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Schlechtes Gewissen für den KlimaschutzMehr Flugscham, bitte!

Kommentar von Svenja Bergt

Eine Kerosinsteuer ist in weiter Ferne, auch bis zur Besteuerung von CO2 kann es noch eine Weile dauern. Wenn nicht Flugscham, was denn sonst?

Die Schwäche der Klimawandeldebatte: Etwas tun? Ja, unbedingt. Etwas ändern? Nein, danke Foto: Jason Wong/Unsplash

U nd, wie geht’s so? Super, antworten die Fluggesellschaften. Zwar reden fast alle darüber, was ein ungewöhnlich heißer oder ungewöhnlich kühler Sommer über den Klimawandel aussagt, verlieren sich in Details einer möglichen CO2-Steuer, denken vielleicht sogar über ein Plastikfasten nach. Aber deswegen gleich Flugscham empfinden? Auf das zum Wort gewordene schlechte Gewissen hören und stattdessen den Zug nehmen? Och nö. Der Verkehrsminister warnt schon davor, Flugscham zu fördern. Dabei ist Andreas Scheuer nicht unwesentlich verantwortlich dafür, wie der Verkehrssektor, der in Deutschland immerhin knapp ein Fünftel der Treibhausgasemissionen verursacht, organisiert ist.

Was die Frage aufwirft: Wenn nicht Flugscham, was denn sonst? Eine Kerosinsteuer ist derzeit nicht in Sicht, auch bis zur Besteuerung von CO2 kann es noch eine Weile dauern, und selbst wenn in näherer Zukunft auf Bahntickets nur noch der ermäßigte Steuersatz gezahlt werden muss – das wird noch niemanden dazu bewegen, per Bahn statt mit dem Billigflieger übers Wochenende zum Konzert nach London zu reisen.

Dabei scheint es durchaus anzukommen, dass Fliegen nicht das Beste für die persönliche CO2-Bilanz ist. So melden Kompensationsagenturen wie Atmosfair steigende Ausgleichszahlungen. Und vielleicht ist genau diese Haltung eine, wenn nicht sogar die zentrale Schwäche in der ganzen Klimawandeldebatte. Etwas tun? Ja, unbedingt. Etwas ändern? Nein, danke. Natürlich ist die Flugscham gleichzeitig ein Symbol. Denn während es durchaus zeitliche Zwänge zum Fliegen gibt – drei schlecht bezahlte Jobs, die im Jahr nur zwei Wochen Urlaub lassen, und trotzdem will die Familie im Ausland besucht werden –, gilt das für andere Bereiche keineswegs. Fleisch zum Beispiel. Wer in einem Industrieland lebt, also dort, wo Tiere in Massenställen gehalten werden, gefüttert mit Getreide, für das etwa in Südamerika Regenwälder abgeholzt werden, nein, der muss kein Fleisch essen.

Die Frage ist: Wie reagiert die Bevölkerung darauf, wenn es nicht mehr darum geht, freiwillig etwas zu ändern, oder darum, nett und kuschelig zu einer kleinen Verhaltensänderung gestupst zu werden, sondern um klare Ge- und Verbote? Solche, die die Gewohnheiten einschränken und lieb gewonnene Verhaltensweisen nicht mehr möglich machen? Wird es Demonstrationen geben für ein Recht auf Steak? Petitionen gegen autofreie Innenstädte? Einen Lobbyverband, der sich dafür einsetzt, dass Konsument:innen weiterhin im Jahrestakt neue Elektronikgeräte kaufen dürfen? Oder einen kollektiven „Endlich!“-Seufzer?

Noch ist alles offen. Bis es so weit ist: Mehr Scham, bitte! Und das nicht nur, wenn es ums Fliegen geht.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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55 Kommentare

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  • Die Alternative waere ebej in der Regel nicht "per Bahn statt mit dem Billigflieger übers Wochenende zum Konzert nach London zu reisen", sondern das Konzert zunytreichen oder es mit dem Jahresurlaub zu verbinden - in UK ist vieles moeglich, vom Strand- bis zum Wanderurlaub.

  • Prima fand ich letztens den Bericht, wo junge Flugpassagiere befragt wurden, wieso sie denn jetzt trotz der bekannten Folgen mit dem Jet reisen würden. Äh, stotter, ..Ausnahme.., nur mal eben so,,,, blubber, blubber,....

  • Die Kritk am Fliegen ist in Teilen ziemlich unehrlich, denn selbst wenn man das Fliegen komplett verbieten würde wäre das nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Fliegen gehört zu dem knappen fünftel, dass vom Transportsektor erzeugt wird. Kann man so sagen, tut man aber sicher nicht ohne Grund. Denn wäre man ehrlich würde man dazu sagen: Von den knapp 20% sind Flüge nur für knapp 3% verantwortlich, Straßenverkehr jedoch für mehr als ¾ der Emissionen. Da wird dann schnell klar das jemand der täglich 30 km mit dem Auto hin und her pendelt nicht besser ist als jemand der einmal im Monat von Hamburg nach München und wieder zurückfliegt. Denn das dürfte vielen Menschen überhaupt nicht gefallen.

    Der beste Ansatz der mir in letzter Zeit untergekommen ist kam von der ETH Zürich, die haben eine KI Projekt am Laufen und berechnet das man mit massiver Aufforstung 2/3 der Emissionen kompensieren könnte. Das ist enorm und anfangs habe ich mich angesichts solcher Forschungsergebnisse gewundert wo die Jubel-Artikel in der taz bleiben. Doch dann ist mir klar geworden das vielen hier bei solchen Szenarien vermutlich der Arsch auf Grundeis geht. Was für ein Graus wäre es wenn sich die Klimaproblematik im Rahmen des Kapitalismus lösen lassen würde? Nicht auszudenken! Dabei ist das doch so ein schöner Vorwand um den Systemwechsel einzuleiten.

    • @Januß:

      Leider ist es nicht ganz so einfach, wie es die Forscher der ETH Zürich darstellen. Der Klimaforscher Stefan Rahmsdorf hat folgende Anmerkungen dazu:

      www.spektrum.de/ko..._campaign=ZON_KOOP

      Was auch Rahmsdorf nicht erwähnt, ist, dass Pflanzen das in ihnen gespeicherte CO2 beim absterben oder verbrennen wieder in die Atmosphäre abgeben. Menschen können den Naturgesetzen kein "Schnippchen" schlagen: das CO2 aus dem Karbon ist nicht zu "kompensieren"!



      Der Effekt wäre nur temporär und begeistert deshalb Politik und Ignoranten, weil durch diese Vorschläge (Wälder pflanzen für "klimaneutralität") die Illusion aufrecht erhalten werden soll, dass ein "Weiter so!" möglich wäre.



      Anders als die Dateien in ihrem temp-Ordern auf ihrer Festplatte, verschwindet das CO2 beim "Löschen" nicht.

      PS: Wo wurden bisher Wälder angepflanzt oder nur Flächen dafür ausgewiesen, um bis 2050 "klimaneutral" zu werden? Ist doch ein Ziel der EU! 30 Jahre sind ganz schön knapp, bis die Wälder ihre "Leistungsfähigkeit" erreicht haben.

    • @Januß:

      Leider haben Sie aber bei der potentiellen Aufforstung nicht bedacht, dass die dafür notwendigen Flächen nicht vorhanden sind. War gestern auch in „Hart aber fair“ aus berufenem Munde zu hören. Schade, wir müssen unser Verhalten wohl doch ändern.....

      • @Senza Parole:

        Weniger Fleischkonsum und auf den freiwerdenden Anbauflächen Aufforstung wäre wohl die Lösung + Begrünung von Dächern. Ich wäre ja für verpflichtende Tierschutzmaßnahmen die die Preise für Fleisch erhöhen, wodurch dann auch der Konsum verringert wird. Am Ende wäre das sogar gut für die Krankenkassen.

  • Es gibt null Konzepte bei den, die aufzeigen, was konkret eingeschränkt werden müsste um Klimaziele zu erreichen. Wer dabei zuerst zwinkert, und sei es nur eine sozial austarierte CO2-Steuer wie die der Umweltministerin, über den fallen die Menschen her.

    • @Rudolf Fissner:

      Weil es keine Konzepte gibt, fallen die Menschen über einen her. Eine Bundesumweltministerin, die eine Steuer fordert, hat ihre Hausaufgaben noch nicht einmal im Ansatz erfüllt.

  • ... bis zur CO2 Steuer kann es noch eine Weile dauern“. Und dann ist alles gut?



    Solche gedankenloses Einstreuen persönlicher Meinung und Mainstream Geplapper, wertet einen Artikel nicht unbedingt auf. Bloß weil man etwas oft genug wiederholt, wird es nicht richtig.

  • Atmosfair ist zumindest für eines gut:

    Mal schnell ausrechnen lasssen was ein Hin- und Rückflug an CO2 in die Luft pustet. Allbekannt: Ca 2t CO2 pro Kopf im Jahr ist klimaneutral. Durchschnitt in Deutschland gerade 10t CO2. Zusätzlich benötigt man drei bis vier Erden beim aktuellen Gesamtrecourcenverbrauch in Deutschland.

    Über kurz oder lang muß der Staat mit hohen Besteuerungen und Verboten eingreifen.

    Ob man es will oder nicht.

    • @Traverso:

      Der Staat muß eingreifen, Soso. Na, denn können wir ja froh sein, als damals der Club of Rome die Abkühlung der Atmosphäre vorausgesagt hatte, daß der Staat nicht gigatonnenweise CO2 in die Lufrt geblasen hatte um uns vor der vorausgesagten Abkühlung zu bewahren.

    • @Traverso:

      Bei allem Respekt:

      Beim Gesamtressourcenverbrauch in Deutschland braucht man keine 3 bis 4 Erden. So groß ist Deutschland nicht.

      • @rero:

        Na, Sie Schlaumeier.

        Unsere verbrauchten Recourcen werden aus der ganzen Welt entnommen. Schon mal gehört ?



        Für die Lebensweise der Deutschen bräuchten wir 3-4 Erden, wen ALLE auf der Erde so leben würden.



        Da der Großteil der Menschen in der Welt arm sind können wir uns die Verschwendung leisten.



        Wollen Sie daß diese Menschen arm bleiben ? Bestimmt nicht.

        • @Traverso:

          Schlaumeier zurück. :-)

          Ein Flug verursacht weniger CO2 als eine Autofahrt auf gleicher Strecke.

  • Wen interessiert es, was Ihre oder meine Eltern nach dem Krieg alles getan haben, um zu überleben? Ob vom LKW gefallene Kartoffeln aufzusammeln, auf "Hansterfahrt" zu gehen, oder auf Bergehalden nach Kohle zu suchen, um aus Kartoffelschalen eine Suppe zu kochen?

    Noch heute laufen Eltern stundenlang zum Fluss, um für ihre Familien Wasser zu holen, oder buddeln mit Grabstöcken auf ihren vertrockneten Äckern nach Essbarem. Die kennen Sie vermutlich auch nicht, weil sie nicht auf den Inseln der Glückseeligen leben.

    Hat Ihnen Ihr Kühlschrank heute schon gesagt, was Sie bei amazon bestellen müssen?

    • @Drabiniok Dieter:

      Na wenn Sie schon schreiben man hätte hier schon immer alles gehabt, muss man eben auch erwähnen dass es nicht immer toll war. Übrigens gibt es auch hier Menschen, denen es dreckig geht - ich arbeite mit Wohnungslosen und die haben von der Glückseligkeit nicht so viel. Ich kaufe übrigens nicht bei Amazon und meinen kleinen Kühlschrank teile ich mit zwei Mitbewohnern. Ich habe übrigens kein Auto und fahre mit den Öffis. Aber ich heize im Winter. Und ich bin dennoch der Meinung, dass wir mit Schuldzuschiebungen die Welt nicht verbessern werden.

    • @Drabiniok Dieter:

      Und wie wollen Sie die Probleme der Menschheit lösen? Leben Sie ohne Kühlschrank? Ginge es Armen Menschen wo anders dann besser? Wo ist Ihre Lösung? Mit Misanthropie hat noch niemand die Welt verbessert

    • @Drabiniok Dieter:

      Sollte als Antwort auf @ Ralf Eckstein gesendet werden.



      Sorry, mein Fehler!

      • @Drabiniok Dieter:

        Die Antwort von Herrn Eckstein bezog sich allerdings wohl in erster Linie auf das "schon immer alles hatten". Wer so etwas behauptet, sollte sich schon für die Antwort interessieren, die dies ins rechte Licht rückt. Und um eine Antwort vorwegzunehmen, wenn es die Eltern waren, dann waren es zur Nazizeit wohl höchstens Kinder, also keine Leute, die "selbst schuld" sind, weil sie ja das Unheil selbst gewählt haben (die dürften inzwischen fast alle tot sein).

  • Nur 3% der Weltbevölkerung zeichnen verantwortlich für 100% Flugverkehr. Die Lebensgrundlagen von 100% der Weltbevölkerung werden durch diese 3% gravierend bedroht.

    Was soll der Begriff "Scham" bezüglich der Fliegerei? Er bezeichnet lediglich, dass sich Menschen ihrer kognitiven Dissonanzen bewusst sind und sich aus blanken Egoismus verantwortungslos und ignorant verhalten. Als wäre es ihr Geburtsrecht, sich rücksichtslos verhalten zu dürfen.

    Auf den Inseln der Glückseeligen, die schon immer alles hatten, aber nie genug, gehört es offenbar zum Selbstverständnis, dass man nicht einmal seinen Kindern und Enkeln den Dreck unter dem Fingernagel gönnt. Aber darüber schwafelt, dass sie es einmal besser haben sollen, als man selbst. Noch besser versteht sich, man kann ja nie genug haben!

    • @Drabiniok Dieter:

      Meine Eltern sind noch nach dem Krieg ohne alles aufgewachsen, haben Kartoffeln, die vom LKW gefallen sind aufgesammelt und hatten es anfangs überhaupt nicht gut. Von welcher Insel der Glückseligen, die schon immer alles hatten, reden Sie? Wer gönnt den Enkeln nicht mal den Dreck unter den Fingernägeln? Solche Menschen kenne ich nicht. Es war nie leicht auf diesem Planeten gut zu leben und mit jeder Lösung eines Problems handeln wir uns ein neues ein. So ein schlechtes Menschenbild hilft aber auch nicht bei der Lösung dieser Probleme.

      • @Ralf Eckstein:

        Wieviel fliegt denn "Ihre" Elterngeneration, wieviel Ihre Generation und wieviel jüngere Generationen?

    • @Drabiniok Dieter:

      Diese 3% haben aber auch dazu beigetragen, dass es 99% der Erdbevölkerung besser geht als vor 100 Jahren (siehe Wachstumskurve der Bevölkerung, siehe Armusreports).



      Man kann natürlich sagen, das war ein Fehler. Aber ob das förderlich ist?

      Und, gemäß den Klimareports sind nicht die Lebensgrundlagen von 100% gravierend bedroht. Zumal Fliegen nicht zu 100% die Ursache für den Klimawandel ist.

      PS Videostreaming erzeugt mehr C02 als Spanien.

      • @fly:

        Ein Loblied auf den Kapitalismus? Ernsthaft?

      • @fly:

        Das, was Sie hier unreflektiert als "besser" raushauen (nennt man auch 'Praemissen am Gespraechspartner vorbeischmuggeln') ist nur dann besser, wenn man objektive Messparameter anlegt (und zwar genau die, die sich gewisse Menschen mit gewissen Interessen und/oder gewissen Scheuklappen ausgedacht haben). Wenn man subjektive Messparameter anlegt, kann ich mir allerdings gut vorstellen (es aber schlechter als sog. Tatsache verkaufen), dass es dem Jaeger & Sammler aus dem nigerianischen Busch Anno 1919 besser ging als dem Slumbewohner in Lagos 2019. Auch wenn letzterer vielleicht zwei Jahre Schulbildung genossen hat und mal ausversehen einem Rotkreuzler in die Ebola-Impfspritze gelaufen ist.

        Ausserdem sind Klimareports nicht alles. Das Klima ist ein sogenanntes komplexes System, was bedeutet, dass lineare Modelle (die in der Mehrheit der Klimareports herbegezogen werden) die moegliche zukuenftige Entwicklung nur aeusserst unzureichend abbilden koennen. In Sibirien explodieren die Methanblasen, die aus dem auftauenden Permafrost aufsteigen. Die Mehrheit schleicht sich allerdings still und heimlich in die Atmosphaere. Wie lange, bis ein Tipping Point erreicht ist?

        • @Prof. Dr. Arnold R. Eckstein:

          Was habe ich den unreflektiert als "besser" rausgehauen? Dass man Wohlergehen nicht am objektiven Parametern wie Einkommen in Dollar oder der Lebenserwartung bemessen kann sehe ich übrigens genauso. Ich bin nur der Meinung dass man realistische Lösungen erarbeiten muss und dass mit dem Finger zeigen nicht unbedingt weiter hilft, wenn man Menschen überzeugen will.

      • @fly:

        "Diese 3% haben aber auch..."



        Man stelle sich nur vor, in welchem Elend wir heute leben würden, wenn seit 100 Jahren nicht geflogen worden wäre!



        Vielen Dank! Das hätte ich fast vergessen!

        • @Drabiniok Dieter:

          "Man stelle sich nur vor, in welchem Elend wir heute leben würden, wenn seit 100 Jahren nicht geflogen worden wäre!" (Drabiniok Dieter)



          Unvorstellbar! Kann ich mir einfach nicht vorstellen. Ich mein, ich probiers ja. Klappt aber nicht. Ich krieg einfach nicht raus von welchem Elend Sie reden.



          Aber wie könnte ich auch? Ich bin ja mein Leben lang noch nie geflogen. Ich war noch nie auf Mallorca, New York oder Hawaii, wurde noch nie von nem Hubschrauber der Bergwacht aus höchster Not gerettet. Ich saß auch nie an Bord eines Armybombers, drückte nicht auf den Knopf über Vietnam, Iraq oder Afghanistan - ja noch nichtmal Serbien beglückte ich bombastisch.



          Ich geh sogar zum Bäcker zu Fuß und will es noch nicht mal ändern.



          Ein so ein Elend aber auch!

        • @Drabiniok Dieter:

          Mit "hätte man damals" kommen wir heute aber nicht weiter. Gäbe es einfache Lösungen, dann wäre das toll aber welche sollen das sein? Und wie wollen Sie die umsetzen? Die Welt lässt sich nunmal nicht wie ein Sportboot lenken sondern gleicht da eher der Titanik.

  • Es ist doch ganz einfach: Jeder Mensch kann derzeit durchschnittlich ca. 2.3 Tonnen CO₂ im Jahr in die Atmosphäre blasen, ohne daß es dem Klima schadete. Jeder Mensch möge doch bitte nun aufpassen, nicht mehr als diesen Fußabtritt zu hinterlassen. D.h. man kanns sich auch ruhig mal einen Interkontinentalflug gönnen, wenn man ansonsten kein Auto fährt, sich regional-vegetarisch ernährt, usw. Meiner Rechnung nach ist dann alle fünf bis sechs Jahre eine Reise ans andere Ende der Welt vertretbar. Weit mehr als sich unsere Großeltern hätten träumen lassen.

    • @Harald Hoch:

      Diese 2-3 Tonnen sind eine Illusion. Wir sind bereits in der klimaschaedigung angekommen, und da ist jede Emission problematisch. Mit derzeit 2-3 Tonnen, als Zwischenschritt eines allgemeinen Reduktionspfades, koennte man alledings groesste Schaeden verhindern.

    • @Harald Hoch:

      Leider wäre das wahrscheinlich nur machbar, wenn wir radikal aufhören zu Heizen im Winter. Wir sind hier eben nicht in Brasilien. Dann würden die Wohnungen anfangen zu schimmeln. Leider im Moment keine gangbare Lösung.

      • @Ralf Eckstein:

        Es gibt Moeglichkeiten, die wir uns gar nicht traeumen lassen... Zum Beispiel mit den Nachbarn im Vorort-Reihenhaus in eine grosse WG zu ziehen. Dann muss nicht mehr jeder sein grosses leeres Haus heizen... und als Nebenwirkung geht dann vielleicht auch mal der Trend zur Vereinsamung in eine andere Richtung. Diejenigen Immobilien, die man wirklich beheizen muss, kann man dann auch in Gemeinschaftsbauprojekten so umruesten, dass sie einen Grossteil ihres Heiz- und sommerlichen Kuehlbedarfs durch natuerlich auftretende Phaenomene wie Sonne und Schatten decken koennen. Dafuer sind auch gar nicht unbedingt die ganzen Hightech-Produkte notwendig, die uns die Industrie verkaufen will...

        • @Prof. Dr. Arnold R. Eckstein:

          Ja, das stimmt, es gibt schon ein paar Möglichkeiten - ich lebe selbst noch in einer WG. Und bautechnische Möglichkeiten gibt es auch. Trotzdem leider alles noch nicht genug. Aber ich bin auch der Meinung, dass man wenigstens mal anfangen sollte umzusetzen was geht.

      • @Ralf Eckstein:

        @Ralf Eckstein



        Vielleicht liege ich rechnerisch gerade total verkehrt. Mein Überschlag ergibt:



        Ich erzeuge für Heizung (incl. Warmwasser und Kochen) 700 kg CO₂ im Jahr (das gilt pro Person im Haushalt, versteht sich). Dazu kommen noch ca. 300 kg CO₂ für Strom (beim durchschnittlichen deutschen Strommix). Und ich wohne in einem Altbau aus dem vorletzten Jahrhundert. In modernen Häusern sollte es deutlich besser aussehen.



        Das Problem sollte ohne viel Schimmel lösbar sein.

        • 6G
          61321 (Profil gelöscht)
          @Harald Hoch:

          .



          Hallo Herr Koch, Ihre Milchmädchenrechnung stimmt leider nicht, weil sie einen schweren Denkfehler enthält. Wir sind ein hochindustrialisiertes Land und Exportnation Nr. ichweißnichtwieviel in der Welt.



          Teilen Sie bitte mal den Jahres-Gesamtausstoß CO2 in Deutschland durch Nasen, die hier leben. Das ist die Größe womit wir rechnen müssen. Es dürften so um die 10 Tonnen CO2/a*Nase sein (mich gegebenenfalls berichtigen bitte).



          Was Sie privat von diesem persönlichen rechnerischen Anteil durch entsprechendes Verhalten verringern können, dürfte ein Bruchteil davon sein.



          Und nein, Sie können leider nicht sagen, der Gesamtausstoß geteilt duch Einwohner geht Sie doch im Grunde gar nichts an

          • 9G
            93649 (Profil gelöscht)
            @61321 (Profil gelöscht):

            Ist doch super... Wenn man eh keinen Einfluss hat, macht man einfach so weiter wie bisher.

  • Die Frage ist doch ob man sich selbst fürs Fliegen schämt oder ob man anderen ein schlechtes Gewissen macht. Letzteres halte ich für den falschen Weg. Ich habe schon Religionen nie dafür geschätzt dass deren Anhänger mir erzählen wollten ich läge falsch. Jeder kann sich für sich selbst schämen oder positives Beispiel sein, aber anderen Schamgefühle einreden ist übergriffig und führt zu nichts außer Hass.

  • Wenn wir unseren Lebensstil nicht radikal ändern, werden wir bald gar keinen mehr haben. Die Menschen zerstören ihre Lebensgrundlage und uns bleiben nur noch wenige Jahre, unser Aussterben zu verhindern.

    Liebe taz, solche Kommentare sind ein Ansatz, Problembewusstsein zu stärken und Gewohnheiten zu erschüttern, danke dafür und mehr davon!

    Derweil gehen junge und alte Menschen auf die Straßen, blockieren den Verkehr, ketten sich an Rathäuser, weil ziviler Ungehorsam das letzte Mittel ist, endlich auf die Katastrophe aufmerksam zu machen. Diese Aktionen und Menschen brauchen und verdienen mediale Aufmerksamkeit, es geht um unser Überleben!

    Join the Extinction Rebellion! mobile.twitter.com/ExtinctionR_DE

    • @Mrs.V:

      Sie bringen es auf den Punkt.

  • 8G
    80198 (Profil gelöscht)

    Wir kommen um Verbote nicht herum. Es wird immer Menschen geben, die gerne für wenig Geld in den Urlaub fliegen. Ergo benötigt man eine höhere Abflugsteuer aus Deutschland - egal wohin 100 Euro ;-)

    • @80198 (Profil gelöscht):

      Es sollte dann aber eine Abgabe sein, die zu 100% in CO2-Ausstoß senkende Maßnahmen investiert wird.

  • Weniger fliegen, unbedingt. Richtig(-er) ist, dass das "Zeug" (zB fossile Brennstoffe) von vorn herein zwingend (Verbot) im Boden bleibt.

    Z.B. hier in D weniger zu verbrauchen, das ist lediglich die Aufforderung an die anderen, mehr zu verbrauchen.

  • Die Bevölkerung reagiert doch schon auf fff und die Klimadebatte, z.B. so, neuer Tagesrekord am Frankfurter Flughafen, am 30.06.2019 wurden 241.228 Menschen befördert, das ist zum ersten mal mehr als 240.000 Menschen an einem Tag.

    www.faz.net/aktuel...kord-16281212.html

  • Haupttreiber des Luftverkehrswachstums sind reiche Vielflieger, sagt John Stewart, der bekannte Kopf der Flughafenausbaugegner von Heathrow:

    "In Wirklichkeit erzeugt die Luftfahrtindustrie einen künstlichen Bedarf. Nur 15 Prozent der Menschen in diesem Land sind für 75 Prozent der Flüge verantwortlich. Das liegt nicht mal an den Geschäftsleuten, die fliegen, das liegt an den sehr reichen Leuten, die jedes Jahr eine ganze Reihe von Freizeitflügen unternehmen. Das ist es, was das Wachstum antreibt. Es sind nicht die normalen Leute. Es sind nicht mal die Geschäftsreisen. Es sind nicht die Leute, die ab und zu zurückfliegen, um ihre Familien und Freunde in Afrika oder Indien zu besuchen. Es sind die sehr wohlhabenden Vielflieger. Und interessanterweise zeigt die Forschung, dass die Ziele, zu denen die sehr Wohlhabenden am häufigsten fliegen, Steueroasen sind. Das ist der Treiber."

    www.ftwatch.at/dok...n-flug-widerstand/ (ab 2:00 min)

  • Eine – gut durchdachte – Kerosinsteuer begrüße ich. Insbesondere für (kürzere) Inlandsflüge. Zugleich sollten mit diesen Einnahmen die Bahnpreise gesenkt werden. Und der ÖPNV sollte ab JETZT kostenlos angeboten werden und das Parken in Innenstädten (möglichst einkommensabhängig (über eine Jahresplakette zu bezahlen)) deutlich verteuert werden.



    Insgesamt wünsche ich mir bei diesem Thema etwas mehr VERSTAND und weniger hektischen Aktionismus. Heute war zu vernehmen, dass offenbar die durch Erdgas verursachte Erderwärmung deutlich höher zu veranschlagen ist, als bislang angenommen. Insbesondere die wohl unzähligen Lecks bei Gewinnung, Lagerung, Transport und Verbrauch, sowie der Hauptbestandteil von Erdgas, also die starke „Treibhauseigenschaft“ des Methans selbst, würden eine solche Unmenge an Methan in die Luft blasen bzw. Erderwärmung produzieren, dass zumindest die bisher berechneten Klimavorteile eines Kohleausstiegs wohl tatsächlich DEUTLICH geringer ausfallen, als bislang angenommen und berechnet.



    Natürlich müssen da jetzt noch weitere Untersuchungen und Berechnungen folgen, bis man sicher sagen kann, dass diese neuen Erdgas-/Methan-Berechnungen auch wirklich stimmen.



    DENNOCH zeigt dieses Beispiel doch sehr deutlich, dass wir allen Grund haben ÜBERLEGT an das Thema heranzugehen. Denn von einem falsch geleiteten Aktionismus reduziert sich die Erderwärmung NICHT.



    Es wäre also wünschenswert, wenn das Thema endlich mit gesicherter wissenschaftlicher Expertise angegangen wird, und dann an den wirksamsten Stellen ein „schmerzhafter“ Schnitt vorgenommen wird, sodass wir damit auch wirklich die Erderwärmung stoppen können; zumindest verlangsamen.

  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    Was soll das werden bitte? Scham empfindet man gegebenenfalls für etwas, das man getan hat und das man spätestens danach nicht (mehr) für gerechtfertigt hält, aber nicht für etwas, das man von vornherein aus Einsicht sein lässt.



    Für die Scham derer, die wider besseres Wissen verschämt Dinge tun, die sie nicht rechtfertigen können, können wir uns nichts kaufen. Die ist also überflüssig und irrelevant.



    Flugscham ist ein Begriff auf dem moralischen Niveau von Dreijährigen, passt insofern zum Verantwortungsbewusstsein und zur Haltung eines durchschnittlichen Mitteleuropäers in diesen Fragen

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @61321 (Profil gelöscht):

      Da haben es wir Katholiken besser. Wir fliegen mit schlechtem Gewissen und viel Vorfreude und hinterher wird gebeichtet.

      Dann betet man pro hundert Kilo CO2 ein Vaterunser und der Fall ist erledigt.

      • 6G
        61321 (Profil gelöscht)
        @88181 (Profil gelöscht):

        .



        Ja, manchmal könnte man schon ein ganz klein wenig neidisch werden. Trotzdem bräuchte ich mindestens noch ein, zwei zusätzliche sichere Bonbons, um dem Verein doch noch beizutreten. Wer weiß, vielleicht packt mich ja noch irgendwann die große Angst vor dem Néant.



        Ich habe mit großem Vergnügen die Bücher von Evelyn Waugh (Brideshead Revisited) gelesen, der zum Katholizismus übergetreten war und der dieses Sujet ständig aufgriff und wieder und wieder durchkaute



        de.wikipedia.org/wiki/Evelyn_Waugh

        • 8G
          88181 (Profil gelöscht)
          @61321 (Profil gelöscht):

          Dabei bin ich gar kein Konvertit, ja ich bin nicht einmal Mitglied der katholischen Kirche, aber ich war es bis zu meinem 18. Lebensjahr.

          Das hat gereicht, dass sich so manches tief eingenistet hat.

          Und die Beichte ist einfach ein feines Konzept: Man bittet nicht um Erlaubnis, sondern um Verzeihung.

  • 9G
    90857 (Profil gelöscht)

    Etwas ändern? Nöö ...

    Es wäre ein systemisch nicht konformer, nicht mal am Horizont aufscheinender Paradigmenwechsel, wenn Geld und Vermögen plötzlich nicht mehr die Welt regieren, wenigstens dem schönen Schein nach die kommenden Verbote, die aktuell ventilierte CO2-Abgabe nicht nur die eh' schon Armen trifft.

    Ich sage es mal ganz elitär.

    Wir wohnen in einer wohlhabenden Gemeinde an der südhessischen Bergstraße. Hier ist "die Welt noch in Ordnung" die komunale Infrastruktur ebenso, gibt es hier eigentlich nur Ein- und Zweifamilienhäuser sowie kleine Eigentumsanlagen; viele Grünwähler dito, viel Platz auf den Grundstücken für e-mobile Starkstromanschlüsse und in den Geschäften überwiegen die höherpreisigen Bio-Nahrungssmittel.

    Ob der Sprit, die Heizung oder die Flugreise nun einige Cent/Euro teurer werden, das juckt hier kaum jemand, mich eingeschlossen. Bin oft in Italien und bei Salvini kostet der Liter Diesel eh' bereits knapp 1,50 Euro, gibt es dort, wie in der Schweiz (find' ich gut) sogar eine des freien Bürgers freie Fahrt einschränkende Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen;

    so what - in aller gepflegten Bigotterie ...

  • Zitat: „Etwas tun? Ja, unbedingt. Etwas ändern? Nein, danke.“

    Verständlich. Denn was sollen denn "die Leute" sagen (oder gar denken), wenn man nicht mehr übers Wochenende zum Konzert nach London reist? Da ist man doch womöglich ganz schnell unten durch bei denen, die das Sagen haben, oder etwa nicht?

    Manchmal fühle ich mich wie von Zauberhand zurückversetzt ins Jahr 1978. Damals war ich 13 und wer dazu gehören wollte, der musste rauchen wie ein Schlot, saufen wie ein Loch und schon mindestens drei „feste Freunde“ gehabt haben.

    Genau wie heute haben damals Leute, die nicht wussen, was gut für sie ist (und erst recht nicht wissen wollten, was gut ist für andere) die Regeln gemacht. Und die, die dämlich genug (und außerdem dazu imstande) waren, haben die Regeln befolgt. Diese Leute sind seither einfach nur faltiger geworden, nicht vernünftiger.

    Nein, man wird nicht gezwungen, in einem Industrieland zu leben, in dem „Tiere in Massenställen gehalten werden, gefüttert mit Getreide, für das etwa in Südamerika Regenwälder abgeholzt werden“. Niemand verlangt von einem, gleich drei Jobs bei Menschenschindern anzunehmen, nur damit ein Auto, ein Haus oder eine „gute“ Schulbildung für die Kinder drin sind. Wer nicht genau so luxuriös leben will wie die Leute „im Westen“, der kann auch da bleiben, wo die Familie lebt – und da alle paar Monate ein glücklich gestorbenes Huhn essen. Der bräuchte dann aber auch nicht zu fliegen.

    Nun ja. Wir hatten es ja grade eingangs: „Etwas tun? Ja, unbedingt. Etwas ändern? Nein, danke.“ Nicht ohne meine Privilegien! Lieber paar Euro Ablass zahlen und damit eine Horde ansonsten arbeitsloser Händler über Wasser halten.

    Nein, Scham wird uns gewiss nicht retten, werte Svenja Bergt. Der Scham haben wir ja den ganzen Ärger gerade zu verdanken. Es ist die Scham, nicht privilegiert zu sein, die Menschen irre werden lässt. Weil: Nur privilegierte Menschen gelten als wertvolle Menschen. Alle anderen sind: Nichts.

  • Dass niemand von München nach Berlin fliegen muss, geschenkt. Insgesamt fügt sich das Plädoyer weniger zu fliegen irgendwie zu sehr in die neue Abkapselung gegen Fremdes und Heimatrückbesinnung ein. Ich will jetzt Tourismus in andere Länder nicht zum definitiven Projekt der Völkerverständigung hochjazzen, aber ein bisschen was ist schon dran.