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Proteste gegen PolizeigewaltAchtung, Anarchisten!

Donald Trump wütet gegen die Protestbewegung in seinem Land, diffamiert sie als anarchistisch. Er hat keine Ahnung, wovon er redet.

Übertretungen des Widerstands wie hier in Minneapolis werden mit der Lupe betrachtet Foto: John Minchillo/ap

A NARCHISTS!“, schimpfte Donald Trump auf Twitter, kaum waren die Proteste gegen den Mord an George Floyd ausgebrochen. Es ist verwunderlich, dass der Präsident so genau über die politischen Überzeugungen der überwiegend Mund-und-Nasen-Schutz tragenden Demonstranten Bescheid wusste (was für eine Ironie, dass quasi über Nacht das Vermummungsverbot in ein Maskierungsgebot umgewandelt wurde). Es verwundert aber nicht, dass er just diesen Begriff verwendete. Seit je wird der Anarchismus, angeblich ein weltfremder Unsinn, auf diese und ähnliche Weise diffamiert, um sich nicht ernsthaft mit einer wichtigen politischen Weltanschauung beschäftigen zu müssen. In mediengängigen Formulierungen wie etwa: „In Somalia herrscht Anarchie.“

Genauer besehen ergeben solche Zuschreibungen wenig Sinn. Anarchie bedeutet im Griechischen „ohne Herrschaft“, doch die derart bezeichneten Verhältnisse leiden meist nicht an zu wenig, sondern an zu viel Herrschaft. In Somalia etwa an der Allmacht der Warlords und der fanatischen Al-Shabaab-Sekte. Wenn also von „Anarchisten“ gesprochen wird, die auf nächtlichen Straßen „wüten“, ist vielmehr beabsichtigt, diese Menschen als gesetzlose Vandalen abzutun. Als Barbaren also. Als Feinde der Zivilisation, die bekämpft oder gar vernichtet werden müssen. Jene, die um ihre Rechte kämpfen, werden nach althergebrachten Mustern entrechtet, was ihren Protest erst recht rechtfertigt.

Präsident Trump dürfte sich mit Anarchismus genau so wenig beschäftigt haben wie mit Sozialismus oder Liberalismus. Hätte er auch nur einige Seiten von, sagen wir, Michail Bakunin oder Emma Goldman, Erich Mühsam oder Murray Bookchin gelesen, wäre er erstaunt, dass Anarchismus nicht die Plünderung eines Foot-Locker-Ladens (schicke Sneakers!) bedeutet, sondern das Streben nach größtmöglichem Gemeinwohl bei größtmöglicher individueller Freiheit. Also das Gegenteil von neoliberaler Ausbeutung und polizeilicher Willkür.

Gewiss, es gibt auch im Anarchismus viele Strömungen, aber eines haben sie doch gemein: Solidarität als gesellschaftliches Grundprinzip, nicht Konkurrenz und Rivalität. Anders formuliert: Denkt man die Losungen der Französischen Revolution sowie die Allgemeinen Menschenrechte logisch zu Ende, landet man beim Anarchismus, nicht bei Donald Trump oder einer Polizei, die BürgerInnen umbringt. Letzteres verstößt natürlich gegen das Recht, nicht nur das national kodifizierte, sondern das universell humane. Die Rechtlosen sind somit nicht die als gesetzlos beschimpften Protestierenden, sondern jene, die andere Menschen misshandeln, foltern oder gar töten.

Paramilitärisch ausgerüstete Sicherheitskräfte

Wäre dies ein Einzelfall, könnte man die jetzige Rebellion als übertriebene Reaktion erachten. Aber es handelt sich nicht um eine Ausnahme, sondern um eine weitere unter vielen individuellen Tragödien. Im Jahr 2016 wurden in den USA 1.093 Menschen von der Polizei getötet (vergangenes Jahr 1.042). Der Guardian machte sich vor einigen Jahren die Mühe, diese Fälle zu dokumentieren (zu finden unter „The Counted“), und die Lektüre der kurzen Nachrufe ist herzzerreißend. Die Opfer sind psychisch kranke Nackte, traumatisierte Veteranen, gläubige Rentner, deren Kruzifix als Waffe angesehen wurde, wegen einer Bagatelle Verhaftete, die getasert wurden und keine medizinische Betreuung erhielten, fälschlich Beschuldigte.

AnarchistInnen sind der festen Überzeugung, dass es bessere Formen des sozialen Miteinanders gibt als das Aufmarschieren paramilitärisch ausgerüsteter Sicherheitskräfte, die zuschlagen oder schießen, bevor sie Fragen stellen. Insofern hat Präsident Donald Trump doch recht, wenn er von „Anarchisten“ spricht: Die vielen Menschen auf den Straßen, inzwischen nicht nur in den USA, verlangen eine bessere Welt, und wie ernst es ihnen damit ist, beweist die Tatsache, dass sie sich in Zeiten der Pandemie einer doppelten Gefahr aussetzen.

Machtlegitimierung basiert oft auf absurden Rechtfertigungen, weswegen ein US-Senator wie Tom Cotton mit dem Spruch „Null Toleranz gegenüber Gewalt“ ein hartes Vorgehen von Polizei und sogar Armee fordern kann, obwohl sich die Proteste gerade gegen die systematische Tolerierung staatlicher Gewalt richten. Ob es sich nun hierbei um zweierlei Maß oder hochamtliche Heuchelei handelt, der anarchistisch geschulte Blick gehört zu den schärfsten Instrumenten, solche verlogene Rhetorik der Macht zu entlarven.

Nicht zum ersten Mal löst ein gewalttätiges Eingreifen der Polizei Gegengewalt aus, die wiederum ein gewalttätiges Eingreifen der Polizei hervorruft. Ein Teufelskreislauf. Die Opfer sind dieses Mal übrigens auch viele JournalistInnen, die teilweise absichtlich mit Pfefferspray besprüht oder mit Gummikugeln beschossen wurden. Kein Wunder, gelten sie doch neuerdings wieder als „Volksfeinde“.

Zorn der Entrechteten

Die Feministin und Aktivistin Tamika Mallory zerfetzte letzte Woche in einer wütenden, im Internet weit verbreiteten Rede einen eklatanten Widerspruch: Verfechter einer Wirtschaftsweise, die massenhaft Menschen sowie den Planeten ausplündert, empören sich geradezu hysterisch, wenn die Entrechteten in ihrem seit Jahren und Jahrhunderten aufgeladenen Zorn einige Geschäfte plündern. Im Original: „Looting is what you do. We learned it from you.“ Sie steht damit in der kritischen Tradition, immer wieder darauf hinzuweisen, dass die Verbrechen des herrschenden Status quo mit verschlossenen Augen, die Übertretungen des Widerstands hingegen mit der Lupe betrachtet werden.

Wenn also jemand wie Donald Trump Protestierende als Anarchisten beschimpft, sollten all jene, die sich eine gerechtere Welt wünschen, lautstark erwidern: Ja, wir sind Anarchisten. Und das ist gut so.

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100 Kommentare

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  • Witzig. Ich bekomme hier online eine Werbeeinblendung "So bessern Sie Lackschäden im Auto aus" mit einem Foto von einer von vorn bis hinten zerkratzen Karre....

  • "Ja, wir sind AnaChristen. Und das ist gut so" 🤓

  • In der nicht theoretischen Welt sieht es dann so aus, dass Seattle's Autonomous Zone einen Warlord hat.

    • @h3h3y0:

      Quelle? Inwiefern wäre das, wenn es denn stimmt, ein Argument gegen das, was hier zum Thema Anarchismus steht?

  • Anarchist:innen sind meist tolle Menschen die viel Arbeit in soziale Gerechtigkeit, Ökologie und dergleichen stecken.



    Ihr Problem ist meiner Meinung nach, aber auch, dass ihre Herrschaftskritik heutzutage oft so dogmatisch wird, dass sie Probleme bekommen sich verbindlich zu organisieren und (Gegen-)Macht aufzubauen.



    Ein weiteres Problem ist im Kern, dass der Anarchismus eine sozialistische Bewegung ist – und der Sozialismus sein "Kapital" auf allen Linien vespielt hat. Es bräuchte also eine umfassende Aktualisierung, einen "Anarchismus für das 21. Jahrhundert", der dann vielleicht nicht mal mehr diesen Namen traen muss. Oder wie die Situationist:innen gesagt haben:



    "Wenn es etwas Lächerliches daran gibt, von der Revolution zu sprechen, dann natürlich deshalb, weil die organisierte revolutionäre Bewegung aus den modernen Ländern, in denen die Möglichkeiten zu einer entscheidenden Gesellschaftsveränderung konzentriert sind, seit langem verschwunden ist. Noch viel lächerlicher aber ist alles andere, denn es handelt sich um das Bestehende und um die verschiedenen Formen seiner Duldung. Das Wort "revolutionär" konnte so weit entschärft werden, daß es in der Werbung die kleinste Veränderung der ständig modifizierten Warenproduktion bezeichnet, weil die Möglichkeiten einer wünschenswerten zentralen Veränderung nirgends mehr ausgedrückt werden. In unseren Tagen erscheint das revolutionäre Projekt als Angeklagter der Geschichte: Ihm wird vorgeworfen, daß es schlechten Erfolg gehabt und eine neue Entfremdung mit sich gebracht habe. Das heißt nichts anderes, als daß die herrschende Gesellschaft sich auf allen Gebieten der Wirklichkeit viel besser wehren konnte, als die Revolutionäre es vorausgesehen hatten; und nicht, daß sie annehmbarer geworden ist. Die Revolution ist aufs neue zu erfinden - das ist alles."



    www.anarchismus.at...ung-fuer-den-kampf

    • @Nora_X:

      Danke für den Literaturhinweis!

    • @Nora_X:

      Ein paar moderne Ideengeber*innen wären z.B. Murray Bookchin. Und dementsprechend auch ein Ansatz von dazu passenden Gesellschaftsmodellen, die gerade real ausprobiert werden, wäre Rojava oder was die Zapatisten in Chiapas auf die Beine stellen.

  • Anarchisten sollten erst einmal ihre Vergangenheit aufarbeiten.

    Beispielsweise Machno ( de.wikipedia.org/wiki/Nestor_Machno ):



    "Eine seiner ersten Aktionen dort war, Rache an denjenigen Personen zu nehmen, die seinerzeit durch ihre Aussagen zu seiner Verhaftung und Verurteilung beigetragen hatten. Die Namen erfuhr er aus den Akten der lokalen Polizeibehörden. Einen der Informanten zog er am helllichten Tage auf die Straße und schoss ihm eine Kugel in den Kopf, den zweiten warf er aus dem Fenster seines Hauses, den dritten schließlich, einen Priester, enthauptete er. Danach wurde der leblose Körper an ein Pferd gebunden und durch die Straßen von Gulai-Pole geschleift.” www.graswurzel.net...nna-saksaganskaja/

    • @Rudolf Fissner:

      Ich denke, er hatte ähnlich gute Gründe wie die Leute, die ganz ohne Widerspruch zum herrschenden System in den USA in zwei Jahren über 2000 Menschen umgebracht haben.

      • @Karl Kraus:

        Welche guten Gründe kennen Sie für Kriegsverbrechen oder rassistische Morde? Mir fällt keiner ein.

        Sie sind glaube ich auch der zwounddrölfzigste hier der Machnos Schlächterei mit Üblem aus dem Rest der Weltgeschichte in Beziehung setzt / relativiert / apologisiert. Was war ihr Beweggrund?

    • @Rudolf Fissner:

      Nö Herr Fissner.

      Es muss nicht "Vergangenheit aufgearbeitet" werden.



      Geht drum was sie im heute bedeutet und bedeuten soll.

      Und selbst wenn man Ihrer einfachen Rechnung folgte. Nach der alles immer nur eine Frage der Challenge ist.



      Der Anarchist hat vergleichsweise ziemlich wenig Menschen im Namen seiner Idee abgeschlachtet. Oder sagen wir es anders "Der Anarchist" hat eher weniger Protagonisten hervorgebracht, denen er erlaubte in seinem Namen und im Namen der Idee zu unterdrücken und zu foltern, zu morden und auszubeuten. Ist ja nun mal so. Oder haben Sie da eine Parallel-Weltgeschichte am Start, von der nur Sie und ein paar Eingeweihte wissen?

      Ist halt so mit den grund-sympathischen Anarchisten, die zunächst einmal jeder Hierarchie, jedem Machtanspruch, jeder ritualisiert-organisierten Struktur misstrauen. Und der Konkurrenz dafür.



      Um dann in der konkreten Arbeit über ihre Eigene zu stolpern.



      Anarchismus ist in seiner philosophischen, sozialen, politisch-ökonomischen Idee der schönste Traum den man haben kann. Manchmal denke ich - die schönste Form des Glaubens die es gibt. Niemand glaubt mehr an jeden einzelnen Menschen. Und das mutig ohne ein Gott.

      Das macht ihn zu einem wirklichen Verbündeten für den fortwährenden Bau einer demokratischen Gesellschaft.



      An der er ewig meckern wird. Manchmal auch nicht besser ist.



      Aber. So ist die Erfahrung aus der Geschichte: Vergleichsweise wenig schlachtet und mordet um im Recht zu sein und zu bleiben.



      In der Disziplin sind andere Dispositionen uneinholbar vorne: Solange Recht behalten wollen, bis es für eine gerechte Lösung zu Spät ist.

      • @Martinxyz:

        "Der Anarchist hat vergleichsweise ziemlich wenig Menschen im Namen seiner Idee abgeschlachtet."



        Richtig. Er hatte auch sehr wenig Möglichkeiten an der Macht zu sein. Interessant ist es aber trotzdem diese paar mal genauer anzuschauen.

        Da kommt man schnell auch dahin dass selbst die Leuchttürme der Räterepubliken auf undemokratischer Waffengewalt und Ablehnung allgemeiner gleichberechtigter Wahlen aufgebaut waren.

    • @Rudolf Fissner:

      Ich könnte hier jetzt noch eine ganze Reihe anderer unschöner Ereignisse aus er anarchistischen Geschichte aufzählen, würde Herrn Fissner aber jetzt unterstellen, dass er das bei nächster Gelegenheit dann wieder für entkontextualisierte Propaganda verwendet. Seine Comment-History weist jetzt nicht gerade auf Interesse am Diskurs hin. ;)

      Die Auseinandersetzungen, Erinnerungs- und Gewaltdebatten finden statt. Auch bzgl. Machno. Und auch deutlich tiefgreifender als zB in diesem Artikel der ja vor allem auf das Buch von Felix Schnell rekurriert.



      Wobei da auch gesagt werden muss, dass Schnell nicht so quellenkritisch ist, er übernimmt etwa unhinterfragt auch einiges aus der damaligen, sowjetischen Gegenpropaganda bzw. viele sowjetische Quellen. Das auseinanerzunehmen und zu prüen würde halt wahrscheinlich ein Jahr Archivarbeit kosten, kann auch verstehen dass er sich die nicht gemacht hat. Andererseits gibt es viele andere Quellen aus derselben Ecke die bereits als Märchen entlarvt wurden. Schwierig.

      Habe das Buch hier, auch eben wegen kritischer Auseinandersetzung mit der Machnowtschina. Die zu glorifizieren wäre in jedem Fall falsch, allerdings hat Ingo Bernable auch recht, wenn er auf den Zeitkontext hinweist. In diesem geehen, ist es noch mit die harmloseste Kriegspartei im russischen Bürgerkrieg, neben der teils mit Machno verbpndeten Bauernarmeen. Weiße Garden, rote Armee, ukrainische Nationalisten und ausländische Interventionsmächte haben da noch ganz anderes verbrochen.



      Es macht schon Sinn sich bei der Analyse auf möglichst viele, unterschiedliche Werke zu stützen und die querzulesen.



      Die einzige andere Quelle für den Artikel ist Colin Darch. Das ist mir zu reduziert.

      • @Nora_X:

        "allerdings hat Ingo Bernable auch recht, wenn er auf den Zeitkontext hinweist."

        Es ist zwar richtig auf den Zeitkontext hinzuweisen, aber die oben beschriebene Szenen sind in jedem Kontext ein Unding.

        Auch bei Berücksichtigung des historischen Kontext oder im Vergleich zu anderen Gräultaten passen Anspruch und Wirklichkeit nicht überein.

    • @Rudolf Fissner:

      Einen Schritt gehe ich sogar mit ihrem Argument. Es gibt in der Tat in der Geschichte des Anarchismus Gewattaten die zu wenig reflektiert und gern auch mal übersehen werden.



      Aber man sollte auch den Kontext berücksichtigen. Etwa, dass die Machnowtschina im Umfeld des russischen Bürgerkriegs mit insgesamt knapp 10 Mio. Toten stattfand. Wenn ihr Kriterium eine vollständige Zivilisiertheit und Gewaltfreiheit ist, wäre dies vor dem Hintergrund all der Kriege die im Namen der Demokratie geführt werden ein Anlass diese Staatsform schnellstens als barbarisch zu verurteilen und fallen zu lassen.

      • @Ingo Bernable:

        Das nennt sich auch vor dem Hintergrund eines Krieges einfach nur Kriegsverbrechen. Und selbst die eigentlichen Bürgerkriegshandlungen zeigen, dass es mit der Gewaltfreiheit auch bei Anarchisten mau aussieht, wenn es um die Macht geht.

        Ihren Vergleich mit der hiesigen Demokratie in Bezug auf "Zivilisiertheit und Gewaltfreiheit" sowie "barbarisch" verstehe ich nicht.

        Wo zog, um mal den Fall zu transferieren, Merkel einen



        Informanten am helllichten Tage auf die Straße und schoss ihm eine Kugel in den Kopf, warf den zweitem er aus dem Fenster seines Hauses, und enthauptete schließlich den dritten, einen Priester, um dann den leblosen Körper an ein Pferd gebunden durch die Straßen von Berlin zu schleifen?

        • @Rudolf Fissner:

          Ich könnte sie jetzt etwa auf Abu-Ghraib und Guantanamo hinweisen oder darauf wie unsere NATO-Soldaten die in Afghanistan für Demokratie und Gleichberechtigung der Frauen kämpfen auf ermordete Zivilisten urinieren oder auf die Zehntausende Menschen die man erbärmlich im Mittelmeer ertrinken lässt. Aber wenn ich mir so ihre übrigen Kommentare hier anschaue bleibt mir leider nur der Schluss, dass sie auch das nicht verstehen werden weil sie es ganz offenbar nicht verstehen wollen. Für konstruktive Diskussionen bin ich immer gern bereit meine Argumente auch noch ein zweites Mal zu erklären, aber für diese Art der Auseinandersetzung ist mir meine Zeit zu schade.

          • @Ingo Bernable:

            Es könnte diesbezüglich auch die SozialDEMOKRATIE anhand der Kooperation der SPD mit reaktionären Freikorps zur Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, der Zerschlagung der Münchner Räterepublik ... diskutiert werden um dann festzustellen, dass die SPD immer noch gerne die Polizeigewalt gegen Oppositionelle (wie bei den G20-Protesten) richtet, um gleich darauf zu behaupten, dass es Polizeigewalt ja nicht gegeben hätte (nach Aussage von Olaf Scholz). Aber ja konstruktiv wäre das wohl auch nicht. ;-)

            • @Uranus:

              Ich denke so Schweinereien wie das Abschlachten von Menschen und das durchs Dorf schleifen der Leichname wie seitens des Anarchistenführeres Machno höchstpersönlich läßt sich auch nicht durch Relativierung mittels anderer Geschehnisse entschuldigen. Kriegsverbrechen bleiben Kriegsverbrechen. Und was wollen Sie mit der Großschreibung von Demokratie ausdrücken? Haben Sie oder Anarchisten etwas gegen Demokratie?Ist das der G20 Zusammenhang?

          • @Ingo Bernable:

            Was wollen Sie mit einer Abscheulichkeit über andere Abscheulichkeiten aussagen? Geht es ihnen um Relativierungen von Abscheulichkeiten?

        • @Rudolf Fissner:

          Surprise. Eine Armee ist nicht gewaltfrei. In Kriegen geschehen Kriegsverbrechen. Oo



          Gibt es Kriege in denen eine Seite komplett aus hilfsbereiten, weißen Ritter:innen besteht und keine Verbrechen verübt? Würde ja sagen schon Krieg an sich ist das Verbrechen. Da bin ich mir mit den Autor:innen der Graswurzelrevolution wahrscheinlich einig. ;)

          Bürgerliche, parlamentarische Demokratie (hiesig oder sonstig) baute übrigens auf der Terrorherrschaft der frz. Revolution als role-model auf. Massenhinrichtung per Fallbeil.



          Demokraten sollten endlich mal ihre Geschichte aufarbeiten! Wobei - da Anarchist:innen üblicherweise Demokrat:innen sind... wenn auch Basisemokrat:innen, trifft die das gleich mit. Doppelte Aufarbeitung biddesehr! Aber sofort!

          Was Merkel angeht, wegen mir: Merkel hat zB als Schreibtischtäterin Beschlüsse unterzeichnet, nach denen Familien die garnicht "gegen sie" gehandelt haben, mitten in der Nacht aus ihren Häusern geschleift wurden um sie in Folterstaaten dem Tod zu überantworten. Oder nach denen zig. andere Familien ertrinken mussten, weil niemand mehr da ar um sie davor zu bewahren. Merkel hat sich mit dem türkischen Diktator zusammengetan, und seine Bombardierungen weiterer Familien in Nordsyrien gestützt, und andere unter unmenschlichen Bedingungen in der Türkei stranden lassen. Das ist jetzt auch nur so der Aspekt Flucht + Asyl, da gibts bestimmt noch viel mehr. ^^

          • @Nora_X:

            Nicht zu vergessen die Millionen an Steuermitteln für afrikanische Diktatoren, um ihnen dabei zu helfen, Menschen daran zu hindern, das Land zu verlassen.



            "Ein Kernpunkt des Abkommens ist, die "Widerstandskraft" der Länder gegen Migration zu stärken und die "illegalen Migrantenströme zu organisieren, einschließlich Rückkehr und Rückführung"."

            www.spiegel.de/pol...nde-a-1096544.html

          • @Nora_X:

            Eine Armee ist das ultimative Herrschaftsmittel. Insbesondere dann wenn sie auch eingesetzt wird. Schlimmer noch wenn auch noch Kriegsverbrechern vorgenommen werde.

            Der Anarchismus kommt gerne gewaltfrei daher. Es hat nur nie geklappt, wenn die Macht erlangt werden wollte von Anarchisten. Da wurden immer auch Menschenleben klein geschrieben, gab es Gräultaten und Demokratie wurde schnell mit Waffengewalt klein geschrieben.

            Und im übrigen bin ich kein Freund von Relativierungen von Verbrechen.

    • @Rudolf Fissner:

      Ja, genau! Sollen diese blöden Anarchisten erst Mal ihre Verbrechen aufarbeiten, bevor sie mitreden dürfen! Wir anderen haben das nämlich längst gemacht. Kolonialismus? Check! Jahrhunderte andauernde Ausbeutung der arbeitenden Massen? Check!



      Ich als Anarchisten*in finde es geradezu absurd damit um die Ecke zu kommen, um den Anarchismus als ganzes zu Diffamieren, nur um dann als Quelle für die fehlende Aufarbeitung eine anarchistische Zeitung zu zitieren, die gerade genau was macht?



      Richtig, merkste selber was?

      Der Anarchismus ist und bleibt die einzige Chance auf ein dauerhaft friedliches und solidarisches Zusammenleben aller Menschen. Aber Hey, was soll's lasst uns lieber gegenseitig in ewiger Konkurrenz das Leben zur Hölle machen, ist ja eigentlich auch ganz schön. *Augen roll*



      Und an den_die Autor*in, vielen Dank für diesen ehrlichen, diffamierungsfreien Artikel, "die Presse" gibt uns selten die Chance unsere Ideen für sich sprechen zu lassen.

      • @BakuninsBart:

        Selbstrefeflektion ist ja nun nicht gerade eine alleinige Domäne von Anarchisten. Das finden Sie überall.

        Problematisch wird es wenn die fundamentalistischen Teile von Weltanschauungen tätig werden. Da kommen dann schnell entschuldigende Vergleiche mit anderem. Aber die SPD hat doch auch ..., die DEMOKRATIE wird dann in kreischender Großschreibung als mörderischer Sündenpfuhl zitiert usw. ... ohne zu merken das man mit den Vergleichen, die man bekämpft, selbiges bei sich gutheißen will. Die von mir zitierten Graswurzelanarchisten sind mir sympathisch, mitden verbissenen Fundis, denen kein "das ging gar nicht" über die Lippen kommt, kann ich nichts anfangen.

      • @BakuninsBart:

        Ich wundere mich ja, wie Sie und Andere die Muße haben, mit Rudolf Fissner zu diskutieren. Also ich habe das seit einiger Zeit aufgegeben. Mensch kann nur hoffen, dass andere Mitlesende da einen Mehrwert rausziehen. Ohne damit sagen zu wollen, dass ich oder Andere immer Recht hätten, lese ich Einsichten bei Rudolf Fissner jedoch in Fällen kaum heraus, in denen ich fände, dass solche eigentlich erwartbar wären ...

        • @Uranus:

          Danke, dass Sie mich dran erinnern. Ich war schon wieder in die StrohmannWhataboutHaltetdenDiebTrollfalle getappt. Mist. :)

          • @Karl Kraus:

            :-D

        • @Uranus:

          Welche Einsicht erwarten Sie gegenüber Geschichten von einem führenden Anarchisten, die wie die von einem Schlächter anmuten? Warum werden dagegen andere Stories aufgefahren anstatt einfach mal schlicht zu sagen "Stimmt!, auch die Geschichte des Anarchismus hat üble Flecken". Mir kommen Anarchisten manchmal wie eine Sekte vor, die sich gegen jede Kritik und Fakten immunisiert und immer einen Weg findet die dunklen Flecken zu übertünchen. Und das Sie hier das auch noch hilflos auf eine persönliche Ebene ziehen ist ebenso bezeichnend.

        • @Uranus:

          Da muss ich Ihnen wohl leider zustimmen.

        • @Uranus:

          Anschließe mich

      • @BakuninsBart:

        Ähm. Warum sollten Kolonialisten nichts aufarbeiten? Und warum ist das ein Gegenargument dafür das Anarchisten es nicht müssen. Ich zwirbele mir nachdenklich den Bart, Aber ich check es nicht.

        • @Rudolf Fissner:

          Und was hat ihr Beispiel nun genau mit der Gewalt in Amerika zu tun? Weil ein Anarchist ein Verbrechen beging darf Trump auf Demonstranten und Presse schießen?

          • @Ingo Knito:

            Nö das wäre doch ein extremst stumpfsinniger Gedankengang. Wie kommen Sie darauf so etwas überhaupt in Erwägung zu ziehen?

            Und was wollen Sie damit aussagen über den eingangs erwähnten großen Anarchisten Machno, der Menschen abschlachtete und deren Körper durch die Straßen schleifte?

      • @BakuninsBart:

        "Der Anarchismus ist und bleibt die einzige Chance auf ein dauerhaft friedliches und solidarisches Zusammenleben aller Menschen."

        Das wäre schlimm, dann wäre die Menschheit angesichts der derzeitigen Ohnmacht des Anarchismus die sich eher noch verschlimmert aber ziemlich chancenlos.

        • @Nora_X:

          Ja, das ist schlimm, denn ich teile ihre Analyse zum Zustand der Anarchistischen Bewegung und habe derzeit kaum noch Hoffnungen für das Projekt Menschheit. Ich sehe uns alle unaufhaltbar auf die nächste große Katastrophe zu rasen, während die am Steuer sagen:"Alles ist gut, wir erfinden rechtzeitig was, wie wir den Zusammenstoß mit dem Eisberg überstehen."



          Also ja meine Zukunftsperspektive ist alles andere als rosig, aber das ist ja noch kein Grund den Kampf auf zu geben.

  • Schön, dass ich so eine Kolumne in der taz lesen darf.



    Ich selbst habe das Thema Anarchie frühert nie ernst genommen und bin erst während des Studiums durch eine Kommilitonin aus Spanien, deren Opa im Spanischen Bürgerkrieg bei der anarchistischen Bewegung war, so richtig darauf gestoßen. Anarchie - was für ein Augen- bzw. Verstand-Öffner!

  • "Er hat keine Ahnung, wovon er redet."

    "Konservative Anarchisten sind für die 100.000 Pandemie-Opfer in den USA verantwortlich. Es ist an der Zeit, Donald Trump anders zu lesen." So hieß es noch vor kurzem in der taz. taz.de/Corona-Kata...-den-USA/!5686811/

    Demnach ist Trumpelman aus dem gleichen Nest gefallen und muss sich dann ja wohl auch auskennen.

  • Interessanter Artikel - und tolle Gedanken. Aber für mich sehr akademisch.



    Denn was heisst das jetzt konkret? Was tritt in einem anarchistischen System an die Stelle der parlamentarischen Demokratie? Wie/wo/durch wen wird z.B. entschieden, ob im Gebiet x ein Radweg gebaut wird? Was passiert, wenn eine starke Minderheit dagegen ist, weil z.B. eine Tierart dadurch in Mitleidenschaft gezogen wird - oder dort jemand bereits wohnt?



    Oder anders gefragt: wie gehen wir mit Menschen um, die die (in allen Zusammenlebensformen nötigen!) Regeln missachten? Mit Menschen, die gewalttätig sind (auch bedingt durch Krankheiten)?



    Allgemein gefragt: wie organisieren wir konkret ein Gemeinwesen?



    Das würde mich sehr interessieren.

    • @Emmo:

      Bem Anarchismus würden die beteiligten zusammenkommen und hätten die Möglichkeit darüber entscheiden, dass die beteiligte Tierart dann ausstirbt. Ein Staatswesen, welches sich gesetzlich codiert auf ein Naturschutzgesetz festgelegt hat existiert dort nicht. Eine entsprechende Regelung gäbe es dann auch nicht.



      Auf der minianarchistischen Basis würde der Gruppenegoismus daher eher dominieren.

    • @Emmo:

      "(...)Wie/wo/durch wen wird z.B. entschieden, ob im Gebiet x ein Radweg gebaut wird? (...)"



      ---------------------------------------------



      Im Anarchismus sind RadlerInnen gleichberechtigte VerkehrsteilnehmerInnen und fahren sicher und komfortabel auf den Fahrbahnen.



      So, wie es übrigens auch die deutsche Strassenverkehrsordnung als Normalfall vorsieht.

    • @Emmo:

      Es gibt dafür keine fertigen Antworten, die meisten Anarchist*innen würden wahrscheinlich sagen, das muss basisdemokratisch festgemacht werden. Was natürlich wieder ein bisschen sich aus der Affäre ziehen ist.

      Recht umfangreich ist zB das hier:



      theanarchistlibrar...e-an-anarchist-faq

    • @Emmo:

      Puh, das sind alles ziemlich komplexe Fragen, die den Rahmen eines Druko's sprengen. Als historische Beispiele, die jeweils nur eine Annäherung waren, weil sie vor der Chance zur Entfaltung von Reaktionären Kräften mit massiver Gewalt von außen zerschlagen wurden, sind die Spanische Republik bis zu ihrer Zerschlagung durch die Franco-Faschisten, die Pariser Commune und Last but Not least die Münchener Räterepublik. Diese sind gute Beispiele dafür, wie eine anarchistische Gesellschaft aussehen könnte. Und auch die Gesellschaft Rojavas ist entlang anarchistischer Prinzipien organisiert.

      Zur Geschichte und Philosophie des Anarchismus kann ich "Anarchie!" von Horst Stowasser empfehlen (ISBN 973-3-89401-537-4)

      Und was den Umgang mit Gewalttätern angeht, geht die anarchistische Analyse davon aus, dass ein erheblicher Großteil der Gewalt sich erübrigt, wenn die Menschheit die gewaltförmigen Verhältnisse dieser Gesellschaft hinter sich gelassen hat und alle sich nach ihren Fähigkeiten beteiligen und nach ihren Bedürfnissen versorgt sind. Und mit dem Rest, gerade mit den Kranken, muss gearbeitet und behandelt werden, damit sie die Gewalt verlernen können. Mit Hilfe von Therapie und Pädagogik. Unsere bisherigen umgangsweisen (Schläge, Einsperren und Demütigungen) haben in den letzten ca. 150 Jahren Knast jedenfalls nicht zu einer Abnahme der Gewalt geführt. Diese Gesellschaft hat sie lediglich institutionalisiert und dadurch legitimiert. Es muss und aber darum gehen, die Gewalt als ganzes zu überwinden. Aber das ist ein Lernprozess, der wahrscheinlich Generationen braucht. Let's start now!

      • @BakuninsBart:

        "Unsere bisherigen umgangsweisen (Schläge, Einsperren und Demütigungen) haben in den letzten ca. 150 Jahren Knast jedenfalls nicht zu einer Abnahme der Gewalt geführt."



        Richtig, bzw. falsch.

        Denn es sind ja auch nicht "Schläge, Einsperren und Demütigungen" die zu einer Abnahme der Gewaltkriminalität geführt haben. Beispielsweise zu fast einer Halbierung der Anzahl an Morden in den letzten 30 Jahren.

        Ich wundere mich auch, aus welchen Ecken so alles mit angeblich steigenden Kriminalitätszahlen Politik gemacht wird.

      • @BakuninsBart:

        Erstmal herzlichen Dank für die ausführliche Stellungnahme!

        Das System setzt m.E. voraus, dass ein allgemeiner Konsens besteht, was für den einzelnen und die Gemeinschaft gut ist. Es bedingt, dass jede(r) nach bestem Wissen und Gewissen seinen Teil zum Gelingen beiträgt.



        Meiner Erfahrung nach gibt es aber immer Menschen, die ein System bewusst ausnutzen und auch nicht einsehen, dass dies falsch ist, sondern vielmehr davon ausgehen, dass das ihr gutes Recht sei.



        Wenn Du sagst, dass ein herrschaftsfreies System den Menschen besser macht, dann bedingt das, dass das herrschaftsfreie System mit dem "alten Menschen" umgesetzt wird. Und diese Übergangsphase würde ein solches System wohl nicht überleben. Aber vielleicht bin ich auch nur zu pessimistisch bzw. gehe von falschen Voraussetzungen aus. Auf jeden Fall danke für die Gedankenanstösse!

        • @Emmo:

          Also ich finde den klassisch linken Denkansatz nachvollziehbar, der besagt, dass das Sein das Bewusstsein bestimmt, dass wir also von Äußeren Faktoren beeinflusst werden bspw. durch die Verhältnisse, verschiedensten gesellschaftlichen Mechanismen, Sozialisation zu dem werden, was wir sind bzw. das Zuvorgenannte unser Handeln bestimmt. Aus der Beobachtung von aktuellem Verhalten, pauschale Schlussfolgerungen zu ziehen, der Mensch wäre so und so, finde ich schwierig. Wäre es möglich Rahmensbedingungen zu verändern, so böte dies Menschen die Chance, ihr Verhalten und Denkweisen zu verändern. Sicher müssten jene das nicht zwangsläufig, eine Chance wäre es aber dennoch. Erschwerend für das Verändern von Rahmenbedingungen wäre allerdings, dass sich Menschen, die nach alten Bedingungen sozialsiert wurden und sich an den vorherrschenden Bedingungen orientert handeln, zu Veränderungen entscheiden müssten ;-)

          • @Uranus:

            Das ist wohl wahr`.



            Aber ich denke, zunächst wäre schon sehr viel gewonnen, wenn wir alle nett und freundlich und nachsichtig zu unseren Mitmenschen wären und grundsätzlich von der Annahme ausgehen, dass - wenn der Andere mal etwas aus unserer Sicht Falsches macht - es nicht per se Absicht war.



            Und schon wären wir dem Traum einer zumindest kriegsfreien Welt ein gutes Stück näher ;-) (leider klappt das schon in den taz-Foren nicht allzu oft)

            Aber in diesem Sinne: einen wunderschönen Abend!

            • @Emmo:

              Ja, das, was Sie erwähnen ist sicher ausbaufähig. ;-)



              Ebenso, einen schönen Abend!

  • Endlich mal wieder ein taz-Artikel, der den Rinderwahnsinn da draußen knackig einsortiert.

    Hypothese: Die meisten menschengemachten Probleme, die die meisten Menschen weltweit haben, basieren auf Machtmissbrauch. Egal ob das Rassismus, Sexismus, Homophobie, Lobbyismus, Datenkapitalismus, Religionskriege, Umweltschäden und Ausbeutung von allem und jedem ist oder alles überspannend der Krieg Reich gegen Arm: Es geht immer um Privilegien.

    Um Macht missbrauchen zu können, muss man sie haben. An diesem Punkt sind wir bei Herrschaft. Mit Herrschaft ist aber selten die über sich selbst gemeint, sondern die über andere. Herrschaft über andere bedeutet zwangsläufig, dass jene weniger Herrschaft über sich selbst haben.

    Der Zustand, dass jeder einzelne Mensch maximale (nicht absolute) Herrschaft über sich haben kann, ist das Ziel des Anarchismus. Das heißt zunächst mal Freiheit von äußerer Herrschaft innerhalb der Regeln der Gemeinschaft. Es bedingt auch die Entwicklung von Herrschaft über sich selbst, das ist der zweite und nicht weniger schwierige Teil des Konzepts.

    Könnte die Menschheit diesem Reifegrad näherzukommen und viele unnötige Probleme damit beseitigen, würde sich die Anstrengung lohnen.

    Dazu muss erst einmal der Begriff Anarchie aus der permanenten Denunzierung geholt werden, danke an Ilija Trojanow.

    In den Schulen gibt es genau NULL zu Anarchie/Anarchismus, weder in Sozialkunde, Ethik oder Geschichte. Das Konzept mit der größten Sprengkraft für sämtliche Herrschaftsysteme wird einfach nicht besprochen.

    Fürs erste:

    - Auseinandersetzung mit Herrschaft (ist so fundamental, dass es ein Hauptfach wert wäre)



    - mehr Genossenschaften



    - mehr Wissen über verborgene Machtstrukturen



    - mehr Wissen über Herrschaftstechniken



    - mehr dezentrale Organisation in allen Bereichen



    - mehr Kooperation



    - Transparenz und Verantwortlichkeit besonders dort, wo Macht ausgeübt wird



    - kurzfristige Korrekturmöglichkeiten für Machtmissbrauch

  • "Donald Trump (...)hat keine Ahnung, wovon er redet"



    --------------------------------------------------------



    Ach

  • "Die Propaganda der Tat (oder Propaganda durch die Tat, aus dem Französischen propagande par le fait) ist ein Konzept, das durch ihre Rolle in der anarchistischen Bewegung des späten 19. Jahrhunderts bekannt wurde. Aktionen und Taten mit Vorbildcharakter sollten die Gesellschaft „aufwecken“ und in der Bevölkerung Sympathien schaffen, um somit als Mittel für politische und soziale Veränderung zu dienen. Durch die Häufung von anarchistischen Bombenanschlägen und Königsmorden wurde der Begriff Propaganda der Tat in der Öffentlichkeit zunehmend zum Synonym für anarchistische Attentate, und die anarchistische Bewegung wurde oft als gewalttätig und terroristisch bezeichnet."

    de.wikipedia.org/w...Propaganda_der_Tat

    • @Weber:

      Und? Was wollen Sie damit sagen?

      • @Uranus:

        Vielleicht dass der letzte Satz des Artikels "Ja, wir sind Anarchisten. Und das ist gut so." panne ist?



        Weil im Namen des Anarchismus auch Schmodder passierte und sich dabei auf die Schulter zu klopfen irgendwie auch verlogen ist?

  • Zu sagen



    hier herrscht Freiheit



    ist immer ein Irrtum



    oder eine Lüge:



    Freiheit



    herrscht nicht



    - Erich Fried

    Es wäre vielleicht im Rahmen dieses Artikels angebracht gewesen ein wenig au die Bewegungsgeschichte einzugehen. Da dies nicht geschehen ist, hier eine Buchempfehlung:



    Schwarze Flamme, Lucien van der Walt, Edition Nautilus.

    Allerdings wird hier in den Comments auch zu Recht darauf hingewiesen, dass die ehemals stärkste sozialistische und gewerkschaftliche Bewegung der Welt, also der Anarchismus, ein Imageproblem hat. Das liegt mit daran, dass sie entweder in Beliebigkeit & Subkultur oder Nostalgie fürs 19te und frühe 20te Jahrhundert versinkt.



    Es liegt auch an Tendenzen wie dem Insurrektionalismus.



    Ich frage mich immer mal wieder ob der Sozialismus historisch nicht als ganzes abgewirtschaftet hat, und ob es nicht eine neue Bewegung bräuchte um sein Erbe in die Zukunft hinüberzuretten.



    Den teils zu Recht angekratzen Ruf des Anarchismus wiederherstellen sowie(!) eine herrschaftsfreie Gesellschaft durchzusetzen ist mittlerweile leider doppelte Arbeit. ;) Sozialdemokratie und Kommunismus haben es da (ebenfalls zu recht) noch schwerer. Der Anarchismus hat da quasi die Gnade der frühen Niederlage.

    • @Nora_X:

      Danke für den Literaturhinweis (Schwarze Flamme)!

    • @Nora_X:

      Die Niederlagen der Räterepubliken begannen gleich am ersten Tage derselben, als man anfing zu den Waffen zu greifen und als zahlenmäßige Miniminderheit unter Androhung des Todes die Macht aufrechterhalten wollte.

      Anarchistische Konzepte funktionierten bisher ansatzweise nur in parlamentarischen Demokratien. Nur diese bieten entsprechenden Freiraum für anarchistische Entwicklungen ohne dass die Möglichkeit besteht, die Staatsgewalt doch selber in die Hand zu nehmen und alles zu verhunzen.

    • @Nora_X:

      "Das liegt mit daran, dass sie entweder in Beliebigkeit & Subkultur oder Nostalgie fürs 19te und frühe 20te Jahrhundert versinkt."



      D'accord. Meiner Einschätzung nach sind diese Tendenzen aber auch nicht zuletzt dadurch verursacht, dass die Theorieentwicklung nach der "frühen Niederlage" irgendwann nicht mehr in dem Umfang stattegefunden hat der nötig gewesen wäre um im gesellschaftlichen oder auch nur akademischen Diskurs eine kritische Masse zu erreichen und dadurch ein wenig den Anschluss verloren. Damit will ich keineswegs unterschlagen, dass auch in den letzten Jahrzehnten vieles geschrieben und veröffentlicht wurde aber die Versuche anarchistische Theorien mit post-strukturalistischen Einsichten zu aktualisieren (etwa durch Todd May) stehen meinem Empfinden nach auf relativ verlorenem Posten und werden hierzulande auch in anarchistischen Kreisen kaum rezipiert.

      • @Ingo Bernable:

        Zu Anarchismus und Poststrukturalisus gibt es eine Menge spannende Ansätze. Aber ja, die kommen in der Praxis nicht an. Und umgekehrt.



        Vieles was relevant ist und da wunderbar reinpassen würde, passiert aber auch garnicht mehr unter dem Label "Anarchismus".



        Eigentlich ist die Entwicklung seit den 60er/70er Jahren eine ins Antiautoritäre. Jede Menge aktueller Bewegungen nutzen quasianarchistische Organisationsformen. Und Anarchit*innen sin an all diesen Bewegungen an vorderster Front beteiligt, machen unschätzbare Berge von Orgaarbeit. Aber der Anarchismus an sich hat davon nichts, die Früchte der Arbeit werden von denen geerntet die sich organisiert aufstellen und zugänglicher sind. Das Muster beobachte ich eigtl. seit der globalisierungskritischen Bewegung Anfang der 2000er, und es wiederholt sich immer wieder. Ohne Anarchist*innen wäre vieles nichs, egal ob Altermondialisme, Klimabewegung, Anti-AKW-Bewegung, Antifa, Occupy usw. – aber die Bewegung stagniert kurioserweise trotzdem. Denke auch das viele Anarchist*innen nicht nur ein Problem it Herrschaft haben, sondern auch eins mit (eigener) Macht. Wenn sie die aber nicht aufbauen, wird all die Energie die sie aufwenden in ihrem Sinne nciht nachhltig sein, sondern weiter verpuffen.

  • Dass Leute Anarchie sagen, obwohl sie Anomie meinen, ist eigentlich eher die Regel als die Ausnahme. Das ist unter deutschen Politikern auch nicht anders.

  • Trump ist amtsunfähig. Seine Äußerung zu den Protesten ist nur ein weiterer Beweis dafür.

  • Jede Menge Anarchisten:

    www.spiegel.de/wis...ewtab-global-de-DE

    • @Berrybell:

      Ich zitiere aus Ihrer Quelle:

      "Continue reading with advertisements [...]"

      Sie meinen, die Werbeindustrie sind Anarchisten? Sehe ich auch so. Lauter quakende, koksende Anarchisten da draussen, Google, Fakebook und wie die alle heissen.

    • @Berrybell:

      Ich frag mich ja ernsthaft auf was sie mit solch stumpfer Polemik abzielen? Ein inhaltlicher Bezug zum Artikel ist für mich nicht erkennbar und eine herrschaftsfreie Gesellschaft dürfte so ziemlich das Letzte sein was der bewaffnete Teil von Alt-Right nach der Machtübernahme plant.

      • @Ingo Bernable:

        Warum sollten bei Alt Right nicht auch rechte Anarchisten sein, die den Staat so richtig verachten und die voll auf selbst organisiere Gemeinschaften stehen, die mit fetten Waffen verteidigt werden?

        • @Rudolf Fissner:

          Das ist doch Quatsch, Verachtung für den Staat macht noch keinen Anarchismus, sonst würde ja auch etwa die AfD in dieses Spektrum fallen. Diese Boogalo-Typen wollen explizit Bürgerkrieg und Zusammenbruch der Gesellschaft und die Unterschiede von Anomie und Anarchismus wurde hier schon an anderer Stelle debattiert.

          • @Ingo Bernable:

            Ich schrieb von rechten Anarchisten, nicht von Hansels die lediglich Zeugs verachten. Der "Quatsch", dass sind ihre Worte/ist ihre Annahme.

  • Tja. Willkommen im Land der Namensgebung in der Nicht-Wissenschafts-Welt. Und das läuft so:

    Irgendetwas bekommt einen Namen und wenn der von vielen Leuten benutzt wird dann ist das eben so. Da interessiert sich niemand dafür was die so Beannten oder irgendwelche Minderheitsgruppen dazu sagen.

    Wenn die Leute morgen anfangen mit "Anarchist" ein Kleidunsstück zu meinen, dann ist das eben so.

    In Punkte Anarchisten heißt das konkret: Anarchisten sind entweder Leute mit Schlapphüten die kugelförmige Bomben auf Adelige werfen oder die Leute die im Schwarzen Block stehen.

    Die paar Verdrehten die sich mit der politischen Theorie einer utopischen (und btw. unrealistischen) Gesellschaftsform beschäftigen werden das wohl aushalten müssen.

    Trump hat das Wort richtig verwendet. Nämlich so wie 90% der Bevölkerung auch.

    • @Generator:

      Sprache ist aber eben keineswegs neutral, sondern ein konkreter Ausdruck von Machtverhältnissen.



      Vor knapp 200 Jahren galten Demokraten oder Liberale ebenfalls primär als gefährliche Aufrührer und verdrehte Spinner die einer Ideologie anhingen die zwar nett gedacht, realistisch gesehen aber komplett irrsinnig und niemals umsetzbar sein würde. Eine Bevölkerung die sich selbst regieren sollte wäre ja ein völlig unverantwortliches Experiment das binnen kürzester Zeit in Chaos und Gewaltexzessen kollabieren würde.

      • @Ingo Bernable:

        Gibt es bereits seit 200 Jahren keine positiven anarchistischen Beispiele, dass man immer noch mit Zukunftsversprechen arbeiten muss?

        Da haben doch selbst die großen mit dem Himmel arbeitenden Religionen schon viel positives auf die Beine gebracht.

        • @Rudolf Fissner:

          Gibt und gab es zuhauf,

        • @Rudolf Fissner:

          Auch lesen will gelernt sein. Es ging darum wie Demokratie im Diskurs vor 200 Jahren besetzt war.

          • @Ingo Bernable:

            Und mir ging es darum, darauf hinzuweisen, dass nie positive Beispiele beworben werden.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Generator:

      "Trump hat das Wort richtig verwendet. Nämlich so wie 90% der Bevölkerung auch."

      Wenn 90% der Bevölkerung aus dem Fenster springen, ist das wohl auch richtig?

    • @Generator:

      Und warum genau unrealistisch?

    • @Generator:

      ... wieso aushalten müssen? Nicht nur jenen sondern an 'der Wahrheit' bzw. generell linksemanzipatorisch interessierte Menschen sollten solche Informationen bzw. Widerspruch wichtig sein - diskursiv gedacht. In politischen Debatten sollten die Begrifflichkeiten, Absichten, Fallstricke ... transparent gemacht werden. Den Herrschenden kann das Verständnis einer radikal herrschaftskritischen Theorie als Gewalt nur recht sein. Mit inhaltlicher Kritik an den eigenen Positionen müssen sich die Herrschenden dann nicht mehr auseinandersetzen, wenn die Kritiker*innen als Befürworter*innen von Gewalt und Chaos gleichgesetzt werden. Wie die im Kommentar zitierte Tamika Mallroy ja treffend darauf hinweist, dass die Herrschenden so von der eigenen Gewalt ablenken können und die Gewaltverhältnisse auf den Kopf stellen. So eine Entstellung einer politischen Idee ist eine geschickte Herrschaftstechnik.

  • Danke.

    Wenn eine Polit- Figur wie Donald Trump seit 2017 Stimmung für Gesetzlosigkeit in den USA der Völkergemeinschaft herbeitwittern will, Personen, Gruppen identifiziert, die das als das benennen, was es ist, Gesetzlosigkeit, stigmatisiert er diese nach dem schlichten Modell eines Witzes zu Anarchisten. Der Witz geht so:

    Ein Mann sticht einem anderen sein Messer in den Rücken, der schafft es gerade noch vor dem Mörder zu fliehen. Da ruft der den in Schockstarre befindlichen Zuschauern des Geschehens zu, haltet den Dieb, er will sich mit meinem Messer davonmachen.

    Gesetzlosigkeit ist Gift für Anarchisten, für Trump ist Gesetzlosigkeit das Schmieröl für sein getwittertes Schalten und Walten

  • YES!Endlich mal ein Artikel dessen Kernaussagen ich aus vollem Herzen zustimmen kann.Durch die stattfindende Konditionierung denkt der Durchschnittsbürger sofort an plündern,vergewaltigen und brandschatzen,sobald der Begriff "Anarchie" ins Spiel kommt.Warum wohl ist Anarchismus niemals Thema im Politikunterricht an unseren Schulen?

    • @Clobert:

      "Warum wohl ist Anarchismus niemals Thema im Politikunterricht an unseren Schulen?"

      Weil sich außer einer kleinen Minderheit niemand für das Thema interessiert?...nur mal so geraten.

      • @Generator:

        Aber für das Thema "Wiener Kongress" interessieren sich alle Schüler brennend.

        Wenn denn mal ein Lehrer in der Lage wäre und den Schneid hätte, so ein Thema zu bringen, ich glaube die Schüler wären begeistert.

        Endlich ginge es mal um Aufruhr, sich auflehnen, widerstehen. Welchem Jugendlichen würde das nicht gefallen?

        • 0G
          05158 (Profil gelöscht)
          @Jim Hawkins:

          Hauptergänzung1:



          Interview mit einem Anarchisten aus der DDR



          www.anarchismus.at...histen-aus-der-ddr

          • @05158 (Profil gelöscht):

            Ein interessantes Interview. Danke für den Hinweis!

          • @05158 (Profil gelöscht):

            Beeindruckendes Interview!

            Und dann noch auf einer österreichischen Anarchisten-Seite.

            So kann der katholische Feiertag beginnen.

            Dit Impressum ist hier:

            www.anarchismus.at...takt-anarchismusat

            Das Konto haben die Anarchisten bei der EasyBank.

            War das nicht einer der Haken bei den Anarchos? Dass sie die kapitalistische Warenproduktion im Sinne von Gebrauchs- und Tauschwert nicht abschaffen wollen?

            Marx hat Proudhon in der Sache doch so einiges um die Ohren gehauen.

            • @Jim Hawkins:

              Bei DEN Anarch@s? Zum Glück nennen sich Anarchist*innen im Gegensatz zu manchen Kommunist*innen nicht nach einem Idol. Es soll auch viele anarchistische Theoretiker*innen neben Proudhon gegeben haben ... ;-)

              • @Uranus:

                Ich weiß.

                Ich wollte nur mein solides Halbwissen zur Schau stellen. :-)

                • @Jim Hawkins:

                  Okay. Das ist Ihnen gelungen ;-D

            • 0G
              05158 (Profil gelöscht)
              @Jim Hawkins:

              Danke für EasyBank Tip. Als Großspender werde ich NICHT in erscheinung treten. Vielleicht stückeln..?

              VEB Vereinigte Hausschuhwerke Hartha als ich das las, ist trotz d.ernsten Hintergrundes eine andere, versteckte Seite, v. mir durchgebrochen.

            • @Jim Hawkins:

              Das war der Haken beim frühen Proudhonismus und bei individulistischen Rudimenten. Was dann spätestens seit Bakunins kollektivem Anarchismus überholt war – sich also nicht lange hielt. Die Blütezeit des Anarchismus war sehr eindeutig gewerkschaftlich( Syndikalistisch) und (anarcho-)kommunistisch.

        • 0G
          05158 (Profil gelöscht)
          @Jim Hawkins:

          Zwar alt aber das Wort Anarchist kommt vor und (längst überholt) DDR aber interessant.



          Impressum hab ick nich jefunden, wat solls.

      • 8G
        85198 (Profil gelöscht)
        @Generator:

        "Weil sich außer einer kleinen Minderheit niemand für das Thema interessiert"

        Ja warum ist das wohl so? Weil Anarchist*innen die am meisten diffamierte politische Gruppe überhaupt sind. Weil eine maximale Querfront von Faschisten und Konservativen über Liberale und Sozialdemokraten bis hin zu Realsozialisten und Stalinisten vor allen Differenzen ein Interesse eint: Die Erhaltung ihrer Herrschaft.

        Nur, weil all diese Gruppen ("90% der Bevölkerung" haben Sie oben geschrieben) zur Erhaltung ihrer Herrschaft Anarchisten diffamieren, ist deren Propaganda nach Ihrer Logik "richtig".

      • @Generator:

        Was von beidem ist jetzt Henne oder Ei?



        Fakt ist doch, dass eine emanzipatorische Bewegung, die in den 1930ern die stärkste Gewerkschaft der Welt stellte, und die Gesellschaft stark prägte (antiautoritäre(re) Erziehung zB) historisch totgeschwiegen wird.



        Mit Brechts Fragen eines lesenden Arbeiters im Hinterkopf: Warum passiert das all den gekrönten Häuptern von anno dazumal die für keine Sau mehr spannend sind nicht? Wäre mal Zeit auf Sozial- und Weltgeschichte statt auf "Herrschaftsgeschichte" umzusatteln. ;)

        • @Nora_X:

          Cool!

  • Als ob Trump der erste wäre, der den Begriff falsch verwendet. Eigentlich wird er fast immer falsch verwendet. Z. B. bei der US-Serie „Sons Of Anarchy“ über einen kriminellen Rockerclub. Gerade Rocker sind fast so streng hierarchisch organisiert wie das Militär, also das Gegenteil von Anarchismus. Trotzdem möchte ich in Letzterem nicht leben. Dann lieber eine wackelige Demokratie mit gewählten Volksvertretern.

    • @Stefan L.:

      Klar ist er das nicht. Allerdings hat er als Staatsoberhaupt und Regierungschef sowie aufgrund der Medienverhältnisse in den USA einen großen diskursiven Einfluss bzw. hat u.a. als Befehlshaber des US-Militärs auch ungemeine konkrete Macht. Neben Anarchist*innen erfindet er zudem auch die Antifa als wesentliche Antriebskraft von Gewalt und Raub. Mein Eindruck, ist, dass er u.a. die Existenz und Folgen von Rassismus und Armut verschweigen und die Proteste anhand antilinker Parolen delegitimieren will. Kann er die Deutungshoheit gewinnen, so wäre es ihm ein leichtes, die Opposition niederzuringen.

  • ENDLICH!!! Vielen Dank Ilja Trojanow!

    • @Christoph Buck:

      Schließe mich dem an. Nun müssten u.a. die TAZ-Redakteur*innen diesen Artikel lesen, die in ihren Artikel statt von Anomie von Anarchie schreiben, obgleich sie Anomie meinen. ;-)

      • @Uranus:

        Und das seit Jahren auch nicht ändern, obwohl es immer Leserreaktionen gab.

        • @KnorkeM:

          Mhja, mensch möchte manchmal meinen, dass da durchaus eine Absicht/Haltung hinterstehen könnte. Eine weitergehende Reflexion seitens jener Redakteur*innen könnte möglicherweise dazu führen, den geliebten "Rechtsstaat" zu hinterfragen ;-)

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Volle Zustimmung.

    Um beim Beispiel „In Somalia herrscht Anarchie.“ zu bleiben: In so einem Fall spricht die anarchistische Theoriebildung von "Anomie". Das bedeutet in etwa "Gesetzlosigkeit".

    • @85198 (Profil gelöscht):

      Stimmt schon, allerdings ist Anarchie (Herrschaftsfreiheit) auch noch kein Anarchismus (Ordnung ohne Herrschaft).



      Anarchie und Anomie können also durchaus koexistieren, Anarchsimus und Anome aber nicht.

      • 8G
        85198 (Profil gelöscht)
        @Ingo Bernable:

        Ich verstehe das etwas anders.

        "Anarchismus" bezeichnet nach meinen Begrifflichkeiten das politische Denken, das sich der Idee der "Anarchie" verschrieben hat (das macht die anarchistische Ideologie aus). "Anarchie" im normativen, utopischen Sinne verstehe ich als die Idee einer herrschaftsfreien Gesellschaftsordnung. "Gesellschaftsordnung" bedeutet, dass es eine Ordnung gibt, also kann das keine "Gesetzlosigkeit" sein.



        Allerdings können selbsternannte Anarchisten durchaus eine Herrschaft aufbauen und das als Anarchie ausgeben. Der sogenannte Anarchokapitalismus ist ein Beispiel dafür, dass sich anarchistische Ideologie (Anarchismus) und Anomie nicht unbedingt ausschließen. Der Versuch, die Anarchie zu erschaffen, kann ins Gegenteil umschlagen.

        Dass Anarchismus (wie Sozialismus oder Liberalismus) auch eine Ideologie ist, lässt sich m.E. daran sehen, dass es auch unter Anarchist*innen umstritten bleibt, was genau Herrschaft ausmacht. Ich nehme dabei an, dass sich niemals alle auf einen Herrschaftsbegriff einigen werden und in dessen Anwendung dann immer einer Meinung sind. Insofern kann man auch nie behaupten, dass die Anarchie schon verwirklicht ist.

        Bei der Demokratie ist das ähnlich. Wir werden uns auch nie alle darauf einigen, wie die "wahre Demokratie" aussieht. Demokratie "ist" in diesem Sinne genausowenig wie Anarchie "ist". Man kann aber durchaus sinnvoll sagen, dass eine Gesellschaft sich demokratisiert oder dass Herrschaft abgebaut wird, wenn etwa das Frauenwahlrecht eingeführt wird oder das Racial Profiling als Polizeimethode abgeschafft wird.

        So grundverschieden sind diese beiden Diskurse nicht. Ich sehe mich selbst als methodischen Anarchisten und realen Demokraten. Sollten sich (das wäre für mich ein Wunder) jemals alle Menschen auf eine gerechte Ordnung einigen, wäre diese Ordnung genauso demokratisch wie anarchistisch.