ auserkoren. Sie alle sind in der Vergangenheit mit rechten und rassistischen Äußerungen aufgefallen, die teils bei der AfD anschlussfähig sind.

Und der Tübinger Bürgermeister Boris Palmer nutze im Vorfeld der Konferenz auch noch mehrfach das N-Wort und verglich sich selbst mit Jüd_innen während des Nationalsozialismus. Der Aufschrei war groß. Doch das Problem wurde vor allem auf Palmer reduziert. Auch Schröter findet, dass lediglich Palmers „Verhalten“ die ansonsten „gute“ Tagung beschädigt habe.

Argumentieren und radikalisieren

Schröter wollte mit der Konferenz wohl die, wie sie sagt, „Wissenschaftsfreiheit“ gegenüber der „politischen Korrektheit“ stärken. Doch nur weil Thesen von Schröter und Co leicht widerlegbar sind, bedeutet das für Aka­de­mi­ke­r*in­nen keine Einschränkungen. Weder in der Forschung noch in der Meinungsäußerung. Was als politische Korrektheit diffamiert werden soll, ist der Kampf für eine gerechtere Gesellschaft. Doch Ideo­lo­g*in­nen wie Schröter sehen die Demokratie und Meinungsfreiheit gefährdet. Es ist ermüdend, gegen dieses rechte Mantra anzureden. Denn Schröter und Co profitieren von der Aufmerksamkeit.

Es sind vor allem Boomer, die diese rechten Debatten befeuern und das politische Geschehen bestimmen. In Videos von der Konferenz sind fast nur ältere Menschen im Publikum zu sehen. Entscheidungsträger*innen, die rassistisches, anti-queeres und anderes menschenfeindliches Gedankengut verbreiten oder umsetzen, sind eben die älteren Semester.

Seien es Schröter, Faeser, Scholz oder Uni- und Redaktionsleitungen. Anlässlich drängender Fragen in der Asylpolitik, zu Antisemitismus und Rassismus hat reden bislang nicht viel gebracht. Egal, wie sachlich argumentiert wurde. Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen greifen deswegen zu radikaleren Maßnahmen, trotzdem mauert die Politik. Scheinbar können wir Änderungen erst erreichen, wenn diese rechten Boomer ausgestorben sind. Oder wir radikalisieren uns auch.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

26 Kommentare

 / 
  • Vielen Dank für eure Beiträge. Wir haben die Kommentarfunktion geschlossen. 

  • Ach, die Rechten sterben leider nicht aus, schön wär´s. Die wachsen immer wieder nach. 1933 ist schließlich schon 90 Jahre her, die müssten ja langsam alle tot sein...

  • "Migrantenquoten für Schulen"

    Der Kontext Migration und Schule sieht in DE aktuell so aus: Weil reiche Stadtviertel nicht erschwinglich sind für Menschen mit Migrationshintergrund und geringem Einkommen wohnen Migranten oft geballt in einzelnen Vierteln.

    Weil der Anstieg von schulpflichtigen Kindern in diesen Vierteln von den Kommunen bei der Schulplanung nicht berücksichtigt wurde, fehlen dort oftmals Räumlichkeiten und Lehrer. Es kommt zu überfüllten Klassen.

    Dazu kommen die spezifischen schulischen Probleme augrund sprachlicher Schwierigkeiten oder Herkunftsbedingten Schädigungen (Traumata, Kriegsflüchtlinge, ...)

    Auf vielen Ebenen haben Kinder mit Migrationshintergrund in dieser Zustände Nachteile.

    Migrantenquoten für Schulen sind ein Baustein, dagegen an zu gehen und Schüler mit Migrationshintergrund besser auch auf Schulen in reichen Vierteln aufzuteilen.

    Was also soll daran rechts sein?

  • Es ist schon interessant... wie auch andere Kommentare hier hervorheben wird sich in diesem Kommentar/Kolumne? nur über die Akteure aufgeregt, ohne auch nur eine auf der Veranstaltung besprochenen Thesen zu zitieren...

    Und nach (zugegeben nur kurzer) Recherche bei anderen Plattformen habe ich auch nur Artikel gefunden die im Vorfeld der Veranstaltung veröffentlicht wurden und quasi sagen "mit den Leuten kann das ja nichts werden" und im Nachgang ausschließlich über Palmer nach dem Motto "War ja klar" berichten. Was jetzt tatsächlich dort besprochen wurde konnte ich leider auf die schnelle nicht herausfinden... aber das scheint ja eigentlich auch egal zu sein man hat offensichtlich so schon genug über das man sich mal wieder aufregen kann...

  • Gestern las ich einen interessanten Artikel über Psychologie "Was die Basis unserer Denkfehler ist"



    Darin heißt es u.a. "So nehmen wir die Gruppe, der wir angehören, leicht als verantwortungsvoller und moralisch überlegen wahr („In-group bias“).



    In diese Falle ist Amina Aziz auch getappt.

  • Es grenzt an üble Nachrede, was die Autorin über Herrn Ahmad Mansour u.a. schreibt.



    Bitte vorher recherchieren, dann nachdenken, dann schreiben!

    • @Toni Zweig:

      Richtig, und inwiefern Peter Meidinger "Leistung nach Herkunft beurteilt" und damit offenbar ein böser Rechter ist, hätte ich auch gerne erläutert. Meidinger ist sicher kein Links-Progressiver, aber ihn zum Who-is-who der Rechten zuzuordnen, erscheint mir unfein.

      Manchmal wäre weniger Meinung und mehr Berichterstattung, gerne dann auch mit kritischer Einordnung, im Internetauftritt der TAZ schon schön.

  • Diese reichlich dümmliche Argumentationsweise gab es schon von uns Boomern, als wir noch jünger waren, gegenüber den Älteren. Was zeigt, dass je dümmlicher die Argumentation, desto verfänglicher. Und nicht erst seit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts.



    Was jedoch richtig ist, und hier wäre anzusetzen, ist, dass wer was hat, das auch behalten will und möglichst noch mehr will, auch wenn es ihm auf lange Sicht schadet. Aber da sagt er sich dann, vielleicht triffts ja mich nicht mehr, sondern die danach, die in der sprichwörtlichen Sintflut. Egal, ob Boomer, X, Y, oder welche Generation auch immer. Also wär es doch wohl, wie schon seit Hunderten von Jahren, an der Zeit, die zu einigen, die zu einen, die nichts zu verlieren haben, als ihre Ketten, wie das schon mal jemand sehr treffend geäußert hat, ohne Rücksicht auf die eh schuldlose Angehörigkeit zu einer "Generation", das bringt nicht weiter.



    Und was die Religion betrifft, so kann man schon bei dem, der das über die Ketten geschrieben hat, nachlesen, was davon zu halten ist. Solange es um ein privates Pläsierchen geht, kein Problem. Wäre da nicht der Alleinvertretungsanspruch, der immanente Anspruch des Alleinseeligmachens, der sie alle ohne Ausnahme auszeichnet, und der all diesen Vereinen gleich ist, und der sie dadurch, sobald sie staatstragend sind, für die Nicht-Seeligen tödlich macht.

  • Was waren jetzt konkret die Thesen der Veranstaltung? Aus dem Beitrag werde ich darüber nicht informiert.

    • @Hans aus Jena:

      Steht doch im Titel: "Boomergeneration ist Scheisse"...mehr musst Du nich wissen Hans.... ;)

  • Zum Kampftag der Arbeiter_innen der Welt sei darauf hingewiesen:



    Die Studie von Peter Birke



    Grenzen aus Glas : Arbeit, Rassismus und Kämpfe der Migration in Deutschland, Wien: Mandelbaum Verlag, 2022, 400 S. wertet Befragungen in der Fleischindustrie Niedersachsen und bei Amazon-Standorten aus: dort sind einige Schichten rein migrantisch zusammengesetzt: Ausbeutungsdruck auf Basis des Nachweises einer Beschäftigung, sonst keinen Aufenthaltstatus. Das ist die Erpressung.



    Weg vom Kulturkampf der Religionen, hin zum gemeinsamen Kampf der Lohnabhängigen.

  • Genau diese Einschätzung trifft den Punkt.



    Die CDU-CSU-Politik macht die gleichen Zugehörigkeits-Claims wie die Imame, die in Moscheen Abgrenzung predigen und die Zersetzung des Islam fürchten.



    Integralisten der Politisierung der Religion fordern dazu auf „haltet unsere Regeln ein, sonst droht Gruppen-Zerfall.“ auch von den Christen her.



    Z.B: Christine Schirrmacher, mit ihrem Mann Thomas Schirrmacher, Funktionärin der Evangelikalen und



    -Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Berlin, sowie



    -Mitglied des Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit (UEM), Berlin, berufen durch den Bundesminister des Innern, so de.wikipedia.org/w...stine_Schirrmacher



    Ausländerbehörden: siehe der anschauliche Unterricht von Jan Böhmernann in seiner Sendung kurz vor Weihnachten 2022.



    Polizeikontrollen: siehe die neue Veröffentlichung von Tobias Singelnstein. unabhängiges Monitoring?



    Asylrecht nur noch an den EU-Außengrenzen? Nicht mit mir, nicht mit Pro Asyl!

  • Sorry ... als typischer Boomer finde ich das Prädikat "Islamexperte" für Herrn Mansour absolut zutreffend. Er entstammt dem Kulturkreis und hat für sich das Fazit gezogen, diese Religion kritisch zu hinterfragen. Dadurch wird er allerdings weder rechts noch konservativ. Man muß Religionen nicht gut finden. Auch den Islam nicht.

    • @Zebulon:

      Super, dann bin ich also Christentumsexpertin, ich stamme nämlich aus dem "entsprechenden Kulturkreis". Wozu da noch Religionswissenschaft oder Soziologie studieren?

    • @Zebulon:

      "allerdings weder rechts noch konservativ"



      Volle Zustimmung, hier kippt der Beitrag das Kind mit dem Bade aus. Mansour kritisiert ja auch nicht generell den Islam oder generell Religion, sondern nur deren radikale Auslegungen sowie die Tatsache, dass der deutsche Staat unkritisch mit radikalen muslimischen Gruppierungen zusammenarbeitet, ohne die Folgen (z.B. wachsende Misogynie, Antisemitismus, Queerfeindlichkeit sowie ein steigendes Risiko für Radikalisierung unter männlichen muslimischen Jugendlichen) zur Kenntnis zu nehmen.

  • Im gesamten Artikel wird keine einzige These wiedergegeben, die ein Redner auf der Konferenz geäußert hat. Die Autorin sieht sich gezwungen, sich "mit rassistischen Geschehnissen auseinanderzusetzen". Diese Auseinandersetzung findet aber im Artikel nicht statt.

  • Boomer-Bashing ist zwar gerade hip, nur leider unterkomplex und der Bedeutung des Themas nicht angemessen.



    Aber sei’s drum, Kolumnen dürfen (fast) alles…

  • „Boomer befeuern rechte Debatten“ - wie wäre die Schlagzeile wenn es Millenials gewesen wären, sagen wir mal die gesicherten Rechtsextremisten von der „jungen Alternativen“?



    Warum glauben Sie, dass das Geburtsjahr ein valides Kriterium zur Einordnung in eine politische Schublade ist?



    Sollen wir jetzt schlussfolgern, dass Boomer grundsätzlich rechtem Gedankengut anhängen und im Zweifelsfall Rassisten sind?

    Sorry - das ist doch ziemlich unterkomplex.

    Zu den Zeiten als Boomer ihre (politische) Sozialisation erfahren haben, wurde mehr Wert auf politische Analyse gelegt….

  • Seltsame Überschrift!



    Die Berichterstattung über die Konferenz ist informativ.



    Die Überschrift und die dazu passende Erwähnung im Text gibt allerdings Rätsel auf.



    Gerade erschien ein Artikel mit der ironischen Überschrift:" die Boomer sind an Allem schuld".



    Der obige Artikel spart die Ironie aus und erzeugt ein neues Feindbild.



    Da eine Mehrheit der Zuschauer älter waren, sind die Boomer also potentiell rechts. Das ist wohl eine eher unwissenschaftliche Herangehensweise.



    Es handelt sich hierbei um Altersdiskriminierung.



    Leider haben laut Umfragen viele Jüngere diverse Vorurteile gegenüber Älteren.



    Insbesondere auch beim Thema Klimaschutz, der im Artikel erwähnt wird, obwohl es themenfern ist.



    Es ist gut, dass die Antidiskriminierungsstelle des Bundes die Problematik bereits erkannt hat.



    Wie ein Artikel in der Taz, der Rassismus beschreibt, in der Erklärung diskriminiert, ist schon verwunderlich.



    Als Lösung der Problemstellung lesen wir, dass Reden nicht hilft, sondern ein "Aussterben" der betreffenden Gruppe.



    Eine derartige Wortwahl und derartige Pauschalisierungen unterscheiden sich wenig von Rassismus, sie sind nur auf eine Altersgruppe bezogen.



    Es ist bedauerlich, in dieser Zeitung einen solchen Artikel lesen zu müssen.

    • @Philippo1000:

      Danke für Ihre vernünftige Analyse und Positionierung.

  • Das erinnert an Planck's principle [1] "Science progresses one funeral at a time".

    In der momentanen Lage können wir es uns leider nicht leisten zu warten, bis die Boomer alle aussterben :-(

    [1] en.wikipedia.org/w...anck%27s_principle

  • Ach ja, jetzt sind's die Boomer. da haben wir ja jetzt die nächste Schublade, in die Menschen gesteckt werden können ohne zu schauen, was sie konkret machen.

    Das ist beleidigend für mich und viele andere, die schon in den 80er Jahren in Westdeutschland gegen Neonazis auf den verschiedensten Ebenen gekämpft haben. Neonazis gab's nämlich auch damals schon, sie sind keine Erfindung der neuen Bundesländer.



    Und wenn ich mir so anschaue, welche Jahrgänge auf kritischen/linken Veranstaltungen anwesend sind: wogende Baumwollfelder, von den jungen Leuten nur ganz wenige. Die gehen auf Demos, und das ist gut so. Jede an ihrem Platz und nach ihrem Können. Aber einseitig jetzt eine dümmliche Debatte Alt gegen Jung aufzumachen ist unter dem Niveau der taz.

    • @Axel Stolzenwaldt:

      Na wo sind denn die Leute von damals, die gegen Nazis gekämpft haben? Sogar der alte Maoist Kretschmann hat sich dem Pflegen seines Englischen Rasens vor seinem Haus gewidmet.

      Gegen Nazis zu sein, ist eine Lebenseinstellung, die bis ins hohe Alter gelten muss. Jeder Millimeter, dem man zurückweicht, ist ein Schritt näher an die erneute Machtergreifung von verkappten Idioten.

      Und: Wer damals Häuser besetzt hat (z.B. Joschka Fischer), der muss dies heute auch tun oder sich solidarisieren. Sofern man nicht unter der Erde liegt selbstverständlich.

      • @Troll Eulenspiegel:

        Also schwindet mit jedem Mal Rasenmähen vor dem Haus die Distanz zum Rechtsextremismus und mit jeder Mietzahlung bereitet man den Weg für das vierte Reich?

  • Echt jetzt, das Problem mit Rechten die es in leider allen Jahrgängen gibt und gab soll auf die Generation der Boomer abgewälzt werden. Das ist mit Verlaub etwas platt argumentiert.