Nordkoreas Soldaten in Russland: Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Die nordkoreanischen Truppen, die auf russischer Seite im Ukrainekrieg kämpfen, erleiden hohe Verluste. Nun könnte eine weitere Spezialeinheit folgen.
„Aus dem, was die Kämpfer erzählen, ist klar, dass die Nordkoreaner weiterhin für Massenangriffe und psychologischen Druck auf dem Schlachtfeld eingesetzt werden – ungeachtet der Verluste“, schreibt der ukrainische Journalist Andriy Tsaplienko auf seinem Telegram-Kanal. Lange Zeit hieß es, dass die rund 11.000 nordkoreanischen Soldaten rund um Kursk bislang nicht direkt auf dem Schlachtfeld eingesetzt würden.
Doch an diesem Wochenende haben sie erstmals an groß angelegten Manövern mit der russischen Armee teilgenommen – und sich dabei aus der Sicht des Kremls durchaus bezahlt gemacht. Gleichzeitig dürften die Opfer der Nordkoreaner immens sein.
Mindestens 100 Gefallene und knapp 1.000 Verletzte
Am Donnerstag gab nun der südkoreanische Geheimdienst NIS bekannt: Mindestens 100 nordkoreanische Soldaten seien mittlerweile im Ukrainekrieg gefallen, darunter auch Generäle. Zudem gehe man von knapp 1.000 Verletzten aus. Ebenfalls heißt es vom NIS, dass die nordkoreanischen Männer auf dem Schlachtfeld als „Frontkämpfer verbraucht“ würden. Oder anders formuliert: Kanonenfutter.
Des Weiteren habe man Indikatoren dafür entdeckt, dass Machthaber Kim Jong Un Vorbereitungen dafür trifft, eine weitere Spezialeinheit für den Ukrainekrieg auszubilden und zu entsenden. Natürlich ist dies eine vage Stellungnahme mit viel Konjunktiv und wenig Details. Dennoch sollte die Warnung in Europa ernst genommen werden. Bislang hatte der NIS bei seinen Vorhersagen in Bezug auf den Krieg nahezu vollständig recht behalten.
„Innerhalb des russischen Militärs sind Berichten zufolge Beschwerden darüber laut geworden, dass die nordkoreanischen Truppen aufgrund ihrer mangelnden Kenntnisse über Drohnen eher eine Belastung als eine Bereicherung darstellen“, sagte Lee Sung Kwon, Abgeordneter der Regierungspartei. Doch bei Lees Aussagen handelt es sich nur um die eine Seite der Medaille: Denn wie der Angriff auf Plekhovo belegt, können die Nordkoreaner durchaus Erfolge verzeichnen.
Selenskyj: Russland verwende Verschleierungstaktik
Realistischer ist da wohl die Einschätzung von Michael Madden, Nordkorea-Experte am Stimson Center. Demnach seien die nordkoreanischen Soldaten „darauf trainiert, ein hohes Maß an körperlichem Schmerz und psychologischer Folter zu ertragen“, sagte Madden der BBC: „Was ihnen im Kampf fehlt, machen sie mit dem wett, was sie körperlich und geistig ertragen können.“
Ob die jungen, hochgradig indoktrinierten Männer eher Opfer oder Täter in diesem Konflikt sind, lässt sich kaum eindeutig bestimmen. Auch die jüngsten Aussagen von Wolodymyr Selenskyj legen dies nahe. „Selbst nach Jahren des Krieges, als wir dachten, die Russen könnten nicht noch zynischer werden, sehen wir nun noch Schlimmeres“, schreibt der ukrainische Präsident auf der Plattform X. Die Verschleierungstaktik der Russen gehe so weit, dass die Armee selbst die Identitäten der gefallenen Nordkoreaner verschleiert – und zwar indem man die Gesichter der Leichen wortwörtlich verbrennt.
Tatsächlich postet Selenskyj ein nicht unabhängig überprüfbares Video, auf dem ein russischer Soldat die Leiche eines asiatisch aussehenden Soldaten in Brand setzt. „Es gibt keinen einzigen Grund für Nordkoreaner, für Putin zu kämpfen und zu sterben. Und selbst wenn sie es tun, hat Russland nur Demütigung für sie übrig“, kommentiert Selenskyj.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pro und Contra Letzte Generation
Ist die Letzte Generation gescheitert?
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Die Linke im Bundestagswahlkampf
Kleine Partei, großer Anspruch
Studie zum Tempolimit
Es könnte so einfach sein
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht macht BND für Irrtum verantwortlich