Modelle für CO2-Besteuerung: Moderat beginnen, stark steigern
Die Umweltministerin will eine CO2-Steuer light: Die Steuerzahler sollen sie zu Beginn kaum spüren. Bis 2030 würde sie aber steigen.
Demnach soll die Steuer im Jahr 2020 in einer Höhe von 35 Euro pro Tonne CO2 eingeführt werden. Das entspricht Mehrkosten von 10 Cent pro Liter bei Benzin und 11 Cent bei Diesel und Heizöl. „Damit bleibt der Preis unter dem Maximum der letzten Jahre“, sagte Uwe Nestle vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft, das eine der Studien angefertigt hat.
Erdgas würde um 1 Cent pro Kilowattstunde teurer. Anschließend soll die Steuer jedes Jahr um 14,50 Euro pro Tonne steigern, so dass sie 2030 bei 180 Euro liegen würde. Das ist die Höhe, die auch die streikenden SchülerInnen von Fridays for Future fordern – allerdings sofort.
Schulze stellte sich hinter diesen Pfad. „Es erscheint mir sehr sinnvoll, moderat einzusteigen und dann schrittweise und planvoll die Steuersätze zu erhöhen“, sagte sie. So ließen sich „ungerechte Belastungen“ vermeiden, während Anreize gesetzt würden, langfristig „das Verhalten auch wirklich zu ändern“.
Flugverkehr bleibt ausgenommen
Für die Besteuerung des CO2-Ausstoßes soll den Vorschlägen zufolge keine neue Steuer eingeführt, sondern die bestehenden Steuern auf Kraftstoffe, Heizöl und Erdgas erhöht werden. Der Flugverkehr ist in den Konzepten komplett ausgenommen. „Dafür brauchen wir eine europäische Lösung“, sagte Schulze. Zumindest für innerdeutsche Flüge könnte die Bundesregierung allerdings auch im Alleingang eine Kerosinsteuer einführen, wie es sie in den Niederlanden bereits gibt. Diese hält das Umweltministerium aber für „nicht sinnvoll“.
Große Ähnlichkeit gibt es in allen Gutachten auch bei der Frage, wie die eingenommenen Gelder an die BürgerInnen zurückgegeben werden sollen. Denn das ist für Schulze eine zentrale Bedingung: „Es sollen damit keine Mehreinnahmen für den Staat geschaffen werden.“ Alle Konzepte setzen auf eine Kombination aus einer sogenannten Klimaprämie – eine einheitliche Summe, die jedes Jahr an jeden Menschen ausgezahlt wird – und einer Senkung der Strompreise.
Wenn der Einstiegspreis von 35 Euro pro Tonne komplett als Klimaprämie erstattet würde, läge diese bei knapp 100 Euro pro Kopf und Jahr. Wenn durch eine Senkung von Stromsteuer oder Ökostrom-Umlage die Stromkosten gesenkt werden, fiele die Prämie entsprechend geringer aus. Insgesamt würde eine solche CO2-Besteuerung Geringverdiener und Familien finanziell besserstellen, während gut verdienende Singels und Paare belastet würden. „Die Politik kann einen CO2-Preis sozial gerecht gestalten“, folgerte Schulze.
Die Grünen begrüßten die Vorschläge. „Von den Ergebnissen der Gutachten fühlen wir uns bestätigt“, sagte Fraktionschef Anton Hofreiter. Statt weiter zu prüfen, solle die Bundesregierung jetzt schnell handeln, fordert er. Zurückhaltender äußerte sich Udo Sieverding, Energieexperte der Verbraucherzentrale: „Die Klimaprämie ist eine charmante Idee, die Vorteile einer sozial gerechten Verteilung liegen auf der Hand“, sagte er. Gleichzeitig warnte er: „Solange es kein konkret machbares Verfahren für einen unbürokratischen Geldfluss gibt, mache ich mir allerdings Sorgen, dass die hohen Erwartungen enttäuscht werden.“
Bundesregierung will im September entscheiden
Kritik kam vom Verein CO2-Abgabe, der für eine umfassenderes Modell wirbt. „Nur die Sektoren Wärme und Verkehr in den Blick zu nehmen, greift zu kurz“, sagte der Vorsitzende Ulf Sieberg.
Die Bundesregierung will im September eine Entscheidung über eine CO2-Steuer fällen. Während die SPD diese fordert, hat sich die Union noch nicht festgelegt. Nächste Woche wird dazu ein weiteres Gutachten vorgestellt, das das Kanzleramt in Auftrag gegeben hat.
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