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NPD-Ortsvorsteher in HessenDer „nette Neonazi“ ist abgewählt

Im September wurde in Hessen ein Neonazi Ortsvorsteher. Nun wählt ihn der Ortsbeirat ab. Viele Bürger sind empört, das Gremium ist überfordert.

Die Mitglieder des Ortsbeirats versammeln sich, um Jagsch abzuwählen Foto: Frank Rumpenhorst/dpa

Altenstadt taz | Graue Hose, graues Hemd, schwarze Sneakers. Stefan Jagsch empfängt Journalist*innen vor seinem Haus am Ortsrand von Altenstadt-Waldsiedlung. Der einzige Ortsvorsteher der NPD sei er, „nicht einmal die AfD hat das bisher geschafft“, hebt der Neonazi stolz lächelnd hervor.

Das Image des normalen Bürgers ist dem stellvertretenden NPD-Landesvorsitzenden im Gespräch wichtig. Seit 33 Jahren wohne er in der Waldsiedlung, sein gesamtes Leben. Jagsch wirkt nervös, eine Narbe in seinem Gesicht zeugt von einem schweren Autounfall vor einigen Monaten – damals rettete ihn ein Syrer aus dem Autowrack.

„Die Leute hier sehen in erster Linie Stefan Jagsch und nicht einen NPD-Mann“, sagt er zur taz. Die Zusammenarbeit im Ortsbeirat, dem er seit 2006 angehört, sei „kollegial“ und „sachorientiert“. Fast wortgleich erklärten dies seine Ortsbeiratskollegen der taz nach der Wahl Jagsch Anfang September.

Jagschs Wahl war ein politisches Desaster. Einstimmig, mit Stimmen der Vertreter*innen von CDU, SPD und FDP, wurde er Anfang September zum Ortsvorsteher der hessischen Waldsiedlung mit rund 2.500 Einwohner*innen. Namhafte Politiker*innen von CDU und SPD distanzierten sich, die FDP kündigte einen Ausschluss der Parteivertreter*innen an.

Ein „netter, höflicher, hilfsbereiter Mensch“

Jagsch spricht von den drängenden Themen in der Waldsiedlung. Sauberkeit auf den Straßen, Feste mit den Vereinen des Ortes, eine wöchentliche Bürgersprechstunde. Nur kurz fällt er aus dem bevorzugten Image, dann nennt er seine geplante Abwahl einen „Rechtsbruch durch die etablierten Volksparteien“, spricht von einer „Beeinflussung des freien Mandats“ der Ortsbeiräte. Von einem „Beweis, dass es keine freien Wahlen mehr gibt“, so Jagsch.

Vor einer Woche sprühten Unbekannte in der Nacht eine Drohung an Jagschs Garage. „Nazisau Jagsch töten!“ steht dort immer noch. Der NPD-Mann will es bald entfernen, erst müsse es jedoch ein RTL-Team noch filmen, sagt er. Der Zuspruch im Ort hingegen sei groß, immer wieder erfahre er Unterstützung. Am Ende des Gesprächs läuft eine Nachbarin mit kleinem Hund an Jagsch vorbei. „Ich drück dir die Daumen für heute Abend“, sagt sie. Jagsch lächelt den Journalist*innen entgegen und verabschiedet sich.

Vor dem Gemeinschaftshaus sammelt sich gegen 18 Uhr eine kleine Menschentraube, Jagsch gibt Gesinnungskameraden ein Interview. „Ich hoffe, der Jagsch bleibt“, ruft eine Autofahrerin aus dem Fenster. Ein „netter, höflicher, hilfsbereiter Mensch“ sei er, betont eine Rentnerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will.

Erst durch Jagschs Bürgerrundschreiben wisse sie vom Ortsbeirat und freue sich über dessen Engagement. Das Programm seiner Partei kenne sie nicht, vielmehr glaubt sie, dass Jagsch für ein pünktliches Mähen der öffentlichen Grünflächen sorgen werde. Und das sei ihr wichtig. Eine Frau um die 50 nickt zustimmend. „Der war nie auffällig in der Waldsiedlung“, betont sie. „Keine Randale, nichts.“ Am Ende sollen sich rund 40 Unterstützer des Neonazis im Saal einfinden.

Eintöniges Schweigen bei den Ortsbeiräten

Ein paar Meter vom Eingang entfernt steht Alexander Diller, Hobbypolitiker von DIE PARTEI mit einem Plakat. „Hitler konnte Schreibmaschine, Jagsch kann E-Mails“ steht darauf. Im September lösten die Aussagen des Ortsbeirats Norbert Szielasko (CDU) bundesweite Empörung aus. Szielasko begründete Jagschs Wahl mit dessen Kenntnissen im Bedienen eines Computers und im Versenden von E-Mails, kein anderer Ortsbeirat könne dies.

Im Vorfeld der Abwahl herrschte abgesehen von Jagsch eintöniges Schweigen bei den Ortsbeiräten. Mit der Presse will niemand sprechen, einzelne Ortsbeiräte wie Szielasko verweisen auf ein Interview-Verbot, der Pressesprecher der hessischen CDU verneint ein solches.

„Die Wahl zeugt von persönlichem Vollversagen und fehlender Integrität“, erklärt DIE-PARTEI-Politiker Diller seinen Protest. Einen Neonazi dürfe man nicht wählen, selbst wenn er, wie Jagsch, im Ort weitestgehend leise agiere.

Als der Noch-Ortsvorsteher Jagsch die Sitzung eröffnet, haben sich über 100 Zuschauer*innen im Saal eingefunden, sicher ein Drittel von ihnen ist Presse. Dem Ortsbeirat ist anzusehen, dass diese Öffentlichkeit die Mitglieder verunsichert. Die Abwahl und Neubesetzung des Ortsvorstehers wird gegen Jagschs Stimme vorgezogen, zur neuen Schriftführerin wird die neue Beirätin Melanie Eckermann (CDU) gewählt.

Unterstützer*innen verlassen wütend den Saal

Im Anschluss wird die Sitzung unterbrochen, die Abwahl Jagschs droht zu platzen. Die Modalitäten der Wahl werden zum Streitfall. Als Jagsch eine geheime Stimmenabgabe zu seiner Abwahl fordert, interveniert der Altenstädter Bürgermeister Norbert Syguda (SPD) und sein Anwalt. Die Wahl müsse per Handzeichen erfolgen. Der Saal tobt.

„Das ist ja lächerlich, Skandal!“, ruft einer. „Das sind ja geheime Absprachen“, ein anderer. Ein Dritter, der kurz davor seinem Sitznachbarn erzählt, dass er seine Nachrichten lediglich „von Youtube, PI-News und Compact“ beziehe, vermutet einen „Befehl direkt vom Finanzminister“. Jagschs Mitstreiter fordern ihn auf, die Sitzung zu vertagen.

Nach minutenlanger Besprechung zwischen Jagsch, Bürgermeister Syguda und dessen Anwalt unter empörten Protesten aus dem Publikum einigen sich die drei auf eine Abstimmung per Handzeichen. Jagsch kündigt den Weg vors Verwaltungsgericht an und erste Unterstützer*innen des Neonazis verlassen wütend den Saal. „Ein Kasperletheater ist das“, ruft eine.

Neben Jagsch kandidiert die 23-jährige Tatjana Cyrulnikov (CDU). Die Studentin gehört dem Ortsbeirat seit 2018 an und wurde bereits kurz nach der Wahl Jagschs im September von der CDU als neue Ortsvorsteherin vorgeschlagen. Nach kurzer, geheimer Wahl ist Cyrulnikov dann auch offiziell die neue Ortsvorsteherin, nur Jagsch stimmte gegen sie. Die restlichen sieben übrigen Vertreter*innen von CDU, SPD und FDP stimmten offenbar für Cyrulnikov.

Überforderung und Hilflosigkeit lokaler Gremien

„Demokratie erlaubt es auch, Fehler zu korrigieren“, sagt die neue Ortsvorsteherin lächelnd, jedoch sichtbar nervös, kurz nach ihrer Wahl. Wütender Protest aus dem Publikum schlägt ihr daraufhin entgegen. In der anschließenden Bürgerfragerunde gehen einzelne Bürger*innen verbal auf sie los.

Sie hätte zur Abschaffung der Demokratie beigetragen, so die Mehrheitsmeinung im Saal. Unter lautem Gejohle schreit eine Nachbarin Cyrulnikovs dieser entgegen, dass sie angeblich täglich mit dem Auto das Tempolimit in einer Spielstraße im Ort überschreite. Beim nächsten Mal werde sie vors Auto springen, droht die Nachbarin unter Applaus.

Cyrulnikov soll in diesem Moment offenbar zum Gegenentwurf des rechtschaffenen Jagsch stilisiert werden. Diese zeigt sich engagiert, jedoch werden Vorschläge zur nächsten gemeinsamen Müllsammelaktion im Ort und einem Fest mit örtlichen Vereinen auf die nächste Sitzung verschoben.

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46 Kommentare

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  • Vielleicht hat sich die Politik mit diesem harschen Eingriff in die kommunale Selbstbestimmung keinen Gefallen getan...

    • @Der Erwin:

      In die kommunale Selbstbestimmung wurde doch mit einer Abwahl gar nicht eingegriffen - im Gegenteil.

      • @Rainer B.:

        De jure haben Sie Recht. De facto sicher nicht - die anderen Kommunalpolitiker wurden ja von ihren Parteien genötigt, ihr eigenes Votum umzustoßen.

        • @Der Erwin:

          Was heißt hier „genötigt“? Sie wurden lediglich darauf aufmerksam gemacht, dass sie da eine unbedachte und höchst problematische Entscheidung getroffen haben über die es noch einmal reiflich nachzudenken gilt. So what?

  • Und wer bedient nun den PC in der Gemeinde?

  • 0G
    05158 (Profil gelöscht)

    Aus geografisch(gedanklich) weiter Entfernung kommend, finde ich diesen Satz zum Thema sehr erhellend:

    ..." Das Programm seiner Partei kenne sie nicht, vielmehr glaubt sie, dass Jagsch für ein pünktliches Mähen der öffentlichen Grünflächen sorgen werde. Und das sei ihr wichtig. .."..

  • RS
    Ria Sauter

    Ja, ja der gute Nazi von nebenan.



    Waren und sind alles nette Leute,ordentlich und strebsam. Haben Vergasungen ordentlich dokumentiert und ihren Rase n gemäht.

    • @Ria Sauter:

      Und waren immer total lieb zum deutschen Schäferhund (;-))

  • Oha! So viel Unreflektiertheit und Nazisympathie unter den Naziapologet*innen...

    • @Uranus:

      Es ist halt immer blöd, wenn man demokratische Gepflogenheiten aushebeln muss, um einen begangenen politischen Fehler auszubügeln (vgl. Uni Hamburg, vgl. B. Johnson). Das gibt zwangsläufig Gemecker - und halt nicht mal unberechtigtes. Ich würde es aber nicht als Sympathie für die jeweilige politische Gegenseite begreifen.

      Es ist mal wieder die Frage, wie weit man selbst die Werte, die man verteidigen möchte, um dieser Verteidigung willen zu verraten bereit ist. So ein "Nö, lieber doch nicht." nach einer eigentlich makellos demokratischen Wahl ist mal wieder so ein kleines Splitterchen aus dem Sockel, auf dem die FDGO ruht. Dieses Splitterchen wäre kein Problem, wenn die NPD daran herumhämmern würde. Von der erwartet man solche Untaten, und sie ist die Ausnahme, die die Regel bestätigt. So einSplitterchen kleben die Anderen bei nächster Gelegenheit wieder fest.

      Aber es ist nicht die NPD. Es sind die Parteien, die eigentlich für sich in Anspruch nehmen, solche Regeln zu achten, bzw. ihr wichtigster Schutzschild zu sein. Was SIE aus dem Sockel raushauen, bleibt daher möglicherweise draußen (ähnlicher Effekt wie bei den Hartz-Reformen von Rot-Grün oder dem Atomausstieg durch Schwarz-Gelb: Auch die nimmt niemand wieder zurück).

      • @Normalo:

        Sowas meinte ich damit:



        "Das Programm seiner Partei kenne sie nicht, vielmehr glaubt sie, dass Jagsch für ein pünktliches Mähen der öffentlichen Grünflächen sorgen werde."

        • @Uranus:

          Ok.

      • @Normalo:

        Dort sind keine demokratischen Gepflogenheiten ausgehebelt worden (die ohnehin eher der Feuilletonist als der Politiwissenschaftler kennt) - im Gegenteil: In bester demokratischer Tradition wurde gehandelt ohne zu denken und in bester bundesdeutscher Tradition hat man sich deshalb entschlossen, einen Nazi zu wählen.

        Die Abwahl eines Gewählten ist - bei entsprechender gesetzlicher Regelung - kein Makel oder Splitter, sondern einfach demokratisch.

        • @pitpit pat:

          Der kleine Drecksfleck auf der weißen Weste des Prozesses ist, dass nur die erste, gedankenlose Wahl die vorgesehene unabhängige Gewissensentscheidung war. Die Abwahl fand zweifelsfrei unter dem Druck des öffentlichen und parteiinternen Aufschreis statt, den die ursprüngliche Wahl hervorrief - wohlgemerkt und soweit erkennbar NICHT unter dem Druck der öffentlichen Meinung in Altenstadt-Waldsiedlung sondern externer Meinungsträger.

          Nehmen wir mal an, die Mehrheit hätte nicht für eine Abwahl gereicht - wie wäre es den Ortsbeiräten ergangen, die nochmal für Jagsch gestimmt hätten?

          • @Normalo:

            Da sind wir tatsächlich nicht einer Meinung. Der kleine Drecksfleck ist die Tatsache, dass er beim ersten Mal überhaupt gewählt worden ist (und dann noch einstimmig).

            Sie haben das Zauberwort bereits genannt: Gewissensentscheidung

            Niemand kann sich mit dem Argument rausreden: Weil die anderen alle so laut und böse gebrüllt haben, habe ich mein Gewissen nicht mehr hören können.

            Anders gesagt: Ein Gewissen hat man auch und gerade dann, wenn es unbequem wird.

            • @pitpit pat:

              Stimmt natürlich auch irgendwo. Ein G'schmäckle hat's trotzdem, sonst hätte niemand darauf bestanden, dass die Beiräte offen per Handzeichen abstimmen mussten. Aber ich sehe ein: Am Ende hatten sie primär die Suppe auzulöffeln, die sie sich selbst eingebrockt hatten.

  • 8G
    83421 (Profil gelöscht)

    Was ist mit der Meinungsfreiheit?

    • @83421 (Profil gelöscht):

      "Was ist mit der Meinungsfreiheit?" (Nattermann)



      Naja, sagen wir mal so: Ich habe auch die Freiheit mir in einem Gasthaus soviel Alkoholikas zu bestellen wie immer ich will. Das Ganze findet aber seine Grenzen beim Wirt der letztendlich entscheidet wieviel er mir tatsächlich nachschenkt. Und wenn ich mich dann unter Alkoholeinfluß auch noch anfange schlecht zu benehmen, dann wirft er mich wohl auch noch raus. Und damit habe ich mich einfach abzufinden. Basta!



      Das Ganze ist letztendlich ein ziemlich schlechtes Bauerntheater.

    • @83421 (Profil gelöscht):

      Dieser Staat ist da nicht viel anders als die DDR nur das man eben nicht nach Bautzen kommt wenn man den falschen anpisst, sondern Gesellschaftlich oder Wirtschaftlich runiniert wird.

      • @Klappstuhl:

        Sicher, ob man angemeckert wird oder ins Gefängnis kommt ist eigentlich dasselbe.

        Madrid oder Mailand? Hauptsache Italien!

    • @83421 (Profil gelöscht):

      Die wird meistens misstverstanden.

  • Auf welcher zusammengezimmerten Rechtsgrundlage wird der Mann eigentlich abgewählt? Das kann eigentlich nicht funktionieren.

    • @FancyBeard:

      "Auf welcher zusammengezimmerten Rechtsgrundlage wird der Mann eigentlich abgewählt? "



      Dazu braucht man nichts zusammenzimmern. Die Ortsbeiräte haben zweifellos das Recht ihn abzuwählen. Dass sie es unter Druck tun, ist anzunehmen, aber so etwas nennt man Parteiräson, und die ist weder neu noch skandalös. Wenn die Beiräte alle parteilos wären, könnte man sich (wenn man denn unbedingt wollte) über die externe Beeinflussung aufregen, so nicht.

    • @FancyBeard:

      Weil Sie wissen, dass es dafür keinen gesetzlichen Rahmen gibt? Oder stochern Sie nur im Nebel?

    • @FancyBeard:

      Die Frage muss lauten: Wie konnte er jemals rechtmäßig gewählt werden? Was hatten die Vertreter*innen von SPD, CDU und FDP damals genommen? Qualifiziert Nettigkeit kombiniert mit ein paar eher allgemeinen Fähigkeiten, für Repräsentation, unabhängigdavon, ob jemand bekennender Nazi (bei NPD-Mitgliedschaft besteht kein Zweifel) ist?

      • @Joba:

        Das ist eine andere Frage. Seine Wahl ist natürlich rechtmäßig, die ihn Wählenden sind nur ihrem Gewissen verpflichtet, die NPD nicht verboten.



        Hier wird ein jemand de facto ohne Begründung (denn die NPD ist leider nicht verboten) aus seinem Amt entfernt, weil Druck von Außen und "oben" ausgeübt wird. Dann kann man das mit der Demokratie auf lokaler Ebene gleich sein lassen.

        • @FancyBeard:

          Es ist aber meines Wissens Gremien jederzeit möglich, gewählte Personsn durch andere zu ersetzen (konstruktives Misstrauensvotum). Der Bundestag kann der Kanzlerin zwar nicht das bloße Misstrauen aussprechen, ohne jemand anderes zu wählen, letzteres ginge aber jederzeit. Helmut Kohl kam so ins Amt. Warum sollte für Ortsbeiräte etwas anderes gelten?

          • @Joba:

            Korrekt, aber die Ortsbeiräte wollten ihn ja gar nicht abwählen.

            • @FancyBeard:

              Sie haben es aber getan und wenn sie damit gegen ihre Überzeugung gehandelt haben, ist das ihr Problem. Sie hätten dem Druck ja auch als "politische Märtyrer" standhalten oder aus Solidarität sämtlich zur NPD wechseln können. Rechtlich zählt nur, was sie enschieden habnen, nicht, was sie dabei gedacht haben.

      • @Joba:

        Das ist eine andere Frage. Seine Wahl ist natürlich rechtmäßig, die ihn Wählenden sind nur ihrem Gewissen verpflichtet, die NPD nicht verboten.



        Hier wird ein jemand de facto ohne Begründung (denn die NPD ist leider nicht verboten) aus seinem Amt entfernt, weil Druck von Außen und "oben" ausgeübt wird. Dann kann man das mit der Demokratie auf lokaler Ebene gleich sein lassen.

  • Natürlich ist es legitim, einen Amtsinhaber abzuwählen, wenn es dafür einen nachvollziehbaren Grund gibt.



    Ich frage mich allerdings, wo dieser Grund bei Herrn Jagsch liegen liegen soll.



    Er war gerade mal 7 Wochen im Amt, in dieser Zeit hat er keinen Grund für eine Abwahl geliefert.



    Abgewählt wurde er von den gleichen Personen, die ihn gerade erst einstimmig gewählt haben.



    Jeder weiß, daß die das nicht freiwillig gemacht haben, sondern weil sie massiv unter Druck gesetzt wurden. Damit haben sie aber unfreiwillig öffentlich gemacht, daß es ein freies und unabhängiges Mandat, wie es im Grundgesetzt vorgesehen ist, gar nicht gibt.



    Ein Bärendienst für die Demokratie, und letztlich eine Bestätigung für alle, die diesem System kritisch bis ablehnend gegenüber stehen.

  • „Der Zuspruch im Ort hingegen sei groß, immer wieder erfahre er Unterstützung“



    Soweit ich gehört habe, wurde Herr Jagsch seinerzeit Ortsvorsteher, weil anscheinend niemand sonst den Posten haben wollte. Auch Nichtstun hat Risiken und Nebenwirkungen! Dem Ortsbeirat ist in diesem Fall der Vorwurf zu machen, nicht Herrn Jagsch!

  • 8G
    83421 (Profil gelöscht)

    DDR 2.0

    • @83421 (Profil gelöscht):

      Hä?

  • Hätte man den nicht einfach die paar Jahre machen lassen können? Nach einem Jahr hatte man auch sicher irgendwas gefunden um ihn abzusägen. Aber so wie es jetzt gelaufen ist ist es wohl eher ein Schaden für die Demokratie als ein Erfolg.

    • @Klappstuhl:

      So ähnlich hat man am Anfang auch über Hitler und seine Verbrecherbande geredet.

      • @anarchotaoist*in:

        Bullshit! Hitler war Kanzler! Dieser Mann ist Ortsteilbürgermeister in einem Provinznest!

        Un Sie haben das wichtigste Vergessen: Er wurde demokratisch gewählt und undemokratisch abgesägt. Welches Bild meinen SIe vermittelt das den Bürgern/Wählern gegenüber?

    • @Klappstuhl:

      12 Jahre vielleicht?

      • @poly:

        Und? ich glaube kaum dass er als Ortsvorsteher/Ortsteilbürgermeister kaum etwas tun hätte können denn das letzte Wort hat immer noch die Haupt-Gemeinde.

        Auf jeden fall ist der nun verursachte Schaden größer als es seine Amtszeit jemals hätte sein können und auch bei der nächsten Wahl werden sich die Wähler daran erinnern wie in ihrer Gemeinde verfahren wird.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Jenseits der reflexartigen Verkürzungen der bekannten Art würde mich interessieren, ob zwischen dem offenbar respektierten Herrn Jagsch und den Vertretern des Ortsbeirats politische Gespräche (über die Partei, die er repräsentiert und ihre tiefbraune Geschichte) geführt wurden.

    Ansonsten halte ich es - wie auch sonst - mit dem Satz "An Ihren Taten, nicht an ihren Worten sollt Ihr sie messen."

    Einfache Lösungen sind nur etwas für einfache Menschen.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Nun, hier geht es nicht zuletzt um politische Missionierung.



      Eventuell ist die Trenung von Wort und Tat da nicht ganz passend.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Sonntagssegler:

        Wenn es tatsächlich irgendwo zwischen Himmel und Erde FAKTISCH um "politische Missionierung" geht, so sollte doch der Nachweis dort anhand der Taten der ausführenden Akteure leicht zu führen sein - oder?

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Da haben Sie historisch gesehen und im Allgemeinen und natürlich vollkommen Recht. Die NSDAP machte gute Preise für Landwirte. Ein wirklich guter Grund. Für den man den Rest auch mal 5 und gerade lassen sein sollte.



      Der gute alte Wetteraukreis. Schon immer und ganz früh und seit Generationen wusste man da was man von der NSDAP hat.



      "Der Erfolg der Nazis in den Dörfern beruhe darauf, dass sie die „tonangebenden Leute“ wie die Pfarrer und Lehrer auf ihre Seite ziehen konnten, sagt Strecker. In Ranstadt wie in Dauernheim gehörte jeweils einer der beiden Dorflehrer zu den führenden NSDAP-Männern. Und es gelang den Nazis, den Landbund, die Organisation der Landwirte, zu kapern. Bereits bei den Reichstagswahlen 1932 erhielt die NSDAP in Dauernheim 91 Prozent der Stimmen, in Ober-Mockstadt 61 Prozent und in Ranstadt 56 Prozent. 1933 waren es in Dauernheim 93 Prozent, in Ober-Mockstadt 73 Prozent und in Ranstadt 68 Prozent." aus:



      www.fr.de/rhein-ma...rten-11275054.html

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Martinxyz:

        Danke für den historischen Exkurs. Die NPD machte da weiter, wo die NSDAP aufgehört hat. Ich erinnere mich noch an Wölfersheim und 9,1% bei einer Wahl (o.G.).

        Auch im Lahn-Dill-Kreis gibt es solche braune Flecken.

        Zum Glück - und dank der couragierten Arbeit von hellwachen Menschen - sind es nur wenige.

  • Er war halt einer von ihnen, "ein anständiger und netter Bub" (Zitat Anwohner in der hr-Hessenschau). Das diese Denke in Bezug auf den NPD-Mann Jagsch in Waldsiedlung keine Einzelmeinung darstellt dürfte klar sein.