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Polizeigebühren bei Bundesliga-SpielenLegitimer Akt der Umverteilung

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Der Staat darf Proficlubs zur Kasse bitten. Gut so, denn es ist legitim, wenn sich milliardenschwere Vereine an den Kosten der Sicherheit beteiligen.

Es ist ein legitimer Akt der Umverteilung, wenn sich die gutverdienenden Profivereine an Polizeikosten beteiligen Foto: Fabian Bimmer/reuters

N un ist es endgültig: Fußballvereine können an den Polizeikosten von Hochrisiko­spielen der Bundesliga beteiligt werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden und damit ein Bremer Gesetz für verfassungskonform erklärt. Zunächst eine Klarstellung, was die Karlsruher Rich­te­r:in­nen damit nicht entschieden haben: Sie haben nicht entschieden, dass das Bremer Gesetz sinnvoll ist. Sie haben nicht entschieden, dass nun alle Bundesländer dem Bremer Beispiel folgen müssen. Und sie haben nicht entschieden, dass nun auch im Breitensport und bei Kulturereignissen die Veranstalter an den Polizeikosten zu beteiligen sind.

Das alles sind politische Fragen, die die Parlamente zu entscheiden haben. Zuständig sind vor allem die Landtage, denn Polizeirecht ist in der Regel Landesrecht. Karlsruhe hat nur erläutert und klargestellt, dass der Spielraum des Gesetzgebers hier sehr groß ist. Für eine gewisse Überraschung hat insbesondere die Feststellung der Ver­fas­sungs­rich­te­r:in­nen gesorgt, dass für die Arbeit der Polizei im Prinzip Gebühren verlangt werden können. Bisher war das weithin anders gesehen worden: Polizeiarbeit müsse grundsätzlich gebührenfrei sein, weil die Gewährleistung von Sicherheit zu den Kernaufgaben des Staates gehöre.

Das wird noch spannende Debatten geben, wenn wohl bald gefordert wird, dass sich flüchtige Straftäter an den Kosten ihrer Fahndung beteiligen sollen. Die Gefahr besteht, dass Polizeigebühren überall dort eingeführt werden, wo die Polizei gegen ohnehin ausgegrenzte Rechts­bre­che­r:in­nen eingesetzt wird, während die Regelung des Autoverkehrs selbstverständlich kostenfrei bleiben wird.

Nur bei Gewinnorientierung

Es ist also zunächst abzuwarten, welche politischen Forderungen nun aufgestellt werden. Wer als Gesetzgeber kein Risiko eingehen will, orientiert sich zunächst am Bremer Beispiel, denn das ist nun wirklich Karlsruhe-geprüft. Danach sind Polizeigebühren verhältnismäßig, wenn sie auf gewinnorientierte Veranstalter beschränkt sind und nur bei Veranstaltungen mit mehr als 5.000 Teil­neh­me­r:in­nen und drohenden gewaltsamen Auseinandersetzungen verlangt werden.

Es ist ein legitimer Akt der Umverteilung, wenn sich die gutverdienenden Profivereine, die pro Jahr gemeinsam mehr als 4 Milliarden Euro Umsatz machen, auch mit ein paar Millionen an den Polizeikosten der Bundesländer beteiligen. Dass die Vereine auch Steuern zahlen, ist richtig, aber kein zwingendes Argument gegen Gebühren. Auch ein steuerzahlender Energiekonzern muss heute schon die Polizeikosten für die Anlieferung der neuen Turbine bezahlen – weil man es legitim findet, damit nicht die Allgemeinheit der Bür­ge­r:in­nen zu belasten.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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23 Kommentare

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  • Der Polizist/die Polizistin kann einem schon ein bisschen Leid tun, jedes Wochenende im Stadion bei besoffenen Aggros Überstunden anhäufen zu müssen.



    Daher sollten die Gebühren auch denen zugute kommen.

  • Gut, richtig und wichtig so.



    Der Fußballsport ist eine Industriesparte mit dem Hauptziel Umsatz und Gewinn. Daher sollen Die auch mal brav für die verursachten Kosten aufkommen. Und das sollte nicht nur für HR-Spiele gelten.



    Denn anderenfalls muss die Allgemeinheit dafür bezahlen. Fan oder nicht.

    Es ist ohnehin ein Ärgernis dass Städte aus ihrem ohnehin klammen Säckel Stadionum- und -neubauten (mit) finanzieren.

    Und nicht zuletzt kann es wohl kaum angehen, dass man Bürgern die ihr legitimies Recht auf Versammlungsfreiheit wahrnehmen die Kosten auf's Auge drücken will aber Gottkönig Fußball wird geschont.

    Bremen macht alles richtig - und andere müssen nachziehen.

  • Gewinnorientierung heisst ja nicht, dass Gewinne da sind. Was soll ein kleiner Club machen wenn sein Heimspiel gegen einen Gegner geht, der Busladungen von gewaltbereiten Deppen ankarrt?

    Sinnvoll waere es, wenn die DFL die Kosten fuer alle uebernimmt und dann den Vereinen im Verhaeltnis zu ihrer Finanzstaerke in Rechnung stellt.

    • @elektrozwerg:

      Nein, Vereine müssen für das Verhalten IHRER Fans zahlen. Wenn es ein Verein nicht schafft sich von Gewaltbereiten "Fans" zu trennen dann soll er auch für die dadurch entstehenden Kosten aufkommen.

  • Sehr gute Maßnahme, in dem das Verursacher:innenprinzip widergespiegelt wird. Wunderbar wäre es, wenn die zusätzlichen Einnahmen "zweckgebunden" und transparent in bestimmte Themen investiert würden. z.B. Schulsanierung und Forschung. Das würde die breite Akzeptanz in der Bevölkerung sicherlich erhöhen. Die aktuellen weinerlichen "Ungerechtigkeits" und "es-sind-noch-nicht-alle-Ausnahmen-ausreichend-besprochen" Diskussionen sollten wir über uns erst einmal ergehen lassen. Idealerweise wird nach einer bestimmten Zeit (z.B. 1 Jahr) geprüft, wo noch nachgebessert werden sollte.

  • Das Urteil enthält eine klare Ansage:



    Gewinnorientierte Veranstalter können bei Veranstaltungen mit mehr als 5.000 Teil­neh­me­r:in­nen und drohenden gewaltsamen Auseinandersetzungen zur Kasse gebeten werden.



    Alle genannten Kriterien gleichzeitig liegen fast nur bei Spielen der Profifußballligen vor.



    Wenn diese gewinnorientierten Vereine ihre Fans nicht in den Griff kriegen, sollten sie zumindest für einen Teil der Schäden aufkommen. Dann ist vielleicht beim einen oder anderen Bundesligaverein nicht mehr viel an Gewinn drin, weil man die Schäden der Hooligans mit einpreisen muss.



    Massenhaftes Auftreten gewalttätiger Hooligans ist nicht gottgegeben.



    Der BVB hatte in den 1980er-Jahren Probleme mit der rechtsextremen "Borussenfront". Vereinsführung und das Fanprojekt Dortmund haben klare Kante gezeigt.



    Die Bundesligavereine können also etwas tun, wenn sie es wollen. Dann bräuchte man vielleicht nicht mehr über Rechnungen der Polizei diskutieren.



    Das wäre die beste Lösung.

  • Wurde auch Zeit diese eigenwillige verdeckte Subventionierung von König Fußball durch den Steuerzahler zu beenden.

  • "Polizeigebühren verhältnismäßig, wenn sie auf gewinnorientierte Veranstalter beschränkt sind und nur bei Veranstaltungen mit mehr als 5.000 Teil­neh­me­r:in­nen und drohenden gewaltsamen Auseinandersetzungen verlangt werden.



    Es ist ein legitimer Akt der Umverteilung, wenn sich die gutverdienenden Profivereine,"



    Das ist wohl auch Ermessenssache, wie sich im Revier bestimmt bald herausstellen wird.



    Friedrich Küppersbuch weiß vielleicht mehr zu "RWE-Interna".



    www.kicker.de/rwe-...aft-971041/artikel



    Bei sportschau.de



    "In der Saison 2022/2023 gab es insgesamt 52 Hochrisikospiele in den ersten beiden Ligen. In der Saison 2023/2024 fielen dort insgesamt knapp 1,6 Millionen Polizei-Arbeitsstunden an. Das entspricht der Arbeitszeit von etwa 1.220 vollzeitbeschäftigten Polizeibeamten."



    Das ist nicht von Pappe.



    Vielleicht kann es auch ein anderes, ein internationales "Nachspiel" geben:



    www.wa.de/nordrhei...ttet-93180304.html

  • Die Vereins- und Ligenvertreter haben sich ein gerüttelt Maß an Unsympathie selbst zuzuschreiben.

    Zum einen sind die Beteuerungen, daß sie im Stadion schon selbst für Ordnung sorgen könnten, hinreichend häufig und eindeutig widerlegt worden.

    Zum anderen übersehen sie geflissentlich, daß die Fans nicht vor dem Spiel vom Himmel ins Stadion fallen und sich hinterher auch nicht in Luft auflösen. Ein Bekannter drückte es mal so aus: Wer auswärts den Weg zum Bahnhof nicht kenne, brauche nur der Verwüstung zu folgen. Und es dürften ja nicht nur Proms in der Bahn belästigt werden, deren Beschwer allemal als Nachricht gilt und es dann auch in die Medien schafft.

    Und weil das alles letztlich kommerziell verursacht ist, blieb es stets unverständlich, die Gewinne zu privatisieren und Kosten bzw. Ausgaben zu sozialisieren.

    Im Grunde sollte das auch für vereinsbezogene(n) Vandalismus und Sachbeschädigungen gelten, wo Hauswände, Verteilerkästen, Haltestelleneinrichtungen und anderes mit Vereinslogos und -slogans "verziert" werden. Besonders lästig wird das in Kommunen, wo es rivalisierende Vereine gibt, deren Auseinandersetzungen so dauerhaft das Stadtbild prägen.

  • Geld lügt nicht. Geld steht hier für einfache Mathematik: die Kosten werden, soweit (am Markt) durchsetzbar bei den Kund: innen resp. Fans aufgeschlagen.

  • Nun die Gebühren werden nur für den personellen Mehraufwand bei Hochrisikospielen erhoben, nicht für die gesamten Heimspiele in einer Spielzeit.

    Und auch wenn die Polizei für das sensible Thema Sicherheit zuständig ist, finde ich die Entscheidung nicht ungewöhnlich das sie in bestimmten Fällen auch Gebühren erhebt. Ist bei der Feuerwehr z. B. bei Fehlfahrten gängige Praxis.

    • @Sam Spade:

      Nicht nur bei Fehlfahrten. Wer einen Unfall baut, kriegt auch eine Rechnung fürs Einsammeln des Motoröls. Bei kleineren Wehren fallen da, es könnte ja gleich der nächste Einsatz kommen, die Kosten für ein voll besetztes Löschfahrzeug an. Auch wenn für den Sack Bindemittel nur zwei Mann gebraucht werden und die anderen im Auto sitzen bleiben.

      Insofern läßt die Empörung der Ligenvertreter an Realitätsferne wirklich wenig zu wünschen übrig.

  • Ich finde die Entscheidung auch richtig. Allerdings sollte man dann fairerweise auch über die Sicherheitskosten bei Olympischen Spielen, Autorennen, Rockkonzerten und Schnulzentreffen nachdenken.

    • @Sonja Bleichle:

      "Fair" ist an der Entscheidung, dass sie Rücksicht darauf nimmt, welches Gefährdungspotenzial die jeweilige Veranstaltung hat. Da gibt es schon Äpfel und Birnen: Bei Aufeinandertreffen bestimmter Fußballvereine, die herzliche Fanfeindschaften pflegen und entsprechend schlagkräftige "Firmen" in ihrem Anhang haben, MUSS die Polizei massiv ausrücken, um Schlimmeres zu verhindern. Bei anderen vergleichsweise friedlichen Sport-, Musik- oder Volksfesten tut sie es nur zur Sicherheit und im Zweifel in deutlich geringerer Stärke (die auch nicht aufwändig von überall herangekarrt werden muss).

  • Da ist halt schon auch viel Halbgares im Artikel. Kein Verein der Bundesliga ist milliardenschwer. Der FC Bayern hat ein Vermögen von unter 600 Mio €. Alle anderen weit darunter. Der erwähnte Umsatz von über 4 Mrd verteilt sich auf 36 Vereine der 1. und 2. Liga.



    Der hier besonders relevante SV Werder Bremen hat 23/24 einen Umsatz von rund 150 Mio € und 2,2 Mio € Überschuss erwirtschaftet. Weit weg von milliardenschwer, aber nah dran an gefühlten Wahrheiten.

    • @LeSti:

      Aber die Steuerzahler*innen, die mit Fußball nix am Hut haben und über ein Durchschnittseinkommen verfügen (wenn überhaupt), die sind "milliardenschwer" ?

  • Die Regelung des Autoverkehrs kostenfrei? Also, die Blitzer sind eine feste Einnahmequelle fast jeder Kommune. Und neuerdings kommen auch noch dreistellige Anwohnerparkgebühren dazu, und die Bußgelder wurden auch erhöht.

  • Klingt erstmal gut, aber wo wird die Polizei sonst noch eine Rechnung schicken? Riskante Veranstaltungen gibt es viele, vom Junggesellenabend über Silvesterknallen, bis zum Weihnachtsmarkt... und ja, auch Parteitage mit Gegendemos oder politisch aufgeheizte Konzerte wie von Rammstein oder Roger Waters... wo die Grenze ziehen?

  • Dann wird es Großveranstaltungen wie Olympiaden, Weltmeisterschaften und Europameisterschaften wohl künftig nicht mehr geben. Und was kostet eigentlich der Schutz eines Weihnachtsmarktes? Das ist schließlich auch eine gewinnorientierte Veranstaltung. Und wie sieht es mit Musikfestivals aus? Offene Fragen.

  • Klar, milliardenschwere Klubs wie Pauli oder Rostock können schon mal zahlen für ihren Profit, während gemeinnützige Vereine wie Bayern oder Hoppenheim das sicher nicht brauchen, oder was?



    Der nächste Schritt ist dann sicher Gesetzesbrecher wie im Hambacher Forst oder bei Eingriffen in den Straßenverkehr für Polizeieinsätze zahlen zu lassen - ob das dann von den Leuten die jetzt so begeistert sind ebenso begrüßt wird? Ich finde beides übel, Polizei ist Staatsmonopol und muß als solches öffentlich finanziert werden.

    • @Egil:

      Der erste Teil ihres Kommentars erschließt sich mir nicht. Auch Bayern darf das, wenn ein "Hochrisikospiel" (Regionalderby anyone?) ansteht.

      Menschen werden bei solchen Aktionen teilweise schon für den Polizeieinsatz zur Kasse gebeten (s. Ende Gelände).

  • Das ist nun tatsächlich mal ein Thema, bei dem ich voll und ganz auf TAZ-Linie bin

  • Interessantes Thema. Danke für den Bericht!

    Eine differenzierende Betrachtung gibt es auch bei Rettungsdiensten auf/am Meer oder in den Bergen. Eine Versicherung zahlt medizinische Notfallversorgungen, aber Fahrlässigkeit muss oft selbst getragen werden.

    Beim Fan-Vandalismus, der fast ausschließlich im Fußball verbreitet ist, besteht das Problem der Verantwortlichkeit. Die eigentlichen Täter werden oft nicht überführt. Wenn ganze Straßen oder Busse, Züge etc. kurz und klein geschlagen werden, helfen vielleicht Kameras, aber oftmals zahlt es dann der Steuerzahler oder das Verkehrsunternehmen selbst.



    Da große Fußballvereine sehr hohe Einnahmen über die Fankultur generieren, sollten sie auch prozentual an den Kosten für Sicherung und Aufklärung beteiligt werden.