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Neue Empfehlungen für die tazBesser übers Klima schreiben

Als erstes Medienhaus in Deutschland gibt sich die taz eine klimagerechte Sprache. Denn das Sein bestimmt auch das Klimabewusstsein.

Dürre in Kenia: Ist das Wandel oder Krise? Foto: Goran Tomasevic / Reuters

Die taz ist nicht nur für Klimagerechtigkeit – die taz gibt sich als erstes Medienhaus in Deutschland ab sofort auch eine klimagerechte Sprache. RedakteurInnen der taz werden dabei keine Vorschriften gemacht, was sie wie zu schreiben haben. Vielmehr bekommen sie Empfehlungen an die Hand, um Texte rund ums Klima noch prägnanter, noch besser zu gestalten.

Sprache verändert sich. Deshalb gibt es das Binnen-I oder das Gendersternchen – und nun die klimagerechte Sprache. Denn: Das Sein bestimmt auch das Klimabewusstsein. Die taz geht in diesem Punkt nach vorne, damit sich mehr Menschen darüber Gedanken machen, wie man mit präziseren Begriffen über die menschengemachte Klimaveränderung diesem Megathema noch besser gerecht werden kann.

Zum Beispiel: Warum schreiben wir eigentlich Erderwärmung und nicht Erderhitzung? Ist die Idee eines sich kuschelig erwärmenden Planeten nicht viel zu beschönigend, wenn man daran denkt, dass sich Wüsten bilden und Menschen und Tiere wegen der Hitze keine Lebensgrundlagen mehr finden? Wer genauer über die Sprache in der Klimaberichterstattung nachdenkt, kann genauer formulieren.

„Der bisherige journalistische Umgang mit dem Klima war in vielen Medien zu monoton, ungenau, verharmlosend, vielleicht sogar unzutreffend und sicher nicht ausreichend publikumswirksam und verständlich“, sagt Torsten Schäfer, Professor für Journalismus an der Hochschule Darmstadt. Er hat selber fast 20 Jahre Erfahrung im Umweltjournalismus, lehrt und forscht zum Thema Klimakommunikation. Nun hat Schäfer, angelehnt an Vorbilder aus dem angelsächsischen Raum, für die taz ein Konzept für eine klimagerechte Sprache erstellt. Seine Botschaften: Viel ist beim Schreiben und Reden übers Klima möglich, nur wenig wirklich kritisch. (Kai Schöneberg)

Klimawandel

Medien wie der britische Guardian oder auch AktivistInnen verweisen darauf, dass der Terminus „Klimawandel“ zu schwach und zu passiv daherkommt. Für Kritiker steht sein „Framing“ für den natürlichen Klimawandel und nicht den menschengemachten, für eine sanfte Veränderung (Wandel) statt schlimmerer Entwicklungen (Krise, Chaos). Klimawandel suggeriere zudem einen linearen Verlauf des Geschehens. Diese Argumentation übersieht jedoch einen entscheidenden Punkt, der für die Kommunikationswissenschaft einer der wichtigsten Nachrichtenfaktoren ist: die Etablierung.

Torsten Schäfer

Der 42-Jährige ist Professor für Journalismus an der Hochschule Darmstadt mit den Schwerpunkten Umwelt- und Klimajournalismus, EU-Berichterstattung sowie Reportage und Erzählen. Er arbeitet auch als Autor und Umweltjournalist, vor allem für die FAZ. Zudem leitet er das Online-Portal gruener-journalismus.de

„Klimawandel“ ist als Wort weithin bekannt, gelernt, genutzt, für die Kommunikation ein großer Vorteil. Mit seiner Etablierung fand im Laufe der Zeit eine Deutung statt im Hinblick auf eine riskante, gefährliche und – mittlerweile valide erforscht und mehrheitlich debattiert – vor allem menschengetriebene Entwicklung. Die Contra-Argumente verkennen diese Etablierung und behandeln das Wort, als sei es gerade neu auf die Agenda gekommen.

Es gilt auch, über das Herstellen von Zusammenhängen zu sprechen. Denn hinter dem Begriff „Klimawandel“ folgen meist Zahlen, Informationen und Beispiele, die jeweils klarmachen, wie ernst die Lage ist. Es geht also neben dem Klartext, den JournalistInnen im Kampf gegen Fachsprache, Behördendeutsch und Start-up-Geschwurbel führen, um den Kontext. Und um den Subtext, den das Framing einschließt.

Klimanotstand

Viele Kommunen und sogar Länder haben weltweit den „Klimanotstand“ ausgerufen, der Begriff hat eine enge Anbindung an realen Widerstand vor Ort. Er lässt aber auch an die deutschen Notstandsgesetze denken, was in die Irre führt. Der Begriff des Notstands suggeriert auch, dass es um ein zeitlich begrenztes und mit nur den richtigen politischen Mitteln (siehe Notstandsgesetze der 1930er) schnell zu lösendes Problem geht. Allerdings: Für sich und im individuellen Kontext gesehen kommt das Wort klar und stark daher („Da gibt es einen großen Notstand“).

Klimakrise

Häufiger im Gebrauch ist die „Klimakrise“. Der Klimawandel ist von seiner Struktur her aber keine klassische Krise, die wir immer mit einem Ende, einem Ausgang im Sinne einer absehbaren Lösung verbinden, die wieder in die Normalität führt. Diese ist kaum mehr zu erreichen – der menschenbedingte Klimawandel lässt sich samt seiner Auswirkungen nicht mehr zurückdrehen, nur noch bremsen. Zeitlich geht es um Jahrzehnte und Jahrhunderte. Und es gibt kein einheitliches, zu definierendes Ziel, das überall zum gleichen Zeitpunkt erreicht wird. All dies widerspricht dem Terminus der „Krise“.

Sicher: Ein zeitliches Ziel könnte das 2-Grad-Ziel sein, das bis zum Ende des 21. Jahrhunderts erreicht sein muss, mag man argumentieren. Und der Beginn könnte die um 1750 einsetzende Industrialisierung sein, denn ab diesem Zeitpunkt zeigen die Ablagerungen in Eisbohrkernen mehr Treibhausgase in der Atmosphäre. Doch dann ergibt sich eine Strecke von 350 Jahren und somit eine Zeitspanne, die das landläufige Verständnis vom Verlauf und der Dauer einer politischen oder wirtschaftlichen Krise bei Weitem übersteigt. Dennoch: Der Begriff „Krise“ kann eine sinnvolle Ergänzung sein, wenn er in den langfristigen, zeitlichen Kontext gesetzt wird oder konkretere Bezüge hat, zum Beispiel bei einer „politischen Klimakrise“.

­Klimakatastrophe, ­Klimachaos, ­Klimazusammenbruch:

Diese Begriffe haben eine weniger eindeutige Zeitlichkeit in sich als „Krise“ oder „Notstand“. Einhergehend damit senden sie ebenfalls in ihrem Subtext nicht die Botschaft einer sicheren Reparaturmöglichkeit oder Lösungsperspektive aus. Daher scheinen sie unkomplizierter in der Verwendung.

Weitere mögliche Begriffe – jeweils mit möglichen problematischen Subtexten der Begriffe: Klimaproblem / Klimamissstand (Gegenargument: siehe „Notstand“, „Krise“; schwache Wirkung), Klimabedrohung (Gegenargument: die Bedrohung ist längst Realität; besser zu benutzen im Kontext kommender, auch lokaler Klimafolgen), ­Klimasorge oder Klimaangst, Klimaversagen.

Erderwärmung vs. Erderhitzung:

Die Erhitzung trifft das reale Geschehen in vielen Weltgegenden mit ihren drastischen Folgen besser als die bloße Erwärmung. Daher ist hier die Wortablösung unproblematisch, in der Botschaft klarer und angemessener. Dennoch sollte man generell vorsichtig sein bei dem Willen, den Begriffen eine größere Warnwirkung zu verleihen: Katastrophenbotschaften gibt es im Umwelt- und Klimajournalismus häufig. Er wurde dafür vielfach kritisiert. Dieser „Risikoframe“ scheint bisher nicht dazu beizutragen, dass das Publikum den so verfassten Beiträgen hinterherrennt.

Vielleicht könnte eine Mischung zum Erfolg führen: Katastrophe und Konstruktivität, Warnung und Zukunft, was in Beiträgen die Frage nach vorhandenen, einsatzbereiten Lösungen, erst zu entwickelnden Ideen, Plänen und Absichten sowie schon funktionierenden Erfolgen einschließt – Elementen, die der Konstruktive Journalismus einschließt und mit der W-Frage nach dem „Wohin“, dem klassischen Journalismus mit seinem Wer, Wo, Wann, Was, Wie und Warum hinzufügen will.

Klimaskeptiker

Hier ist eindeutig, dass eine Wortersetzung sinnvoll ist, auch wenn der Begriff etabliert ist. Dies allerdings in weit geringerem Maße als „Klimawandel“, dessen Verwendung auch nicht zu derart großen Problemen führt wie bei den „Skeptikern“. Diese kommen im Tarnkleid einer philosophischen Tugend daher, die positiv gedeutet wird im Hinblick auf die Vernunft, Eigenständigkeit im Urteil, das Nachdenken und das ruhige Überlegen, das der Skepsis innewohnt. So jemanden ruft man im Zweifel als Journalist auch gern an, im Glauben an eine Ausgewogenheit der Berichterstattung.

Gerade für die USA ist diese Tradition des „balanced reporting“, die auch stark durch Zeit- und Personalmangel gefördert wird, untersucht. Sie hat neben anderen Faktoren mit dazu geführt, dass Klima(wandel)leugner (der bessere Begriff) oder Wissenschaftsleugner (etwas sperrig und genereller, bedarf eigentlich einer breiteren Recherche hinsichtlich des gesamten Wissenschaftsverständnisses einer Person und damit einer näheren Beschäftigung mir ihr) in der US-Debatte über das Klima eine starke Rolle haben. Es ist ja auch so, dass JournalistInnnen in ihrer Politikberichterstattung nicht immer die Demokratiefeinde anrufen, um alle Seiten abzudecken. (Torsten Schäfer)

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46 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Unwort des Jahres: „Umweltverbund“

    Der Begriff stammt aus dem Städtebau der 60er und 70er Jahre (siehe auch: de.wikipedia.org/wiki/Umweltverbund ) und stellt Fuß-, Rad-, Bus- und Bahn-Verkehr auf eine Stufe.

    Der Begriff zielte in erster Linie auf den enormen Platzverbrauch des MIV, dem damals viele Innenstädte zum Opfer fielen, während CO2 noch als mehr oder minder harmlos galt.

    Erst seit 2015 veröffentlicht das Bundesumweltamt Zahlen über die CO2-Emissionen des ÖPNV.



    Unter Berücksichtigung dass die Wege im ÖPNV im Schnitt 20% länger sind als mit dem Auto, ergibt sich aus diesen Zahlen ein um lediglich 1/3 niedrigeres Emissionsniveau als beim Autoverkehr.

    Der Begriff suggeriert, dass der heutige ÖPNV hinreichend umweltfreundlich ist und es diesbezüglich keinen Handlungsbedarf gibt, außer den ÖPNV massiv auszubauen.

  • Als Diskussion innerhalb der Schornallje hat so eine Debatte über Begriffe ja ihre Berechtigung, aber für einen lesenden Arbeiter (oder einen Intellektuellen, der sich nicht vertreten lassen will) kommt so was doch reichlich abgehoben und weltfremd rüber.

    Sehr gut und nötig finde ich den Kampf gegen "Fachsprache, Behördendeutsch und Start-up-Geschwurbel" und vor allem gegen die —treffend diagnostizierte—Vernebelung der Sprache durch Managersprech,



    aber die Strategie "seit heute 5 Uhr 45 wird jetzt zurückgeschwurbelt" hilft da eher nicht.



    Anstatt noch abgehobenere Sprachkonstrukte wie "Solastalgie"



    [so was wie "Weltschmerz aus Mangel an Waldeinsamkeit", siehe youtu.be/F0jr-HQeT74?t=148 ] einzuführen, wär's vielleicht etwas sinnvoller, viel zu etablierte Begriffe aus dem Wörterbuch des neoliberalen Unmenschen gezielt so zu verwenden, dass die Lesend*In die genauso als Fremdkörper wahrnimmt wie gegenderte Konstrukte.

  • Man muss aufpassen, dass man das Thema „Klima“ mit Worten nicht überreizt, denn schließlich ist der Mensch ein „Gewohnheitstier“, und irgendwann hat er sich auch an diese Worte gewöhnt.



    Solche Steigerungsformen tun eigentlich nicht gut, im Gegenteil, sie machen das Gespräch zwischen Gegnern und Befürwortern nur noch schlimmer.

    Und was machen Sie, wenn das Wort „ Erdüberhitzung“ die Leute kalt lässt, rufen Sie



    dann die Apokalypse aus?

  • Der Begriff "Klimaschutzmaßnahme" gehört ebenfalls auf die schwarze Liste. In der Regel handelt es sich um eine beabsichtigte "Minderung der Klimaschädigung".

    Entsprechend sollten an Stelle von großklingenden "Klimaschutzzielen" (z.B. minus 55% bezogen auf 1990) Prozentwerte für die zusätzlich eingeplante Klimabelastung angegeben werden (z.B. "Begrenzung auf zusätzliche xx Prozent Klimaschädung"). Im Nenner kann z.B. bei mehrjährigen Zielstellungen die summierte Klimaschädigung seit Beginn der Industrialisierung stehen, bei einzelnen Jahren eher die der Vorjahres (z.B. "nicht mehr als 95% der Klimaschädigung von 2020" statt "5% Klimschutzerfolg").

  • Ok. Nicht mal mehr "nur" eine "Erwärmung" ist mehr drin. Dann können wir den Löffel ja hinwerfen und uns um andere Dinge kümmern.

  • Zitat: „Nun hat Schäfer, angelehnt an Vorbilder aus dem angelsächsischen Raum, für die taz ein Konzept für eine klimagerechte Sprache erstellt.“

    Sprache als Waffe im Kampf um Hegemonie: präzise und wirkmächtig. Natürlich nur im Dienst der guten Sache. So weit, so angestaubt.

    Wer den Staub zur Seite wischt, sieht leider, dass nichts jemals nur positive Folgen hatte. Was passiert, wenn Sprache zur Waffe wird, lässt sich gerade wunderbar besichtigen im „angelsächsischen Raum“. Lernfähig und bereit, Coaches zu bezahlen, sind schließlich nicht nur taz-Journalisten. Lernfähig sind andere auch. Die sogenannten Populisten etwa.

    Selbst Trump nutzt seine bescheidenes intellektuelles Potential effektiv aus. Von B. Höcke nicht zu reden. Wenn Zuständige „Klartext“ reden, hilft das noch niemandem. Verantwortung wahrzunehmen bedeuten, den Wandel tatsächlich zu organisieren. Von alleine kommt er nämlich nicht in einer Welt, in der die Ohnmächtigen gelernt haben, blind zu vertrauen und auf die Macht anderer zu hoffen, statt selber mitzumachen. Vor allem dann nicht, wenn auch das „Framing“ lediglich Hilflosigkeit lehrt.

    Leider organisieren die Dummköpfe den Wandel derzeit effektiver. Die zeitraubende intellektuell und emotional fordernde Arbeit der Einordnung und Massen-Mobilisierung lässt sich durch Alarmismus nicht ersetzten. Wer überall erster sein will, bewegt gar nichts. Er verschiebt nur den Lautstärkeregler nach oben. Kurzfristig mag das der Auflage oder der Wiederwahl dienen. Langfristig sind die Folgen aber mindestens so verheerend fürs gesellschaftliche Klima, wie die Weiter-so-Parolen der sogenannten Wirtschaft für das Leben auf unserem Planeten.

    Klartext hin, Fachsprache, Behördendeutsch und Start-up-Geschwurbel her - ohne Hoffnung und Vertrauen auch in andere geht es nicht. Die Gefahr des Scheiterns lässt sich nicht umgehen oder niederschreien. Den „Klimanotstand“ auszurufen und dann weiterzumachen wie bisher, ist jedenfalls unverantwortlich.

  • Sprache weckt Bewusstsein, Sprache informiert, Sprache manipuliert. Jedoch dieser Artikel ist für alle die behaupten, dass die Presse in Deutschlang zentral fremdgesteuert sei und nur das berichtet was sie darf, ist dies ein Steilpass par excellence.

    Und weiterhin können Begriffe die eher reisserisch wirken zu Lasten der Glaubwürdigkeit gehen. Liebe taz, wählt eure Worte gut und mit Besonnenheit.

    • @Pia Mansfeld:

      So habe ich den Text auch empfunden. Warum muss sich die taz eine "klimagerechte Sprache" geben? Warum muss sie sich überhaupt eine Sprache geben? Wir haben schon eine Sprache!

      Eine Sprache ist einer Sprachgemeinschaft quasi als Erbe der Elterngeneration gegeben. Martin Luther hat dem "Volk aufs Maul geschaut" um seine Bibelübersetzung so zu schreiben, dass es die Leute auch wirklich verstehen. Er hat somit das Gegenteil von dem gemacht, was die taz hier versucht: Es ist der Versuch des Framings und somit der Manipulation bzw. der Umerziehung der Leserschaft.

      Sollten Journalisten nicht lieber auch versuchen, die Sprache ihrer Adressaten zu sprechen anstatt sie umzuerziehen? Etwas mehr Luther bitte!

    • @Pia Mansfeld:

      Diskurse sind keine ideologiefreien Räume. Es gibt keine neutrale Sprache. Es gibt verschiedene Interessen, Ideologien und Machtverhältnisse. Diese spiegeln sich in Sprache und Diskursen wider. Wenn mensch sich dessen bewusst ist, kann mensch sich bewusst ausdrücken. Andernfalls wird sich wohl der Deutungshoheit angeschlossen und Ausdrucksweise übernommen.



      Wenn nun behauptet würde, die Darstellung in einem Artikel wäre "eher reißerisch" ist, und sich für einen vermeintlich schwächeren Begriff entschieden wird, so kann dann davon gesprochen werden, dass, wie im obigen Artikel dargelegt, jener Artikel Umstände/Entwicklungen beschönigte.

      • 4G
        4813 (Profil gelöscht)
        @Uranus:

        "Eure Rede aber sei: Ja! Ja! Nein! Nein! Was darüber ist, das ist vom Übel."

        Kluge Worte, hat der Jesus den alten dialektischen Griechen geklaut, aber was solls.



        Wenn es um Wissenschaft geht, gibt es klare Definitionen und definierte Bezeichnungen.



        Der Begriff "Erderwärmung" ist für das Publikum. Wenn wir für das Publikum auf "Erderhitzung" umstellen, dann sind wir nahe an Donald Trump oder Bild-Zeitung.

        • @4813 (Profil gelöscht):

          Sicher gibt es Begriffsverständnisse. Auch im wissenschaftlichen Raum werden immer wieder welche verändert. Im Kontext der jüngsten Klimaentwicklungen werden diese sogar von Wissenschaftler*innen revidiert. Oben plädiert sogar ein Professor dafür.



          Für eine Einordnung und Wahl der Begriffe gibt es eine jeweilige Perspektive und Begründung. Mensch kann bspw. meinen, dass die Klimaentwicklung nicht so dramatisch wäre und sich für 'Erwärmung' entscheiden. Andere, die Mehrheit der Klimaforscher*innen sehen die Entwicklung dramatisch. Entsprechend ist 'Erhitzung' passender.

      • @Uranus:

        "Wenn mensch sich dessen bewusst ist, kann mensch sich bewusst ausdrücken"

        Nütz nur Alles nix, wenn man die Leute, die eh nen feuchten auf Umwelt-, Sozial oder Gleichberechtigungsthemen geben, damit gar nicht erreicht. Dem Großteil derer, die nicht bereit sind, nachhaltig zu konsumieren oder gar Fakten ignorieren/leugnen, is das Alles komplett wurscht.

        Dafür kann man aber dann bei jeder Gelegenheit diejenigen verbal korrigieren, die sich sowieso schon des Problems bewußt sind. Gespräche aus der Blase: "Korrekt heißt es Erderhitzung, nicht Erderwärmung und das was du als Klimawandel verharmlost ist in Wirklichkeit die Klimakatastrophe."

        Aber gut, wenn die BILD mit Wörtern wie "Angst, Katastrophe, Versagen und Chaos" punktet, warum dann nicht auch die taz?

        • @Deep South:

          Da haben Sie durchaus recht. Eine Journalist*in zog ihrer Kolumne in der TAZ kürzlich in Erwägung, ob Journalismus nicht ein Bullshitjob wäre, da sie in der Blase als Linke für Linke schreibe.



          Allgemein gibt es für die Klimaentwicklungen durchaus ein Bewusstsein. Viele erkennen aber nicht die Dringlichkeit und die Notwendigkeit von radikalen Maßnahmen und sind kaum bereit, ihr Verhalten erforderlichen Maße zu ändern. Selbst Leute mit denen ich diskutiere, auch Akademiker*innen, halten bspw. die Anschaffung eines E-Autos für ökologisch. Für notwendige politische Veränderungen wird entsprechend auch nicht eingetreten.

          • @Uranus:

            Hm. Bin mir nicht sicher, ob man damit wirklich mehr Bewußtsein beim durchschnittlichen taz-Leser schaffen kann.



            Mich zumindest überzeugt diese (in erster Linie einfach nur) emotionalisierte Wortwahl eher nicht. Eigentlich ist das doch die Sprache der Boulevardblätter und Populisten, um ihre Themen größer zu machen, als sie sind. Scheint man ja auch zu wissen.

            Vielleicht wären auch mehr drastische Fakten, Zahlen, Berichte und weniger Geschichten über Gretas Bootfahrt oder die Unfähigkeit von Schülerprotesten sinnvoll.

            Ganz allgemein sind die Mittel und Zeilgruppe einer Zeitung eh begrenzt. Das die Änderung der Wortwahl zu mehr Handlung führen kann, seh ich eher skeptsich.

            • @Deep South:

              Ist eine solche Bezeichnung denn eine Emotionalisierung oder orientiert sie sich nicht vielmehr an Fakten? Das Klima ist nun mal ein dynamisches System und wenige Grad Veränderung wirken sich enorm aus. Derzeit sieht es so aus, dass eine Begrenzung auf 1,5 Grad Celsius nicht eingehalten werden kann. Nach Klimamodellen werden Lebensbedingungen dadurch wesentlich "ungemütlicher" werden, um es euphemistisch auszudrücken. So "ungemütlich", dass die Bezeichnung 'Erwärmung" irreführend unspezifisch und beschönigend wirkt.

              • 4G
                4813 (Profil gelöscht)
                @Uranus:

                Fakt ist, dass mir 1,5 Grad Celsius zu kalt sind. Eine Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Kelvin heißt es korrekt.



                In Sibirien, Kanada, Norwegen, Schweden, Schottland und auf Grönland wird es gemütlicher werden.



                In Norddeutschland vermutlich auch.



                Was meinen sie, warum Russen und Kanadier soviele Treibhausgase wie kein Dritter in die Welt pusten?!



                Das einzige, was mit diesen Alarmismus erreicht wird, ist eine Abstumpfung.



                Reden wir mal lieber über Chancen und Fortschritt. Sonst entsteht bei der Menschheit beinahe der Eindruck, als ob alternative Energien oder Antriebe ein Rettungsboot, aber kein schönes Schiff sind.

                • @4813 (Profil gelöscht):

                  Danke für diese wiiiichtigen Korrektur! Nicht, dass das noch jemensch falsch versteht. ;)



                  Neeein, ich möchte nicht einmal mehr viel reden, sondern handeln wollen. Für nur reden, ist keine Zeit mehr. Zumal wir bereits viel Fortschritt - sprich technologische Lösungen - haben. Diese müssen allerdings konsequent umgesetzt werden. Aktuell denkt mensch jedoch absurderweise über Elektroautos oder Biosprit für Flugzeuge als Lösungen nach. Anstatt nach Alternativen (ÖPNV & Fahrrad) und Umorganisierungen (wie bspw. Video-Konferenzen) zu schauen. Ja, es gäbe Chancen. Allerdings muss mensch diese auch wahrnehmen - im doppelten Sinne. Und dann sollte es noch um die wichtigen Frage gehen: Was darf, wieviel produziert und konsumiert werden? Wie können wir ein System schaffen, das uns und den anderen Tieren nicht unserer Lebensgrundlagen beraubt?

                  • 4G
                    4813 (Profil gelöscht)
                    @Uranus:

                    Na grundsätzlich haben wir das gleiche Ziel im Sinn.



                    Aber, der Weg muss realisierbar und die Argumente sachlich vorgetragen werden.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    "Das Sein bestimmt das Bewusstsein"?

    Komisch, ist doch hier umgekehrt gedacht.

    "Am Anfang war das Wort" wäre hier als Schlagzeile angebracht.

    Liebe taz Redaktion, "Seid unfruchtbar und vermehret euch nicht." und "macht euch der Erde untertan".

    Dann wird die Welt besser

  • 1G
    15833 (Profil gelöscht)

    Glauben wir die Leute denken dann anders?

    Notstand, Erhitzung usw. übermäßiger Einsatz genau dessen bewirkt nichts den jeden Tag bombt man uns zu mit genau diesen Dingen zu. Extreme.

    Man sollte es so sagen wie es ist, Klimaerwärmung. Und die Leute darauf hinweisen was wir ändern müssen um damit zu leben.

  • "Das Sein bestimmt auch das Klimabewusstsein."

    Ja. Aber ein paar neue Worte sind nicht das "Sein". Sie sind das übliche Vortäuschen von Handeln.

  • Sprache finde ich wichtig - schon weil sie Inhalte transportiert. Mindestens ebenso wichtig ist aber der Inhalt der Artikel. Leider gibt es in der TAZ meines Erachtens zu wenig dazu, welche Veränderungen notwendig sind und inwieweit Veränderungen, über die berichtet wird, ausreichend sind. Oftmals habe ich den Eindruck, dass das nicht klar ist und so an der zentralen Problematik vorbei geschrieben wird, dem Zeitgeist entsprechend, sich in die eigene Tasche gelogen wird.

    • @Uranus:

      *sich in die eigene Tasche gelogen wird: "Ist doch alles nicht so schlimm, ist doch noch Zeit genug, es fällt uns sicher bald eine technologische Lösung vor die Füße, mal hier eine kleine Maßnahme, mal eine kleine dort, währenddessen konsumieren und produzieren wir aber im Ergebnis so wie bisher ..."

  • Es ist doch eine ordentliche Einordnung der Begriffe, inkl. starker Tendenz zur Beibehaltung von "Klimawandel". Ich verstehe deswegen die Kommentare hier nicht ("Neusprech", "neues Framing").

    Zur Benennung der Personen, die gegen Klimaschutzmaßnahmen sind: wieso nicht einfach exakt so nennen? Für mich sind das schon lange "GeRmeKs": Gegnö einer Reduktion des menschen-veranlasst emittierten Kohlendioxidausstoßes. Das ist auch deswegen sinnvoll, da häufig aufgrund der Argumentationsweise dieser Menschen keine differenzierte Kategorie (Skeptiker/Leugner/Egalhaltung/Unwissenheit/...) aufgemacht werden kann.

  • Am meisten stört mich grade folgendes Framing:



    - konventionelle Landwirtschaft



    - normale Milch



    - konventionell gehandelter Kaffee



    Warum heisst es nicht:



    - unökologische Landwirtschaft



    - Eutermilch



    - unfair gehandelter Kaffee?

    • @Flo:

      ähm ja, weil durch diese begrifflichkeiten unser ganzes wirtschafts- und sozialsystem in frage gestellt würde? warum töten wir tiere? warum holen wir lithium aus dem erdreich für schwachsinns batterien, die nicht entsorgt werden können?



      so viele fragen... so wenig vernünftige antworten.

  • "Als erstes Medienhaus in Deutschland gibt sich die taz eine klimagerechte Sprache."

    Um diese großspurige Ankündigung zu rechtfertigen, müsste sich nicht nur das Wie verändern, sondern auch das Worüber und das Wer.

  • Top! Höchste Zeit die Katastrophe beim Namen zu nennen! Diesen Neusprech unterstütze ich vorbehaltlos.

  • Sein und nicht Sprech bestimmt das Bewusstsein.

  • Tja, der Moment, an dem man denkt, man sei eher bei "Tichys Einblick" oder "achgut" gelandet. Der Text ist so grotesk, dass er nur Satire sein kann. Die Bestätigung all dessen, was Blättern wie der taz dort vorgeworfen wird. Der Pöbel macht nicht, was wir wollen? Da müssen neue Begriffe her. Was sagen eigentlich eure aufrechten Antifanten dazu? Schließlich ist die deutsche Geschichte voll solchen begrifflichen Perversionen. Im Land des "Lebensraums im Osten", der "Endlösung" und des "Antifaschistischen Schutzwalls" sollte man vielleicht vorsichtig mit "framing" sein. Als wäre der "Klimanotstand" nicht schon eine Entgleisung gewesen, die "Klimaaktivisten" genug um die Ohren geflogen ist. Aber Frechheit siegt: Na klar "framen" wir. Aber der Herr Schäfer darf das, denn er gehört zu den Guten, diesmal wirklich.

  • Neusprech mit orwellschen Qualitäten.



    Derartiges führt nicht unbedingt dazu daß die Veröffentlichungen von den Lesern ernster genommen werden.

    • @mardirand:

      mich wundert zudem (ein wenig), dass ausgerechnet die TAZ dem Neusprech beipflichtet.

    • @mardirand:

      liebe(r) madriand, vielen dank für dein statement. du hast vollkommen recht.

      ich hoffe die taz ist sich ihrer sozialen verpflichtung bewusst und fungiert nicht als sprach(verfälschungs)rohr der politischen elite.

    • @mardirand:

      Na hier von Neusprech zu reden empfinde ich ziemlich... sagen wir... ambitioniert ;)

      Viel gerechtfertigter wären (aus meiner Sicht) so wunderschöne Bezeichnungen wie "robustes Mandat" oder sonstigen bewussten Fehlleitungen.

      Hier geht es um möglichst zutreffende Bezeichnungen.

  • 0G
    09922 (Profil gelöscht)

    Also man beklagt Framing, wenn es einem nicht in den Kram passt und führt ein neues Framing ein, damit die eigene Klientel happy ist. Habe ich den Artikel so richtig zusammengefasst?

    • @09922 (Profil gelöscht):

      Man beklagt verharmlosendes Framing und bemüht sich, das besser zumachen, wohlwissend, dass man Sprache ohne Framing gar nicht nutzen kann.

    • @09922 (Profil gelöscht):

      Ja.

    • @09922 (Profil gelöscht):

      Irgendeinen Rahmen braucht ein Bild doch, und da wäre es doch wohl sinnvoll, einen möglichst korrekten und zutreffenden zu finden.



      Und in meiner Auffassung ist dies der Versuch dahin.



      Aber klar, sicherlich sollten einige Wörter mehr auf den Prüfstand geschickt werden (und eben in heiklen Bereichen immer wieder), auch wenn es lästig ist, dass man jetzt nicht mehr "Negerkuss" sagen sollte, wie ich es aus meiner Kindheit gewohnt bin ;)

  • Eine Idee, die Ich mal aufgeschnappt habe, die ich für sehr effektiv und mächtig halte:



    Dass das, was wir "Umwelt" nennen viel richtiger als "Mitwelt" bezeichnet werden sollte. Es löst den Gedanken auf, man selbst habe mit der Welt so wie sie ist nichts zu tun... und und und...

    Think about it and if you agree... reframe ;)

    • @Sancho Pansa:

      Das erinnert mich an den Satz "Ich stehe im Stau." Was auch eher Distanz vermittelt, und das nur alle anderen daran schuld sind, dass ich nicht weiterfahren kann. Richtig müsste es heissen "Ich beteilige mich am Stau."

  • Wenn ich jetzt also das PDF für klimagerechte Sprache, die Check-Your-Privileges-App und vielleicht noch eine identitätspolitische Handreichung mit mir herumtrage, dann sollte eigentlich nichts mehr schiefgehen.

    • @Jim Hawkins:

      Abwarten.



      Das ist erst der Anfang. In Planung soll auch eine bewegungsgerechte Sprache sein. Es folgt eine vermögensgerechte Sprache, wo "Steuern und Abgaben" gecancelt und ersetzt werden durch "philantropische Zuwendungen" usw.



      Und dann will die politische Mitte auch eine sozialgerechte Spreche, die diskriminierende Begriffe wie "Armut" schon im Keim untergräbt. Zukünftig wird es auch eine sportgerechte Sprache geben. Kriegerische Begriffe wie "Wettkampf" könnte dann z.B. durch "Vergleich" ersetzt werden.



      Beruhigend zu wissen, dass es für alles eine App geben soll.

      • @Rolf B.:

        traurig, wenn dem so ist.

      • @Rolf B.:

        aber bitte auch dezentral und ohne meine Daten zu sammeln

      • @Rolf B.:

        Bei solchen Thesen wären Quellen recht hilfreich... bitte Nachreichen.

        • @Sancho Pansa:

          Die Quelle ist meine Ironie.